Bei einer Anschlagserie in Touristenorten auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel sind am Donnerstagabend mindestens 26 Menschen gestorben. Nach Angaben der ägyptischen Regierung wurden mindestens 122 weitere Menschen verletzt. Das berichtet der israelische Rundfunk am Freitag und beruft sich auf die israelischen Rettungskräfte. Nach den insgesamt drei Bombenexplosion werden noch immer Menschen vermisst. Unter den Opfern sind viele Israelis, welche die jüdischen Sukkot-Feiertage zu einem Urlaub auf der Sinai-Halbinsel am Roten Meer genutzt hatten. "Nach vorläufigen Informationen sind wohl keine Deutschen betroffen", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin.

Autobombe explodierte in Hilton-Hotel
Der folgenschwerste Anschlag wurde am späten Donnerstagabend auf das Hilton-Hotel im Badeort Taba am Grenzstreifen Ägyptens zu Israel verübt. Bisher wurden 24 Tote geborgen - darunter auch zwei Briten und mindestens ein Russe. Israelische Sicherheitskreise gingen davon aus, dass Terroristen einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen zündeten. Ein weiterer Sprengsatz war zeitgleich von einem Selbstmordattentäter gezündet worden. Nach Angaben von Ärzten wurden mehr als hundert verletzte Israelis nach Eilat ins Krankenhaus gebracht.

Mehrere Stockwerke stürzten ein
Zehn Stockwerke des Hotels stürzten ein, das Gebäude stand in Flammen. Unter den Opfern waren viele Israelis. Das Hotel war voll belegt. "Es gab eine große Explosion. Dann fielen Trümmer auf uns", berichtete eine Zeugin des Anschlags, die ins nur wenige hundert Meter entfernte Israel flüchtete. "Die Tore zur Hölle haben sich plötzlich geöffnet", sagte ein israelischer Arzt. Ein anderer Zeuge berichtete: "Als wir raus kamen, haben wir gesehen, dass die Geschäfte und die ganze Wand des Hotels eingestürzt sind. Viele Leute liegen auf dem Boden, überall ist Blut, überall Schreie."

Anschläge auf Restaurants
Zwei weitere Anschläge ereigneten sich in Restaurants einer Urlauberkolonie mit dem Beinamen "Satanskopf" nahe Nuweiba, etwa 40 Kilometer südlich der Grenze. Dabei starben zwei Menschen. Zum Zeitpunkt der Anschläge hielten sich rund 30.000 Israelis in den Badeorten der ägyptischen Küste des Roten Meeres auf.

Islamisten-Gruppe bekennt sich
Zu der Anschlagserie bekannte sich am Freitag im Internet eine offenbar der Al Kaida nahe stehende Islamisten-Gruppe. "Vier unserer das Märtyrertum suchenden Brüder haben diese tapfere Operation trotz intensiver Sicherheitsvorkehrungen ausgeführt", erklärte eine Gruppe namens Islamische Tawhid Brigaden. In der Erklärung, deren Echtheit nicht geprüft werden konnte, wurden Al-Kaida-Chef Osama bin Laden und dessen Stellvertreter Aiman Al Sawahiri mit historischen moslemischen Militär-Kommandeuren verglichen.

Tod von Hamas-Chef gerächt
Die Anschläge seien dem früheren Hamas-Chef Scheich Ahmed Jassin gewidmet. Er war im März bei einem gezielten israelischen Angriff getötet worden. Die Anschläge seien nur "der erste auf Juden abgefeuerte Schuss". Ägypten, eines der wenigen arabischen Länder, die Frieden mit Israel geschlossen haben, bezeichnete die Gruppe als "Regime, das Verrat gegen sein eigenes Volk und seine Religion begangen hat."

"Handschrift von Al Kaida"
Der stellvertretende israelische Verteidigungsminister Seew Boim hatte zuvor gesagt, die Anschlagserie "trage die Handschrift der Al Kaida" und unterscheide sich von den Anschlägen, die üblicherweise von militanten Palästinenser-Gruppen verübt würden. Außenminister Silvan Schalom sagte, Al Kaida bedrohe alle Staaten, eingeschlossen die arabischen, die zu enge Beziehungen zur westlichen Welt oder Israel unterhielten.

Schröder verurteilt "menschenverachtende" Tat
Kanzler Gerhard Schröder (SPD) verurteilte die Serie von Bombenanschlägen als "menschenverachtend". "Da werden Kinder, Frauen, zu Opfern gemacht wegen angeblich politischer Ziele, die nun wahrlich keine sind", sagte er. Schröder mahnte aber auch, trotz aller Brutalität am Friedensplan für den Nahen Osten festzuhalten.

Israel rät Bürgern zur Abreise
Die Regierung in Jerusalem rief rund 10.000 Bürger auf, sofort die Sinai-Halbinsel zu verlassen. Mit Bussen und Hubschraubern solle Touristen und Verletzten eine umgehende Rückreise ermöglicht werden, berichteten israelische Medien. Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat für den Mittag eine Dringlichkeitssitzung des Kabinetts angesetzt, um verschärfte Sicherheitsmaßnahmen zu beraten.

Geheimdienst hatte gewarnt
Der israelische Geheimdienst hatte die Bürger des Landes bereits vor vier Wochen vor Anschlägen gewarnt. Es gebe Informationen, wonach Terrorgruppen Touristenhotels in der Region zum Ziel nehmen wollten. Die Tourismusbranche ist in Ägypten ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das staatliche Fernsehen hatte das Attentat in Taba zunächst als Gasexplosion bezeichnet.

Sinai-Halbinsel im Sechs-Tage-Krieg besetzt
Die Sinai-Halbinsel wurde 1967 im Sechs-Tage-Krieg von Israel besetzt und nach dem israelisch-ägyptischen Friedensabkommen von 1979 an Ägypten zurückgegeben. Im Hilton-Hotel in Taba hatten im Januar 2001 die gescheiterten Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern stattgefunden.