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03.12.2004:
Interview: "Der Islam wird zunehmend zu einem Teil der Bundesrepublik Deutschland"
IZ-"Begegnung" mit Cem Özdemir über die Debatte der letzten Monate

(iz)Cem Özdemir wurde 1965 in Bad Urach geboren und ist seit 2004 Abgeordneter des Europäischen Parlaments und Mitglied der Fraktion „Die Grünen/Freie Europäische Allianz“. Als Erzieher ausgebildet, schloss er 1994 sein Studium der Sozialpädagogik an der Evangelischen Fachhochschule Reutlingen ab. 1981 trat er den Grünen bei. 1994 wurde Özdemir als erster Abgeordneter türkischer Herkunft in den Deutschen Bundestag gewählt, dem bis 2002 angehörte. Özdemir publiziert und hält Vorträge zu den Themen EU-Türkei, Integration in Deutschland, Migration, Islam in Europa u.a. Er schreibt Kommentare und Artikel für deutsche, türkische und US-amerikanische Medien. Islamische Zeitung: Sehr geehrter Herr Özdemir, als Reflex auf die erschreckenden Ereignisse in den Niederlanden ist in Deutschland eine Generaldebatte losgetreten worden, die von vielen so nicht erwartet wurde. Sie haben sich ja seit Jahren mit den Inhalten dieser Debatte beschäftigt, wie würden Sie diese bewerten?

Cem Özdemir: Ein Teil der Debatte ist nicht neu und kommt immer wieder bei traurigen Anlässen hoch. Ein anderer Teil hat eine neue Schärfe und Qualität bekommen, wie wir sie bisher noch nicht hatten. Dazu muss man nur die Bildbeiträge betrachten, wenn es im Fernsehen um die entsprechenden Themen geht. Ich kann mich erinnern, dass man früher, wenn man in den Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Sender Menschen mit islamistischem Hintergrund dokumentieren wollte, im Anschluss auf ein Gegenbeispiel verwiesen hat. Mittlerweile wird nur noch das erste Beispiel gezeigt und das zweite taucht nicht mehr auf. Es gibt auf beiden Seiten eine deutliche Verschärfung der Sprache und des Tons, was ich sehr bedaure.

Islamische Zeitung: Es hatte im Zuge dieser Debatte zwei symbolische Forderungen von deutschen Politikern gegeben; einmal die von Frau Schavan nach deutschsprachigen Freitagspredigten in den Moscheen und andererseits die von Ihrem Parteikollegen Hans-Christian Ströbele nach der Einführung eines muslimischen Feiertages. Wie bewerten Sie die beiden Vorschläge?

Cem Özdemir: Zu Frau Schavan fällt mir nur ein: Das Wort „Muslime“ durch „Juden“, das Wort „Moschee“ durch „Synagoge“ und „türkisch“ durch „hebräisch“ zu ersetzen - es gäbe zu Recht einen Aufschrei der Empörung. Man sollte nicht mit zweierlei Maß messen. Entscheidend ist nicht, in welcher Sprache gepredigt wird, sondern was gepredigt wird. Wenn der Verfassungsschutz nicht genügend Leute hat, die Arabisch oder Türkisch sprechen, dann kann er sich gerne an mich und andere Migranten wenden, die ihm bei der Einstellung helfen können. Ich denke nicht, dass dies das entscheidende Problem sein sollte, entscheidend ist vielmehr, was gepredigt wird. Die Entscheidung, in welcher Sprache die Predigt in den Moscheen gehalten wird, müssen die Muslime in den Moscheegemeinden treffen. Ich will gar nicht ausschließen, dass es, wenn viele, die hier geboren und aufgewachsen sind, besser Deutsch sprechen, sinnvoll sein kann, auf Deutsch zu predigen. Das beste Beispiel, welches beinahe schon absurden Charakter hat, war kürzlich in der türkischen Tageszeitung „Hürriyet“ mit der Überschrift „Hier ist die deutsche Predigt“ zu finden. Dort konnte man dann erfahren, wie ein Imam, der aus der Türkei kommt und kein Deutsch spricht, auf der Kanzel sitzt und einen Zettel auf Deutsch in die Hand gedrückt bekommen hat. Man sieht dann ein Bild, auf dem die Angehörigen der Gemeinde zuhören, alles ältere Männer der ersten Generation, die auch nicht gut Deutsch können. Der Imam liest ihnen dann den deutschen Absatz vor, damit Frau Schavan Genüge getan wird. Meine Frage dabei ist, wem würde dadurch geholfen? Garantiert niemanden. Das ist absolut absurd, man kommt sich dabei vor wie bei den Dreharbeiten zu einem Monty-Python-Film. Das zeigt, wie wenig seriös die Debatte auf diesem sehr symbolischen Niveau geführt wird. Das kann man naiverweise machen, aber es ändert sich doch nichts Wesentliches. Der zweite Vorschlag von meinem Freund und Kollegen Hans-Christian Ströbele war sicherlich gut gemeint. Ich denke aber, dass dieser Vorschlag deshalb so empört aufgenommen wurde, weil er ihn mit der Abschaffung eines christlichen Feiertages verbunden hat. Dabei wurde schon der Buß- und Bettag quasi als Kompensation für die Pflegeversicherung kassiert. Wir leben in einer Zeit, in der sich die Kirchen beklagen, dass immer weniger Leute in die Kirche und gleichzeitig der Eindruck entsteht, dass immer mehr Menschen in die Moscheen gehen. Daher ist es sicherlich ein Signal, welches missverstanden werden musste und auf der Tagesordnung nicht sehr weit oben steht. Ich habe einmal gefragt, ob es nicht einen Tag gibt, der für alle gemeinsam ein Feiertag sein könnte, ein Tag, an dem man das verbindende Element betont. Die Amerikaner haben den Martin-Luther-King-Gedenktag, der für Angehörige aller Religionen, aller Ethnien und aller Geschlechter ein bedeutender Tag ist. Ich wünschte mir, dass wir hier so etwas auch finden könnten.

Islamische Zeitung: Kam dieser Vorschlag nicht auch deshalb so schlecht an, weil wir seit langer Zeit den Zustand haben, dass auf relativ „harmlose“ und integrierende Forderungen wie das muslimische Schlachten, Anpassungen im Baurecht oder eine Änderung der Friedhofsordnungen mit teilweise hoch emotionalisierten Debatten geantwortet wird?

Cem Özdemir: Das liegt natürlich auch daran, dass wir ein Land sind, welches geringe Erfahrungen hat im Umgang mit Vielfalt, Verschiedenartigkeit und dem Aushandeln von Spielregeln. Man darf nicht vergessen, wie lange es gedauert hat, dass wir uns zu der Erkenntnis durchgerungen haben, dass hier geborene Kinder keine Ausländer sind, obwohl ihre Eltern und Vorfahren nicht schon gegen die Römer gekämpft haben. Uns geht leider die Lockerheit, die beispielsweise die Briten im Umgang miteinander haben, ein bisschen ab. Das heißt nicht, dass man die Augen verschließen soll vor tatsächlichen Gefahren. Im Gegenteil, es bedeutet, dass man sich tatsächlich auf die eigentlichen Probleme konzentriert und nicht ständig auf Nebenschauplätzen agiert.

Islamische Zeitung: Herr Özdemir, Sie sitzen jetzt im Europaparlament und haben eine etwas höheren Überblick als nur auf die Diskussion in Deutschland. Da Sie in Brüssel arbeiten, haben Sie auch geografisch eine größere Nachbarschaft zu den Niederlanden, aber auch zu Belgien, wo der rechtsextreme „Vlaamse Blok“ Antwerpen regiert. Wie schätzen Sie die dortigen Ereignisse ein?

Cem Özdemir: In den Niederlanden hat man sehr lange Zeit eine „laissez-faire“-Politik betrieben und wundert sich jetzt, dass manche Dinge schief gegangen sind, was sich meiner Ansicht nach jetzt auf eine sehr harte Weise rächt. Dabei muss man allerdings aufpassen, nicht mit dem Finger auf die Niederlande zu zeigen. Dass jemand durchdreht, verrückt und brandgefährlich ist, kann in jedem Land der Europäischen Union zu jeder Zeit passieren. Es gibt ein besonderes Problem in den Niederlanden, da man in der Konsensgesellschaft vieles ausgeklammert hat, das man hätte thematisieren müssen. Im Fall von Belgien habe ich das Gefühl, dass im Alltag noch ein hohes Maß an Integration vorhanden ist. Das hängt damit zusammen, dass die hiesigen Schulen, vor allem in der Stadt Brüssel, eine sehr kluge Politik betreiben, indem sie schon sehr früh auf Sprachkenntnisse setzen. Das wäre sicherlich etwas, wo wir uns eine Scheibe abschneiden könnten. Ich halte es für unabdingbar, dass man Sorge dafür trägt, dass der Spracherwerb bereits vor der ersten Klasse erfolgt. Die Arbeitsteilung, wonach die Eltern für die Muttersprache und die Schulen für die Amtssprachen zuständig sind, kann nicht akzeptiert werden, weil sie den Kindern schadet. Aber auch in Belgien und den Niederlanden ist ein großer Teil der Migranten besonders von Arbeitslosigkeit betroffen, was sowohl die wirtschaftliche als auch soziale Integration erschwert.

Islamische Zeitung: Wie würden Sie, mit der Erfahrung des Austausches mit ihren europäischen Kollegen, die deutsche Lage im europäischen Vergleich einordnen wollen?

Cem Özdemir: Das unterscheidet sich nach unterschiedlichen Aspekten. In einer Sache haben wir allerdings ein ganz dramatisches Problem. Das ist die Frage nach der Bildung, nach Bildungszugang und Bildungserfolg und dem damit verbundenen Aufstieg in die Mehrheitsgesellschaft. Nach der PISA- und anderen Vergleichsstudien müssen wir uns dringend damit beschäftigen, wie wir es schaffen, dass wir Jugendliche - vor allem männliche - mit muslimischem Hintergrund in den Großstädten, die dramatische Schulprobleme haben und die sich zum Teil auch einreden lassen, dies habe etwas mit ihrer Religion zu tun, stärker am Schulerfolg beteiligen können. Wenn sie Aufstiegschancen in die Gesellschaft erhalten, sind sie besser gegenüber Ultrafundamentalismus oder Ultranationalismus immunisiert.

Islamische Zeitung: Haben wir hier nicht den Fall, dass beispielsweise drängende soziale Fragen unter einem religiösen Deckmantel abgehandelt und subsumiert werden? Auffälligen Jugendlichen ist ja nicht per se anzusehen, ob sie aus einem praktizierenden muslimischen Elternhaus oder aus einem laizistisch-nationalistischem kommen.

Cem Özdemir: Ja, hier spielen soziale Fragen eine sehr wichtige Rolle und werden bei uns gemeinhin mit ethnischen Fragen verwechselt. Vor allem in den Großstädten findet eine Verwechslung dieser beiden Problemkomplexe statt. Niemand hat ein Problem damit, seine Kinder in eine internationale Schule zu schicken, wo die Kinder von muslimischen Ärzten, Professoren oder Ingenieuren sind. Im Gegenteil, alle freuen sich, wenn sie ihre Kinder dahin schicken können, da diese Schulen sehr begehrt sind. Viele haben aber ein Problem damit, die Kinder auf eine Schule zu schicken, wo Angehörige derselben Nationalität sind, deren Eltern aber Hilfsarbeiter, ungelernt oder arbeitslos sind, da die Kinder im entscheidenden Bereich oftmals sprachliche Probleme mit sich bringen. Der entscheidende Schlüssel dabei ist, dass es uns gelingt, Migranten einen schnellen Aufstieg in die Mittelschichten zu verschaffen bzw. ihnen realistische Chancen hierfür anzubieten. Das Problem an Bezirken wie Kreuzberg und Neukölln besteht darin, dass Menschen dort über Generationen hinweg bleiben und eine Weiterentwicklung zur nächsten Generation nicht stattfindet. Wir müssen uns fragen, woran das liegt und wie wir es ändern können. Dabei spielt die Frage nach Bildung eine ganz entscheidende Rolle. In Deutschland ist es leider so, dass die soziale Herkunft entscheidend ist für den Erfolg in der Schule, was nicht hingenommen werden kann. Das betrifft im Übrigen nicht nur Migranten, sondern auch die Kinder aus deutschen Arbeiterfamilien. In Deutschland hat man über Jahrzehnte auch nicht erkannt, dass viele Gastarbeiterfamilien aus bildungsfernen Schichten stammten, auch Analphabetismus ist bei der ersten Generation keine Randerscheinung. Soll man da erwarten, dass deren Kinder in der nächsten Generation ohne weiteres das Abitur machen und erfolgreich ein Studium abschließen? Diesen Familien fehlten sowohl die materiellen als auch immateriellen Ressourcen, um ihre Kinder zu unterstützen. Und der Staat war hierbei auch keine große Hilfe.

Islamische Zeitung: Glauben Sie, dass im Zuge der europäischen Harmonisierung einige, die Muslime betreffende rechtliche Regelungen in Deutschland geändert werden müssen?

Cem Özdemir: Diese Fragen sind eigentlich Fragen des gesellschaftlichen Konsenses. Ich finde es sehr bedauerlich, wenn dabei die Gerichte als letzte Instanz gewählt werden. Das gilt für alle Richtungen und man sollte versuchen, Streitfragen im Geiste guter Nachbarschaft zu lösen. Das gilt für den Gebetsruf, für das Schächten und für viele andere Fragen. Nur wenn alle Mittel ausgeschöpft worden sind, steht natürlich auch der Rechtsweg offen, der allerdings die letzte und nicht die erste Wahl sein sollte. Ansonsten ist klar, dass sich Spielregeln herauskristallisieren müssen. Das heißt aber auch für Zugewanderte und ihre Nachfahren, dass sie ein Interesse daran haben müssen, dass ihre Nachbarn nicht zu NPD-Wählern werden. Dazu gehört für mich beispielsweise, dass ein Muezzinruf in einer Gesellschaft mit einer recht guten Versorgung von Armbanduhren und öffentlich zugänglichen Uhren nicht unbedingt existenziell ist, um die Gebetszeiten zu erfahren. Es könnte dafür auch symbolische Lösungen geben; zum Beispiel, dass der Gebetsruf auf dem Gelände der Moschee zu hören ist, aber nicht außerhalb. Wer verlangt, dass er auch außerhalb zu hören ist, dem geht es nicht um die Bekanntmachung der Gebetszeiten, sondern um eine Machtdemonstration. Das gleiche gilt auch für die Frage der Teilnahme von Mädchen an Schulausflügen, an Klassenfahrten, am Sportunterricht etc. Ich glaube, es ist notwendig, dass es in innerhalb der muslimischen Gemeinden eine Aufklärung gibt, die darauf hinweist, dass es auch Pflichten der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gibt, für die es keine Ausnahmen geben kann.

Islamische Zeitung: Allerdings leben die meisten NPD-Wähler ja gerade in jenen Gegenden, in denen so gut wie keine Muslime wohnen ...

Cem Özdemir: Das ist richtig, man muss aber auch ein Interesse daran haben, dass die Menschen nicht wegziehen oder resignieren. Außerdem kann es ja auch sein, dass jemand eine demokratische Partei wählt, allerdings mit dem Auftrag, dass diese Partei die Migrationspolitik verschärft. Oder das eine demokratische Partei entsprechendes anbietet und dadurch erst die Thesen der rechtsradikalen Parteien einem breiteren Publikum bekannt macht. Wir sehen im Augenblick die Verknüpfung der Integrationsdebatte mit dem EU-Beitritt der Türkei. Da wird auch versucht, durch das teilweise negative Image der türkischen Migration in Deutschland dem türkischen Beitrittsbegehren zu schaden, in dem eine Verbindung zwischen beiden hergestellt wird. So wie sich die deutsche Mehrheitsgesellschaft kritisch fragen muss, was sie für die Erleichterung der Integration und zur Verbesserung der Sprachkenntnisse getan hat, so müssen sich auch Muslime in unserer Gesellschaft die Frage gefallen lassen, was sie denn getan haben, damit sich die Situation verbessert, Ängste abgebaut werden und man sich besser versteht. Integration ist ein beidseitiger Prozess, man muss kein Soziologe sein, um das nachvollziehen zu können.

Islamische Zeitung: Herr Özdemir, Sie sind ja gewissermaßen ein „Veteran“ der Bundespolitik, da sie der erste türkischstämmige Bundestagsabgeordnete waren. Glauben Sie, es ist Ihren „Nachfolgern“ gelungen, die muslimischen Wähler zu integrieren?

Cem Özdemir: Das hat mit Sicherheit begonnen. Es kann allerdings nicht sein, dass die Aufgabe der Einbindung von Migranten und Muslimen den liberalen oder linken Parteien überlassen wird. Man kann den Eindruck gewinnen, dass alle Migranten per se zwischen PDS, SPD und den GRÜNEN wählen. Viele von ihnen sind wertekonservativ und von daher gibt es auch ein hohes Maß der Nähe zur Union. Allerdings verweigert sich die Union; einerseits durch ein Nein zur türkischen Mitgliedschaft in der EU und andererseits durch ein Nein zu einem liberaleren Staatsbürgerschaftsrecht. Man kann am Wahlverhalten der Latinos in den USA sehen, die zum Teil in ihren konservativen Grundeinstellungen und Schulproblemen mit Arbeitsmigranten in der Bundesrepublik vergleichbar sind, dass diese im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf zu mehr als 40 Prozent die Republikaner gewählt haben. Es gibt kein Naturgesetz, wonach Migranten per se linke Parteien wählen müssen. Dieser unnatürliche Zustand könnte langfristig auch dadurch beendet werden, dass die Union endlich den Mut aufbringt, sich in ihren eigenen Reihen für eine Abgeordnete oder eine Abgeordneten mit muslimischem Hintergrund einzusetzen. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiges Integrationssignal in alle Richtungen wäre. So wie ich es in meinem Bereich tue, wäre es schön, wenn ich Kollegen und Kolleginnen in der Union hätte, die dies ebenso tun würden.

Islamische Zeitung: Wie würden Sie die augenblickliche Lage der Muslime bewerten?

Cem Özdemir: Das ganz man so pauschal nicht beantworten; es hängt davon ab, in welcher Hinsicht - ob in wirtschaftlicher oder sozialer. Der Islam wird zunehmend zu einem Teil der Bundesrepublik Deutschland. Er ist keine fremde, sondern eine einheimische Religion, auch wenn viele das so nicht sehen. Das gleiche gilt für einen Teil der Zugewanderten, die ihre eigene Religion nicht als einheimische betrachten. Dazu gehört beispielsweise auch, dass sich das Amt für Religiöse Angelegenheiten - DITIB - zu einer Einrichtung von Muslimen wandelt, die in der Bundesrepublik Deutschland leben. Das gleiche gilt auch für ihre Spitze, die nicht mehr aus türkischen Beamten bestehen sollte, die kein Deutsch sprechen. Wünschenswert wäre es auch, wenn es den muslimischen Verbänden gelänge, eine lockere Koordination auf Bundesebene zumindest soweit herzustellen, dass sie ihre gemeinsamen Interessen formulieren könnten. Das würde es sicherlich auch einfacher machen, sie nicht mehr zu übersehen. Das liegt auch im Interesse der Bundesrepublik, da man damit gemeinsame Projekte beschließen kann wie auch bestimmte Grenzen zu definieren. Man muss schauen, ob man dies nach französischem, österreichischem oder einem anderen Vorbild macht. Es muss auf Bundesebene eine Koordination der muslimischen Verbände geben, die auf der Basis des Grundgesetzes arbeiten. Das Ziel muss eine muslimische Interessenvertretung sein, die als Ansprechpartner dient, aber ohne dass man diese muslimischen Organisationen in eine Kirchenstruktur zwingt.

Islamische Zeitung: Sehr geehrter Herr Özdemir, vielen Dank für das Gespräch.