Falsches Fasten
Dick durch Ramadan

Mit Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan verzichten weltweit rund 1,2 Milliarden Gläubige von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang auf Essen und Trinken. Doch trotz der Entbehrungen, die damit verbunden sind, freuen sich viele Muslime bereits Wochen zuvor auf den Ramadan. Nur wenige Gläubige machen sich dabei Gedanken darüber, ob die Essgewohnheiten während dieser Zeit ihrem Körper vielleicht schaden könnten.

Doch die Frage ist nach Ansicht von Ärzten berechtigt. Denn was vom Propheten Mohammed als Fastenmonat eingeführt wurde, in dem man die Entbehrungen der Armen nachvollziehen soll, gefährdet nach Meinung der Mediziner in modernen islamischen Gesellschaften die Gesundheit der Fastenden. "Entweder schlagen die Muslime beim Essen am Abend über die Stränge oder sie nehmen das Fasten so ernst, dass sie sogar auf wichtige Medikamente verzichten", sagt der pensionierte ägyptische Allgemeinarzt Mustafa Darwisch.

Dass falsche Ernährung während des Ramadans zu gesundheitlichen Beschwerden führen kann, davon wollen die meisten Muslime nichts hören, weil sie das als indirekte Kritik an der Religion auffassen. Die Ärzte wissen aber, dass viele den stundenlangen Verzicht auf Speisen und Getränke mit übertriebenen Abendtafeln kompensieren und ihre Teller mehrmals beladen.

"Das Problem ist nicht das Fasten selbst, sondern, dass die Menschen nach dem allabendlichen Fastenbrechen ihre Mägen mit zu vielen und zu fettigen Speisen strapazieren", erklärt Ärztin Mona Abu Zekri. Die Wartezimmer der Ärzte seien im Fastenmonat besonders voll. "Viele klagen über starke Magenschmerzen, Bluthochdruck oder Durchfall." Die Essenszeiten verschieben sich bis in die Nacht hinein. Vor Sonnenaufgang würden dann oft noch ungesunde Snacks verzehrt, damit die Stunden bis zum nächsten Abend nicht so lang erscheinen.

Hielten sich die Gläubigen an die Regeln des Korans und würden sie sich davor über ihren Gesundheitszustand informieren, hätte das Fasten nach Ansicht von Abu Zekri keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit. "Es ist einfach lächerlich, dass die Menschen während des Fastenmonats in den meisten Fällen zunehmen", sagt sie. Rechne man zusammen, was die Muslime jeden Abend beim Fastenbrechen, dem so genannten Iftar, zu sich nehmen, sei es viel mehr als die normale Tagesration. Wegen der schlechten Essgewohnheiten könne man nicht behaupten, dass der Ramadan gesund sei, betont der christliche Arzt Antoine Wanis.

Der Allgemeinmediziner Darwisch fände es gut, wenn beim Fasten wenigstens das Wasser trinken erlaubt wäre. "Wenn der Organismus an Wassermangel leidet, trocknet er mit der Zeit aus, und die Niere kann nicht richtig funktionieren."

Statt fettiger kalorienreicher Speisen und Süßigkeiten empfehlen muslimische Ärzte, das allabendliche Fastenbrechen langsam anzugehen. "Man sollte mit ein wenig Suppe oder Obst anfangen", rät Abu Zekri. Es sei gesünder, öfter kleine Mengen zu sich zu nehmen, und den Magen zuerst mit etwas Tee auf die Nahrungsaufnahme vorzubereiten.

Der Ramadan gehört zu den fünf Säulen des Islam und ist für alle Muslime Pflicht. Mit dem Beginn, der sich jedes Jahr um wenige Tage verschiebt, verzichten die Menschen tagsüber auf leibliche Genüsse wie Essen, Trinken, Rauchen und Geschlechtsverkehr. "Wenn man es mit dem Essen nicht übertreibt, ist der Ramadan gesund", meint die 19-jährige Studentin Alia Hassanein. Sie habe bereits mit sieben Jahren mit dem Fasten angefangen, obwohl man damit eigentlich bis zur Pubertät warten sollte. Auch die Journalistin Schirin Hamdi genießt den Ramadan: "In dieser Zeit bin ich Gott näher, und er macht mich stark, damit ich keinen Hunger empfinde."

Während viele im Ramadan die spirituelle Bereicherung suchen, hat Parkwächter Mohammed Sus eine andere Methode, um sich von seinem Magenknurren abzulenken: "Ich kann den Hunger nur vergessen, weil ich den ganzen Tag arbeiten muss."

von Daria Polasik, dpa
Sonntag, 24. September 2006

Der Artikel ist zwar von 2006 aber ich fand ihn interessant.