Fand ich interessant:
Frauen im Beruf
Jede fünfte Arbeitskraft in Tunesien ist eine Frau. Diese Zahl paßt wenig zum weitverbreiteten Klischee vom arabischen Ehemann und Vater, der Frau und Töchter in den eigenen vier Wänden einsperrt, um sie von der Männerwelt abzuschirmen.
Die Frauen arbeiten, weil ein einziges Gehalt angesichts steigender Lebenshaltungskosten nicht mehr ausreicht, um eine Familie zu ernähren.
Aber es geht in Tunesien, wo das Pro-Kopf-Einkommen höher ist als in allen anderen arabisch-afrikanischen Ländern (mit Ausnahme der Erdölländer auf der arabischen Halbinsel), in vielen Familien längst nicht mehr nur ums nackte Überleben, sondern auch darum, sich mit dem zusätzlichen Gehalt die eine oder andere Annehmlichkeit leisten zu können, beispielsweise einen Gebrauchtwagen oder eine kleine Reise.
Je weiter oben in einem Unternehmen oder einer Institution, desto weniger Frauen - dieses wohlbekannte Phänomen findet ihr auch in Tunesien. Mehr als die Hälfte der Frauen arbeitet in der Industrie, vor allem in der Textilindustrie; ihre Löhne liegen deutlich unter denen der Männer. Ein Viertel der berufstätigen Tunesierinnen arbeitet in der Landwirtschaft, die trotz Industrialisierung immer noch einen sehr bedeutenden Wirtschaftszweig des Landes darstellt. Viele Frauen sind als nicht registrierte und damit sozial in keiner Form abgesicherte Arbeitskräfte im sogenannten informellen Sektor tätig, beispielsweise als Haushaltshilfen.
Die Arbeit von Frauen in der Landwirtschaft ist ein Kapitel für sich: 80 % der Landfrauen arbeiten ohne Bezahlung im eigenen Familienbetrieb. Fremde Arbeitskräfte, die selbstverständlich am Ende der Woche ihren Lohn einfordern, würden den kleinen Familienbetrieben das Genick brechen; überleben können die Betriebe nur mit Hilfe der unentgeltlichen Arbeit der weiblichen Familienmitglieder. Die Belastung für diese Frauen ist enorm, denn sie müssen nicht nur in der Landwirtschaft zupacken, sondern auch noch die traditionellen Frauenaufgaben wie Wasser- oder Holzholen übernehmen. Weil die Arbeit in der Landwirtschaft wenig einbringt, wandern die Männer ab, sobald sie woanders bezahlte Arbeit - oft Saisonarbeit - finden. Dann obliegt es den weiblichen Familienmitgliedern, die Arbeit der Männer ganz oder zumindest teilweise zu übernehmen. Die meisten der Frauen, die für einen landwirtschaftlichen Betrieb verantwortlich sind, tun dies klaglos, nur jeder zwanstigste Betrieb wird offiziell von einer Frau geleitet, tatsächlich sind es viel mehr. Eine Frau als Chefin anzuerkennen, damit tun sich die Männer in Tunesien weiterhin schwer.
!Manche! Männer denken ja immer noch, Frauen sind hinter dem Herd am besten aufgehoben und rechtfertigen dies mit einigen Aussagen des Korans. Was denkt ihr dazu?