24.02.2005:
Leipzig: "Zwei Drittel Erfolg"
Bundesgericht hebt OVG-Urteil zu Islam-Unterricht auf

(dpa) - Die Entscheidung über islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen ist weiter offen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hob am Mittwoch, den 23.02. das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) auf, das keinen Anspruch auf einen solchen Unterricht in Nordrhein-Westfalen vorsah. Gleichzeitig verwiesen die obersten Richter den Fall zurück nach Münster, weil ihnen die Urteilsbegründung des OVG nicht stichhaltig genug erschien. Eine inhaltliche Bewertung nahm das Bundesgericht nicht vor. Das OVG muss nun noch einmal entscheiden, ob die beiden klagenden Verbände - der Zentralrat der Muslime sowie der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland - als Religionsgemeinschaften anzusehen sind. Beide hatten gegen das Land Nordrhein-Westfalen geklagt. Das OVG hatte die Verbände in seinem Urteil von Dezember 2003 nicht als Religionsgemeinschaften eingestuft. Bei ihnen finde keine Pflege religiöser Angelegenheiten statt. Die Dachverbände würden keine identitätsprägenden religiöse Funktionen übernehmen. Außerdem hätten sie keine natürlichen Mitglieder.Diese Auffassung wiesen die Leipziger Richter zurück. Laut Grundgesetz haben Religionsgemeinschaften einen Rechtsanspruch gegen den Staat auf Einrichtung von Religionsunterricht. Auch Dachverbandsorganisationen könnten die Voraussetzungen für Religionsgemeinschaften bilden, wenn Gläubige auf lokaler Ebene die unentbehrliche Grundlage bildeten. Die Richter in Münster müssen nun die Struktur der einzelnen Dachverbände genau unter die Lupe nehmen. Religiöse Aufgaben müssten bei diesen im Mittelpunkt stehen. Das OVG habe nun zu prüfen, ob Dachverbände nicht durch Mitgliedsorganisationen mit sozialen, kulturellen oder beruflichen Schwerpunkten geprägt würden. Außerdem haben die Richter in Münster nach Auffassung des Bundesgerichts zu überprüfen, ob die beiden klagenden Dachverbände über die bloße Interessenvertretung hinaus auch gemeinsame religiöse Überzeugungen selbstständig gestalten. Dies habe das OVG versäumt, urteilten die Leipziger Richter. Sollte das OVG zu der Entscheidung kommen, dass es sich um Religionsgemeinschaften handelt, müsse es in einem weiteren Schritt prüfen, ob die Verbände als Partner des Staates für den Religionsunterricht auftreten können oder ob es unter dem Gesichtspunkt der Verfassungstreue Bedenken gibt. In einer ersten Reaktion sprach der Vertreter der Kläger, Janbernd Oebbecke, von einem "zwei Drittel Erfolg". "Wir sind zufrieden, auch wenn wir keinen endgültigen Durchbruch erreicht haben", sagte er nach der Urteilverkündung. Beide Seiten, das Land Nordrhein-Westfalen und die Kläger, müssten nun ihre Schlüsse zeihen. So gelte es für die muslimischen Verbänden, ihre Mitgliederstruktur genau zu überprüfen.
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