Frühbucherrabatte sollen Lust auf Last-Minute dämpfen
vom 30.07.03

Berlin (dpa/gms) - Für Schnäppchenjäger auf der Suche nach Kurzfristangeboten sollen in den Reisebüros harte Zeiten anbrechen. Dieses Ziel haben sich die führenden Reiseveranstalter gesetzt. Mit einem deutlichen Ausbau der Frühbucherrabatte wollen TUI und Neckermann den Deutschen im kommenden Winter die große Lust auf billige Last-Minute-Reisen so weit wie möglich wieder austreiben.

Die Marktführer greifen aber nicht nur zum «Zuckerbrot» der Nachlässe auf die - deutlich gesenkten - Grundpreise, sondern drohen auch mit der «Peitsche»: Im Winter werde es weniger Preisaktionen als in der Vergangenheit geben, kündigte TUI-Deutschland-Chef Volker Böttcher bei der Katalogpräsentation in Hannover an. Auch Neckermann will lieber auf Marktanteile verzichten als viele Urlaubsreisen spät und billig doch noch zu verkaufen. Für den Verbraucher bedeutet das: Wer lange pokert, muss künftig mit einer kleineren Auswahl rechnen.

Andere Veranstalter wie ITS, Alltours und FTI haben ihre Kataloge für den Winter 2003/04 noch nicht präsentiert. Doch Experten gehen davon aus, dass auch sie sich stärker gegen den Last-Minute-Trend zur Wehr setzen. Frühbucherrabatte werden bei der Programmvorstellung ein großes Thema sein, bestätigt Anette Forré von der Rewe-Touristik in Köln, zu der die Marken ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg gehören.

Dass sich die Kunden der neuen Strategie verweigern könnten, erwartet der Deutsche Reisebüro und Reiseveranstalter (DRV) nicht: «Was die Veranstalter da machen, ist letztlich das Preismodell der Billigflieger. Und das hat der Verbraucher akzeptiert», sagt DRV-Sprecher Christian Boergen in Berlin. Und so wie im Einzelhandel gerade der Sommerschlussverkauf verschwindet, werde sich auch in den Reisebüros das Verbraucherverhalten entsprechend verändern.

Neu sind die Frühbucherrabatte nicht. Schon im vergangenen Jahr hatten die Veranstalter den Umfang dieser Ermäßigungen massiv ausgeweitet - immer mit dem Ziel, sich nicht auf das risikoreiche und ertragsschwache Geschäft mit vielen Last-Minute-Urlaubern einlassen zu müssen. Funktioniert hat das nur bedingt. Die TUI-Kunden zum Beispiel sind laut Böttcher bislang zu 25 Prozent Frühbucher, aber zu einem Drittel Spätbucher. Bei den Rewe-Pauschalmarken stieg der Spätbucheranteil 2002 zufolge von 10 auf 15 Prozent, erklärt Forré.

«Im vergangenen Jahr ging es darum, die Frühbucherrabatte in die Fläche zu ziehen und zahlenmäßig auszuweiten. Diesmal geht es darum, das frühe Buchen richtig attraktiv zu machen», erläutert DRV-Sprecher Boergen. Neben dem Preis sei dabei auch die Urlaubsgestaltung eine Möglichkeit, die Deutschen früher als bislang in die Reisebüros zu locken: Wer früh bucht, bekommt die besten Zimmer im Hotel, den besten Tisch im Restaurant oder auch schon mal einen Leihwagen dazu. All diese Vergünstigungs-Möglichkeiten gibt es, frühe Kunden zu belohnen und den Rabatten noch mehr Bedeutung zu geben, sagt Boergen.

Konkret sehen die Ermäßigungen so aus: Die TUI bietet den Rabatt im Winter erstmals für alle Badehotels rund um das Mittelmeer und auf den Kanaren sowie zum Teil bei Fernreisen an. Wer bis zum 31. Oktober gebucht hat, spart im Schnitt 50 Euro und im günstigsten Fall sogar 336 Euro pro Person und Woche. Neckermann hat Nachlässe von bis zu 272 Euro ebenfalls bis Ende Oktober für 640 Hotels im Programm. Im Mittelstreckenbereich - zum Beispiel am Mittelmeer - sind damit mehr als 70 Prozent der Häuser mit Rabatt buchbar.

Während TUI zum ersten Mal auch auf Kinderfestpreise Ermäßigungen gibt, verzichtet Neckermann auf diesen Schritt, «weil die Kinderfestpreise bei uns schon bei 159 Euro beginnen», so Neckermann- Sprecher Gunther Träger in Frankfurt. TUIs Festpreise beginnen für Frühbucher bei 199 Euro und an ausgewählten Terminen als «Superkinderpreis» bei 99 Euro.

Mit Spannung dürften viele «Schnäppchenjäger» beobachten, wie weit die Veranstalter mit ihrem Verzicht auf kurzfristige Preisaktionen tatsächlich gehen. TUI-Deutschland-Chef Böttcher ließ offen, von welchem Marktanteilsverlust an doch wieder «Specials» aufgelegt werden. Allerdings hat die TUI jetzt mit der Marke Discount Travel auch «eine Art Wühltisch im Sommerschlussverkauf», wie es Böttcher ausdrückte, um Last-Minute-Reisen anzubieten. Im Thomas-Cook-Konzern, zu dem Neckermann gehört, erfüllt Bucher Reisen die gleiche Funktion.

Bei diesen Last-Minute-Produkten müssen die Verbraucher häufiger Kompromisse machen, zum Beispiel beim Abflughafen, dem Hotelkomfort oder dem Reiseziel. Und auch bei etwaigen TUI-Preisaktionen werden sich die Kunden umstellen müssen: Das Bahnticket zum Flughafen werde nicht mehr inklusive, sondern nur noch zubuchbar sein, erklärte TUI-Managerin Kirsten Feld-Türkis. Bei «anonymen Sparreisen» werden künftig keine Wünsche mehr bezüglich der Unterkunft entgegengenommen. Bisher sei es ein «beliebter Sport» gewesen, bei der Buchung dieser Last-Minute-Reiseform doch noch ein Wunschhotel anzugeben. Auch diese Änderungen sollen helfen, die Lust auf Last-Minute wieder zu dämpfen.
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