Hallo,

so, jetzt werde ich mich doch dazu äußern, obwohl ich es eigentlich nicht machen wollte. Ich habe 2 Töchter, die 14 und 18 Jahre alt sind. Ich bin so etwas wie eine Löwenmutter, die immer ihre "Brut" verteidigt. Egal, was sie anstellen, ich war und bin immer für sie da. Das wissen sie auch ganz genau und deshalb kommen sie auch mit ihren Problemen, Sorgen und Nöten immer zu mir. Gut, kleine Geheimnisse muß jeder haben und die lasse ich ihnen natürlich auch. Doch wenn es um wesentliche Dinge geht, wie z.B. "ich brauche die Pille!" nachdem sie mit 17 schon 1 Jahr mit ihrem Freund zusammen war, dann reden sie mit mir darüber und ich versuche ihnen zu helfen. Unser Abendessen ist jedesmal ein Kommunikationstreffen. Wir reden über alles. Das ist, glaube ich, das Wichtigste. Sich Zeit nehmen für die Probleme der Kinder, ihnen zuhören und versuchen sie zu verstehen. Wenn das funktioniert, dann ist das Vertrauen auch automatisch da.
In Tunesien wird Erziehung sicher, genau wie in Deutschland, in jeder Familie unterschiedlich gehandhabt. Ich könnte jetzt darüber berichten, daß ich meine, daß viele Eltern in Tunesien ihre Kinder viel zu schnell und viel zu viel schlagen. So kann man kein Vertrauensverhältnis aufbauen, so erzeuge ich ein Angstverhältnis. Ich meine aber, daß bei uns z.B. gewaltlose Erziehung auch nicht in jeder Familie praktiziert wird. Vor 50 Jahren war es bei uns ganz normal, den Kindern von Zeit zu Zeit den berühmten "Klaps", der noch keinem geschadet hat, zu verabreichen. Was damit in einem Kind ausgelöst wird, ist doch erst seit einigen Jahren bekannt. Viele tunesische Familien erziehen ihre Kinder so wie sie erzogen wurden, ohne sich Gedanken über die Folgen zu machen. Mein Mann findet es z.B. ganz normal, daß man vom Lehrer Schläge erhält ("er schlägt mich, weil er mich liebt, nicht weil er mich haßt" - komische Liebe...???). Ich möchte, daß meine Kinder mir vertrauen und mit mir reden, da kann ich sie doch nicht schlagen. Das wäre so, als würde ein Sklave einem Sklavenbesitzer vertrauen (****er Vergleich). Der achso wichtige Respekt kommt von allein. Den erhält man dadurch, daß man ihn sich verdient. Claudia's Sorgen um Vergewaltigung, Entführung etc. hat wohl jede Mutter. Doch ich weiß eigentlich immer, wo meine Kinder sich aufhalten. Nicht, weil ich sie kontrolliere, sondern weil sie es mir sagen. Im Zeitalter der Handys ist es ja auch nicht schwer jemanden zu erreichen. Meine Kinder wissen, daß ich mir Sorgen mache, wenn sie zu spät nach Hause kommen. Sie wissen auch, daß ich ihnen ihren Spaß gönne. Deshalb rufen sie mich an und sagen bzw. fragen, ob sie eine halbe Stunde später kommen dürfen. Das ist für mich in Ordnung und ich weiß, daß es ihnen gut geht, sie sich einfach nur nicht von ihren Freunden losreißen können, oder die U-Bahn Verspätung hat. Auf der anderen Seite erwarten sie aber auch von mir, daß ich sie anrufe, wenn es bei mir später wird. Denn sie machen sich auch Sorgen, wenn ich später komme. Ich erledige das sehr pflichtbewußt, denn für mich besteht Erziehung aus Beispiel geben und denkender Liebe (ist nicht von mir, sondern von Fröbel. Ich habe aber dieses Prinzip zu meiner Erziehungsmethode gemacht). So etwas, wie Briefe öffnen, Freunde ausfragen usw. kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Ich kenne die Freunde meiner Kinder und deren Telefonnummern sind in unserem gemeinsamen Telefonregister, was muß ich da noch hinter meinen Kindern "herschnüffeln"?
Anna