.


Als Katrin (43) im Frühjahr 2009 ihre Freundin auf der Ferieninsel Djerba besucht, ist sie fest entschlossen: kein Flirt, keine Liebelei mit einem Tunesier. Sie hat schon einiges gelesen, Geschichten über Männer, die alles tun, um nach Europa zu kommen oder zumindest an das Geld einer Europäerin.

Am Abend vor der Abreise passiert es: Katrin und ihre Freundin sind zu einem Fest eingeladen. "Er" ist auch da, gross und gut aussehend. Für Katrin ist klar: "Das ist mein Traumprinz." Sie sorgt dafür, dass der Mann, von dem sie nur erfährt, dass er Bechir heisst und Lehrer ist, ihre Handynummer bekommt. Kaum zu Hause angekommen, klingelt ihr Telefon. Seitdem vergeht kaum ein Tag ohne Chat - und wann immer sie es zeitlich und finanziell einrichten kann, fliegt die 43-jährige Kellnerin für ein paar Tage nach Djerba. Katrins 13-jähriger Sohn Philipp ist dann bei seinem Vater. Die neue Liebe seiner Mutter nimmt er gelassen. Ein Jahr vergeht wie im Rausch. "Ich hätte nie gedacht, dass ich noch mal derartige Gefühle entwickeln könnte. Er ist schon etwas Besonderes", wundert sich die alleinerziehende Mutter, die ihr Leben nach der Scheidung eigentlich gut im Griff hatte.
Aber trotz aller Verliebtheit schleichen sich manchmal Zweifel ein: Passen zwei Menschen aus so unterschiedlichen Welten überhaupt zusammen? Wäre der "Traumprinz" auch ein guter Ehemann und Stiefvater? Immerhin ist Bechier zehn Jahre jünger als Katrin. Und er ist ältester Sohn in einer nicht sehr begüterten Grossfamilie, verantwortlich für sechs jüngere Geschwister. Seine Familie ist irritiert, wünscht sich eine tunesische Schwiegertochter - sobald genug Geld da ist für eine Heirat. Eine Liebe auf Zeit also, ohne Perspektive?

Bettina hat sich vor 10 Jahren entschieden - für ein Leben in Tunesien zusammen mit Kilani, der so ganz anders war als ihr deutscher Mann, von dem sie sich gerade getrennt hatte, als sie ihre erste Ferienreise nach Nordafrika antrat. "Welcher Deutsche sagt einer Frau mittleren Alters schon: Ich werde dich auf Händen tragen - und tut es dann auch?".
Kilani spricht gut Deutsch, ist fast gleich alt, charmant, lustig - und er hatte als Tauchlehrer schon einige Beziehungen zu Europäerinnen hinter sich, als er Bettina traf: "Bei ihr hatte ich das Gefühl: Die will sich nicht nur amüsieren. Die könnte hier leben."
Tatsächlich - Bettina überlässt nach einer Probezeit ihrem Ex-Mann in Deutschland die drei gemeinsamen Kinder und heiratet Kilani. Fünf Jahre ein gutes Leben - bis Bettinas Ex-Mann plötzlich an einem Herzinfarkt stirbt und sie Hals über Kopf nach Deutschland zurück muss, zu ihren Kindern, mit denen sie jahrelang nur die Ferien gemeinsam verbracht hat. Kilani findet sich nicht zurecht im grauen deutschen Alltag - auch nicht in seiner Rolle als Stiefvater deutscher Teenager, die ihrer Mutter fremd geworden sind.

Lina (59) sitzt in ihrem schicken Leipziger Büro und berät über eine Internetplattform Frauen, deren orientalische Traumprinzen sich als Betrüger entpuppt haben. Man sieht der gepflegten Geschäftsfrau nicht an, was sie hinter sich hat. Über 70.000 Euro Schulden. Alles wegen Rachid, den Lina vor neun Jahren auf der Ferieninsel Djerba traf. Gerade mal halb so alt wie sie, Händler auf einem Porzellanmarkt - und bereit, einige Arbeiten in Linas Häuschen zu übernehmen, das sie damals schon gemietet hat und regelmässig besucht. Irgendwann wird es eine Affäre, irgendwann wird geheiratet. Als Rachid zu Lina nach Hamburg zieht, wird alles anders. Immer seltener ist er zu Hause, immer häufiger unterwegs oder auf Heimatbesuch. Lina bezahlt und schweigt, obwohl ihr ein Coach schon bald zur Trennung rät. Erst nach vier Jahren reicht sie die Scheidung ein. Rachid lebt inzwischen mit einer jüngeren deutschen Frau zusammen. Den Schuldenberg aus ihrer Ehe mit dem 25 Jahre jüngeren Tunesier konnte die 59-jährige Unternehmensberaterin noch nicht abgetragen. "Aber auch das werde ich noch schaffen", sagt Lina zuversichtlich.

"37°" erzählt die Geschichte von drei Frauen, die alle glaubten, ihrem Traumprinzen begegnet zu sein. Der Alltag hat nicht jedem, aber doch manch einem Traumprinzen alles Traumhafte genommen. Für die Frauen eine oft harte Erkenntnis nach dem Gefühl ganz grosser Liebe.