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„Das Bild der jungen Frauen in den Medien“ #149866
03/10/2004 10:40
03/10/2004 10:40
Joined: May 2001
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Claudia Poser-Ben Kahla Offline OP
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Gera
Programm-Nr. 06.1411-99-TUN
im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
und im Rahmen des deutsch-tunesischen Austausches von Fachkräften der Jugendarbeit

Deutsch-tunesische Begegnung für Mitarbeiterinnen in der Mädchenbildungsarbeit zum Thema
„Das Bild der jungen Frauen in den Medien“,
vom 05.11. - 14.11.1999 in Tunesien
______________________________________________________________________________
Abschlussbericht
I. Ergebnisse
A) Ziele der Massnahme
Im Rahmen der Absprachen zum deutsch-tunesischen Austausch von Fachkräften
der Jugendarbeit haben das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (BMFSFJ) und das Tunesische Ministerium für Jugend und Kindheit für 1999
in Tunesien eine Fortbildung für Mitarbeiterinnen in der Mädchenbildungsarbeit
vereinbart.
Das BMFSFJ beauftragte den IJAB mit der Organisation und Betreuung dieses
Projektes auf deutscher Seite. Die tunesische Partnerorganisation war die „Jeunesse
Féminine“, die Jugendorganisation des Nationalen Tunesischen Frauenverbandes
(UNFT).
Zu dieser Begegnung eingeladen waren 10 Frauen, die möglichst Erfahrungen in der
praktischen Medienarbeit mit Mädchen und jungen Frauen haben sollten. Vereinbart
war, daß in einer Vorort-Recherche mit Photo und Interview den deutschen
Teilnehmerinnen Gelegenheit gegeben werden sollte, gemeinsam mit ihren
tunesischen Kolleginnen das Thema „Das Bild der jungen Frauen in den tunesischen
Medien“ zu erarbeiten.
Ein gegenseitiger Erfahrungs- und Wissensaustausch sowohl über dieses Thema wie
auch über die Arbeit mit neuen Medien sollte dadurch ermöglicht werden. Diese
Reise sollte interessierten deutschen Fachkräften auch die Gelegenheit geben, in
Tunesien eine Partnereinrichtung für einen Jugend- oder Fachkräfteaustausch mit
dem Schwerpunkt Mädchenarbeit zu finden.
2
B) Erreichung der Ziele
Die Reaktion auf die Ausschreibung dieses Programms innerhalb der
Mitgliedsverbände des IJAB war unerwartet groß. In Rücksprache mit den
Entsendestellen wurden aus der Vielfalt der Anmeldungen neun Personen
ausgewählt, die schwerpunktmäßig im Medienbereich arbeiten oder in der Arbeit mit
Mädchen und jungen Frauen muslimischer Herkunft stehen.
Die tunesische Verantwortliche der „Jeunesse Féminine“ und Organisatorin des
Programms war die augenblickliche Generalsekretärin des Verbandes, mit der wir
seit einigen Jahren zusammenarbeiten. Sie wurde von uns rechtzeitig über die
Zusammensetzung und Arbeitsschwerpunkte der deutschen Teilnehmerinnen
unterrichtet. Damit sollte gewährleistet werden, daß auch die tunesischen
Teilnehmerinnen Kenntnisse in der Medienarbeit hätten. Trotz vorheriger guter
Absprachen konnte das bei der Auswahl der tunesischen Begleiterinnen und
Partnerinnen gar nicht berücksichtigt werden.
Damit war ein wichtiges Ziel dieser Begegnung gescheitert, nämlich eine
gemeinsame Erkundung der tunesischen Situation mit Hilfe von Photo, Video u.a.
Medien. Das war für mich als Organisatorin auf der deutschen Seite und für die
deutschen Teilnehmerinnen sehr enttäuschend.
Das vorbereitete und gebotene Programm des Aufenthaltes berücksichtigte aber das
verabredete Thema. Die Gruppe führte zahlreiche Gespräche mit JournalistInnen,
mit ProfessorInnen und StudentInnen der einzigen Ausbildungsstätte für
JournalistInnen in Tunesien, mit leitenden Verantwortlichen verschiedener Zeitungen,
mit Jugendfunk und Jugendfernsehen. Um die Informationen über die Lebens- und
Arbeitssituationen junger Frauen zu vervollständigen, wurden u.a. Gespräche und
Besuche bei der Nationalen Tunesischen Frauenorganisation und in
Ausbildungszentren dieser Organisation geboten.
Die tunesischen Begleiterinnen der deutschen Gruppe waren Schülerinnen und
Studentinnen verschiedener Fachrichtungen und Mitglied in der „Jeunesse
Féminine“. Dort engagieren sie sich ehrenamtlich. Weil unser Besuch weder in den
Schulferien, noch in den Semesterferien stattfand, konnten diese jungen Frauen uns
auch nur zeitweise begleiten. Eine wirkliche Begegnung mit gemeinsamen
Erkundungen war dadurch eher schwierig geworden.
II. Erfahrungen
A) Planung und Ablauf der Massnahme
Aus beigefügtem Programm wird ersichtlich, daß aus der Begegnung ein
interessantes und umfangreiches Informationsprogramm geworden war. Kurz bevor
unsere Gruppe nach Tunesien kam, wurden die Präsidentschaftswahlen im Lande
durchgeführt, die alle Mitglieder des Verbandes, insbesondere aber die
Generalsekretärin und Organisatorin unseres Programmes völlig beschäftigt hatten.
Unser gemeinsam festgelegter Termin sollte aber von ihnen gehalten werden.
3
Im Gegensatz zu früheren Programmen war das Programm für diese Gruppe daher
unvollständig vorbereitet. Termine und Besuche wurden hin- und hergeschoben,
letztlich natürlich durchgeführt. Dadurch entstand viel Unruhe, Durcheinander, wenig
Vorbereitung auch der tunesischen GesprächspartnerInnen. Mehr als sonst mußte
sich die deutsche Gruppe auf eine völlig andere Organisationsmentalität und
Arbeitsweise einlassen.
Wie immer jedoch bezauberten die Begegnungen mit den TunesierInnen durch die
großartige Gastfreundschaft und Herzlichkeit bei den Besuchen. Nur einmal mußten
wir ein langweiliges Gespräch mit einem lustlosen, mürrischen Redakteur über uns
ergehen lassen, der uns am Ende unglücklicherweise noch in sein Arbeitszimmer
führte, das mit primitiven Bildern aus Zeitschriften und Plakaten mit sehr leicht
bekleideten Mädchen vollgeklebt war. Und zwischen allen hing das Bildnis des
Präsidenten der Republik, Ben Ali - wir befanden uns in einem Arbeitsraum der
Parteizeitung!
B) Zielerreichung
Die eigentliche Absicht der Begegnung, nämlich eine gemeinsame Erstellung und
Zusammensetzung von Bild- und Textmaterial zum Thema der Darstellung der
jungen Frauen in den tunesischen Medien, wurde verfehlt. Besonders die tunesische
Partnerin hatte als Generalsekretärin des Mädchenverbandes zuerst ein großes
Interesse gezeigt an der gemeinsamen Erstellung einer kleinen Arbeit, sei es eine
CD oder Broschüre zum Thema. Die deutschen Teilnehmerinnen hatten aber
ausreichend Möglichkeiten, diese Informationen bei der geschriebenen Presse, bei
Funk und Fernsehen zu erhalten. Überall konnte fotografiert und gefilmt werden, es
gab auch genügend Möglichkeiten, das Gehörte und Gesehene mit den tunesischen
Partnerinnen zu besprechen. Sehr wahrscheinlich wird die eine oder andere
deutsche Teilnehmerin ihr hier gefundenes Material für die Arbeit mit „ihren
Mädchen“ oder in „ihrer Organisation“ auch einsetzen.
C) Zu den Rahmenbedingungen
Die deutsche Gruppe wurde in einem neuen Haus des UNFT Regionalverbandes in
Tunis untergebracht. Dieses Haus hatte eine Etage für die Beherbergung von
Studentinnen (Verbandsmitgliedern) oder auch Gästen vorgesehen. Allerdings war
das Haus noch nicht ganz funktionstüchtig, so gab es z.B. keine Heizung
(leider war es kalt und feucht und das ist für uns Deutsche in Wohnräumen sehr
ungewohnt).
Die tunesischen Partnerinnen und Begleiterinnen sprachen alle auch französisch.
Eine Dolmetscherin oder Sprachhelferin für die deutsche Sprache konnten sie
allerdings nicht zur Verfügung stellen. In der deutschen Gruppe sprachen nur zwei
Teilnehmerinnen französisch, die sich dann das Dolmetschen teilten. Natürlich noch
eine erhebliche zusätzliche Belastung für diese.
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III. Erkenntnisse und Schlussfolgerungen
Die deutsche Gruppe hatte sich geeinigt, Tagesprotokolle für das gesamte
Programm zu erstellen. Die, dem IJAB vorliegenden Protokolle sind diesem Bericht
beigefügt.
In einer Auswertung des Programms konnte folgendes festgestellt werden:
Was wünscht sich der Direktor des Institutes für Presse- und Informationswissenschaften
persönlich für die Frau in Tunesien? Er antwortete, er wünsche sich
gleiche Chancen für Mann und Frau in allen Bereichen des Lebens, aber auch die
gleiche Verantwortung. Es sei eine Frage der Zeit und Entwicklung, daß auch
wichtige Posten von Frauen eingenommen werden. Frauen müssen überall
auftauchen, es sei aber auch eine Frage der Posten. Frauen sind gut in sozialen
Bereichen, Unterricht und Gesundheit vertreten. „Ich kann Ihnen versichern, die
Frau in Tunesien hat eine große Zukunft. Der Platz der Frau kann wichtiger werden
als der des Mannes, es ist eine Mentalitäts- und Zeitfrage.
In den europäischen Medien müßte das Bild der Frau verändert werden,
speziell in der Werbung. Hier bei uns in Tunesien ist die Darstellung der Frau
im Berufsleben besser als bei Ihnen im Westen“.
Bei einer Podiumsdiskussion mit StudentInnen dieses Institutes, also der nationalen
Ausbildungsstätte für JournalistInnen äußerten diese folgendes:
Die vorherrschende Meinung aller ist, daß die Frauen in Tunesien heute viele
Rechte und Freiheiten genießen, eine sehr konservative Einstellung im täglichen
Leben aber überall noch zu erfahren sei! Heute spricht nicht mehr der Mann für die
Frau, der Mann würde die Frau nicht mehr beherrschen!
Eine Studentin meinte, das es heute in Tunesien eine allgemeine Pressefreiheit
gäbe. Einige gaben an, daß der Berufswunsch Journalistin deshalb entstanden wäre,
weil sie den Wunsch hätten, etwas zu verändern.
Eine Studentin machte uns klar, daß wir europäische Frauen für die arabischen
Frauen „ein Witz“ in den Massenmedien darstellen, da die europäischen Frauen
hauptsächlich als Sexsymbol betrachtet würden. Zuvor wäre die tunesische Frau „ein
Witz“ für die europäischen Frauen gewesen, wegen ihrer Verschleierung.
Die jungen StudentInnen unterstellten, daß die deutschen Frauen mit einem sehr
traditionellen Bild von der Frau nach Tunesien gekommen seien, wo die Frauen nicht
sagen dürfen was sie denken. Sie hätten sicher durch den Aufenthalt in Tunesien
einen anderen Eindruck erhalten, unser Bild hätte sich vielleicht verändert.
Bei vielen Gesprächen wurde deutlich, wie stolz die TunesierInnen auf die
geschaffene Rechtssprechung sind, die vom Präsidenten Bourghuiba eingeführt und
nun von dem Präsidenten Ben Ali fortgesetzt und vervollständigt wurde. Eine
Rechtssprechung, die die Gleichheit von Mann und Frau in allen gesellschaftlichen
Bereichen fordert, die die Frau absichert und somit auch die Gesellschaft.
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In einem Gespräch in der tunesischen Presseagentur wurde dieses auch
verdeutlicht. Uns wurde gesagt, daß es ein wesentliches Ziel bei der Darstellung von
Frauen in der Presse sei, die veränderte Position der tunesischen Frau in der
Gesellschaft aufzuzeigen. Dabei liegt die Verantwortung bei den Journalisten.
Im Gegensatz zu den westlichen Medien, die die Frau vorwiegend als Objekt
zeigen, wird die islamische Frau als Persönlichkeit präsentiert.
Wir haben insbesondere erfahren, daß wir hier in Deutschland fast nichts von der
außergewöhnlich guten rechtlichen Situation der Frauen in Tunesien wissen und daß
es dort ein sehr ausgeprägtes Urteil über das Bild der Frauen in den deutschen, bzw.
europäischen Medien gibt. Und wir haben uns gefragt, wie sehr eine Förderung und
Stärkung der Frauen in der Gesellschaft und in der Politik fundamentalistischen
Kräften in der arabischen Welt entgegenwirken soll und kann.
Ulrike Paulmann
Bonn, im Januar 2000

http://www.ijab.de/downloads/länderfachprogramme/tunesien/Frauen_in_Medien.pdf

Re: „Das Bild der jungen Frauen in den Medien“ #149867
05/10/2004 13:33
05/10/2004 13:33

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Anonym
Nicht registriert
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Nicht registriert
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Hallo,

ich frage mich, was derartige Info-Reisen bringen sollen. Den Besucherinnen wird das vorgeführt, von dem man meint, dass es fortschrittlich genug ist, um dem europäischen Vergleich einigermaßen Stand zu halten. Die Realität bekommt man durch eine derartige Reise nie zu sehen.
LG Anna