Glosse" Du bist eine Kerze und ich dein Nachtfalter"
Warum deutsch-arabische Beziehungen besser sind als ihr Ruf
Eine Deutsche verliebt sich in einen Araber. In solch einer kulturübergreifenden Beziehung kann sie nur verlieren. Er wird ihr ein Kopftuch aufzwingen und sie unterdrücken. So lauten die gängigen Vorurteile. Wie das deutsch-arabische Miteinander wirklich aussieht, zeigt dieser Erfahrungsbericht.
Glaubt man manchen Mediendarstellungen, dann funktionieren deutsch-arabische Beziehungen in etwa so: Junges deutsches Mädchen – nett, aber naiv – verliebt sich in einen glutäugigen Araber mit schwarzen Locken. Sie ist katholisch, er ist Moslem. Doch – Gott sei Dank! – er ist ein moderner Moslem, vor dem man keine Angst haben muss. Das merkt man daran, dass er Alkohol trinkt. (Die Theorie dahinter lautet: Ein Alkohol trinkender und Schweinefleisch essender Moslem ist der Welt so zugewandt, dass er sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in die Luft sprengen wird.)
"Urlaub" in einem bösen arabischen Land
Die beiden heiraten, den Warnungen ihrer Eltern zum Trotz. Kurz nach der Heirat kommt der ältere Bruder des guten Moslems zu Besuch und lädt ihn ein, gemeinsam Urlaub in einem bösen arabischen Land zu machen. Der kleine Bruder willigt ein – und kommt nach vier Wochen völlig verändert zurück nach Deutschland. Er lässt sich einen Bart wachsen, zwingt seiner Frau ein Kopftuch auf, verbietet ihr, alleine das Haus zu verlassen und führt mysteriöse Telefonate.
Irgendwann beginnt die junge Frau zu begreifen: Ihr Gatte war nicht im Urlaub, er war in einem Trainingscamp von Al Qaida! Von nun an ist sie hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu ihrem Vaterland, zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, und der Liebe zu ihrem jetzt –nicht –mehr –modernen -Moslem. Die Moral von der Geschichte: Wenn sie ihn nicht an den Verfassungsschutz verraten hat, dann schlägt er sie noch heute.
Jung, nett, aber nicht naiv
Das alles müsste mich nicht weiter stören. Es ergibt einen quotenträchtigen Fernsehfilm und womöglich befinden sich zwei, drei deutsche Frauen gerade in einer vergleichbar tragischen Lage. Leider stört es mich doch, denn ich höre diese Geschichten ständig. Von Leuten, die meinen, sie müssten mich warnen. Denn ich (jung, nett, womöglich naiv) bin in ihren Augen von obigem Schicksal nicht allzu weit entfernt.
Richtig: Der Mann an meiner Seite ist Moslem. Er kommt aus Syrien (das gehört zur "Achse des Bösen") und sieht aus wie oben beschrieben. Jetzt wollen Sie wissen, wie ich aussehe? Ob ich womöglich schon ein Kopftuch trage? Nein. Ich habe kurze verwuschelte Haare, trage im Sommer Spaghetti-Träger und stelle mir meine Zukunft anders vor als von Eva Herrmann empfohlen.
Mit der Religion nichts am Hut?
Jetzt werden Sie sagen: Ach so, er ist bloß auf dem Papier Moslem, hat aber mit der Religion gar nichts am Hut. Falsch! Er ist praktizierender Moslem, so richtig mit Beten und allem drum und dran. Also … nun ja: Fast allem drum und dran. Um genau zu sein, ist er einer von Millionen Muslimen, die ihre Religion leben und lieben, die an den Regeln dennoch ein bisschen feilen, die den Koran für heilig halten, aber auch an einen bestimmten Kontext gebunden, und die im Islam einen Weg gefunden haben, sich weiterzuentwickeln – so wie andere im Christentum oder im Buddhismus.
Haben wir denn keine Beziehungsprobleme, keinen Kulturkampf zwischen Syrien und Süddeutschland? Doch. Wir führen ab und an idiotische Diskussionen über die ethisch-moralischen Dimensionen der gemischten Sauna. Und ja, er ist eifersüchtig, wenn ich ohne ihn mit männlichen Freunden ins Kino gehe. Ja, seiner Familie wäre es recht, wenn ich zum Islam konvertieren würde. Und nein, er ist tatsächlich kein Fan von Amerikas Außenpolitik.
Lernen vom Islam
Viel wichtiger aber ist: Durch ihn habe ich gelernt, was arabische Gastfreundschaft bedeutet. Dass Geiz alles andere als geil ist. Und dass es durchaus Sinn machen kann, Männer- und Frauenwelten manchmal getrennt zu halten. Durch ihn habe ich zum ersten Mal die Bibel gelesen, in der Hoffnung, die Sache mit der Leitkultur dann besser erklären zu können.
Durch ihn habe ich gelernt, dass wir vorsichtig sein sollten, mit den schnellen Urteilen über fremde Religionen. Dass es nicht reicht, Zeitschriften-Beilagen zu lesen, um den Koran zu kapieren. Dass man vor der eigenen Haustür kehren sollte, bevor man über die Missstände der anderen lästert. Und dank ihm verstehe ich arabische Kosenamen und Liebesschwüre – für mich eine echte Bereicherung. Deshalb sei hier im Namen aller mit Arabern glücklich liierten Frauen der Bundesrepublik ein für allemal gesagt: Wir wissen, was wir tun. Und machen sie sich keine Sorgen: Die meisten von uns haben ihre Männer gut im Griff. s62

Die Autorin möchte anonym bleiben.

Quelle: SWR
http://www.swr.de/islam/miteinander/-/id=1549992/nid=1549992/did=1663008/1kkfrgp/index.html

Last edited by Uwe Wassenberg; 06/08/2009 22:21. Reason: Quelle nachgetragen

Gib dich so wie du bist. Wie du sein möchtes. Scharmant. Nett. Unmöglich.

Eine Hexe ohne Katze ist nur eine halbe Hexe.


Nette Grufti Grüß von Dolly