Koran

Der Koran ist das höchste Gut eines Muslim. Koran (arab.: Al-ku’ran) heißt das zu Rezitierende, zu Lesende. Die gesammelte Offenbarungen Allahs an Muhammad sind in schriftlich fixierter Form im Koran vorhanden.

In den Jahren 610-632 übermittelte der Engel Gabriel die Offenbarung Allahs an Muhammad. Diese Offenbarungen sind die Wiedergabe einer im Himmel befindlichen Urschrift. Ihr entstammen auch die Tora des Judentums und die Evangelien Jesu des Christentums. Allah hat von Zeit zu Zeit Offenbarungsschriften durch seine Propheten unter die Menschen geschickt. Die letzte seiner Offenbarungen erhielt Muhammad.

Für die Muslime ist der Koran, als die Urkunde der Offenbarung Gottes, das Heilige Buch, das ungeschaffene und urewige Wort Gottes, die Mitte und das Zentrum des Islam. Für das Leben und Handeln aus dem Glauben kommt dem Koran absolute und höchste Autorität zu. Keine andere heilige Schrift ist ihm ähnlich und kann dem Koran zur Seite gestellt werden.

Der Koran mit seinen Aussagen über Gott und die Welt, seinen Bestimmungen zum Verhalten des Menschen im religiösen wie im weltlichen Bereich, ist für den Muslim die sichere Richtschnur im ganzen Leben. Der Koran begleitet den Muslim bei Tag und bei Nacht, in seinem Gebets- und Glaubensleben, bei all seinem Tun zu Hause, in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Freizeit und in der Moschee.

Der Koran lehrt den Muslim, gibt ihm Hilfe in seinen Entscheidungen, tröstet ihn in der Trauer, stärkt ihn im Glauben, gibt Hoffnung in der Verzweiflung. Der Koran ist dem gläubigen Muslim alles, vor allem aber Wegweiser, um den rechten Weg zu Allah zu gehen, das Gute zu tun und das Böse zu vermeiden.

Die 114 Suren (arab.: Abschnitte, Kapitel) umfassen 6236 ajat (arab.: Verse, Zeichen). 286 Verssätze hat die längste Sure, die kürzeste nur drei. Die Namen der Suren sind Überschriften. Sie beziehen sich auf den Inhalt oder den Anfang der Sure. Diese Überschriften gehören aber nicht zum offenbarten Text, sondern sind spätere Hinzufügungen.

Jede Sure (mit Ausnahme der 9. Sure) beginnt mit:

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.

Basmala ist das Kurzwort dafür. Es wird aus den arabischen Wörtern dieser Einleitungsworte zusammengezogen.

Alle Suren sind nach der Länge ihrer Kapitel geordnet. Eine Ausnahme bildet die 1. Sure, die Fatiha (arab.: die Eröffnende). Die längeren und gesetzgebenden medinensischen Suren stehen am Anfang. Aus der mekkanischen Zeit stammen die kürzeren Suren am Ende des Koran. Der Stil von medinensischen und mekkanischen Suren ist unterschiedlich. Die medinensischen Suren fallen auf durch den nüchternen Stil des Gesetzgebers und Staatsmannes. Einen angeregten, sprunghaften, abgerissenen und hinreißenden Stil des Propheten zeigen die mekkanischen Suren.

Der Koran enthält neben den Paränesen (arab.: mawa’iz), endzeitlichen Warnungen und Schilderungen des Gerichts, auch Lobpreisungen Allahs und prophetische Erzählungen (arab.: kisas) über vorislamische Offenbarungsträger – Abraham, Mose und Jesus.

Nach Muhammads hidrja (622), der Reise von Mekka nach Medina, nehmen die gesetzlichen Bestimmungen (arab.: ahkam), rechtlichen Weisungen, lehrhaften Stücke und Texte der Selbstverteidigung im Koran zu.

Die heilige Schrift der Muslime, der Koran, ist im mekkanischen Dialekt des Arabischen, der Muttersprache Muhammads, verfaßt. Zum Teil sind die Suren in gereimter Prosa geschrieben. Damit war der Koran das erste Prosawerk der Araber.

Nur rituell Reine dürfen den Koran berühren und ihm lauschen. Zu kultischen Zwecken kann er nicht übersetzt werden. Für Lehrzwecke sind Übersetzungen allerdings möglich. Jeder Koranübersetzung steht man kritisch gegenüber, da man jede mit einer Übersetzung verbundene Änderung des Inhaltes vermeiden möchte.

Muhammads Nachfolger war der 1. Kalif Abu Bakr (632-634). Er veranlaßte den Stiefsohn des Propheten Muhammad, Zaid ibn Haritha, die Offenbarungen Allahs, die Muhammad empfangen hatte, zu sammeln. Zaid ibn Haritha sammelte die bis dahin nur mündlich überlieferten oder selten aufgeschriebenen Worte um 650. Diese Sammlung gilt seitdem als Koran.

Zur Zeit des Kalifen Uthman (644-656) wurde die Redaktion des Koran abgeschlossen. Unterschiedliche Meinungen gibt es nach wie vor bei der Rezitation, Punktation, Vokalisiation (arab.: kira’a), Erklärung und Kommentierung (arab.: tafsir) des Koran. An seinem Text an sich werden jedoch keine Veränderungen mehr vorgenommen. Jedes Wort des Koran ist Gottes Wort. Deshalb wird im Islam große Sorgfalt auf die genaue Überlieferung des Textes gelegt.

Lernt jemand den gesamten Koran auswendig, so darf er den Ehrentitel eines hafis (arab.: Bewahrer) tragen. Die wortgetreue Auslegung des Koran ist der tafsir (arab.: Erklärung). Dieser Kommentar steht im Gegensatz zu ta’will, zur Kommentierung mit der mythischen Deutung.

Sunna/Hadith

Da der Koran für das religiös-soziale Leben des Muslim als Leitfaden nicht ausrecht, entsteht bald die sunna (arab.: Gewohnheit). Das sind Nachrichten über Ausdrücke, das Wirken und Leben des Propheten und seiner Genossen. Sie wurden im Hadith (arab.: Überlieferung) gesammelt. Für den orthodoxen Muslim sind sie Leitsätze für sein Denken, Handeln und Leben. Hier findet er eine weitere Quelle dessen, was erlaubt oder verboten und ihm als Pflicht auferlegt ist.

Im neunten Jahrhundert wurden die Überlieferungen systematisch geordnet und in sechs Sammlungen zusammengefaßt. Jeder Hadith besteht aus zwei Teilen – dem Text (arab.: matn) und der Überlieferungskette (arab.: isnad=Stütze). Frühzeitig setzte die Traditionskritik ein. Die Echtheit der Überlieferung benötigt eine ununterbrochenene Kette von Zeugen, deren erster in die Lebenszeit des Propheten zurückreichen mußte. Die Traditionskritik prüfte die vorliegenden Überlieferungen und teilte sie in drei Kategorien ein:

sahih (arab.: gesund),

hasan (arab.: schön),

da’if (arab.: schwach).

Die sechs Traditionssammlungen des Hadith werden als "die sechs Bücher" oder "die sechs Gesunden" bezeichnet. Sie gelten als glaubwürdige, kanonische Sammlungen:

al-Bukhari (810-870),

Muslim (*875),

Abu Dawud (*888),

Al-Tirmidhi (*892),

Al-Nasa’i (*915),

Ibn Madja (*886).