Original geschrieben von: Frogger
Die Beschneidung von Männern ist ebenfalls wesentlich älter. Beide wurden lediglich, wie anderes, vom Islam instrumentalisiert.
Die Beschneidung ist weder eine "Erfindung" des Islam, noch des Judentums, sondern geht auf ältere Kulturpraktiken zurück. Sie werden meist in Zusammenhang mit der Kontrolle des Sexuallebens (geringere Empfindsamkeit beim Mann bzw. komplette Unterbindung bei der Frau) und ritualiserten Menschenopfern gebracht.

Auch die heutigen Beschneidungen beruhen fast ausschließlich auf esoterischen Überlegungen oder unpräzisen "wissenschaftlichen Untersuchungen".


Die Ursprünge der Beschneidung weiblicher Genitalien sind zeitlich und geographisch nicht bestimmbar. Erste Hinweise zeigen sich für ein Auftreten in der Epoche des alten Ägypten. So wird auf einem Papyrus aus dem Jahr 163 v. Chr. die Beschneidung von Mädchen erwähnt. Des Weiteren wurden weibliche Mumien gefunden, die Anzeichen einer Beschneidung aufweisen. Die männliche Zirkumzision kann auf diese Zeit zurückdatiert werden. Laut dem griechischen Geschichtsschreiber Strabon wurde Beschneidung an beiden Geschlechtern in Ägypten durchgeführt.
Hauptverbreitungsgebiete sind 28 Staaten im westlichen und nordöstlichen Afrika. In sieben Ländern – in Dschibuti, Ägypten, Guinea, Mali, Sierra Leone, Somalia und im Norden des Sudan – ist die Praxis fast flächendeckend verbreitet: Über 90 % der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren sind dort beschnitten.[30] Die Infibulation (Typ III) ist insbesondere in Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Somalia und Nordsudan verbreitet, in Dschibuti und Nordsudan ist mehr als die Hälfte der Frauen, in Somalia sind etwa 80 % der Frauen von diesem Eingriff betroffen.[31]

Die Zahlenangaben beziehen sich auf bestimmte Staaten, weil die Datenerhebung innerhalb nationalstaatlicher Grenzen stattfindet. Zwischen einzelnen Regionen dieser Staaten bestehen dabei teilweise beträchtliche Unterschiede. Entscheidender Faktor für die Verbreitung von Beschneidungen allgemein wie auch bezüglich des Typs der Beschneidung ist nicht die Staatsangehörigkeit, sondern die ethnische Gruppe, der die Frauen angehören.

In ethnischen Gruppen, in welchen die Beschneidung weiblicher Genitalien Tradition hat, ist meist die große Mehrzahl aller Frauen betroffen. Das Beschneidungsalter variiert von Gruppe zu Gruppe: Manche Mädchen werden schon in der ersten Lebenswoche, manche erst in der Pubertät oder bei der Eheschließung beschnitten. Die meisten Mädchen sind zum Zeitpunkt ihrer Beschneidung zwischen vier und zwölf Jahre alt. Oft findet die Beschneidung zu Beginn der Pubertät statt und ist Teil eines Initiationsritus, der den Übergang zum Erwachsenenalter markiert.[14] Erwachsene Frauen werden manchmal kurz vor der Eheschließung oder auch noch danach[56] einer Beschneidung unterzogen. Dies liegt dann meist darin begründet, dass dem Ehemann oder der Schwiegermutter die bestehende Genitalbeschneidung als nicht ausreichend erscheint.

Je jünger die Mädchen sind, desto geringer ist zum einen ihr Kenntnisstand; zum anderen können sie sich nicht gegen den Eingriff wehren oder sich ihm gar entziehen. Laut Zahlen von UNICEF kommt die Beschneidung von Frauen in der ländlichen Bevölkerung häufiger vor als in der städtischen: In der ländlichen Bevölkerung findet demnach die Praktik bei etwa 73 % der Bevölkerung Zuspruch, in der städtischen Bevölkerung bei etwa 67 %. Als Grund hierfür wird der – insbesondere für Frauen – geringe Zugang zu Schulbildung auf dem Land angesehen. Damit geht ein stärkeres Festhalten an Traditionen und eine größere soziale Kontrolle als in der Großstadt einher. Die gesellschaftliche Abhängigkeit und das Fehlen einer ökonomischen Perspektive sind demnach auch die tragenden Faktoren, welche eine Beendigung der Praktiken erschweren.

Sozialwissenschaftler – wie erstmals 2003 die Anthropologie-Professorin und WHO-Mitarbeiterin Carla Makhlouf Obermeyer – stellten in anderen Untersuchungen dagegen fest, dass es in der Durchführungshäufigkeit keine Unterschiede gebe, die auf einem anderen intellektuellen Niveau beruhen. Lediglich die Art und Weise unterscheidet sich: In gebildeteren Kreisen ist der Trend zur sogenannten Medikalisierung, also der Durchführung der Beschneidung in Krankenhäusern oder durch professionelles medizinisches Personal und unter hygienischeren Bedingungen zu beobachten. Generell halten über 90 % der Betroffenen an der Tradition fest und nur etwa 4 % wollen die Beschneidungen an ihren eigenen Töchtern nicht durchführen lassen. Manche gebildete Frauen entschließen sich auch im Erwachsenenalter noch selbst dazu, beschnitten zu werden. Hierbei werden allerdings nicht extreme Beschneidungsformen (wie z. B. die Infibulation) gewählt.

Untersuchungen in Europa haben ergeben, dass auch Migranten zum Teil an der Praxis festhalten. Die Mädchen werden im Herkunftsland der Eltern oder in dem europäischen Heimatland beschnitten, in fast allen europäischen Ländern ist dies aber strafbar.

Religion [Bearbeiten]

Zu den Gruppen, bei denen die Beschneidung weiblicher Genitalien praktiziert wird, zählen in erster Linie Muslime,[64] aber auch Christen verschiedener Glaubensrichtungen, äthiopische Juden und Anhänger traditioneller Religionen.[5] Die Praxis geht auf vorchristliche und vorislamische Zeit zurück. In den Ländern, in denen die Mädchenbeschneidung üblich ist, nehmen vor allem ungebildete Gläubige häufig an, sie sei religiös vorgeschrieben. Im Islam ist dies je nach Auslegung auch Lehrmeinung (siehe unten).

Allgemein gibt es Religionsvertreter, die sich für die Beschneidung aussprechen, solche, die sich nicht dazu äußern und andere, die sich dagegen einsetzen. Ein Aufruf der koptischen Kirche im Jahr 2001, dass die Beschneidung unchristlich sei, hat die Praxis unter den ägyptischen Kopten nahezu vollständig beendet. In Kenia ist Mungiki im Zusammenhang mit erzwungenen Beschneidungen in die Medien gekommen.

Vorkommen im Islam

Der Koran erwähnt weder die Beschneidung von Frauen noch diejenige von Männern. In der Regel wird die Genitalbeschneidung unter Berufung auf einige Hadithe im Islam religiös legitimiert, denn Hadithe (Aussprüche, die dem Propheten Mohammed zugeschrieben werden) bilden neben dem Koran die zweite Quelle des islamischen Rechts. Hierbei handelt es sich allerdings um eine bestimmte Eingriffsform, die sogenannte „leichte Beschneidung“ (arabisch ‏الخفاظ القليل‎). Bei dieser Beschneidungsart findet nur ein leichtes Entfernen des äußerlich sichtbaren Teils der Klitorishaut statt. Extreme Formen wie die Infibulation werden vom Islam also in keiner Weise legitimiert, auch sind keine islamischen Rechtsquellen vorhanden, die eine Beschneidung der kleinen oder großen Schamlippen erwähnen.

Keine der vier sunnitischen Rechtsschulen (Madhhab) spricht sich explizit gegen die Mädchenbeschneidung aus, denn sie findet Erwähnung in den Überlieferungen. Die Schafiiten halten sie sogar für eine religiöse Pflicht. In den Ländern des Nahen Ostens und Ostafrikas, in denen die schafiitische Rechtsschule dominiert, ist sie deshalb auch allgemein verbreitet. Auch einer überlieferten hanbalitischen Position zufolge ist die Mädchenbeschneidung Pflicht. Die Malikiten sehen die Beschneidung von Mädchen als Prophetentradition (sunna) und dementsprechend als empfehlenswerte Tat an. Die Hanafiten wie auch manche Hanbaliten halten sie für lediglich ehrenhaft (makruma).

Das am häufigsten zitierte Hadith im Zusammenhang mit der Beschneidung von Frauen gibt eine Diskussion zwischen Mohammed und Umm Habibah (oder Umm 'Atiyyah) wieder (das Hadith der Beschneiderin). Diese Frau war als Beschneiderin von Sklavinnen bekannt und gehörte zu den Frauen, die mit Mohammed immigriert waren. Nachdem er sie entdeckt hatte, fragte er sie, ob sie immer noch ihren Beruf ausübe. Sie bejahte und fügte hinzu: „Unter der Bedingung, dass es nicht verboten ist und du mir nicht befiehlst, damit aufzuhören“. Mohammed erwiderte ihr: „Aber ja, es ist erlaubt. Komm näher, damit ich dich unterweisen kann: Wenn du schneidest, übertreibe nicht (la tanhaki), denn es macht das Gesicht strahlender (ashraq) und es ist angenehmer (ahza) für den Ehemann“. Nach anderen Überlieferungen sagte Mohammed: „Schneide leicht und übertreibe nicht (ashimmi wa-la tanhaki), denn das ist angenehmer (ahza) für die Frau und besser (ahab, nach Quellen abha) für den Mann“. (Andere Übersetzung: „Nimm ein wenig weg, aber zerstöre es nicht. Das ist besser für die Frau und wird vom Mann bevorzugt.“ „Die Beschneidung ist eine Sunnah für die Männer und Makrumah für die Frauen.“

Dieser Hadith gilt aber als daif, also als schwach. Dies bedeutet, der Hadith ist inhaltlich und bezüglich des Isnad unzulänglich: er hat demzufolge eine unvollständigen Isnad (Zeugenkette), einen Sammelisnad, der die Rücküberprüfung, ob der Prophet dies tatsächlich aussagte, nicht zulässt. (Es war den Muslimen bereits im 2. Jh. islamischer Zeitrechnung bekannt, dass Hadithe gefälscht wurden).

Diejenigen, die diesen Hadith anerkennen interpretieren ihn unterschiedlich. Eine Ansicht besagt, dass sich das „ist besser für die Frau und wird vom Mann bevorzugt“ auf das „zerstöre nicht“ bezieht. Mohammed hätte dann mit der vorislamischen Tradition nicht brechen wollen, bevorzugte selbst aber deren Unterlassung. Eine andere Deutung geht davon aus, dass es sich um ein „Makruma“ handelt, eine freiwillige ehrenvolle Tat, deren Unterlassung nicht bestraft wird – im Gegensatz zur Sunna, die ein alle Muslime verbindendes Brauchtum darstellt, das eingehalten werden soll. Zu diesen Deutungen kommt hinzu, dass der Islam das Recht der Frau auf sexuelle Befriedigung, wenn sie verheiratet ist, ausdrücklich anerkennt.

Heutige Gegner der Beschneidung argumentieren mit Koranversen, die hervorheben, dass der Mensch von Gott in seiner optimalen Form geschaffen wurde:

„für diejenigen, die Gottes betend im Stehen, im Sitzen und auf der Seite liegend gedenken und über die Schöpfung der Himmel und der Erde nachdenken und sagen: „Unser Herr, Du hast all das nicht umsonst geschaffen. Gepriesen seist Du! Behüte uns vor der Strafe des Feuers!““

– Koran 3:191

„(Gott) Der alles gut gemacht hat, was Er erschuf. Und Er begann die Schöpfung des Menschen aus Ton.“

– Koran 32:7

„Ich (Satan) werde sie (die Diener Gottes) verführen und falsche Wunschvorstellungen in ihnen erwecken, und ich werde ihnen befehlen, manchem Herdentier die Ohren einzuschlitzen und die Schöpfung Gottes zu verunstalten. Wer den Satan anstatt Gott zum Beschützer nimmt, der hat gewiss verloren.“

– Koran 4:119

Internationale Organisationen wie die UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation streben die vollständige Abschaffung der Beschneidung weiblicher Genitalien an. Auch zahlreiche lokale Organisationen und Initiativen in Ländern mit Beschneidungstradition arbeiten auf dieses Ziel hin, vor allem indem die Praktizierenden über die mit der Beschneidung verbundenen negativen Auswirkungen informiert werden. Dies hat dazu geführt, dass verschiedene ethnische Gruppen und Dorfgemeinschaften die Abschaffung der Praxis erklärt haben. In einer Reihe von afrikanischen Ländern wurde die Beschneidung weiblicher Genitalien auch gesetzlich verboten, die Umsetzung dieser Verbote ist jedoch von Land zu Land unterschiedlich und oft lückenhaft.

Ein weiterer Ansatz besteht darin, alternative Berufsmöglichkeiten für die traditionellen Beschneiderinnen zu schaffen. Allerdings kehren manche Beschneiderinnen trotz solcher Programme wieder zu ihrer früheren Tätigkeit zurück, da diese hoch angesehen, gut bezahlt und weiterhin nachgefragt wird.