Tunesien Informationsforum ARCHIV Tunesien Informationsforum ARCHIV
Jawhara FM Mosaique FM
Dieses Forum ist nur als Archiv nutzbar.
Popular Topics(Zugriffe)
1,650,803 Magic Life Club
1,229,002 Islamische Fragen
TunesienCom Galerie
Der Flughafen Enfidha/Hammamet - Bilder von Walter
Hammamet Fotos von Walter
Djerba Fotos von Walter
Impressum
Impressum
Datenschutzerklärung

Kontakt E-Mail
Previous Thread
Next Thread
Print Thread
Bewerte Thread
Seite 2 von 8 1 2 3 4 5 6 7 8
Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53491
30/08/2005 17:40
30/08/2005 17:40
Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
F
foued Offline
Member
foued  Offline
Member
F

Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
Ich lese zwar jetzt mit und ich will erst später am Abend antworten, weil ich jetzt lange nicht schreiben kann ... ABER ... findet ihr nicht, dass es in dem ursprünglichen Thema irrelvant ist, was ihr zum Kopftuch denkt und meint!! Wir sprechen hier über die freie Entscheidung mancher Frauen, die das tragen wollen. Ich möchte zwar gerne auf die Frage Katjas später eingehen, aber falls ihr über das Thema so ausführlich diskutieren wollt, dann macht bitte ein neues Thread dazu, denn das Verbot von Kopftuch in Schulen oder in der Gesellschaft(?) hat nichts mit euren persöhnlichen Meinungen zu tun, oder seid ihr anderer Meinung??

Grüße,
Foued

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53492
30/08/2005 18:56
30/08/2005 18:56

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Um dem ganzen Streit, der nun schon mehrere Jahre besteht, aus dem Weg gehen zu wollen hat man sich eben prinzipiell gegen das Tragen von religiösen Zeichen ausgesprochen. Das steht auch in dem von Claudia zitierten Beitrag im 2. Absatz.
Dass man dabei so rigoros ist und auch die christlichen Zeichen verbietet, finde ich schon etwas übertrieben. Aber nun gut, man will eben nicht mehr "streiten" und "diskutieren".

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53493
30/08/2005 20:21
30/08/2005 20:21
Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
F
foued Offline
Member
foued  Offline
Member
F

Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
Hallo,

ich weiß nicht wie ich anfangen soll, denn ich hatte vorhin wirklich sehr viele Ideen im Kopf, aber ich will es wirklich manchen Leuten erklären, dass es sich hier nicht darum geht, ob die eine oder andere Religion oder das eine oder andere System schlecht oder gut ist. Ich vermeide solche Diskussionen, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass sowas (bis auf einigen Ausnahmefällen) sinnlos ist, denn jede(r) kommt mmit einigen Standardargumenten und will die andere Seite niederschlagen. Das tun die Muslime und das tun auch die Christen. Ich will nur anmerken, dass dies nie der Sinn einer Diskussion war und ist. Ich will also als Letztes erklären, dass ich von Keinem/r erwarte, dass er/sie schöne Sätze zum Islam äußert (wann verstehen die Leute das endlich???), sondern jede/r ist frei seine eigene Lebensanschauung zu bilden, wie er/sie will. Und auch ich habe meine eigene Lebensanschauung, und genau wie ich glaube, dass ich die Lebensanschauung von jedem/r hier nicht mit ein paar (sehr bekannten) Sätze auflösen kann, deshalb glaubt jemand hier wirklichm dass ein paar Sätze meine Lebensanschauung auflösen werden???
Ich will hier anmerken, dass ich in solchen Diskussionen nur in Ausnahmefällen einsteige, und sollen wir hier aus dem Thema rausgehen, dann schreibe ich nicht mehr dazu, denn ich will wirklich mein Leben in interessanteren Dingen verbringen und ich will mein schönes Abend heute inscha Allah nicht durch eine Diskussion versauen [Winken]

Zur Frage von Katja: Katja! Im Grundegenommen ist das was Du gesagt hast richtig (aber nicht im ersten Thread), aber so einfach kann man nicht draufschließen. Ich sage immer, dass der Islam eine Religion ist, die von ihren "treuen" Anhängern viel fordert (und meiner Meinung nach auch viel gibt). Sie fordert von Männern und Frauen sehr viel im Vergleich zur heutigen lieberalen Welt, und dabei gibt es einige Unterchiede, das stimmt. Da es allerdings keine richtig funktionierende muslimische Gesellschaft gibt, kann ich keine gute Beispiele zitieren, aber man ist hier einfach dem Bild gewohnt, dass Frau nicht darf und Mann darf. Dem bin ich überhaupt nicht einverstanden, und ich kämpfe auch dafür, dass dieses Bild/Situation abgeschafft wird. Anzumerken ist auch, dass das Kopftuch nicht das Wesentliche im Islam ist oder im Glauben einer Frau, und ich frage mich, warum das im Westen immer zum zentralen Thema wird!!? Wenn Du findest, dass das eine Ungleichberechtigung ist, dann ist es deine eigene Gedankenfreiheit, aber ich selber finde das nicht, denn ich sehe das Kopftuch als ein kleiner Bruchteil dessen, was gefordert ist; und wenn man vielleicht mit Leuten lebt, die ihre religion richtig (weder rechts noch links) implementieren, dann glaube ich, dass dieser Unterschied langsam verschwindet. Warum das allerdings so ist, das lässt sich zumindest damit erklären, dass Männer und Frauen eben verschieden sind. Für euch sind die Frauen benachteiligt. Für gläubige muslimische Männer und Frauen ist das nicht der Fall --> Meinungsverscheidenheit eben [Winken] . Der Islam hat also nicht die Frau gefordert sich zu bedecken, weil die Männer schwächere Geschöpfe sind, die nach Meinung tornados fehlerhaft sind, sondern der Islam baut ein komplettes gesellschaftliches System, basierend auf ein Mindestabstand zwischen Männern und Frauen und absierend auf andere Ziele. Ich betone auf Mindestanstand, denn es soll keine Trennung sein! Viele Menschen (M/F), die in diesem Modell leben, finden es total schön (ich rede über diejenigen, die diesen Weg freiwillig genommen haben); und viele von euch finden es total schlecht. Na und!?? So ist es immer gewesen mit den Menschen, und so wird es immer bleiben. Das sollen wir einfach akzeptieren.

Ich hoffe, dass wir jetzt zum ursprünglichen Thema zurückkehren können.

Grüße,
Foued

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53494
30/08/2005 23:43
30/08/2005 23:43
Joined: Jun 2005
Beiträge: 13
Erde
Ibn Ruschd Offline
Junior Member
Ibn Ruschd  Offline
Junior Member

Joined: Jun 2005
Beiträge: 13
Erde
Ob eine Lehrerin/Lehrer Kopftuch,Kippa oder sonst was trägt ist mir eigentlich egal. Der Sinn der Schule ist es den Kindern Mathematik,Deutsch usw. beizubringen. Mein alter Lehrer kam mit nem Rock in die Schule, sollte man dies auch verbieten weil es den kleinen Kindern unsittlichkeit vermittelt?
Wie schon oben erwähnt, gibt es Nonnen an den Schulen Tunesien, meine Mutter wurde damals in den 60 und 70er von einer französischen Nonne unterrichtet.
Zudem frag ich mich weshalb son Stress wegen solcher Kleinigkeiten gemacht werden, Deutschland hat größere Probleme in Sachen Bildung, siehe PISA ein Verbot von religiösen Symbolen würde auch nicht weiter helfen.
Seit über 50 Jahren tragen Lehrer ohne Probleme religiöse Symbole, und ausgerechnet jetzt, wo der Islam ein Feindbild der westl Welt geworden ist, will man dieses Kopftuch verbieten. Meinetwegen Gesetz ist Gesetz, daran hat man sich zu halten.
Bringen tut dieses Gesetz soweiso nichts, auf der Straße laufen genug Frauen mit koptüchern rum ob ein Kind auf der Straße oder auf der Schule damit konfrontiert wird spielt keine rolle, letzendlich kommt das selbe dabei raus.
Ob ne Lehrerin mit Kopftuch oder eine mit Minirock, die Qualifikation zählt nicht das Aussehen.

@foued
Gott hat den Menschen mit vielen Fehlern auf die Welt ensandt, sie führer Kriege, rauben und morden, Ziel ist es diesen Versuchungen zu wiederstehen, wenn der Mensch perfekt wäre, bräuchte man in keinem Fleck der Welt Gesetze.

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53495
31/08/2005 07:34
31/08/2005 07:34
Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
Gako Offline
Mitglied
Gako  Offline
Mitglied

Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
@Bigoux: Die Nonnen unterrichten an "christlichen" Schulen in Tunesien, aber dürften sie es auch an "islamischen"? Ich kann mir nicht vorstellen, dass streng gläubige Eltern das akzeptieren würden, oder?

@Foued: Wieso ist es "niveaulos" wenn ich das Kreuz mit dem Kopftuch vergleiche? Das Kopftuch ist ein Symbol/Ausdruck des Islams, das Kreuz steht für den christlichen Glauben. Ich kenne einige Gläubig (vor allem Katholische) die ständig ein Kreuz um den Hals tragen - zum Ausdruck ihres Glaubens. Genauso wie moslemische Frauen ihr Kopftuch tragen.

Wie gesagt, ich finde das Verbot von religiösen Symbolen in Schulen (außer vielleicht im Religionsunterricht - ist ja zum Glück kein Pflichtfach), Öffentlichen Einrichtungen etc. richtig. Diese Symbole gehören in die Kirchen, Moscheen und Synagogen!

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53496
31/08/2005 07:42
31/08/2005 07:42
Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
Gako Offline
Mitglied
Gako  Offline
Mitglied

Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
@Bigoux: Die Nonnen unterrichten an "christlichen" Schulen in Tunesien, aber dürften sie es auch an "islamischen"? Ich kann mir nicht vorstellen, dass streng gläubige Eltern das akzeptieren würden, oder?

@Foued: Wieso ist es "niveaulos" wenn ich das Kreuz mit dem Kopftuch vergleiche? Das Kopftuch ist ein Symbol/Ausdruck des Islams, das Kreuz steht für den christlichen Glauben. Ich kenne einige Gläubig (vor allem Katholische) die ständig ein Kreuz um den Hals tragen - zum Ausdruck ihres Glaubens. Genauso wie moslemische Frauen ihr Kopftuch tragen.

Wie gesagt, ich finde das Verbot von religiösen Symbolen in Schulen (außer vielleicht im Religionsunterricht - ist ja zum Glück kein Pflichtfach), Öffentlichen Einrichtungen etc. richtig. Diese Symbole gehören in die Kirchen, Moscheen und Synagogen!

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53497
31/08/2005 07:54
31/08/2005 07:54
Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
F
foued Offline
Member
foued  Offline
Member
F

Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
@Gacko: Du hättest nur in dem Fall recht mit deinem Vergleich, falls das Kopftuch der muslimischen Frauen eine bestimmte Form oder Farbe hätte, die nicht abweichen darf, und die anders als das Kopftuch [Winken] anderer nicht muslimischen Frauen (falls es so was gäbe) ist. Dies ist nicht der Fall, sondern das Kopftuch ist in dem Fall ein bedeckendes Kleidungsstück, und er hat die verschiedensten Formen über die Jahrhunderte genommen (je nach Mode z.B. [Winken] ). Liebe Gacko, Du darfst deine Meinung so haben wie Du willst, klar! Aber es wundert mich wirklich, dass es immer noch welche gibt, die mit solchen Vergleichen kommen. Wenn Du für das Verbot bist, dann gibt es wirklich andere bessere, nachvollziehbarere Wege, glaub mir [Winken] (ich kann Dir auch helfen)

Grüße,
Foued

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53498
31/08/2005 08:00
31/08/2005 08:00
Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
Gako Offline
Mitglied
Gako  Offline
Mitglied

Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
@Foued: Ich merke wir zwei fangen an uns im Kreis zu drehen. Lassen wir es besser. Aber eines noch: Das christliche Kreuz unterliegt - meines Wissens - auch keiner bestimmten Norm. Es gibt goldene, silberne, verschnörkelte, mit und ohne Jesus etc. etc. etc.!

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53499
31/08/2005 08:10
31/08/2005 08:10
Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
F
foued Offline
Member
foued  Offline
Member
F

Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
@Gacko: Sorry, aber ich muss wirklich lachen! Vielleicht kann es Dir jemand anderer (Nicht-Muslim) hier den Unterschied erklären.
Vielleicht hier ein Beispiel: Wenn ein Muslim ein Koran oder eine "Sibha" z.B. in seiner Hosentasche trägt (auhc wenn es ihm so sehr bedeutet), er kann es schon ablegen .... aber ein Kleindungsstück, was für ihn eine bedeckende Funktion hat (wie Hose, Hemd ... [Winken] ), kann er nicht ablegen.

Man soll auch sich immer provoziert fühlen, denn ihr weißt immer noch nicht, was ich zum Urteil bzw, zum Dilemma denke. Ich habe schon eine differenzierte Meinung dazu, als viele Muslime und viele Christen.

Grüße,
Foued

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53500
31/08/2005 08:19
31/08/2005 08:19
Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
F
foued Offline
Member
foued  Offline
Member
F

Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
es heißt "Man soll auch sich NICHT immer provoziert fühlen"

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53501
31/08/2005 08:26
31/08/2005 08:26
Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
Gako Offline
Mitglied
Gako  Offline
Mitglied

Joined: Jul 2003
Beiträge: 646
Hessen
@Foued: Ich fühle mich nicht provoziert, sondern nur missverstanden. Für mich ist der Vergleich eben okay, weil es beide "sichtbar getragene" religiöse Symbole sind. Die Tracht einer Nonne hätte ich ja nicht anbringen können, da das eine ganz andere Bedeutung hat.

Was denkst Du denn über das Verbot? Ich glaube Du hast auch Katjas Frage noch nicht beantwortet: Warum Kopftuch getragen werden soll/muss. Oder habe ich das überlesen?

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53502
31/08/2005 08:33
31/08/2005 08:33
Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
F
foued Offline
Member
foued  Offline
Member
F

Joined: Aug 2003
Beiträge: 755
München
@Gacko: Ich werde nicht lange schreiben können, aber eine kleine Frage erstmal: Kennst Du wirklich keine Kopftuchtragende Frau persöhnlich??? (natürlich die das freiwillig macht und weiß warum sie das trägt)... dann hättest Du gewusst, dass das keine Symbolik ist.
Du kannst es als Symbolik betrachten, aber Du kannst nicht in das Herz anderer Menschen reingehen, und für sie behaupten, dass sie das doch anders meinen!!!!! [Winken]

Und falls es nur eine Symbolik ist, dann könnte vielleicht der Deutsche Staat ein einheitliches Kopftuch entwerfen, vielleicht mit Rot, Gelb, Schwarz darauf gemahlen. Glaub mir, dass die meisten Lehrerinnern das gerne tragen würden. Warum??? weil das die bedeckende Funktion eben erfüllt [Winken]

Grüße,
Foued

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53503
31/08/2005 09:52
31/08/2005 09:52

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



So, hier sind die Argumente, die für MICH gegen das Kopftuch in Schulen und Kindergärten sprechen. Die Interviewte ist übrigens Türkin! Achtung lang! Das Interview beschäftigt sich nur zum Teim mit Kopftuch, ich wollte die anderen Passagen aber nicht löschen, weil ich sie auch interessant finde!

http://www.emma.de/632090811991329.html

Lale Akgün über das Kopftuch, Multikulti, den Zentralrat und die wahre Integration.

Eigentlich ist sie an diesem Sommertag nur in die EMMA-Redaktion gekommen, um mit Alice Schwarzer über die Frage der Trennung von Staat und Religion zu diskutieren. Aber dann wurde ganz rasch nicht nur ein Gespräch mit, sondern auch ein Gespräch für EMMA daraus, Denn das, was Lale Akgün zu sagen hat, wollten wir unseren LeserInnen nicht vorenthalten.

Dr. Lale Akgün ist Deutsche türkischer Herkunft, Therapeutin und Politikerin und innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion neuerdings zuständig für die Integration der MuslimInnen in Deutschland. In den Bundestag zog Lale Akgün erstmals im Herbst 2002 ein: als Direktkandidatin für den Wahlkreis Köln-Süd - dem Wohnsitz der EMMA-Redaktion.

Alice Schwarzer: Sie sind Türkin. Sie sind Muslimin. Und Sie sind mit einem islamischen Religionslehrer verheiratet. Aber Sie tragen nicht nur kein Kopftuch, Sie haben auch noch rappelkurze Haare.

Lale Akgün: (lacht) Das habe ich meinem Großvater zu verdanken. Der war Lehrer und hat mich sehr beeindruckt. Er hat noch auf einer islamischen Medresse studiert, aber immer gesagt: Die Ohren sind ganz wichtig. Und Frauen haben genau dasselbe Recht darauf wie Männer, dass ihre Ohren frei sind damit sie alles mithören und mitbekommen, in alle Himmelsrichtungen.

Schwarzer: Sie sind mit acht Jahren mit Ihren Eltern nach Deutschland gekommen, leben also seit 41 Jahren hier.

Akgün: Ja, ich bin türkischer Herkunft und deutscher Staatsangehörigkeit. Ich bin also beides: das orientalische Fühlen ist genauso in mir wie das westliche Denken. Aber wir, mein Mann und ich, kommen aus dem muslimischen Kulturkreis und stehen dazu, dass wir Muslime sunnitischer Konfession sind.
Schwarzer: Ihr Mann ist islamischer Religionslehrer an einer deutschen Schule. Und Sie haben 16 Jahre lang als Therapeutin praktiziert. Hatten Ihre türkischen PatientInnen andere Probleme als die deutschen?

Akgün: Ja, sie hatten vor allem Konflikte mit den Geschlechterrollen. Denn viele der Türken, die nach Deutschland kommen, sind ja aus sozial benachteiligten Familien und haben darum die Arbeitsimmigration auf sich genommen. Die meisten kamen in den 60er und 70er Jahren und hatten ein bestimmtes Weltbild, wie eine Frau zu sein hat und wie ein Mann. Sie hatten gar nicht mitbekommen, dass die Rolle der Frauen sich verändert hatte, hier wie in der Türkei. Viele meiner Patientinnen konnten diesen Konflikt allerdings nichts thematisieren, also somatisierten sie, flüchteten in die Krankheit. Ich hatte viele Fälle von Migräne, Hautausschlägen und sogar Hysterie darunter richtig klassische Fälle, wie wir sie nur aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert kennen und die in Mitteleuropa eigentlich schon ausgestorben sind: Also dieses Aufbäumen im Zirkel etc. Dafür gab es früher bei den Türkinnen überhaupt nicht die bei den Deutschen so verbreiteten Essstörungen. Inzwischen allerdings sind die auch bei Türkinnen angekommen.

Schwarzer: Sie haben gesagt: Für mich ist das Kopftuch ein rotes Tuch. Warum?
Schwarzer: Und was sagen Sie zu dem Argument, dass viele Frauen es freiwillig tragen?

Akgün: Was ist schon freiwillig... Gerade Frauen verinnerlichen oft die Vorstellungen der Männerwelt. Sie sagen zwar: Ich trage das Kopftuch aus freien Stücken. Aber oft ist es der Versuch, dem Mann, dem Vater oder Ehemann, den Wunsch von den Augen abzulesen. Oder der Versuch, Konflikten aus dem Weg zu gehen. Oder der Versuch, sich aufzuwerten. Das Kopftuch signalisiert: Ich bin unberührbar und rein, ich stehe über den anderen Frauen. Was natürlich nicht stimmt. Statistisch gesehen haben wir unter den Kopftuch-Trägerinnen dieselbe Moral wie unter den Nicht-Kopftuch-Trägerinnen. Sie gehen genau so selten unschuldig in die Ehe und erlauben sich dieselben sexuellen Freiheiten. Auch sind die Grenzen der wahren Motive fließend: Wer kann schon unterscheiden zwischen dem Kopftuch aus innerer persönlicher Religiosität, dem von der männlichen Autorität aufgezwungenen und dem, hinter dem eine gezielte politische Absicht steckt? Schließlich und endlich kann das Kopftuch auch ein Übergangsobjekt sein: Man hat die eine Gesellschaft verlassen, ist aber in der anderen noch nicht angekommen, und braucht diese Zeit, wo man geschützter, in sich verschlossener ist. Man ist eingepuppt und wird vielleicht erst später schlüpfen.
Schwarzer: Was heißt das konkret?

Akgün: Einmal hatte ich eine Patientin, die gerade jung geschieden war. Meine Sekretärin hatte mir eine ältere Frau angekündigt, und es kam eine tief Verschleierte. Ich fragte: Wie alt sind Sie? Sie war 21. Und als ich ihr sagte, dass meine Sekretärin sie für Mitte 40 gehalten hatte, war sie sehr gekränkt. Wenige Monate später kam sie wieder. Nun hatte sie einen neuen Partner und war, seinem Geschmack entsprechend, total aufgestylt: Barbie-Frisur, Minirock, Stöckelschuhe. Ich habe sie fast nicht wiedererkannt. Was ist nun ihr freier Wille? Was ist ihre so genannte wahre Identität?
Schwarzer: Trägt Ihre Mutter eigentlich ein Kopftuch?

Akgün: (lacht) Nein. Meine Mutter ist Mathematikerin und die rationalste Frau, die ich in meinem Leben getroffen habe. Mein Vater hingegen, ein Zahnarzt, war ein sehr weicher Mensch. Meine Mutter war der Mann in der Familie.

Schwarzer: Sie sind ja in den frühen 60er Jahren mit Ihren Eltern nach Deutschland gekommen. Hat sich seither bei der Mehrheit der hier lebenden Türken etwas verändert?

Akgün: Ja, ganz stark. So richtig aufgefallen ist mir das in einer Ausstellung im Ruhrlandmuseum 1998. Da ging es um die Immigration der Türken, die neue und die alte Heimat. Und da sah man, dass die Türkinnen in den 60er Jahren überhaupt keine Kopftücher trugen. Das fing erst in den 80er Jahren an, ganz schleichend. Es hatte mit dem Militärputsch 1980 in der Türkei zu tun. Und mit Khomeinis Putsch 1979 im Iran. Also mit der Islamisierung der muslimischen Länder. Dabei haben die Amerikaner eine ganz zentrale Rolle gespielt. Sie haben in den 80er Jahren die Islamisierung aller Nachbarstaaten der UdSSR forciert, um den Kommunismus abzupuffern, und den so genannten grünen Gürtel um den Kommunismus gelegt. Grün wie der Islam. Das hatte dann natürlich Auswirkungen bis nach Deutschland. Und dann ging Anfang der 90er der Afghanistankrieg der Sowjetunion gegen die Taliban los. Und das hat den islamistischen Brüdern in der ganzen Welt nochmal Auftrieb gegeben. Auf einmal gehörte es dazu, Kopftuch zu tragen.
Schwarzer: Das Kopftuch also nicht als Ausdruck des Glaubens, sondern als Signal für eine politische Haltung? Dabei hatten auch in den 60er Jahren viele ihre Identität verloren aber deswegen noch lange keine Bärte und Kopftücher. In der Zeit gab es ja auch in der Türkei kaum Kopftücher in den Großstädten. Höchstens die Kopftücher auf dem Land, aber eher so turbanmäßig um den Kopf geschlungen, mit den Zipfeln oben, als praktischer Schutz vor Staub. Das, was wir heute in Deutschland als islamisches Kopftuch kennen dieser lange Mantel mit dem Kopftuch über die Schultern und den ganz abgebundenen Haaren diese Kluft ist überhaupt erst in den 80ern entstanden. Das gab es früher überhaupt nicht. In unseren Familienalben trägt nur meine Urgroßmutter manchmal ein Kopftuch: So ein Seidentuch mit einer Spitzenborde &

Schwarzer: & das trugen unsere Urgroßmütter an Feiertagen auch & Sie haben in den 90ern ein paar Jahre lang in Solingen das Landeszentrum für Zuwanderung, das erste seiner Art, geleitet. War in der Zeit ein Druck Richtung Bart und Kopftuch zu spüren?

Akgün: Und wie! In den Predigten wurde verkündet: Jedes Haar, das zu sehen ist, wird sich in der Hölle in eine Schlange verwandeln. Stellen Sie sich das mal vor, wie viele Haare Sie auf dem Kopf haben und wie viele Schlangen daraus werden. Das heißt, die Leute wurden eingeschüchtert, man machte ihnen Angst. Ich habe dann mit denen geredet, ihnen erklärt, worum es im Islam wirklich geht, nämlich: Du sollst nicht äußerlich auffallen. Was in der Konsequenz heißt, dass das Kopftuch in einer Gesellschaft wie der unseren ganz und gar unislamisch ist, weil auffallend und abgrenzend. Die Kopftuchträgerinnen sind ja was Besonderes und wollen das auch sein, aber genau das verbietet der Koran. Auffallen ist zutiefst unislamisch. Das Kleid oder der Anzug gehören auf die Straße, der Badeanzug an den Strand, der Pyjama ins Bett und das Kopftuch in die Moschee!

Schwarzer: Das sieht der Zentralrat der Muslime aber ganz anders.

Akgün: Der Zentralrat & für wen spricht der eigentlich? Maximal zehn Prozent der Muslime sind überhaupt organisiert, und im Zentralrat sind höchstens ein, zwei Prozent. Der Zentralrat ist eine selbst ernannte Institution, der sich diesen Namen parallel zum Zentralrat der Juden gegeben hat. Aber unter dem Dach des Zentralrates sind überhaupt keine mitgliederstarken Vereine; der einzige, der VIKZ (Verein Islamischer Kulturzentren) ist ausgetreten. Der Zentralrat hat nicht das geringste Recht, für die Muslime in Deutschland zu reden oder gar irgendwelche Regeln aufzustellen.

Schwarzer: Wie erklären Sie sich dann, dass der Vorsitzende des Zentralrates, Nadeem Elyas, als Repräsentant aller Muslime in Deutschland zum Kanzler oder Bundespräsidenten geladen wird? Und auf allen Podien sitzt, die sich angeblich den Dialog auf die Fahne geschrieben haben?

Akgün: Das kann ich Ihnen genau sagen: Weil die über 90 Prozent nichtorganisierten Muslime sich nie eine Stimme gegeben und sich nie organisiert haben. Dieser so genannte Dialog zwischen wem findet der eigentlich statt? Ich habe immer gesagt: Erst wenn die Weihnachtschristen und die Ramadanmuslime miteinander reden, ist das ein Dialog...

Schwarzer: ...ein Dialog zwischen den Mehrheiten...

Akgün: Genau! Und nicht nur ein Dialog mit dem Zentralrat. Der hat übrigens auch eine Islamcharta herausgebracht, in der er das politische Verständnis und Verhalten der Muslime in Deutschland definiert. Das ist überflüssig wie ein Kropf! Wir haben schließlich ein Grundgesetz. Das haben in Deutschland auch die Muslime zu achten. Wir sind ein Rechtsstaat. Unsere Gesetze werden im Bundestag gemacht und nicht im Zentralrat. Es gibt in einer Demokratie keine Parallelinstitution, die das Recht hat, Parallelgesetze zu machen. Wir leben in einer Demokratie. Und wir müssen auch nicht betonen, dass wir Demokraten sind, das ist selbstverständlich.

Schwarzer: Für den Zentralrat ist das anscheinend nicht so selbstverständlich & Vielleicht muss er es heute betonen, weil er vor dem 11. September noch etwas ganz anderes gesagt hat. Aber wie tragen Sie als Politikerin denn nun dazu bei, dass die Mehrheit der MuslimInnen eine Stimme bekommt?

Akgün: Ich bin jetzt von meiner Fraktion damit beauftragt worden, darüber nachzudenken. Wir arbeiten an einer Strategie, und ich hoffe, in ein paar Monaten mehr sagen zu können.

Schwarzer: Was werden die ersten Schritte dieser Strategie sein?

Akgün: Das wichtigste ist die Verstärkung der Bildungspolitik. Das fängt an mit der Sprache. Vor allem die Frauen, die Mütter müssen Deutsch lernen! Und die Kinder ab dem Kindergarten.

Schwarzer: Sollten türkische Schulkinder nur Deutsch in der Schule sprechen?

Akgün: Normalerweise sprechen Immigranten-Kinder vor allem die Sprache des Landes, in dem sie leben und nur noch gebrochen ihre Herkunftssprache. In Deutschland ist es umgekehrt. Und das ist sehr merkwürdig. Meine Tochter zum Beispiel spricht fließend Deutsch, aber auch Türkisch, was nicht einfach war, eine zweite Sprache in der Familie aufzubauen.

Schwarzer: Und wie erklären Sie sich, dass deutsche Türkenkinder oft nur gebrochen Deutsch sprechen?

Akgün: Das ist das Resultat der Verdrängung auf beiden Seiten. Deutschland hat 40 Jahre lang die Illusion aufrechterhalten, wir seien keine Einwanderungsgesellschaft. Das ist die größte Lebenslüge der Bundesrepublik. Und auch viele Türken haben sich vorgemacht, dass sie wieder zurückgehen. Doch kein Land auf der Welt hat in den letzten Jahrzehnten so viel Einwanderer gehabt wie Deutschland...

Schwarzer: Tatsächlich?

Akgün: Ja! Wir haben seit 1945 insgesamt 19,5 Millionen Menschen in Deutschland aufgenommen: acht Millionen Heimatvertriebene und vier Millionen Spätaussiedler, also zwölf Millionen deutschstämmige Einwanderer aus Osteuropa; plus 7,5 Millionen Ausländer. Das ist einzigartig. Das muss uns erst mal ein anderes Land nachmachen. Aber wir haben aus einer falsch verstandenen Multikulti-Haltung die Leute nie als Teil unserer Gesellschaft begriffen. Es ist immer beim Ihr und Wir geblieben, nach der Devise: Ihr seid anders. Dieses differenzialistische Denken wir sind die einen und ihr seid die anderen ist der Kern des Übels.

Schwarzer: Haben Sie das auch selbst schon zu spüren bekommen?

Akgün: Nicht nur ich, auch meine Tochter. Zu ihr hat mal ein Kioskbesitzer, der sie gut kennt, gesagt: Fährst du in den Ferien nach Hause? Er meinte damit die Türkei. Das Kind war ganz irritiert, denn sein Zuhause ist ja Deutschland.

Schwarzer: Ähnliches ist dem verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, Ignatz Bubis, immer wieder passiert. Er ist in Deutschland geboren und in Deutschland gestorben, aber immer wieder wurde er wie ein Ausländer, wie ein Israeli behandelt. Zum Beispiel wurde mal zu ihm gesagt: Machen Sie sich eigentlich keine Sorgen um die politischen Verhältnisse in Ihrem Land? Da hat Bubis, der auch FDP-Mitglied war, geantwortet: Finden Sie, dass es so schlimm steht um Deutschland?

Akgün: Das sind ja auch ganz ähnliche Probleme. Und sie haben ein und dieselbe Wurzel: die Ausgrenzung des Fremden. Woanders ist das übrigens anders. Ich habe jüngst einen Artikel über zwei Frauen von den vietnamesischen Boatpeople gelesen. Die eine war in den USA gelandet und die andere in Deutschland. Nach zehn Jahren sagte die in Amerika: Ich bin Amerikanerin! Die in Deutschland Lebende war darüber sehr erstaunt, weil ihr so schnell nie über die Lippen kommen würde, zu sagen: Ich bin Deutsche.

Schwarzer: Warum nicht?

Akgün: Weil man als Zugezogene in Deutschland auf das Fremdsein festgelegt wird. In Frankreich ist man nach einer gewissen Zeit Franzose, egal ob man schwarz oder was auch immer ist. Hier bleibt man immer die Andere.

Schwarzer: Das scheinbar fortschrittliche Schlagwort vom Multikulti wäre dann also in Wahrheit nur eine modische Umschreibung dieser Haltung: Wir sind wir und ihr seid die Anderen? Dadurch werden sie im permanenten Ausnahmezustand gehalten, sie gehören nicht dazu. Und sie müssen immerzu Folklore produzieren anderes Essen, andere Musik etc. um eine Daseinsberechtigung zu haben. Dieses Multikulti-Denken zwingt zu einer Gradwanderung zwischen Bereicherung und Belastung, zwischen positiv und negativ. Das ist sehr gefährlich, weil es jederzeit umschlagen kann.

Schwarzer: Ist eine Frau wie Sie dem entkommen?

Akgün: Neulich hat ein Kollege in Berlin mich mit den Worten vorgestellt: Das ist die exotischste Frau in unserer Fraktion. Da habe ich gesagt: Mach mal einen Punkt! Was ist denn an mir exotisch?

Schwarzer: Der Kern dieses ganzen Übels ist ja, wie Sie auch sagen, die Ideologie vom Unterschied, das differenzialistische Denken. Ob nun in Bezug auf Völker, Rassen oder Geschlechter. Auch wir Frauen sind ja angeblich so anders...

Akgün: Ich sehe da auch viele Parallelen. Wenn ich gefragt werde, was für mich Integration ist, sage ich: Ethnik-Mainstreaming parallel zum Gender-Mainstreaming. Ich möchte, dass Zugewanderte selbstverständlich in allen gesellschaftlichen Bereichen präsent sind, ohne Folklore.

Schwarzer: Aber das zu quotieren, das würde ja schon wieder bedeuten, die Zugewanderten auf ihr Fremdsein festzulegen.

Akgün: Nein, nicht Quotieren, aber als Ziel anstreben.

Schwarzer: Sie sind Sozialdemokratin, das heißt, Sie gehören zu einer Partei, die diese ganzen Probleme, über die wir jetzt reden, bisher verschlafen hat und überhaupt kein Bewusstsein, geschweige denn einen Diskurs oder gar eine Strategie hat. Jetzt hat die Fraktion Sie aufgefordert, aktiv zu werden. Was werden Sie tun?

Akgün: Darüber nachdenken, wie die Zugewanderten eine öffentliche Stimme werden können, ein gesellschaftlicher Faktor. Ich bin auf jeden Fall dafür, dass Immigranten sich einbürgern lassen und akzeptieren: Ich bin hier.

Schwarzer: Was wären für Sie die idealen Voraussetzungen für eine Einbürgerung?

Akgün: Das ist unterschiedlich. Bei den Älteren, die seit 30, 40 Jahren hier sind, würde ich noch nicht einmal verlangen, dass sie fließend Deutsch sprechen. Bei den Jüngeren aber sollte das Voraussetzung sein. Und, dass sie sich an die Verfassung halten. Die allermeisten Zugewanderten aber erfüllen diese Voraussetzungen.

Schwarzer: Nun gibt es aber die auch von Ihnen beobachteten Veränderungen, die Gefahr des steigenden Islamismus. Damit meine ich nicht nur die agitierende Minderheit, sondern auch die agitierte Mehrheit. Der deutsche Jugendforscher Prof. Heitmeyer zum Beispiel hat eine Untersuchung gemacht und herausgefunden: jeder fünfte männliche muslimische Jugendliche in Deutschland befürwortet heute die Scharia und damit den Gottesstaat...

Akgün: Ich bin überzeugt, dass die meisten Musliminnen und Muslime in Deutschland Demokraten sind. Wir müssen aber auch denen Angebote machen, die die demokratischen Prinzipien noch nicht so verinnerlicht haben. Die anderen machen ihnen ja auch Angebote. Freizeit, Sport und, noch wichtiger, Sinnstiftendes! Diese Angebote müssen von uns, von der demokratischen Gesellschaft, kommen. Wir müssen ihnen damit signalisieren: Ihr gehört zu uns.

Schwarzer: Ist es denn auch sinnstiftend, muslimische Schülerinnen vom Sport zu befreien und Lehrerinnen das Tragen des Kopftuches in der Schule zu erlauben? Schwarzer: Und was sagen Sie zu dem Begehren der deutsch-afghanischen Lehrerin Fereshta Ludin, das Kopftuch an deutschen Schulen zu tragen?

Akgün: Frau Ludin kann das Kopftuch in ihrer Freizeit tragen, aber nicht in der Schule. Hinzu kommt: Das Kopftuch ist kein gutes Signal für die Schülerinnen. Außerdem, wenn Frauen mit Kopftuch in der Schule unterrichten, dann wird das bald für den ganzen öffentlichen Dienst gefordert werden. Aber der Staat muss seine Neutralität bewahren. Die Trennung von Religion und Staat ist schließlich eine der großen Errungenschaften der Moderne.

Schwarzer: Nun wird ja immer gesagt, der Islam sei eben eine andere Kultur...

Akgün: Man sollte sehr vorsichtig sein mit der Erklärung der Unterschiede über die Kulturschiene...

Schwarzer: ...Algerierinnen nennen das die Kulturfalle...

Akgün: Wenn zum Beispiel ein Vater seine Kinder verprügelt, und er ist ein Deutscher, dann sagt man: Das ist ein schlechter Vater. Ist er Türke, sagt man: Das ist deren Kultur. So ein Unsinn, Schlagen ist keine Kultur, das ist Unkultur. Ein prügelnder Vater ist ein schlechter Vater, punktum. Oder ich zum Beispiel, ich fühle mich bei großer Hitze sehr wohl. Dann sagen die Leute zu mir: Kein Wunder, Sie sind ja auch Türkin. So ein Quatsch! Ich habe einfach nur einen niedrigen Blutdruck.

Schwarzer: (lacht) Wenn Sie benennen sollten, wie viele türkische und wie viele deutsche Anteile Sie haben, Frau Akgün, was würden Sie antworten?

Akgün: Ich würde sagen: Ich bin ich. Am stärksten hat mich meine Familie, meine Erziehung geprägt. Und es gibt keine deutsche oder türkische Erziehung es gibt nur gute oder schlechte Erziehung.

Schwarzer: Und Ihre 15-jährige Tochter, was würde die wohl antworten?

Akgün: Sie würde sagen: Ich bin Feride. Das ist Arabisch und heißt auf Deutsch: die Einzigartige.

EMMA September/Oktober 2003

www.lale-akguen.de

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53504
31/08/2005 10:16
31/08/2005 10:16

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Eine sehr kluge Frau, diese Frau Akgün!

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53505
31/08/2005 10:46
31/08/2005 10:46
Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
Nela Offline
Mitglied*
Nela  Offline
Mitglied*

Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
@ Katja
Zitat:
Und dann wollte ich nicht, dass Kindern vorgelebt wird, Frauen MÜSSEN sich verhüllen....
Ich würde es sehr begrüßen, wenn Kindern vorgelebt wird, Frauen DÜRFEN sich verhüllen... [Ha!]

@ Foued
Deine Beiträge sind eine Wohltat...! [daumen]

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53506
31/08/2005 10:52
31/08/2005 10:52

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Nela: Aha, dann sag das mal den Mädchen, die unters Kopftuch gezwungen werden! [Ha!]

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53507
31/08/2005 11:26
31/08/2005 11:26

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Zitat:
Ich würde es sehr begrüßen, wenn Kindern vorgelebt wird, Frauen DÜRFEN sich verhüllen
Ich fände es gut, wenn Kindern vorgelebt wird, dass Frauen alles dürfen, was Männer auch dürfen und nichts machen müssen, was Männer nicht genauso machen müssen.
Ich meine, es geht hierbei doch gar nicht um die Diskussion um den Islam, sondern vielmehr um das Frauenbild, das Frauen mit Kopftuch repräsentieren.

Was ich so komisch an der ganzen Diskussion finde, ist dass man sich in islamischen Ländern den örtlichen Sitten etc. anpassen soll/muss und hier in Deutschland aber alles so beibehalten werden soll, wie es teilweise nicht mal in islamischen Ländern üblich bzw. erlaubt ist. Frauen, die in T "oben ohne" herumlaufen, werden kritisiert, aber in D sollen Frauen im Kopftuch unterrichten dürfen. Irgendetwas stimmt doch wohl an der ganzen Sache nicht, oder irre ich mich total?
LG Anna

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53508
31/08/2005 11:33
31/08/2005 11:33

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Nein Anna, diesen Eindruck habe ich auch immer, das ist so wie die Toleranz, die immer dann aufhört, wenn es um russische Touristen geht. [Winken]

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53509
31/08/2005 11:50
31/08/2005 11:50
Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
Nela Offline
Mitglied*
Nela  Offline
Mitglied*

Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
@ Katja
Zitat:
Nela: Aha, dann sag das mal den Mädchen, die unters Kopftuch gezwungen werden!
Was genau soll ich denen Deiner Meinung nach sagen? [Durcheinander]

Ich finde das MÜSSEN (Zwang) genauso falsch wie das NICHT DÜRFEN (Verbot).

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53510
01/09/2005 00:02
01/09/2005 00:02

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Nela, ich finde es fast zynisch, zu sagen, Kindern müsse vorgelebt werden, sich verhüllen zu dürfen.
Manchmal denke ich, die Realität der muslimischen Frauen und Mädchen wird hier überhaupt nicht mehr wahrgenommen.
Ich schließe mich Anna an und finde, Kinder haben das Recht zu erfahren, dass sie gleich sind und sich nicht verhüllen müssen. Dass vom verhalten der weiblichen Mitglieder nicht die Ehre von Familien abhängt. Dass es nicht SIE sind, die das Gesicht des Mannes "beschmutzen", wie Sena eben schrieb.

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53511
01/09/2005 00:03
01/09/2005 00:03

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Hallo Nela,

in Deutschland darf ja jede Frau mit einem Kopftuch bekleidet sein. Sie dürfen nur keine Kinder unterrichten und somit auch Einfluss auf diese Kinder ausüben - bewusst oder unbewusst.

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53512
01/09/2005 00:13
01/09/2005 00:13
Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
Nela Offline
Mitglied*
Nela  Offline
Mitglied*

Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
@ Katja
Zitat:
Manchmal denke ich, die Realität der muslimischen Frauen und Mädchen wird hier überhaupt nicht mehr wahrgenommen
Genau so ist es...

Zitat:
Dass vom Verhalten der weiblichen Mitglieder nicht die Ehre von Familien abhängt
Richtig, aber auch nicht vom Tragen oder Nichttragen eines Kopftuches...

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53513
01/09/2005 00:30
01/09/2005 00:30

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



das eine hängt doch mit dem Anderen zusammen. Das ist doch der eigentliche Zweck des Kopftuches! Die bedeutung, die dahintersteht!

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53514
01/09/2005 00:31
01/09/2005 00:31

A
Anonym
Nicht registriert
Anonym
Nicht registriert
A



Hallo Nela,

könntest du Deinen Beitrag mal etwas näher erklären? Ich verstehe nämlich nicht, was Du damit sagen/ausdrücken willst.

Re: Erneut Urteil - Kopftuch im Schuldienst #53515
01/09/2005 00:34
01/09/2005 00:34
Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
Nela Offline
Mitglied*
Nela  Offline
Mitglied*

Joined: Dec 2002
Beiträge: 3,079
hier
@ Annegret
Zitat:
Sie dürfen nur keine Kinder unterrichten und somit auch Einfluss auf diese Kinder ausüben - bewusst oder unbewusst
Also am besten stellen wir dann - provokativ formuliert - gar niemanden mehr vor unsere Kinder, sie könnten ja sonst vielleicht von den roten (oder grünen, oder blauen...) Schuhen ihrer Lehrerin/ihres Lehrers "beeinflusst" werden...?
Kinder werden immer beeinflusst. Oder erziehen wir sie in einer Art von neutralem Vakuum?

Vielleicht sollte man nochmal näher darauf eingehen, was Kindern wirklich Schaden zufügt (den ein solcher wird ja dieser Art von "Einfluss" offenbar zugeschrieben)...

Seite 2 von 8 1 2 3 4 5 6 7 8