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Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52383
09/12/2004 01:44
09/12/2004 01:44

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Von mir aus auch Religionsunterricht, aber unter der Prämisse, dass alle teilnehmen MÜSSEN und die gängigen Religionen durchgenommen werden....Diese Trennung sollte schon von Kleinkindesbeinen an unterbunden werden....
Bei uns damals in München gab es sogar katholischen und ev. Unterricht...unmöglich...

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52384
09/12/2004 01:55
09/12/2004 01:55

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Zitat:
Bei uns damals in München gab es sogar katholischen und ev. Unterricht...unmöglich...

Das ist heute noch so und wenn man als ungetaufter Mensch am Religionsunterricht teilnehmen will, dann muss man einen Antrag stellen und begründen, warum man teilnehmen will....

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52385
08/12/2004 14:25
08/12/2004 14:25

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Ist nicht wahr, Anna, echt? [Boah!] [Boah!]
die spinnen, die Bayern...

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52386
08/12/2004 14:29
08/12/2004 14:29

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Ist so - ich habe für meine ältere Tochter, die den ev. Reliunterricht liebte, jedes Schuljahr einen Antrag stellen müssen und für meine jüngere Tochter bis letztes Jahr ebenfalls. Sie hat dann aber gewechselt und geht seit dem in den Ethikunterricht. Dafür brauchte ich allerdings keinen Antrag stellen.. [Schüchtern]

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52387
09/12/2004 12:24
09/12/2004 12:24
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Martine Offline
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Voilà Katja, die Ironie ist hier wohl angemessen.
In allen Schulen wird, sofern genügend Lehrer vorhanden sind, Religion und Werte und Normen alternativ angeboten. Beide Fächer sind versetzungsrelevant, mit Recht, denn es geht nicht um glauben, das erledigt die Kirche, sondern um Wissen. Das ist ähnlich wie im Geschichtsunterricht, nur mit theologischen Grundlagen. Das Fach Religion ist zumindest in der Oberstufe ein sehr anspruchsvolles Fach und Schüler, die meinen, man wollte sie bekehren, haben das nicht begriffen.
Was den Islam-Unterricht angeht, kein Kommentar mehr.

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52388
09/12/2004 12:35
09/12/2004 12:35
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Naja... mal ein Ausflug in die Berliner Schulgeschichte: Anno Tobak, als ich dort die Schulbank drückte, war Ethik noch gar kein Thema, Reli ab 14 Ermessensache - und vor allem tauchte es nie auf einem Zeugnis auf, sondern wurde auf einem Extra-Papierchen benotet und war Gott sei Dank auch nicht versetzungsrelevant.
Die Notwendigkeit von Ethikunterricht in Zeiten des "Zusammenwachsens" sehe ich noch ein - die Versetzungsrelevanz geht mir nicht in den Kopf, jedenfalls nicht, solange es an Zeit und Qualität bei den Basisfächern fehlt und Kinder die Schule nach der 4. resp. 5. Klasse wechseln, die kaum ihre eigene Sprache beherrschen und Mathe für was zu Essen halten, bzw. Hauptschulabgänger immer noch kurz vorm Analphabeten sind - was bei unserer Dorfhauptschule leider der Fall ist. Ich habe da mal in der 9. Klasse kurz vorm Quali Nachhilfe in Deutsch und Englisch gegeben - oh my god kann ich nur sagen, da war ich in der 6. Klasse damals schon auf einem besseren Level.
Interessante Querfrage wäre - wie sieht es eigentlich in den Ländern, die bei PISA weitaus besser abgeschlossen haben mit der Gewichtung Religion/Ethik aus - hat da wer eine Ahnung?

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52389
09/12/2004 18:55
09/12/2004 18:55

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Interessanter Ansatz, Karmoussa, nur ich finde, Fächer wie Philosophie, Ethik, meinetwegen auch Religion für ALLE sollten unbedingt versetzungsrelevant sein.
Das ist doch die Basis von menschlichem Zusammenleben, da werden Begriffe wie Freiheit, Toleranz, Akzeptanz erläutert, das ist mit das Wichtigste, was es gibt...Die Überlegungen "Was bin ich" "Was ist der andere?", "Bin ich selbstverantwortlich?" "Was ist Schicksal?" und und und....
natürlich hast Du Recht, dass es in manchen/vielen Schulen dramatisch um das Wissen der Kinder bestellt ist...trotzdem kann es nicht schaden, wenn sich jedes Kind mit so etwas auseinandersetzen MUSS...
Von Allgemeinbildung mag man ja eh gar nicht mehr sprechen, bei der Jugend heutzutage....wird Zeit, dass mal wieder etwas mehr humanistisches, klassisches Gedankengut an die Kids herangetragen wird...dann muss man vielleicht anders rangehen...über die Playstation oder den PC meinetwegen...

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52390
10/12/2004 08:37
10/12/2004 08:37
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Karmoussa Offline
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Das nenn ich nun wirklich einen guten Ansatz:



Ethik der Bildung
Wortlaut des Vortrags von Hildegard Lüder am 18.8.2004 auf dem Lübecker Werteforum.
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor; ...

Kurz und knapp: Goethes Faust hat trotz aller Studien und allen Wissens die Wahrheit nicht gefunden. Die Antwort auf die Frage nach einer sinnstiftenden Wahrheit gibt der Faust nicht, Goethe setzt hier auf den Segen der Erlösung.

Die für diese Woche der Ethik verantwortliche Arbeitsgemeinschaft Werteforum nennt für die Lebenswelt Bildung die Wahrheit als Grundwert. Nun ist das mit der Wahrheit keine einfache Sache. Die Mathematik, die mir nahe steht, ist eine der reinsten Formen des Denkens. Im Herzen der Mathematik steht der Beweis und dieser hebt sie auch von den anderen Wissenschaften ab.

In der Mathematik ist das Ziel der absolute Beweis und wenn etwas einmal bewiesen ist, dann ist es für immer bewiesen. Der Beweis gilt zweifelsfrei und absolut, denn er beruht auf unfehlbarer Logik.

Ist das Wahrheit im Sinne der Fragestellung dieser Ethik-Veranstaltung? Wahrheit als unabänderlicher Beweis?
Eine Anekdote des Mathematikers Ian Stewarts: Ein Astronom, ein Physiker und ein Mathematiker machten einst Ferien in Schottland. Vom Zugfenster aus sahen sie inmitten einer Wiese ein schwarzes Schaf stehen. Wie interessant, bemerkt der Astronom, alle schottischen Schafe sind schwarz. Darauf antwortete der Physiker. Nein, nein! Einige schottische Schafe sind schwarz! Der Mathematiker rollte seine Augen flehentlich gen Himmel und verkündete dann: In Schottland gibt es mindestens eine Wiese mit mindestens einem Schaf, das mindestens auf einer Seite schwarz ist.
Fragen Sie sich auch, was wohl eine Soziologin gesagt hätte? Vielleicht: In Schottland sind die schwarzen Schafe isoliert und nicht integriert?

Wahrheit als Grundwert der Bildung – wahrnehmen und erkennen als Handlung in der Lebenswelt Schule. Hier mein Versuch einer Annäherung.
Von der absoluten unabänderlichen Wahrheit, die notfalls auch eingetrichtert werden kann, nehme ich Abstand. Auch von dem Versuch, Bildungseinrichtungen das Ziel der Vermittlung von Wahrheit zu geben. Ich kann mich mit den Aussagen Hartmut von Hentigs identifizieren, der sinngemäß sagt, es gehe in der Schule nicht darum, „Wahrheit“ zu lehren, die er allein bei Gott sieht, wohl aber um Wahrhaftigkeit. Wahrhaftigkeit hängt ab von Wahrnehmung, ist also bei aller Bemühung um Objektivität immer auch subjektiv. Gegen das Bild des Nürnberger Trichters setze ich ein Bild des dänischen Malers Hammershoi, das ein Zimmer mit vielen Türen zeigt und mich sehr inspiriert hat. Öffne ich eine Tür der Erkenntnis, sehe ich weitere verschlossene Türen. Was bedeutet das für die Schule? Welche Ziele muss die Schule verfolgen? Was muss sie der jungen, der nachfolgenden Generation vermitteln, mit auf den Weg geben?

Für mich ist die Antwort deutlich: Bildung meint sowohl das Individuum als auch die Gesellschaft, Bildung denkt die Zukunft mit, sie muss zukunftsfähig sein. Bildung ist nichts Statisches, sie verändert sich. Wie viele mathematische Beweise muss man kennen, wie viele naturwissenschaftliche Theorien? Wie viele Gedichte braucht man für die Zukunft? Wie viel Kunst? Muss man Theater gespielt haben, in einer Moschee oder Synagoge gewesen sein? Ausgehend vom Stand der Lernforschung haben jüngst renommierte Wissenschaftler ihre bildungstheoretischen und bildungspolischen Zukunftsperspektiven skizziert. Darin heißt es: Die Schule hat als wichtigste Aufgabe, Lust auf die Begegnung mit der Welt zu machen., ihre kognitiv-instrumentelle Seite kennen lernen zu wollen: durch die Mathematik, die Philosophie, die Naturwissenschaften, die Technik. Auch ihre ästhetisch-expressive Seite: durch die bildende Kunst und die Literatur, Film und Architektur, Musik, Tanz, Sport und Theater. Kennen lernen wollen auch die wertend-normative Seite mit Wirtschaft, Recht, Politik und Gesellschaft aber auch die letzten Fragen nach Leben und Tod, Ethik und Werten, Glauben und Religion.

Wahrheit kann nur Wahrheitssuche sein. Hüten wir uns davor, in der Schule endgültige Antworten zu geben. Wir müssen Kinder und Jugendliche befähigen, Fragen zu stellen und nach Antworten suchen zu wollen.

Wenn Ethik nach den menschlichen Handlungen fragt und nach der Gesinnung, aus der diese hervorgehen, bieten sich für mein Thema „Ethik der Bildung“ als Betrachtungsgegenstände an: erstens Strukturen, Ordnungen und Bedingungen, in denen Schule stattfindet, zweitens die konkreten Abläufe und Inhalte und drittens geht es um die Subjekte, die Individuen und Gruppen, die wir in und um Schule vorfinden. Dabei stelle ich immer wieder die Frage der Balancen.

Ich bin keine Theoretikerin – meine Herangehensweise an die Frage nach der Ethik in der Bildung ist geprägt durch die Praxis. Ich bin seit mehr als dreißig Jahren im Schuldienst tätig, davon seit zehn Jahren als Schulleiterin. Ich habe dabei zwei Hauptschulen, eine Grund- und Hauptschule, eine Realschule und zwei Gesamtschulen von Innen kennen gelernt. Ich habe es als riesiges Glück empfunden, dass ich im Laufe meines Berufslebens am Aufbau zweier Schulen maßgeblich mitwirken konnte. Es ist eine spannende Sache, ausgehend von den eigenen Erfahrungen und dem theoretischen und praktischen Wissen der Pädagogik Konzepte von Schulen zu entwerfen und sie in die Wirklichkeit umzusetzen. Mit vielen Dingen bin ich zufrieden und manches ist uns nicht gelungen. Meine Gedanken basieren auf meinen Erfahrungen und spitzen auch zu. Sie sollen Anstöße geben nachzudenken, und sind für manche vielleicht auch in einigen Passagen anstößig. Die Frage aber, wie für mich die ideale Schule aussieht, kann ich nicht mit wenigen Sätzen beantworten. Schule muss festhalten können, z.B. auch an traditionellen Werten, aber sie muss sich immer wieder auch verändern wollen. Sätze wie „Das war schon immer so“, „das haben wir auch schon versucht“ oder „dafür bin ich nicht ausgebildet“ haben in der Schule nichts zu suchen. Auch das Wort „Ausbildung“ möchte ich aus meinem Verständnis von Bildung in der Schule zurückweisen. Aus bedeutet Ende – Ausbildung als Ende des Bildungsprozesses?

Die Bewertung von Schule als System muss unter zwei Gesichtspunkten erfolgen: nach messbaren Ergebnissen, nach der Bewährung in der Praxis und gleichzeitig, wie es meine Aufgabe ist, nach ethischen Gesichtspunkten. Eine isolierte Fragestellung nach lediglich einem der beiden Gesichtspunkte kann die Gesellschaft sich weder aus ökonomischen noch aus moralischen Gründen leisten.

Ethische Kriterien, an denen ich Schule messe, leiten sich zum einen aus den oben zitierten Anforderungen an Bildung her: Förderung der Lust auf die Begegnung mit der Welt, ihren kognitiven und ästhetisch-sinnlichen Aspekten. So ermöglicht und fördert Schule die Entfaltung des Individuums. Der zweite gleichrangige Aspekt leitet sich her aus der Forderung der Aufklärung nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - also kollektiven Normen. Jeder Schüler, jede Schülerin ist wichtig und wertvoll. Förderung der Individualität und Zusammenführen, nicht Isolieren ist die Aufgabe. Fördern, fordern und integrieren, nicht beschämen, darauf kommt es an. Im Programm zu dieser Woche der Ethik ist von Balancen die Rede – hier sehe ich eine zu fordernde Balance: zwischen dem Aspekt der Nützlichkeit und der Ethik.

PISA hat uns Mut gemacht und gezeigt, dass die Aspekte: soziale Integration, individuelle Förderung und der statistisch messbare Schulerfolg, der sog. Output, sich nicht nur nicht widersprechen, sondern sich im Gegenteil gegenseitig befördern. Integrative Schulsysteme aber sind nicht per se erfolgreich, sondern sie sind dort, wo sie erfolgreich sind, verbunden mit individueller Diagnose und Förderung der Starken wie der Schwachen (wie zum Beispiel in Schweden und Finnland).

Wie dramatisch sich die Frage nach der Beachtung des Individuums stellt, zeigt die wachsende Zahl der Kinder und Jugendlichen, die zu Patienten und Objekten der Medizin erklärt werden; in der Schweiz sind das bis zu 50%; nicht die Lebenswelt der Kinder wird hinterfragt, sondern sie werden zu Kranken erklärt, die medikamentös oder psychologisch therapiert und angepasst werden; was im Einzelfall geboten sein kann, ist als Massenphänomen ein Skandal und Indiz für eine kranke Gesellschaft. Ich bin der Überzeugung, dass unsere Kinder nicht Therapien brauchen, sondern praktische Erfahrungen und echte Begegnungen. Das Wesentliche lernen wir nicht aus Büchern, denn Leben zündet sich nur an Leben an.

Ich möchte nun zunächst nach den Strukturen fragen, nach den Institutionen, in denen Bildung stattfindet. Institutionen entwickeln sich dort, wo das Zusammenleben Ordnung und Regelung erfordert und sichern die Herrschaft ab. Institutionen sind für eine bestimmte Zeitspanne geschaffen, besitzen jedoch eine relativ hohe geschichtliche Konstanz. Gewohntes abzuschaffen ist schwer.

Unser drei- bzw. viergeteiltes Schulsystem (wir vergessen gern die Förderschulen) ist in vordemokratischer Zeit entstanden. Die Institution Schule war der sich entwickelnden industriellen Klassengesellschaft angepasst und sollte u.a. die Bedürfnisse des Militärs und der Arbeitswelt des 19. Jahrhunderts befriedigen. Die Legende von den drei Begabungstypen, ist immer noch nicht aus der Welt. Sie hat nie gestimmt, wurde von der pädagogischen Wissenschaft hinlänglich widerlegt und findet sich schon gar nicht in den heutigen Schulformen wieder. Was nicht heißt, dass alle Menschen gleich begabt sind. Wie wäre das auch langweilig.

Die Weimarer Republik, die erste Demokratie auf deutschem Boden, erkämpfte gegen erbitterte Widerstände die gemeinsame Grundschule für alle Kinder. Weitergehende gemeinsame Beschulung, die in Lübeck unter dem Stadtschulrat Sebald Schwarz bereits weit fortgeschritten und seit 1929 als elastische Einheitsschule flächendeckend realisiert war, wurde von den Nationalsozialisten schon 1933/34 aufgelöst. So wichtig war ihnen eine getrennte, eine separierende Schulausbildung.

Ich behaupte: eine Schulstruktur, die ihre Schülerinnen und Schüler im Alter von zehn Jahren auf vier verschiedene Schultypen sortiert, ja aussortiert, ist nicht nur undemokratisch, sondern nach Kriterien der Ethik nicht zu verantworten aber auch ineffektiv! In der Hauptschule sammeln sich Schüler und Schülerinnen mit Lern- und Verhaltenauffälligkeiten, Schüler aus sozial benachteiligten Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund. Schon die Zuweisung zu dieser Schulform wird als Misserfolg erlebt. Nicht selten entwickelt sich ein negativer Corpsgeist mit deprimierenden Ergebnissen. Es ist eine zusätzliche Verhöhnung, diese Schule weiterhin Hauptschule zu nennen. Dass die frühe Selektion auch pädagogisch unsinnig und unproduktiv ist, ist hinlänglich durch die pädagogische Wissenschaft erwiesen und erst jüngst durch groß angelegte Studien bestätigt. Schulstudien bestätigten, dass etwa die Hälfte aller Empfehlungen zum Ende des vierten Schuljahres nicht zutreffend sind. Nach den Begabungs- und Lerntheorien sind sie im Alter von zehn Jahren auch noch nicht möglich.

Wir kennen in unserem auslesenden Schulsystem bis auf Ausnahmen nur den Wechsel in die nächstniedrige Schulform. Man demonstriert den Kindern damit: du gehörst hier nicht her / du bist auf der falschen Schule / du bist nicht gut genug. Oder sie müssen, im besseren Fall, ein Jahr wiederholen. Dazu schrieb die Süddeutsche Zeitung am 30. Juli dieses Jahres: „Mit dem Sitzen bleiben ist es wie mit dem dreigliedrigen Schulsystem. Es handelt sich um eine gute alte deutsche Tradition, entstanden im 19. Jahrhundert. Reformen an diesem Prinzip galten bislang als unerwünscht.“ Und weiter: „Was die Erziehungswissenschaftler seit 30 Jahren als pädagogisch und zudem ökonomisch unsinnig kritisieren, greifen nun auch Politiker als Anregung auf.“ Auch schleswig-holsteinische Politiker, denn wir nehmen in unserem Bundesland einen traurigen Rekord ein: 35% aller 15-Jährigen haben mindestens eine Klasse wiederholt.

Es ist deprimierend, dass in der Bundesrepublik Deutschland die Frage, ob sitzen bleiben getrennt oder zusammengeschrieben werden sollte heftiger diskutiert wird als dessen Sinn. Als Leiterin einer integrierten Schule, die alle Abschlüsse vergibt, habe ich hundertfache Erfahrung mit Eltern und Kindern, die einen Schulplatz suchen, an dem sie nicht vom Abschulen bedroht sind. Viele kleine Dramen haben sich in meinem Büro bereits abgespielt und ich musste viele Kinder kennen lernen, die unter der Schule sehr gelitten haben, die die Erfahrung machen mussten, dass sie nicht gut genug sind, dass sie am falschen Ort sind, dass man sie nicht mehr haben wollte.

Schule hat hingegen in einer Zeit der Individualisierung und der Auflösung wertevermittelnder Gemeinschaften einen Beitrag dazu zu leisten, die Gesellschaft zusammenzuführen.

PISA hat den größten Skandal unseres Bildungswesens offen gelegt: 25% aller 15-Jährigen gelten als Risikogruppe, d.h. ihre Bildung reicht nicht aus, damit sie sich in der Gesellschaft und der Berufswelt zurechtfinden, ihre Bildung ist nicht anschlussfähig, schon im Alter von 15 Jahren ist die Erreichbarkeit einer zukünftigen Erwerbsarbeit nachhaltig infrage gestellt. PISA deckte einen weiteren Skandal auf: Schule in Deutschland nimmt eine soziale Auslese vor und zementiert die soziale Schichtung der Gesellschaft, sozialisationsbedingte Defizite auszugleichen ist sie kaum in der Lage. Dies ist unter Gesichtspunkten der Ethik nicht zu verantworten, zeugt aber auch von der fehlenden Effizienz des Schulwesens. Unsere Industriegesellschaft und unsere Demokratie können sich diese Tatsache nicht leisten, ohne ihre Zukunft zu gefährden. Begabungspotentiale liegen brach und woher soll jemand, der keine oder nur sehr geringe Aussichten auf einen Beruf hat, eigentlich so etwas wie Lebenszuversicht hernehmen? Wie sollen solche Jugendlichen zu verantwortungsvollen Bürgern und Bürgerinnen heranwachsen, sich solidarisch und vernünftig verhalten, die demokratische Staatsform als schützenswert betrachten, wenn sie wahrnehmen, dass ihre Gesellschaft sie nicht braucht?

Als Folge der PISA Untersuchungen haben sich überraschende und völlig neue Koalitionen gebildet. So fordern neben ethisch geleiteten Pädagogen, neben Bildungswissenschaftlern, jetzt auch Handwerks- und Industrieverbände und Vertreter der OECD eine längere gemeinsame Beschulung aller Kinder. Eliteförderung und Breitenförderung sind kein Widerspruch. Die skandinavischen Länder haben gezeigt, dass Breitenförderung auch zu einer größeren Elite als bei uns führt. Und das ist genau das, was unser Land braucht: mehr höhere Abschlüsse, mehr besser ausgebildete junge Menschen, mehr Ermutigung. Aber auch die Erkenntnis, dass jeder Abschluss zu würdigen ist. Die LN veröffentlichte vor einigen Wochen wie in jedem Jahr Fotos und Namen aller Abiturienten und Abiturientinnen ihres Verbreitungsgebietes. Einen Hauptschulabschluss oder einen Realschulabschluss zu erwerben hat nicht so viel Wert, dass es in einer Tageszeitung erwähnt würde. Dabei hat sich manch einer viel mehr Mühe gegeben, diesen Abschluss zu erreichen als mancher Abiturient. Ist es provokativ zu fragen, ob der Schein mehr zählt als der Mensch?

Wie oben ausgeführt frage ich in meinem Vortrag nach den Strukturen, den Inhalten und den Individuen. Das Bildungswesen lässt sich nicht allein durch seine äußere Struktur angemessen charakterisieren, es kommt darauf, was in den Schulen geschieht. Ich komme also jetzt zu den Inhalten.

Die Schleswig-Holsteinischen Lehrpläne gehen, den modernen Forschungen der pädagogischen Wissenschaft angemessen, davon aus, dass es in der Schule nicht nur darauf ankommt, abfragbares Wissen zu vermitteln, sondern Schlüsselqualifikationen und Kompetenzen.

Es kommt folgerichtig darauf an, in der Schule vielfältige Begegnungen zu organisieren, Auseinandersetzungen zu ermöglichen und nicht nur Informationen zu speichern. In der Vielfalt liegt die einmalige nicht wiederkehrende Chance, die Schule jungen Menschen bieten kann, wenn diese Stoffe nicht als Paukstoffe missbraucht werden, sondern als Angebote zur Auseinandersetzung, zur Interessens- und somit Persönlichkeitsbildung genutzt werden.

Nicht nur eine Vielfalt der Inhalte ist erstrebenswert, sondern auch eine Vielfalt der Lernmethoden. Offene, schülerzentrierte Lernformen sind noch immer nicht die Regel. „Wenn Manfred Spitzer, Professor für Psychiatrie an der Universität Ulm ... bei seinen Vorträgen auf Schulen zu sprechen kommt, zitiert er oft eine Studie der Freiburger Universitätsklinik, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Geistesaktivität von Kindern und Jugendlichen nie so schwach ist wie vormittags in der Schule. Spitzer selbst hat durch eine experimentelle Studie erneut bestätigen können, dass Erfahrungen und Informationen, die unter Angst, Misstrauen und Stress aufgenommen werden, negative Vorzeichen eingebrannt würden. Damit es Kindern und Jugendlichen erleichtert würde, Probleme eigenständig und kreativ zu lösen fordert er nachdrücklich eine positive Lernumgebung in den Schulen“ (Riegel, S. 25) Die Diskussion um eine positive Lernumgebung darf nicht in Zusammenhang mit dem Begriff der „Kuschelpädagogik“ gebracht werden. Ein unsägliches Wort, finde ich und eine pauschalisierende Diskriminierung pädagogischer Bemühungen.

Zurück zum Wissenserwerb und zur Informationsspeicherung, die meiner Meinung nach nur Mittel zum Zweck ist. Es wird viel von einer „Wissensgesellschaft“ geredet. Wir können online gehen und uns vorgaukeln, alles Wissen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Doch so ist es nicht. Informationen, die nicht hinterfragt und reflektiert werden, bedeuten keinen Wissenserwerb, im Gegenteil, wir stehen einer Flut von Informationen gegenüber, die einen Wissenserwerb geradezu blockieren können und den Menschen so manipulierbar machen.. Der Weg von der Information über den Erwerb von Kenntnissen zum Wissen und damit zu verantwortlichem Handeln erfordert Hinterfragen, Verarbeiten und Werten, geistige Arbeit, also Lernen. Je mehr Informationen den Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen, desto wichtiger wird die Aufgabe der Schule. Informationen werden von Kindern und Jugendlichen in der Schule oft völlig unkritisch und auch unhinterfragbar genutzt und ersetzen nicht selten die geistige Auseinandersetzung mit einem Thema. Zu verantwortlichem Handeln ist aber die Auseinandersetzung, auch um Werte und Normen, Voraussetzung.

Einen durchgängig gültigen Wertekanon gibt es nicht mehr. Traditionelle Werte verlieren an Gewicht. In regelmäßigen Abständen wird von der Politik oder anderen gesellschaftlichen Gruppen ein Werteverfall bedauert und die Schule aufgefordert, zu heilen. Gutes Benehmen als Unterrichtsfach war eine solche Forderung. Suchtprävention, Anti-Raucher-Kampagnen, Gewaltprävention, Aids-Aufklärung, Ernährungsberatung, Familienerziehung, Gedenktage sind weitere Beispiele. Die Schule soll immer mehr Aufgaben übernehmen, die traditionell in die Familie und andere gesellschaftliche Institutionen gehören, also im „Alltag“, in anderen Lebenswelten erfahren werden müssten. Hier fehlt die Balance zwischen den Institutionen. Die Schule hat zwar die Aufgabe, ist aber überfordert mit dem Anspruch zu retten, was andere Institutionen der Gesellschaft nicht mehr leisten können oder wollen, oder konterkarieren. Sie ist überfordert gegenzusteuern gegen die Werte und Normen, wie sie in den Massenmedien verbreitet werden. Wie sieht es dort aus z.B. mit dem Respekt vor dem Leben, vor dem Anderen? Wo sind die Ekelgrenzen, die Grenzen des Anstands? Welches Bild von Sexualität wird gezeichnet? Ist Hedonismus die Basis heutiger Werte? Schön und individuell erfolgreich ist das Motto. Wir alle wissen um die teilweise verheerenden Auswirkungen Wir haben in jeder Schule die Erfahrung mit jungen Menschen, die ihre Gesundheit durch ästhetischer Normen auf Mädchen. Hungern ruinieren. Kürzlich hörte ich, dass Mädchen Schönheitsoperationen bereits als Konfirmationsgeschenk erhalten.
Traditionelle Werte verlieren an Bedeutung.

Ich bin Mitglied in einem Lübecker Gesprächskreis, der sich mit dem Thema Werteverlust auseinander setzt. Werteverlust ist dabei zunächst noch nicht beklagenswert; Wertvorstellungen unterliegen einem ständigem Wandel – das ist etwas Positives. In diesem Kreis haben wir uns auf einen Wert geeinigt, der uns besonders wichtig ist und der nicht verloren gehen sollte und haben ihn „sich kümmern um“ genannt.

Im Sinne dieses Wertes reicht es nicht aus, jungen Menschen traditionelle Werte anklagend entgegenzuhalten. Ich komme auf das Beispiel des Mädchens zurück, das sich einer „Schönheitsoperation“ unterziehen will; für sie ist „Schönheit“, wie es heute in manipulativer Weise propagiert wird, ein wichtiger Wert, dies haben wir ernst zu nehmen; wir müssen uns mit ihr auseinandersetzen über die Manipulationskraft und Menschenverachtung solcher Ideale einerseits und ihre Selbstwahrnehmung andererseits.

Noch einmal: Schule kann nicht alles retten, sie kann nicht als einzige Institution gegensteuern. Gerade die Politik, die immer wieder neue Anforderungen an die Schule stellt, gibt ein schlechtes Beispiel ab. Ein Freund von mir besuchte mit seiner Klasse eine Sitzung des schleswig-holsteinischen Landtags. Die Schüler waren entsetzt: sie hatten etwas ganz anderes gelernt, als sie jetzt zu sehen und zu hören bekamen: die Politiker hörten sich nicht gegenseitig zu, sie gingen nicht aufeinander ein, sie führten nicht wirklich ein offene Diskussion, sondern die Meinung des politischen Gegners war immer per se schon falsch. Wir wissen es alle: in der Politik gilt die offene Diskussion nicht als Stärke, sondern wird als Führungsschwäche gebrandmarkt.

Schule wehrt sich zu Recht gegen immer neue Unterrichtsfächer, neue Gedenktage, neue Aufgaben. Das heißt nicht, dass die Schule ihren Erziehungsauftrag nicht ernst nehmen muss. Schule muss mehr sein als ein Ort der Wissensvermittlung. Wir müssen Kinder und Jugendliche befähigen, Fragen zu stellen, habe ich anfangs gesagt, und wir müssen ihre Persönlichkeit bilden, wir müssen sie stark machen für eine ungewisse Zukunft. Die deutsche Schulwirklichkeit und die Beurteilungspraxis in den Schulen geht oft davon aus, den Kindern und Jugendlichen vor Augen zu führen, was sie nicht oder noch nicht können, anstatt eine Kultur der Anerkennung zu pflegen. Es gibt ein zunehmendes Bewusstsein dafür, was wir uns antun, wenn wir in den Schulen „Versager“ produzieren, so ist das Schlagwort von der „Schule ohne Beschämung“ entstanden. Tief verwurzelt ist in unserer deutschen Schulkultur der Glaube, dass Schule nur mit Selektion, mit Zensuren- und Leistungsdruck erfolgreich sein kann. Leistungsdruck darf allerdings nicht mit hohem Anspruch, harter Arbeit und zu fordernder Anstrengungsbereitschaft verwechselt werden.

Die Schule, die ich leite, hat seit Jahren eine Partnerschule in Schweden. Nach der intensiven Diskussion um die Ergebnisse der PISA Studie habe ich diese Schule vor einem Jahr besucht und zwei Tage lang Unterricht hospitiert, um herauszufinden, was an schwedischen Schulen anders ist und zu diesen hohen Erfolgen führt. Ich will nicht alles erzählen, was ich sah. Das Wichtigste schien mir das Klima: Zwischen den Schülerinnen und Schülern und zwischen Lehrkräften und Schülern. Achtung, Akzeptanz, Ernsthaftigkeit und Leistungswille waren deutlich spürbar. Im Mittelpunkt steht das Bemühen der Erwachsenen, alle Schülerinnen und Schülern erfolgreich durch die Abschlussprüfung am Ende der Klasse 9 zu bringen. Alle, das bedeutet viel individuelle Zuwendung und Förderung. In Schweden bedeutet es auch den Verzicht auf Leistungdifferenzierung und Zensuren in der bei uns üblichen Art. Nach diesen Anmerkungen zu den Inhalten und Strukturen von Bildung komme ich jetzt zu den Lehrkräften.

Immer wieder hört man von Lehrkräften, dass sie doch nicht die Erzieher ihrer Schülerinnen und Schüler seien. Diese Aussage geht an der Wirklichkeit vorbei. Lehrer und Lehrerinnen sind nicht nur Wissensvermittler, sondern auch Erzieher, ob sie es wollen oder nicht. Sie müssen diese Doppelrolle annehmen, denn sie unterrichten nicht Fächer, sondern Kinder. Diese Balance ist täglich neu herzustellen und eine schwierige Sache in unserem Beruf. Um eine gelungene Balance geht es auch in der Frage nach Zuwenden und Grenzensetzen. Hartmut von Hentigs Ausspruch, der schon fast zu einem geflügelten Wort wurde: „die Menschen stärken, die Sachen klären“, spricht dies an. Lehrkräfte müssen Grenzen setzen, auf die Einhaltung von Regeln achten, dem Verhalten ihrer Schülerinnen und Schüler einen Rahmen geben. Dies wird um so wichtiger, je mehr Eltern hier ihren Aufgaben aus verschiedenen Gründen nicht mehr nachkommen. Grenzen zu setzen sind wir, meiner Meinung nach, der jungen Generation schuldig, denn wie sonst sollen sie ihren Handlungsrahmen finden, wie sollen sie wachsen, wenn sie sich nicht reiben können. Wir sind die Erwachsenen, nicht die Kumpel der Kinder, wir dürfen uns nicht anbiedern. Grenzen setzende Lehrkräfte sind nicht zu verwechseln mit herkömmlichen ´nur´ autoritären Lehrern, diese scheitern oft oder werden ihrer Aufgabe nicht gerecht. Autorität haben ist jedoch etwas anderes als autoritär zu sein. Die Zuwendung zu den Kindern und Jugendlichen muss hinzukommen. „Sich kümmern um“ habe ich weiter oben als Wert genannt. Sich kümmern um die Schülerinnen und Schüler, ihre gesamte Persönlichkeit im Blick haben, ihre Stärken und Schwächen. Eine Kultur der Anerkennung pflegen, die dem Einzelnen Zuversicht und Selbstbewusstsein als wichtigstes Startkapital in die Zukunft mitgibt. Hier liegt das Geheimnis unseres Berufes. Denken Sie an ihre eigene Schulzeit zurück: wie war der Lehrer, die Lehrerin, der Sie wirkliche Achtung entgegengebracht haben? Achtung, das ist solch ein Wert, der für alle gelten muss, auch für Kinder.

Studenten der Universität Salzburg haben Lehrerverhalten untersucht und festgestellt, dass fast zwei Drittel der befragten Studenten angab, in der Schule von Lehrkräften gekränkt, beleidigt oder beschimpft worden zu sein. Die Autoren kommen zu dem Schluss, „dass es zu viele Lehrerinnen und Lehrer gibt, die versagen, wenn sie es mit Schülern zu tun haben, die sie als ´schwierig´, ´dumm´, ´gestört´, ´fehl am Platz´, ´verhaltensauffällig´ erleben.“ Nicht selten habe ich im Laufe meiner Berufstätigkeit das, meiner Meinung nach, menschenverachtende Wort „Schülermaterial“ gehört, oft verbunden mit dem Adjektiv schlecht.

Dennoch will ich auf keinen Fall in die sattsam bekannte Lehrerschelte einstimmen, die alle über einen Kamm schert und immer nur die Negativbeispiele herauspickt. Ich weiß, mit wie viel Engagement und Erfolg Schule auch gemacht wird.

Ich will jedoch hinweisen auf die Sorgfalt, mit der Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet werden müssen. Hier haben wir wieder den falschen Begriff der Ausbildung, er sollte generell ersetzt werden durch den Begriff der Lehrerbildung. Kommt es doch gerade darauf an, dass Lehrkräfte nicht zu Ende gebildet sind, dass sie weiterhin offen sind, dazu lernen wollen, kritisch sich selbst gegenüber, bereit, ihr Tun zu reflektieren und zu hinterfragen. In der Lage sind, wie die Schüler auch, eigene Stärken und Schwächen zu sehen und auch Grenzen zu ziehen. Als Lehrende müssen sie sich auch als Lernende begreifen und als Erzieher auch als zu Erziehende. Ich halte sehr viel davon, wenn alle Lehrkräfte alle paar Jahre, sagen wir mal alle acht Jahre, die Schule wechselten. Und ich hielte es auch für erforderlich, dass jede Lehrkraft frühzeitig im Laufe ihres Arbeitslebens mit allen Stufen der Entwicklung von Kindern von der Grundschule bis zum Abitur konfrontiert würde. Lehrersein ist ein schwieriger Beruf, er macht erschreckend viele krank und letztlich arbeitsunfähig. Nicht jede und nicht jeder ist für diesen Beruf geeignet. Neben vielem, was man lernen kann und muss, setzt er eine starke Persönlichkeit voraus. Manchem jungen Menschen wäre gedient, wenn ihm im Studium, das meiner Meinung nach viel stärker mit der Praxis verzahnt werden sollte, schon gesagt würde, dass er für den Lehrerberuf nicht geeignet ist. Das Studium muss auch eine Persönlichkeitsbildung einschließen und im Schulalltag sollte die Verpflichtung zur Supervision zu den Selbstverständlichkeiten gehören.

Lehrkräfte müssen sich ihre Utopie einer guten Schule erhalten können, sie dürfen ihre eigene Resignation nicht in den Beruf tragen. Auch sie haben Anspruch auf Achtung und Respekt; von den Kindern, den Eltern, der Schulleitung und auch der Schulbürokratie und der Politik. Ich möchte an dieser Stelle auf eine Fehlentwicklung unserer Schulstruktur, die ja aus vordemokratischer Zeit stammt, aufmerksam machen. In unserem Staat haben die Lehrkräfte, die die kleinsten Kinder und die schwierigsten Kinder und Jugendlichen in den Grund- und den Hauptschulen unterrichten, die kürzeste Ausbildung, das geringste Ansehen, die größte Stundenverpflichtung und den kleinsten Verdienst. Da wo es darauf ankommt, zu Beginn der Schulzeit, gibt der Staat am wenigsten Geld aus. In Schweden heißt die Devise: Auf den Anfang kommt es an.

Zur ethischen Fragestellung gehört auch die Frage, wohin staatliche Mittel fließen: Betrachten Sie unter diesem Blickwinkel einmal die Diskussion um die Einführung der Studiengebühren: qualifizierte Kinderbetreuung im Vorschulalter kostet die Eltern sehr viel Geld. Das führt nicht selten zu sozialen Benachteiligungen. Wäre hier nicht zukünftig eine andere Priorität zu setzen?

Wo bleibt das Positive, Frau Lüder – mit Kästners Worten gefragt:
Erwarten Sie hier kein Modell einer idealen Schule. Schulgestaltung ist ein Prozess, abhängig in der Realisierung von der Umgebung und den Menschen, die sie gestalten. Allerdings: keine gute Schule ohne eine Vision und ohne Zielvorstellungen.

Wir brauchen eine Schule mit einer pädagogischen Kultur, die Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in den sie bedrängenden Lebensfragen nicht allein lässt und ihnen zugleich tragfähige Lebensperspektiven eröffnet. Jede Schule muss wachsen in und an den Bedingungen, die sie vorfindet. Aber: Kinder und Jugendliche brauchen Schulen, die bereit und in der Lage sind, sich auf diese Vielfalt einzustellen und kreativ, sensibel und phantasievoll mit Angeboten zu reagieren, die auf die einzelnen Personen zugeschnitten sind.

Einige Schlaglichter auf meine Vision:
Schule ist so gestaltet, dass Eltern ihre Kinder gern und früh zur Schule schicken und sagen „mein Kind darf zur Schule“ und nicht „mein Kind muss zur Schule“
Kinder gehen viele Jahre lang gern zur Schule und sehen diese als einen ihrer Lebensmittelpunkte an
Sie verlieren nicht innerhalb der ersten Jahre ihr Neugier, ihren Spaß, ihren Tatendrang, ihre Wissbegierde.
Nein, ihr Stolz, ihre Selbstsicherheit und ihre Zuversicht nehmen zu, so dass sie sich selbst mit ihren Stärken und Schwächen einschätzen und ihre Interessen entdecken können Die Lehrkräfte haben Freude an ihrem Beruf.
Sie genießen ein hohes Ansehen und werden respektiert in ihrem Bemühen Alle Lehrkräfte wissen, dass der Respekt vor den Kindern das Allerwichtigste ist Förderung des Individuums und der Gemeinschaft, der Ich-Stärke und der Solidarität sind gleichwertige Anliegen der Schule.
In Politik und Gesellschaft gibt es einen offenen Diskurs über die Frage, wie Schule zu gestalten ist, der nicht von Parteipolitik überlagert ist In allen gesellschaftlichen Institutionen ist Konsens darüber hergestellt, dass jeder Mensch wichtig ist und auf niemanden verzichtet werden kann.
In der Schule wird der Satz: Du hast mir gerade noch gefehlt anders ausgesprochen: du hast mir gerade noch gefehlt.

Um auf meinen Anfang zurück zu kommen: auch ich habe in meinem Gebiet die Wahrheit nicht gefunden, nur Annäherungen. Ich entlasse Sie also in das Gespräch mit einem anderen Zitat aus dem „Faust“: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“ +++

Quelle:
[URL=http://www.gemeinsamlernen.de/vile-netzwerk/
Regionalgruppen/nord/projekte/werte/gruppe1/
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de/vile-netzwerk/Regionalgruppen/nord/projekte/werte/
gruppe1/bildung/wortlautbildung[/URL]

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52391
10/12/2004 18:25
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Zitat:
Warum nicht? Weil diese person wüsste, wie ausführlich im Islam diskutiert werden kann? (Achtung, Ironie!)
Und weil in den Koranschulen nicht nur auswendig gelernt wird und die Kinder nicht vor- und zurückschaukelnd immer wieder die Sachen auswendig lernen sondern darüber sprechen und sich auseinandersetzen??? (Achtung, nochmal Ironie!)

Leider war deine Ironie nicht sehr angebracht...Sie zeugt nur von zahlreichen Vorurteilen gegen den Islam...
Auf dieser Basis macht es keinen Sinn das Thema überhaupt fortzuführen...
Nochmals zum Mitschreiben...Ich befürworte den Islamunterricht, damit wir solche Koranschulen vermeiden...

@Jens [daumen]

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52392
10/12/2004 18:26
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ich meinte natürlich Katjas Ironie

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52393
13/12/2004 10:44
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wenn Du meinst Sanfour..nur leider bestätigen sich diese Vorurteile immer wieder...

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52394
13/12/2004 21:39
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vielleicht kann ich einen kleinen Beitrag für den Abbau dieser Vorurteile leisten... [Lächeln]
Natürlich nur wenn du mir eine entsprechende Chance gibst..

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52395
13/12/2004 21:44
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vor 2-3 Wochen war mal wieder ein TV-Bericht zu sehen, da ging es um Koranschulen und da sah man leider die Kleinen hin- und herschaukelnd immer wieder die gleichen Phrasen aufsagen.....

War wahrscheinlich mal wieder nur eine Medien-Manipulation, aber ich bin von solchen Bildern immer wieder schockiert und freue mich, daß der christliche Religionsunterricht so frei gestaltet wird (war zumindest bei uns der Fall). Ich habe mich jedesmal auf den Religionsunterricht gefreut, weil wir da immer ein Quiz machen durften (der Gemeindepfarrer war auch der Reli-Lehrer), und diese Fragen hatten mit dem katholischen Glauben rein gar nichts zu tun. Am Schuljahresende hatten wir alle eine "1" im Zeugnis....

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52396
14/12/2004 09:33
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Das sah ich mit eigenen Augen in Tunesien, aber vielleicht war das dann eine Fata Morgana...

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52397
14/12/2004 09:48
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nein, Katja, das war keine Fata Morgana, aber da du Vorurteile hast wertet dein Großhirn das, was du siehst, anders als das Großhirn von denen, die das selbe sehen, aber keine Vorurteile haben.

verstehste????

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52398
14/12/2004 09:53
14/12/2004 09:53

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ach so [Breites Grinsen] , danke Doreen, Mensch, was ich heute schon alles gelernt habe.... [Winken]

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52399
14/12/2004 17:19
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@Katja, Doreen : ich finde persönlich das Thema ziemlich ernst und würde gerne auf respektlose Ironie verzichten...Ich würde es begrüßen, wenn Ihr auch dieser Meinung seid.Laßt uns lieber eine vernünftige Diskussion fortführen.
Die Koranschulen, wo die Kinder hin- und herschaukeln, gehören in vielen Ländern - vielleicht auch irgendwo in Tunesien - zu Realität.
Mein Anliegen ist es solche Schulen in Deutschland zu vermeiden. Dazu könnte ein Islamunterricht in deutscher Sprache mit Lehrern, die in Deutschland ausgebildet sind und vom Oberschulamt kontrolliert werden, einen Beitrag dazu leisten.

Bzgl. der Sache mit den Vorurteilen...Doreen, auch wenn du es ironisch gemeint hast, deine Aussage ist ziemlich interessant...

Zitat:
aber da du Vorurteile hast wertet dein Großhirn das, was du siehst, anders als das Großhirn von denen, die das selbe sehen, aber keine Vorurteile haben.
eine kritische Beurteilung der Medien kann meiner Meinung nach nur im vorurteilefreien Zustand statt finden...

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52400
14/12/2004 19:02
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Sanfour,
es sind aber nicht immer und von jedem Vorurteile, auch wenn sie von anderen so gesehen werden. Meinungen resultieren oft aus Erfahrungen die man gemacht hat. Ich wehre mich dagegen das andere Meinungen und Ansichten als Vorurteil abgetan werden und darauf geschoben wird das man, von wem auch immer, beinflusst wurde. Ich denke man sollte anderen doch zugestehen das sie genug Grips haben sich ihre Meinung selbst zu bilden und denke auch das es Menschen, die sich Gedanken machen, auch gelingt.
Und es ist nun mal so, das, vor allem bei diesem Thema, andere Meinungen als Vorurteile abgetan werden und somit der Vorwurf entsteht keine eigene Meinung zu haben.

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52401
14/12/2004 19:04
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Wie soll der Islam in deutsch gelehrt werden, wenn man den Koran nicht exakt auf deutsch übersetzen kann???? Ich habe einen arabisch-deutschen Koran zuhause und ich muß sagen, daß das ein Kind wahrscheinlich nicht verstehen wird. Und wenn einem der Koran erklärt wird, fließt immer wieder mal eine persönliche Darstellung mit ein. Der Islam wird doch immer wieder gerne anders erklärt.....

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52402
14/12/2004 20:26
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@Doreen, ich kann deine Aussage sehr gut nachvollziehen...In diesem Zusammenhang können die Meinungen als Resultate von Vorurteilen verstanden werden...
Nichts desto trotz bin ich der Meinung, dass wenn man sich unbelastet mit diesem Thema befassen würde, wahrscheinlich eines von zwei Ergebnissen rauskommen würde...entweder auch ein Islamunterricht in deutschen Schulen nach deutschen Maßstäben oder überhaupt kein Religionsunterricht in der Schule, weil Religion prinzipiell nichts mit schulischer Ausbildung zu tun hat....

Zitat:
Wie soll der Islam in deutsch gelehrt werden, wenn man den Koran nicht exakt auf deutsch übersetzen kann????
Der Islam ist an keine Sprache gebunden, auch wenn der Koran nur auf Arabisch seine ursprüngliche Bedeutung erlangt.
In vielen deutschen Moscheen wird es in deutscher Sprache gepredigt...
Ich sehe keinen Grund, warum der Islam nicht auf deutsch gelehrt wird. Wird etwa die Bibel auf hebräisch gelehrt?

Zitat:
Und wenn einem der Koran erklärt wird, fließt immer wieder mal eine persönliche Darstellung mit ein
Genau das ist der Punkt. Die Interpretationsmöglichkeiten im Islam sind ziemlich groß und bedürfen eine Menge an Grips...Diese Interpretationsmöglichkeiten sind auf der einen Seite hervorragend (da der Mensch bzw. die menschliche Intelligenz dadurch in den Mittelpunkt rückt), auf der anderen Seite sind diese Möglichkeiten zum Verhängnis dieser Religion geworden...da leider die angesprochene menschliche Intelligenz nicht bei allen Menschen ausreichend vorhanden ist [nixweiss1]

Re: NICHT NUR DIE BIBEL LEHREN #52403
14/12/2004 20:50
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Zitat:
...entweder auch ein Islamunterricht in deutschen Schulen nach deutschen Maßstäben oder überhaupt kein Religionsunterricht in der Schule, weil Religion prinzipiell nichts mit schulischer Ausbildung zu tun hat....

und ich bin der Meinung das keine Religion gelehrt werden sollte.
Der Lebenskundeunterricht wie ich ihn kenne ist für mich bzw. für meine Kinder die beste Lösung, so erfahren und lernen sie über alles etwas. Dort wird keine Religion gelehrt sondern es wird Wissen vermittelt über das Leben überhaupt. Die Kinder können sich ihre eigene Meinung bilden, so wie es sein sollte, sowohl in der Schule als auch zu Hause. Wenn eines meiner Kinder später meint konvertieren zu wollen oder sich taufen zu lassen, wird es so sein. Da ich versuche meine Kinder zu gerechten und guten Menschen zu erziehen, vertraue ich vollkommen darauf das sie zu den Menschen gehören die sich Gedanken machen. Und nicht zu denen die sich aus allem nur das für sie passende raussuchen, radikal sind, andere Menschen verletzen und das immer hinter dem Schutzschild ihrer Religion.

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