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Heute erzählte mir ein gebildeter Tunesier von Dingen, die in seiner Familie passieren, die ihm angst machen.
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Man kann sich derzeit noch kein genaues Bild machen - ich habe sowohl Berichte gehört, die dasselbe sagen, wie Du, als auch welche, die von "keine Änderung" sprechen.

Ich schätze, daß es derzeit etwa gleichstarke Bevölkerungs-Gruppen in Tunesien gibt, die für und gegen die Islamisierung sind, und daß die Situation sich entsprechend unterschiedlich darstellt, je nach dem, welche Gruppe in einem Gebiet die Mehrheit hat. Dies muß noch nicht einmal statisch sein, es kann heute so und in 3 Monaten andersherum aussehen.

Im Prinzip sehe ich eine islamische Partei nicht unbedingt als große Gefahr an - wenn die Mehrheit der Bevölkerung ihre Regierung(sbeteiligung) wünscht, und zwar durch freie Wahlen, dann ist das eine Entscheidung, die man akzeptieren muß - und als Europäer ist man ja nicht unbedingt gezwungen, dort Urlaub zu machen (und für Familienbesuche kann man sich mal ein paar Tage einschränken).
Das, was die Europäer wollen, spielt (und soll nicht spielen) bei der Wahl keine Rolle, so lauten die Regeln der Demokratie. Und selbst wenn zu Machtkämpfen kommt - auch das ist nicht unser Bier. Wir, der Westen, haben das Streben nach Demokratie wohlwollend zur Kenntnis genommen und sind bereit, es auch mit Hilfen zu begleiten, doch was die Tunesier mit ihrer Demokratie dann anfangen, das ist ihre Sache, und sogar, wenn sie die Demokratie wieder "abwählen" - solange, wie gesagt, das in freier Willensbekundung stattfindet.

Ich persönlich betrachte eher die "Macht" der Sicherheitsbehörden, Polizei und Militär, als ernste Bedrohung. Aber auch hier gilt: Das müssen die Bürger des Landes selbst hinbekommen - wenn sie es wirklich wollen.

Falls sich im Lande nichts ändert, werden jedenfalls weitere europäische Residenten und Investoren das Land verlassen und Touristen es meiden. Und wenn die Mehrheit der Bürger Tunesiens dies wünscht, tja, dann gibt es keinen Grund zur Klage, nicht wahr?