Original geschrieben von: Kimou

Was aber jeder daraus geschlossen hat ist, das die Haare und der Hals bedeckt sein müssen. Ob nun mit Kopftuch oder Handtuch oder Bettlaken. Und mit jeder meinte ich nicht mich oder Jassu , sondern vor allem die Rechtsschulen.


Nicht ganz - nicht aus dem Koran, sondern aus den Hadithen, u.a. einer hier im Thema bereits zitierten Textstelle. Allerdings kenne ich selbst durchaus konservative Moslems, die -für sich- nicht sämtliche Hadithen anerkennen, nämlich dann nicht, wenn sie meinen, daß ein Hadith im Gegensatz zum Koran stünde. Da wird dann beispielweise argumentiert daß der Hadith gegen das Gebot, der Koran sei vollständig verstoße und zwar insofern, als daß er eine Regelung bringe, obwohl der Koran genau zu diesem Umstand bereits etwas aussagt. Daß diese Regelung des Hadith im Korantext fehlt, wird also als absichtlich verstanden, womit der Hadith vielleicht eine Sunna begründet, doch kein unbedingtes Gebot.
(Ungefähr entlang dieser Linie argumentieren übrigens auch die islamischen Länder, in denen die Kopfebedeckung keine Pflicht ist).
Hinzu kommen Berichte bis ca. zum 11.Jahrhundert christlicher Zeitrechnung, daß Frauen unbedeckt geblieben sind. Die Rechtsmeinung hat also erst zu einem sehr späten Zeitpunkt gegriffen, was für die Zweifler einen zusätzlichen Hinweis darauf gibt, daß die Kopfbedeckung eine Bidah (Neuerung) ist und kein authentischer Text.

Wie dem auch sei - dieser Gedankengang ist durchaus schlüssig und nachvollziehbar und wenn ein Moslem dem folgt, dann hat er sich zumindest eigene Gedanken gemacht und versucht die Wahrheit zu ergründen. Ob nun diese "Wahrheit" oder die "Wahrheit" anderer richtiger ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden und muß daher im Entscheidungsbereich des Gläubigen bleiben.

Zudem: Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, daß das, was 90% der Gelehrten für richtig hielten, nicht immer auch richtig war, ich erinnere z.B., ganz prominent, an das heliozentrische Weltbild oder eine Vielzahl von "Irrtümern", denen Gelehrte noch vor 200 Jahren in den Bereichen Medizin, Physik oder Chemie unterlagen - und das waren Bereiche, die man wenigstens später mit handfesten, wissenschaftlichen Beweisen unterlegen konnte. Dasselbe gibt es in den "Geisteswissenschaften", wie z.B. der Pyscholgie oder der Soziologie, nur daß hier meist "Beweise" zugunsten von "Glauben" zurücktreten.
Kurz und gut also - wenn Gläubige zu einem Schluß kommen, der der Lehrmeinung widerspricht, so heißt dies nicht automatisch, daß der Gläubige einem Irrtum unterliegt, es kann ebenso sein, daß die erdrückende Mehrheit der "anderen" im Irrtum ist.
Allerdings ist die allgemeingültige "Wahrheit" auch gar nicht ein wesentlicher Teil des inneren Koran, sondern das ständige und beharrliche Streben danach - im Gegenteil, die Bezeichnung von "falschem" nd "richtigem" Glauben ist sogar ausdrücklich nicht vorgesehen, weil nicht ein beliebiger Gläubiger, sondern nur der Berufene Gott bzw. sein Statthalter Mohammed am Ende der Zeit das Urteil abgibt.

Was ich in diesen Diskussionen immer wieder sehe, ist, wie schnell sich Gläubige in der Hitze des Gefechtes diesbezüglich selbst kompromittieren, wenn sie aufs Glatteis gelockt werden - leider passiert es bei einigen auch mehrmals und in der gleichen Weise.