Tunesien Informationsforum ARCHIV Tunesien Informationsforum ARCHIV
Jawhara FM Mosaique FM
Dieses Forum ist nur als Archiv nutzbar.
Popular Topics(Zugriffe)
1,650,481 Magic Life Club
1,228,536 Islamische Fragen
TunesienCom Galerie
Der Flughafen Enfidha/Hammamet - Bilder von Walter
Hammamet Fotos von Walter
Djerba Fotos von Walter
Impressum
Impressum
Datenschutzerklärung

Kontakt E-Mail
Previous Thread
Next Thread
Print Thread
Bewerte Thread
"Ungewöhnliche Schule" - Schulprojekt endgültig durchgesetzt #48899
09/09/2003 09:18
09/09/2003 09:18
Joined: May 2001
Beiträge: 44,033
Gera
Claudia Poser-Ben Kahla Offline OP
Moderatorin
Claudia Poser-Ben Kahla  Offline OP
Moderatorin
Mitglied***

Joined: May 2001
Beiträge: 44,033
Gera
07.09.2003:
Berlin: "Ungewöhnliche Schule"
In der Berliner Boppstraße hat sich ein Schulprojekt endgültig durchgesetzt

Die Boppstraße am Freitagmorgen, auf dem Spielplatz spielen Kinder, Passanten tragen ihre Einkäufe nach Hause. Eigentlich eine typische Straße in Kreuzberg ohne erkennbare soziale Einrichtungen. Dennoch verbirgt sich in einem der unscheinbaren Hinterhäuser auch eine wichtige soziale Einrichtung im Viertel: die islamische Grundschule Berlin. Dies alles in Kreuzberg, dem Stadtteil mit der größten muslimischen Bevölkerung in Berlin. Hier lernen 140 Schüler in 6 Klassen das kleine Einmaleins und Deutsch in der einzigen islamischen Schule der Stadt. Eine besondere Schule, wie schon das ungewöhnliche Lehrerkollegium zeigt, 14 Lehrer und Lehrerinnen teilen sich die pädagogischen Aufgaben, 8 der Lehrer sind selbst keine Muslime. Schon diese Seite der Schule macht deutlich, dass es sich hier trotz einiger türkischer Kinder nicht um eine „türkische Schule“ handelt, sondern um eine ganz normale deutsche Schule. Deutsch – wenn auch für viele Kinder nicht die Muttersprache - wird natürlich auch in den Pausen gesprochen. Der Träger der Schule ist das Islamkolleg – ein unabhängiger Berliner Verein. Das Projekt Schule musste über die Jahre viele Klippen überwinden. Mehrere Jahre ohne Fördermittel und mit viel Idealismus hat der Verein die Schulräume hergerichtet und erst seit 1995 erhält der Verein auch öffentliche Gelder für den Lehrbetrieb. Immer wieder musste sich die Schule auch gegen Vorurteile behaupten und sich zur Wehr setzen. Langsam legen sich aber die Befürchtungen – nicht zuletzt auch auf offizieller Seite. Der ordentliche Schulbetrieb wird inzwischen professionell gewährleistet. Selbstverständlich werden Schule, Lehrpläne und Lehrer regelmäßig durch die zuständige Schulrätin Rathenow geprüft. Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos – beide Seiten haben sich aneinander gewöhnt.

Seit 2 Jahren leitet die deutsche Muslima Frau Peters die Schule. Die Muslimin ist Lehrerin mit Leib und Seele, der Beruf nicht nur ein Job, sondern auch Aufgabe und alltägliche Herausforderung. Auch sie ist eine Idealistin und tritt engagiert für Ihre Schule ein, die vielen Kindern ermöglicht, ihre muslimische Identität unbefangen anzunehmen, aber auch keine Burg sein will und den Austausch mit anderen Kindern und der ganzen Stadt sucht. Über das Spannungsverhältnis einer islamischen Schule in einer mehrheitlich nicht-muslimischen Gesellschaft ist man sich durchaus im Klaren. Auch der Trägerverein unterstützt die offene Seite der Schule. „Eine Bevormundung der Schulleitung“, so stellt die Schulleitung fest, „gibt es hierbei weder von Trägerverein oder Elternschaft“.

Fast alle Eltern sind Muslime, wenn auch in Detailfragen oft mit teilweisen unterschiedlichen religiösen Ausrichtungen. Natürlich gibt es gelegentlich auch Gesprächsbedarf über die religiösen Vorstellungen der Eltern, überhaupt über die Frage, was eine islamische Schule sein und lehren kann. So wurde gemeinsam mit den Eltern eine Lösung für strittige Einzelfragen im Musik- und Sportunterricht gefunden. Im Grundsatz ist man sich auch mit den Eltern einig: Die Schule will weder Madrasa noch etwa religiöse Kaderschule sein. So bestimmt die Alltäglichkeit den ganz normalen Schulbetrieb, der mit einer Sura aus dem Koran beginnt und mit einem selbst konzipierten Religionsunterricht bereichert wird. Das Klima der Schule wird durch die Erfahrung der Kinder geprägt, anerkannt und keine Einzelgänger zu sein. Natürlich lernen die Kinder auch, auf Andere zuzugehen. Die Schulleitung legt wert auf Kontakte und Dialog mit anderen Schulen in Berlin.

Eine Schulprojektgruppe denkt parallel über Verbesserungsmöglichkeiten und das Konzept einer „idealen Schule“ nach. Ideal ist es für die Schule bisher vor allem aus architektonischen Gründen nicht. Lehrer und Schüler teilen sich nur wenig Raum – die Lehrer können sich in den Pausen mangels Raum nur in Kleingruppen treffen. Bisher sind der kleinen Schule also vor allem räumliche Grenzen gesetzt. Ein richtiges Schulgebäude wäre für die Schule ein kleiner „Traum“. Man hofft nun auf Gespräche mit dem Senat, die bald eine größere Schule ermöglichen könnten. Im Moment ist die Schule beinahe ausgelastet, allerdings sind ab der 3. Klasse noch einige Plätze für Quereinsteiger in den Schulbetrieb frei.

Kopfzerbrechen macht der Schulleitung der Lehrermangel, vor allem muslimische Lehrerinnen sind in Deutschland kaum zu finden. Viele Muslimas sind inzwischen abgeschreckt worden, auf Lehramt zu studieren, da sie in Deutschland mittelfristig „türkische Verhältnisse“ erwarten. Die Schule bedauert natürlich, wenn es so indirekt zu einem Berufsverbot für muslimische Lehrerinnen kommen würde. Mit großem Interesse verfolgt das Kollegium den Fall der baden-württembergischen Lehrerin Ludin, die auf Einstellung in den regulären Schuldienst klagt. Natürlich geht von diesem Fall auch eine Signalwirkung auf die künftige Lehrerausbildung aus. Auf der anderen Seite funktioniert die Ausbildung natürlich auch mit nicht-muslimischen Lehrkräften, die zudem sehr sensibel und offen mit dem Glauben der Kinder umgehen.

Interessant ist auch die ungewöhnliche Teamarbeit im Lehrerkollegium und das intensive Verhältnis zu den Eltern: Konrektor Jahn hat vor allem die Gründerjahre und den anfänglichen Enthusiasmus der Eltern beeindruckt. „Das absolute Engagement nahm erst ein wenig ab, als staatliche Gelder flossen“ meint der erfahrene Pädagoge aus dem Osten der Stadt. Darüberhinaus fühlte sich der Lehrer immer wohl zwischen den muslimischen Lehrkräften, die ihn als Person und Mensch und auch als Nicht-Muslim immer respektiert haben. Die Zusammenarbeit an der Schule ist daher trotz muslimischen Lehrermangels sehr gut geworden. „Keinerlei Probleme“ hatte das Lehrerkollegium auch nach dem 11. September, da man sich genau kannte und das Vertrauensverhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen nicht zu erschüttern war.
http://www.islamische-zeitung.de/cgi-bin/artikel/3448

Re: "Ungewöhnliche Schule" - Schulprojekt endgültig durchgesetzt #48900
09/09/2003 11:04
09/09/2003 11:04

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Hallöchen,

Zitat:
Auch sie ist eine Idealistin und tritt engagiert für Ihre Schule ein, die vielen Kindern ermöglicht, ihre muslimische Identität unbefangen anzunehmen, aber auch keine Burg sein will und den Austausch mit anderen Kindern und der ganzen Stadt sucht.
An dieser Stelle musste ich doch herzhaft lachen. Die Schule ist mitten in Kreuzberg, wenn man da nicht unbefangen seine muslimische Identität annahmen kann, wo dann? In der Gegend ist man eher befangen, wenn man sie nicht hat.

Allgemein halte ich nichts davon...muslimische Schule...können denn da auch christlich, jüdische oder sonstwas für Kinder hingehen? Denn wenn es eine ganz "normale" Schule ist, müsste das kein Problem sein. Die Abgrenzung finde ich nicht gut, an eine Schule können Kinder jeden Glaubens gehen, durch glaubensbezogene Schulen wird automatisch getrennt, ob man will oder nicht.