Mein Leben in Tunesien von Silvana

Im September 2000 bin ich mit einer Freundin nach Djerba geflogen. Sie wollte eigentlich nur ihren Sohn besuchen und ich sollte sie begleiten. Obwohl ich es mir selbst versprochen hatte mich nicht zu verlieben, passierte es doch.

Schon am 3.Tag wusste ich, das ist der Mann, mit dem ich immer zusammen sein wollte.
Spontan fragte ich ihn was er davon hält, wenn ich wiederkäme!

Von der Idee war er genauso begeistert wie ich. Und nach 2 Wochen verliebt sein flog ich nach
Deutschland zurück.
5 Wochen später war ich wieder auf Djerba und blieb dort für 3 Monate.

Dort auf Djerba verbrachten wir, Karim und ich, eine wunderschöne Zeit und im Dezember
machte er mir einen Heiratsantrag. Überglücklich nahm ich an. Im Januar 2001 flog ich wieder zurück nach Deutschland.

Damals habe ich nicht gewusst wie lange ich brauchen würde um wieder nach Djerba zu fliegen.
Das leidige Geldproblem! Er wusste dies natürlich und tat alles was in seinen Möglichkeiten lag.
Finanziell konnte er mir aber nicht helfen, da es verboten ist von Tunesien aus Geld in ein anderes Land zu senden.
Da aber seine Mama in Frankreich lebt, konnte sie mir das Geld für die Flugtickets zurück nach Djerba senden.

Am 19.02.2001 saß ich nun wieder im Flugzeug nach Djerba. Nur mit 80 Kilo Gepäck und meiner damals
6jährigen Tochter war ich bereit, ein neues Leben in einem anderen Land zu beginnen.
Natürlich mit dem Gedanken meinen geliebten Mann zu heiraten. Endlich, im Mai 2001, hatten wir alle Papiere zusammen und fuhren zur deutschen Botschaft nach Tunis. Wie wir von einem tunesischen Standesbeamten erfuhren, benötigten wir ein Ehefähigkeitszeugnis wenn wir nach
tunesischem Recht heiraten wollten. Oder wir ließen uns in der deutschen Botschaft trauen!

Voller Zuversicht fuhren wir dorthin, doch das böse Erwachen kam, als ich in der Botschaft vorsprach.
Diese Beamten wollten uns nicht das Ehefähigkeitszeugnis austellen und uns trauen schon gar nicht.
Wir waren natürlich am Boden zerstört - mal ebenso 500 km quer durch Tunesien gefahren, um ohne Diskretion abgefertigt zu werden. Wieder zurück auf Djerba verlief unser Leben einigermaßen normal. Im Sommer 2001 lernte ich meine zukünftigen Schwiegereltern kennen und im
September wurde meine Tochter in Tunesien eingeschult. Sie fand schnell viele neue Freunde und erlernte auch sehr schnell die arabische Sprache. Uns ging es zwar sehr gut dort, nur das wir nicht heiraten konnten, tat schon mächtig
weh! Da ich nicht auf ein Wunder warten wollte, setzte ich mich mit dem zuständigen Standesamt in
Deutschland in Verbindung. Ich wollte wissen, ob es wirklich so sein kann wie die Beamten der Botschaft behaupteten.
Die Standesbeamten auf deutscher Seite konnten nicht verstehen, wie es möglich sein kann,
das mir niemand hilft, konnten aber für mich auch nichts tun.
So legte ich erneut meine Heiratspläne auf Eis. Natürlich war es auch für mich schwer, so ganz ohne Familie.
Das meine Mama mich im November besuchte, war für mich ein großer Trost.

Da ich eine Kämpfernatur bin, versuchte ich es erneut auf der deutschen Botschaft. Natürlich wieder ohne Erfolg.
Für mich war Djerba zu meinem 2. zu Hause geworden - ich liebte die Ruhe und meine
neugewonnenen Freunde und konnte mich auch sonst nicht beklagen, da ich für tunesische Verhältnisse ein gutes Leben führte. Selbst als am 11.April die Synagoge explodierte, warf mich das nicht aus der Bahn und ich fühlte mich nach wie vor sicher.
Natürlich ist es sehr schrecklich, was ein Einziger diesem Land und Menschen angetan hat, aber dies ist für mich nie ein Grund gewesen, dieses Land zu verlassen.

Nur exakt eine Woche später sollte ich eines Besseren belehrt werden. Ich erwachte morgens um 5.30 Uhr mit Schmerzen, wie ich sie selbst bei der Geburt meiner Tochter nicht erlebt hatte. Wir fuhren in das gleiche Krankenhaus wie auch die Opfer des Anschlages. Es war furchtbar und
für mich ein Schock. Drei Ärzte untersuchten mich und nach 3 Stunden diagnostizierten sie "versetzte
Blähungen"! Ein russischer Arzt schickte mich, trotz höllischer Schmerzen, nach Hause. Anschließend fuhren wir zum Labor, um noch
das Blut untersuchen zu lassen. Danach war ich so entkräftet, dass ich ohnmächtig wurde. Mit letzter Kraft schleppte ich mich zum Taxi und fuhr mit Karim nach Hause. Dort angekommen,
wurde ich erneut ohnmächtig. Dann erbrach ich ständig. Verzweifelt vor Schmerzen schrie ich
Karim an, er müsse etwas tun, sonst würde ich sterben. Solche Schmerzen konnten doch unmöglich
Blähungen sein. Ich litt unter Schüttelfrost und lag bei 35°C Außentemperatur mit einer Wolldecke im Bett. Gott sei Dank kam auch 30 Minuten später die gerufene Hausärztin. Sie untersuchte mich als erste gründlich und hatte sofort einen
Verdacht, den ihr mein Laborbefund auch bestätigte: Ich war schwanger! Sie sagte zu Karim er solle mich so schnell wie möglich zu ihrem Auto tragen und so fuhr sie uns persönlich
zu einem Gynokologen. Der untersuchte mich ebenfalls und machte auch wie der Arzt im Krankenhaus, enen Ultraschall. Nur sah er
etwas ganz anderes als "Versetzte Blähungen" - meiner kompletter Bauch war voll mit Blut!!! Da mein Eileiter geplatzt war, blieb ihm nicht einmal die Zeit einen Krankenwagen zu rufen. Er fuhr mich sofort in eine Privatklinik. Ich weiß nicht wie ich es ausgehalten habe, noch lebend
in diese Klinik zu kommen, da ich ,wenn ich noch länger zu Hause geblieben wäre, tatsächlich innerlich verblutet wäre. Ich muss wohl einen Schutzengel gehabt haben! Um 20.30 Uhr erwachte ich aus der Narkose und sah Karim mit Tränen
in den Augen vor mir sitzen. Ich konnte noch nicht sprechen und hörte nur, wie Karim zu mir sagte: "Ich dachte, ich habe Dich verloren!" Ich konnte das Geschehene noch gar nicht wirklich realisieren und sagte später, er solle nicht meine Mama anrufen. Sie hätte wohlmöglich einen
Herzinfarkt erlitten.
Natürlich war und bin ich tieftraurig eine Eileiterschwangerschaft gehabt zu haben, da ich bereits vor 2 Jahren eine hatte. Nun ist es mir nicht mehr möglich, auf natürliche Weise
schwanger zu werden. Aber ich habe es überlebt!

Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, habe ich sehr viel nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, nach Deutschland zurück zu kehren. Meine Angst war einfach zu gross, noch einmal so ein gesundheitliches Risiko einzugehen. Noch dazu gibt es nicht diese soziale Absicherung (Krankenkasse ect.) wie in Deutschland. So wartete ich, bis meine Tochter die 1. Klasse beendet hatte und 5. August letzten
Jahres flog ich mit meiner Tochter - ohne meinen geliebten Karim - todunglücklich nach Deutschland
zurück!

Silvana