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Re: Suche den Film "BEZZNES"
#61522
05/04/2003 14:38
05/04/2003 14:38
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Joined: May 2001
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Claudia Poser-Ben Kahla
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EZEF Arbeitshilfe Nr. 97 Der Tourismus als Wachstumsbranche Tunesien in den neunziger Jahren Zum Inhalt Zu den Hauptfiguren Über den Autor und sein Werk Kritische Würdigung Nouri Bouzid über „Bezness“ Weitere Hinweise Zurück zu den Filmtipps
Bezness Nouri Bouzid, Tunesien/Frankreich 1992 100 Min., Farbe, Spielfilm, OmU
Der Tourismus als Wachstumsbranche - mit negativen Folgen für die Dritte Welt
Der Tourismus ist einer der wenigen Wirtschaftszweige, die auch in Zeiten der Rezession noch kräftig zugelegt haben. Er gilt als Wachstumsbranche par excellence, vor allem für die Industrieländer. Rund drei Viertel der Gesamteinnahmen werden in den reichen Staaten des Westens erwirtschaftet. Der Nutzen für die Länder der Dritten Welt ist umstritten. Zwar hat der Marktanteil der Drittweltländer am Tourismusgeschäft seit den siebziger Jahren kontinuierlich zugenommen und die Zahl der Dritte – Welt - Touristen hat sich seit zwanzig Jahren versiebenfacht. Aber lange nicht alle Kontinente und Länder der Dritten Welt sind an diesem Boom gleichermaßen beteiligt. Afrika zum Beispiel verliert seit Ende der siebziger Jahre stetig an Marktanteilen und verzeichnete 1990 nur noch gerade 14% aller Ankünfte in Ländern der Dritten Welt. Besser erging es den lateinamerikanischen Staaten, wo sich die Ankünfte im selben Zeitraum von fünf auf 34% erhöhten. Die höchsten Zuwachsraten verzeichneten die Schwellenländer Südostasiens und des Pazifik: 43% aller Drittweltreisenden fahren heute in ein südostasiatisches Land, vor allem nach Thailand, Malaysia und Indonesien. Und ihre Zahl soll sich nach Wunsch und Willen der dortigen Regierungen noch weiter kräftig erhöhen. (In den Statistiken wird nicht unterschieden zwischen Ferien- und Geschäftsreisenden, doch machen die ersteren den Löwenanteil aus.) Tunesien ist eines der wenigen afrikanischen Länder, deren Einkünfte aus dem Tourismus zugenommen haben. Tourismus-Minister Mohamed Jeghane meldete für 1992 einen Zuwachs von 10%. Neben den Franzosen wählen vor allem Deutsche Tunesien als Ferienland, sie machen rund ein Fünftel aller Einreisenden aus. Für 1993 rechnet die Regierung mit 700.000 deutschen Touristen, das Nahziel der Regierung ist eine Million Deutsche. Auch für die Schweizer ist Tunesien ein beliebtes Reiseland: die Zahl der Schweizer Touristen erhöhte sich 1992 auf 45.000 gegenüber 27.500 im Vorjahr. Umstritten ist der Nutzen des Tourismus für Länder der Dritten Welt in mancher Hinsicht, sogar in Bezug auf den finanziellen Ertrag. Kritiker weisen darauf hin, dass in Ländern, wo von der Hoteleinrichtung bis zu den Nahrungsmitteln und den Getränken fast alles importiert wird, kaum etwas im Land selber bleibt: das große Geschäft macht einmal mehr der Westen. Die Sickerraten werden je nach Interessenslage verschieden eingeschätzt, Devisenrechnungen gibt es nicht. Überschätzt wurde auch - wie mittlerweile sogar Studien privater Tourismus-Planungsfirmen, wie der Steigenberger Consulting zeigen - die Hoffnung, wonach der Tourismus Arbeitsplätze schaffe. Oft ist das Gegenteil der Fall: während die Kaderstellen im Tourismus in der Regel mit Ausländern besetzt werden, verlieren Bauern und Fischer durch Hotelanlagen ihre angestammten Beschäftigungen. Fatal wirken sich die ökologischen Folgen mancher Tourismusprojekte aus und unabsehbar sind die soziokulturellen Auswirkungen des Zusammenpralls reicher Touristen aus dem Westen mit den armen, in oft strengen Sitten und Gebräuchen eingebundenen Bevölkerungen der Gastgeberstaaten. Auswirkungen, die allerdings nicht nur negativer Art sind. Dies ist das Thema von "Bezness".
Tunesien in den neunziger Jahren - Angst vor Fundamentalisten und Angst vor Demokratie
Von außen betrachtet, scheint es Tunesien gut zu gehen. Sein Pro-Kopf-Einkommen beträgt heute 1774 Dollar im Jahr, mehr als dasjenige des großen Nachbarn Algerien, das über Erdöl verfügt. Seit 1990 liegen die jährlichen Wachstumsraten in Tunesien über sechs Prozent, die Teuerung beträgt fünf und Arbeitslosigkeit 15%. Staatschef Ben Ali, der nach der Absetzung des greisen Staatschefs Bourguiba vor. sechs Jahren die Präsidentschaft übernahm, hat gute Wirtschaftsjahre hinter sich. Erkauft wurden sie allerdings mit einer Repression, welche tunesische Dissidenten als härter als zu Zeiten Bourguibas einschätzen. Vorwand für die Unterdrückung jeglicher Kritik am Regime ist die Gewaltwelle des Fundamentalismus im Nachbarland Algerien. Doch nicht nur Fundamentalisten werden eingesperrt, das Regime hat panische Angst vor Andersdenkenden jeglicher Art und vor den demokratischen Freiräumen. Der Bau von Moscheen und die Förderung von Sozial- und Erziehungsprojekten machen die politische und die kulturelle Verarmung Tunesiens unter Ben Ali nicht wett. Hätschelkind der Regierung ist der Tourismus. Um im Ausland das Bild des ruhigen, sicheren Tunesiens aufrechtzuerhalten, wird eine große Zahl von Sicherheitskräften eingesetzt. Die Fremden werden gehegt und gepflegt, alles, was sie stören könnte, wird geahndet. Deshalb lässt die Regierung die "Bezness" gewähren, solange sie nicht zu Klagen Anlass geben, denn für viele Touristen gehören sie zu einem Urlaub in Nordafrika und manche kommen gar wegen ihnen. Die "Bezness", vom englischen "business" und möglicherweise eine Verschmelzung von "business" und "baiser" (küssen), sind junge Tunesier, die mit Touristen Geschäfte machen, Geschäfte jeglicher Art, vom Lotsen der Ausländer zu den Souvenirläden bis zur sexuellen Prostitution.
Zum Inhalt ...
Roufa ist ein "Bezness", seit Jahren lebt er vom Geschäft mit Touristen: er war mit Frauen zusammen, mit Männern, mit jungen und alten, er kennt alle Tricks. Der Film von Nouri Bouzid zeigt den Alltag von Roufa, die Irrungen und Wirrungen seiner Gefühle, seine Hoffnungen, Wünsche, Enttäuschungen, seine Resignation, die Ausweglosigkeit seines Lebens. Roufa ist seit geraumer Zeit verlobt mit der jungen, schönen Khomsa, die nach alten Sitten und Gebräuchen auf ihn wartet; er arbeitet als Führer durch die verschlungenen Pfade der arabischen Stadt für Fred, einem französischen Photographen, und er versorgt einen älteren deutschen Homosexuellen, der Roufa mit nach Deutschland nehmen möchte, mit jungen Männern. Zwischen diesen vier Hauptfiguren zwirbelt Navette, der kleine Bruder von Khomsa, der als "go-between" zwischen Roufa, Fred, den Kundinnen und Kunden und den übrigen Vertretern der "Bezness"-Geschäftswelt dient. Der Film konzentriert sich zunächst auf Fred, den Franzosen, der Bilder schießt für eine Reportage über die "Bezness". Er photographiert scheinbar wahllos, Frauen, Männer, Kinder, Einheimische und Fremde. Am Strand, wo Khomsa mit ihren Begleiterinnen .Wolle wäscht, begegnet Fred dem jungen Mädchen zum erstenmal und ein feiner Faden spinnt sich zwischen den beiden. Fred ist am Meer zu sehen, er taucht durch die dämmrigen Gassen der arabischen Stadt, er dringt in den Bazar ein. Und immer macht es "klick", auch Fred ist ein "Bezness", auf seine Art. Dabei verletzt er die Tabus der islamischen Gesellschaft, denn wer ein Bild besitzt von einer Person, dem gehört diese Person. Fred gerät laufend in Schwierigkeiten, aus denen ihn Roufa wieder heraushauen muss. Und immer wieder begegnet er Khomsa, er folgt ihr, photographiert sie, und während Roufa sein Spiel spielt mit den Fremden, während er seinem "Beruf" nachgeht, wird Khomsa kühner. Wenn Fred sie anschaut, guckt sie zurück. Khomsa liebt zwar Roufa, gleichzeitig verachtet sie sein Tun, die Art, wie er sein Geld verdient, und sie mag sein herrisches Auftreten in der Familie nicht. Denn Roufa ist - wie Nouri Bouzid sagt - "nach außen modern, westlich, in seinem Denken aber feudal". Während er unter den Touristen auf Fang geht und einzelne sogar mit nach Hause bringt, agiert er unter den Frauen seiner Familie als eifersüchtiger Macho und orientalischer Pascha. Niemand darf seine Verlobte oder seine Schwester anrühren. Und schließlich ist es Khomsa auch leid, immer länger auf Roufa zu warten. Die Geschichte eskaliert, als Khomsa dem Franzosen in dessen Apartment folgt; sei es um Roufa herauszufordern, sei es aus Neugier und aus Lust, die engen Grenzen zu überschreiten, die der arabischen Frau gezogen sind. Doch zieht sie ihre eigenen Grenzen, weder mit Roufa noch mit Fred geht sie ins Bett. Der Film lässt den Ausgang offen: Roufa, der die beiden endlich überrascht hat, lässt es bei Drohgebärden gegenüber Fred bewenden, Khomsa wäscht sich bei einem Marabout von der Schande frei. Am Schluss läuft der kleine Navette, der Roufa bewundert und dereinst so werden möchte wie er, am Strand entlang. Er singt das Lied vom "Bezness", spöttisch und zärtlich zugleich.
... und zu den Hauptfiguren:
Roufa ist ein tragischer Held. Er wird langsam alt für die Arbeit des Gigolo, er spürt, dass er der Konkurrenz durch die Jüngeren nicht mehr lange wird standhalten können und in dem Maß wächst sein Dilemma: Roufa möchte weg und fern vom Mittelmaß seines Alltags etwas Neues beginnen. Gleichzeitig träumt er davon, mit Khomsa eine Familie zu gründen und ein althergebrachtes Leben zu leben. Roufa ist hin- und hergerissen zwischen Orient und Okzident, zwischen der Sicherheit der Wurzelwund der Versuchung der Moderne. In einem Interview betont Nouri Bouzid, es sei ihm wichtig, "dass sich die Konflikte nicht zwischen den Personen, sondern in den Personen abspielen." Für die drei Männer, Roufa, Fred und den Deutschen, bedeutet dies Resignation in der einen oder anderen Form. Fred zerschlägt seine Kamera, als er erkennt, dass er auf diese Weise einer anderen Kultur nicht habhaft werden kann. Der Deutsche plant seine Rückkehr nach Europa. Roufa bleibt ohne Perspektive, seine Geschichte wird sich wohl mit Nanette wiederholen. Die interessanteste Figur des Filmes ist ohne Zweifel Khomsa. Sie macht. eine Entwicklung durch, sie sprengt die Fesseln ihrer Erziehung, sie rebelliert gegen die ihr und ihren Geschlechtsgenossinnen auferlegte Unfreiheit. Dabei wird Khomsa von den Frauen ihrer Familie unterstützt. Khomsa wird ihren eigenen Weg suchen, sie ist die Hoffnungsträgerin im Film.
Über den Autor und sein Werk:
"Bezness" ist der dritte Langspielfilm des tunesischen Cineasten nach "L'homme de cendres" und "Les sabots en or". Alle seine Filme greifen Tabu - Themen auf in der tunesischen Gesellschaft, enthalten scharfe Kritik an falscher Moral und repressiver Politik, sie sind als Mittel der Bewusstseinsbildung gedacht und beruhen auf eigenen Erfahrungen. Nouri Bouzid wurde 1945 in Sfax geboren, seine Ausbildung zum Filmemacher erkämpfte er sich auf einigen Umwegen in Brüssel, wo er 1972 seinen ersten Kurzfilm dreht, "Duel", zum Thema Emigration. Zurück in Tunesien schließt er sich einer Gruppe von Intellektuellen an, die sich Trotzkisten nennen, was ihm fünf Jahre Gefängnis einbringt und die Erfahrung von Erniedrigung und Tortur. 1979 wird er aus dem Gefängnis entlassen, er arbeitet bei verschiedenen ausländischen Produktionen mit, bevor er sich an seinen ersten Langspielfilm wagt. In "L'homme de cendres" (1986) prangert er die Homosexualität in Tunesien an und die sexuelle Gewalt gegen Kinder, in "Les sabots en or" (1989) die Tortur in den Gefängnissen Bourguibas, und er verarbeitet damit seine Leiden als Kind und als junger Mann. "Unsere Gegenwart und unsere Zukunft" sagt Nouri Bouzid, "werden vor! unserer Vergangenheit in Beschlag genommen. Ich bin vergewaltigt worden und das war für. mich eine Schande. Indem ich sie ausspreche, verwandle ich meine Schande in eine Würde". Das dritte Thema, das in "Bezness" im Vordergrund steht, ist die Kluft zwischen der (arabischen) Tradition und der (westlichen) Moderne. Auch die Szenen in "Bezness" sind nicht frei erfunden; über ein Jahr hat der Autor unter den Gigolos und in der Szene recherchiert. Nouri Bouzid hatte große Schwierigkeiten bei der Realisierung des Films. Die staatliche finanzielle Unterstützung wurde ihm entzogen, die Dreherlaubnis in Tunesien verweigert und obwohl der Film, der schließlich mit französischer Hilfe fertig gedreht und im Ausland mit Auszeichnungen bedacht wurde, durfte zunächst in Tunesien selbst nicht gezeigt werden. Dass Hunderttausende seine Erfahrungen teilen und dass Nouri Bouzid ausspricht, worüber die Gesellschaft sonst den Mantel des Schweigens breitet, sichert seinen Filmen Erfolg beim arabischen Publikum, verunsichert die Behörden und erzürnt die Fundamentalisten. Immerhin hat Nouri Bouzid mit "Bezness" die Diskussion über die Zusammenhänge zwischen Tourismus und Prostitution auch in seinem Land in Gang gebracht, und die Regierung hat sogar eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben. Auf die Kritik, die in französischen Zeitungen anlässlich der Uraufführung im Sommer 1992 laut wurde, wonach Nouri Bouzid die ökonomischen Aspekte des Problems vernachlässigt habe, meinte er: "Man stellt das Verhältnis zum Westen gern aus politischer und aus wirtschaftlicher Sicht dar, aber nie aus der "Sicht" des Körpers, des Geschlechts, der Gefühle. Bei "Bezness" habe ich versucht, aus dieser Sicht heraus zu erzählen." Inzwischen ist Nouri Bouzid, ein kleiner Mann mit einem runden, fast bäurisch anmutenden Gesicht, in dem freundliche, aufmerksame Augen leuchten, bereits an seinem nächsten Projekt, einer Satire über tunesische Bourgeoisie unter dem Titel "L'Agonie".
Kritische Würdigung:
Siebzehn Jahre sind es her, dass in europäischen Kinos der erste tourismus - kritische Film aus Tunesien gezeigt wurde, "Sonne der Hyänen", des tunesischen Filmemachers Riddha Behi. Er war lange das wichtigste Mittel in der Bewusstseinsbildung zum Thema Tourismus, ein wunderbarer Film, in dem die Bevölkerung eines Dorfes am Meer auf den Hotelkomplex reagiert, der an ihrem Strand gebaut wird und auf die ausländischen Auftraggeber und die einheimischen Politiker, die ihnen das Projekt schmackhaft machen. Nouri Bouzids Film ist wie eine Fortsetzung von "Sonne der Hyänen": die Hyänen - die ausländischen Investoren und die Touristen - haben den Strand erobert, das Fischerdorf hat sich in eine wüste Ansammlung von touristischer Infrastruktur verwandelt, das Business ist im vollen Gang. Gemeinsam ist beiden Filmen, dass ihre Autoren weder urteilen noch verurteilen, auch die Touristen nicht - sie zeigen einfach, was geschieht, wenn arm und reich, wenn Menschen unterschiedlicher Wertvorstellungen so dicht aufeinandertreffen und sich ihre Träume gegenseitig ausleihen. Gemeinsam ist beiden Filmen auch, dass sie vom Gefühl her erzählen, und das macht einen großen Teil ihrer Qualität aus: die Kluft zwischen Orient und Okzident, das Dilemma zwischen arabischer und westlicher Gesellschaft wird für die Zuschauer erlebbar. Sein Film, so betont Nouri Bouzid, sei kein Film gegen den Tourismus, sondern ein Film, der Probleme bewusst machen wolle. Zum Gelingen dieser Bewusstseinsbildung tragen die Schauspieler wesentlich bei, vor allem Abdel Kechiche in der Rolle des Roufa und Ghalia Lacroix als Khomsa. Sie - deren Vater Franzose und deren Mutter Tunesierin ist - sprüht in dem Film von Leben: sie ist wütend und voller Freude, abweisend und voller Hingabe, lustig und voller Trauer, auf der Hut und furchtlos. Die Frauen leben die Stärke des Filmes, die Männer das Dilemma. Auf deutsch sind kaum Filmkritiken erschienen, nur Interviews mit Nouri Bouzid. Aus der französischen Presse, die stärker wertet, zwei Beispiele, die den Tenor wiedergeben:
"Niemals aufreizend, oftmals kühn, aber immer genau, kommt 'BEZNESS' das seltene Verdienst zu, aufmerksam zu machen, ohne beweisen zu wollen. Weder larmoyant noch selbstgefällig, beschreibt dieser elegante Film eine tragische Situation mit einer erzählerischen Strenge, die nichts dem Zufall überlässt. Die Wahl der Darsteller wie die unerbittliche Logik der Situationen beweisen Nouri Bouzids Meisterschaft. 'BEZNESS' sehen und in Urlaub fahren: der Versuch drängt sich auf." In: Actua Ciné No. 118, Juni 1992
"'BEZNESS' gewinnt durch die visuelle Gier, seine wollüstige Annäherung an Körper und Haut, durch die Kraft seiner sozialen Diagnostik: ein Jahr an Nachforschungen und vorbereitenden Interviews auf Video haben Bouzid mit Verhalten und Tricks der Gigolos vertraut gemacht." In: Libération, 10. Juni 1992
Nouri Bouzid über „Bezness“:
Der Orient reduziert sich heute auf Verbote. Der Orient ist kein zivilisatorisches Projekt mehr. Was davon an Erscheinungen geblieben ist, sind Trugbilder, Postkarten, Klischees, Produkte für den Verkauf. Ansonsten hat der Okzident die Welt der Erscheinungen im Orient besetzt. Aber es gibt ihn noch. In den Köpfen. Orient ist, was nicht zu sehen ist: das Unsichere, das Tabu, das Verbotene. Nicht-Berühren, das ist der Orient. Das ist die feudale Ideologie, die in den Gehirnen weiterlebt. Roufa ist nach außen modern, westlich, in seinem Denken aber feudal. Man kann aber nicht halb demokratisch und halb feudal sein. Was erklärt denn den Aufstieg der Fundamentalisten in Algerien oder Ägypten oder im Iran, den man für modern gehalten hat? Unter der westlichen Fassade ist der Orient erhalten geblieben. Man will die Frauen in diesem Orient einschließen, für sich behalten(...) Mein Problem, das sind die Fundamentalisten. Dieses Denken, das die Gesellschaft lähmt und Neuronen der Menschen blockiert, sie hindert zu denken. Mein Projekt, das ist der Krieg gegen den Feudalismus, gegen die ganzen feudalen Filiationen bei uns. Das ist der rote Faden in allen Filmen. Der sozialen Heuchelei, egal ob im religiösen oder patriarchalischen Gewand, den Prozess machen (...) Wenn gleichzeitig in Europa alle "Paris, Texas" beklatschen, heißt das doch nur, dass jede Gesellschaft ihre eigenen. Probleme hat. Man kann aber nur die Probleme angehen, die sich stellen. Meine Rolle ist auch nicht, Lösungen anzubieten, sondern meine Sicht der Dinge zu zeigen und dadurch an der Diskussion teilzunehmen. Wenn die Leute etwas finden; an das sie glauben können, ihre Identität, sich selbst wiederfinden, dann brauchen sie nicht 14 Jahrhunderte zurückgreifen, um den Horror vacui zu bekämpfen. Wenn es Hunderte von Regisseuren und Theaterleuten gäbe, dann ginge es uns schon besser. (Auszüge aus einem Interview, filmdienst 9/1993)
Literaturhinweise :
Monika Jäggi/Beat Stauffer: Grün und integriert. Wie in Tunesien Naturlandschaften zerstört werden. "Kleine Reihe Tourismus und Entwicklung", Band 4 rotpunktverlag, Zürich 1990 Mechtild Maurer: Tourismus – Prostitution - Aids, "Kleine Reihe Tourismus und Entwicklung" rotpunktverlag, Zürich 1991 Regula Renschler: Ware Liebe. Sextourismus – Prostitution – Frauenhandel, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1987 Flieger, Burkhard: Tunesien zwischen Tradition und Tourismus: In: Klar, schön war's. Tourismus der 3. Welt. Hrsg. iz3w, Freiburg 1983 Für einen anderen Tourismus. Probleme, Perspektiven, Ratschläge. Hrsg.. Jost Krippendorf u.a., Fischer TB, Frankfurt 1988 L'Hebdo Touristique (Zeitschrift), Tunis. Jahrgänge 1989/1990 Köhler, Michael: Tunesien: Reise-Handbuch. DuMont Buchverlag, Köln 1983 Mäder, Ueli: Vom Kolonialismus zum Tourismus - von der Freizeit zur Freiheit, rotpunktverlag, Zürich 1987. Medienhinweise:
SONNE DER HYÄNEN 100 Min., F., Spielfilm, Tunesien 1977. Verleih: EZEF über EMZ Württemberg
DER AUSVERRAUF DER PARADIESE: zum Beispiel Goa 22 Min., F., Dokumentarfilm, Indien/BRD 1990, Video. Verleih: EMZ 2, 3, 6, 7, 11, 13-18
TALKING BROKEN - Insulaner der Torres Straße 76 Min., F., Dokumentarfilm, Australien/BRD 1990, Verleih: EZEF über EMZ Württemberg
Regula Renschler, Februar 1994
EZEZ, Kniebisstr. 29, 70188 Stuttgart, Tel. 0711-9257750, Fax: 0711-9257725 e-mail:ezef@geod.geonet.de Claudia
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Re: Suche den Film "BEZZNES"
#61526
12/04/2003 21:57
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