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Feindbild Islam... #46271
13/02/2002 16:40
13/02/2002 16:40
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Monaco
saladin Offline OP
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saladin  Offline OP
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Monaco
Feindbild Islam
"Und seid nicht verzagt und seid nicht traurig ..."
Das Ausmaß der üblen Kampagne, die von den westlichen Medien seit dem 11. September
gegen den Islam und die Muslime geführt wird, ist sicherlich keinem Beobachter entgangen.
Obwohl man bis heute keinen einzigen Beweis für die Täterschaft einer muslimischen
Organisation vorgelegt hat, sind die Muslime medial und mit Unterstützung politischer Stellen
vom ersten Moment an zum Schuldigen abgestempelt worden. Das Ereignis wurde aber in
gemeiner Weise benützt, um den ganzen Islam als Lebensordnung in den Augen der westlichen
Menschen zu verunglimpfen. Aus allen Schubladen zog man plötzlich Dokumentationen über den
Islam, die Taliban und die "Frauensituation" in den islamischen Ländern, die tagaus tagein in
allen Kanälen über den Bildschirm flimmerten. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ist
dem Westen offenbar das Feindbild abhanden gekommen, mit dem man es über drei Jahrzehnte
lang geschafft hat, die eigene Bevölkerung mit der bestehenden Ordnung zu solidarisieren. Klar
nach dem Motto: "Gott sei Dank geht es uns hier besser als denen dort, die werden ja total
unterdrückt." Mit dieser Einstellung identifizierte man sich natürlich mit dem System im eigenen
Land und sah über Verfehlungen - und seien diese noch so krass - großzügig hinweg.

Nun hat man, so scheint es, im Islam ein neues Opfer gefunden, um die Menschen weiterhin "bei
der Stange zu halten". In krampfhafter Weise wird versucht, den Islam als neues Feindbild in den
Köpfen der Menschen aufzubauen - und das mit Erfolg. Ein weiterer Aspekt sei hier erwähnt:
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ist der Islam als einzige umfassende
Lebensordnung übrig geblieben, die den Kapitalismus ernsthaft herausfordern kann. Er verfügt
nicht nur über gesellschaftliche und soziale Normen, sondern auch über ein universelles
Wirtschaftssystem, das für eine gerechte Umverteilung der Reichtümer sorgt. Obwohl
Privatbesitz und Wohlstand erlaubt sind, werden durch ausgeklügelte Wirtschaftsregeln jedem
Einzelnen ein menschenwürdiges Leben garantiert. "Wer Güter hinterlässt, so gehören
diese seinen Erben. Und wer Mittellose hinterlässt, so sind wir dafür verantwortlich."
(Hadith)

Zweifelsohne verfügt der Islam über das gerechtere Wirtschaftssystem und ist als
Lebensordnung - bei vollständiger Implementierung - gewiss in der Lage, den Kapitalismus in
die Knie zu zwingen. Deswegen ist auch der Islam den westlichen Machthabern ein Dorn im
Auge, weil er - sollte er in einem souveränen Staat angewendet werden - ihrer weltweiten
Ausbeutung ein Ende setzen wird.

Niemandem ist auch verborgen geblieben, in welch misslicher Lage sich die Muslime im Westen
angesichts dieses vorsätzlichen "Anti-Islam-Feldzuges" befinden, so dass der Muslim sich
seines Lebens und seines Besitzes nicht mehr sicher sein kann. Die westlichen Behörden
stützen sich in ihrer Kampagne auf bloße Verdächtigungen und Vermutungen und verletzen
hierbei jede von ihnen prahlerisch bejubelte Wahrung der Gesetze und Aufrechterhaltung der
Freiheiten und Menschenrechte.

Für die Menschen in Europa ist das Bild des Muslim nun unmittelbar mit Terrorismus und Mord
verknüpft, so dass die Einführung "muslimfeindlicher" Gesetze mehrheitlich - ohne
erwähnenswerten Widerstand - akzeptiert worden ist. Gesetze, die jeden Muslim unter Verdacht
stellen können. Deutschlands Innenminister Schily hat kürzlich unverhohlen gemeint, "es reiche
ihm nicht, wenn die Muslime die Anschläge verurteilen. Vielmehr erwarte er sich aktive Mithilfe,
um die Mittäter zu fassen". Die Muslime sollen also nach Ansicht des deutschen Innenministers
Polizeiarbeit leisten und als Spitzel gegen die eigenen Glaubensbrüder fungieren. Alles nur um
dem amerikanischen Terrorbetrug, dem die deutschen Behörden aufgesessen sind, Vorschub zu
leisten.

Angesichts dieser Situation stellte sich traurigerweise bei einigen Muslimen eine gewisse
Unterwürfigkeit ein. Ihre Entschlossenheit ließ nach und ihr Mangel an Erkenntnis hielt sie davon
ab, in Würde und Größe die Seite der Wahrheit zu ergreifen. In Anbetracht dieser Situation
erachten wir es als unsere Pflicht, die Muslime auf einige Umstände hinzuweisen:

1. Nicht zum ersten Mal sind der Islam und die Muslime, die inmitten von Nichtmuslimen leben,
Prüfungen und auch Verleumdungen ausgesetzt. So waren der Gesandte Allahs und diejenigen,
die an ihn glaubten, in Mekka Willkür und Folter ausgeliefert. Sie befanden sich in schwerer Not,
den Tyrannen unterlegen. Wie trefflich drückt sich da der Gesandte (s.) in seinem Bittgebet aus,
das er nach seiner Rückkehr aus Ta'if sprach: "O Allah, zu Dir klage ich über die Schwäche
meiner Kraft, über die Geringfügigkeit meiner Möglichkeiten und dass ich von den
Menschen so geringgeschätzt werde. Du Barmherzigster aller Barmherzigen. Du bist
der Herr der Unterdrückten. Du bist mein Herr, wem willst Du mich überlassen? Einem
Fernen, der mich düster anblickt oder einem Feind, dem Du meine Angelegenheit
übertragen hast?" Ähnliches widerfuhr auch den muslimischen Auswanderern nach
Abessinien, als sie einer harten Prüfung ausgesetzt wurden, die sie beinahe ins
Verderben stürzte, nachdem die Quraisch ihre Auslieferung vom Negus forderten. Ihre
missliche Lage beschrieb Um Salama mit den Worten: "Noch nie war uns dergleichen
widerfahren."

2. Immer wenn die Muslime von Prüfungen heimgesucht wurden, sie jedoch an ihrem Glauben
festhielten und sich in Standhaftigkeit übten, ohne die Prinzipien des Islam aufzugeben oder die
Nichtmuslime im Glauben zu kompromittieren, war der Erfolg ihr steter Verbündeter und der
Triumph über den Feind das dauerhafte Resultat. Der Gesandte (s.) machte diese Tatsache in
Mekka, noch bevor ihm der Erfolg mit der Staatsgründung in Medina beschert war, deutlich.
Ahmad, Bukhari, Abu Dawud und an-Nassa'i überliefern von Khabbab ibn al-Aratt, der sagte:
"Wir sprachen: ?O Gesandter Allahs! Willst du für uns nicht um Beistand bitten und
unseretwegen dein Bittgebet an Allah richten?' Er antwortete: ?Diejenigen, die vor euch waren,
wurden vom Scheitel des Kopfes bis zur Sohle zersägt, und sie haben sich (trotzdem) nicht von
ihrem Din abbringen lassen. Und mit einem Kamm aus Eisen wurde ihnen das Fleisch von den
Knochen getrennt, doch dies ließ sie nicht von ihrem Din abkehren.' Er sagte weiter: ?Bei Allah,
diese Angelegenheit (der Islam) wird nicht eher enden, als bis ein Reiter von Sanaa nach
Hadramaut reiten kann und dabei niemand anderen fürchtet, außer Allah und den Wolf auf seine
Schafe. Doch ihr seid zu voreilig.'"

Diese Tatsache änderte sich ebenso wenig in der Haltung der Auswanderer von Abessinien,
eine Haltung, die ihnen ihr Glaube, ihr Iman auferlegte. Dies verdeutlicht Um Salama, als eine
Gesandtschaft (der Quraisch) vor dem Negus erschien, um die Auslieferung der Muslime zu
erbitten. Sie sagte: "Die Leute versammelten sich und fragten einander: "Was antwortet ihr, wenn
er euch über Jesus ausfragen sollte"' "Wir werden sagen, was Allah offenbart und was unser
Prophet gesagt hat, mag kommen was will." Als sie zum Negus kamen, fragte er sie: "Was sagt
ihr über Jesus Christus, dem Sohn Marias"' Da antwortete ihm Ja'far ibn Abi Talib: "Wir sagen
über ihn, was unserem Propheten offenbart wurde, dass er der Diener Allahs, sein Prophet, sein
Geist und sein Wort ist, das Er der unbefleckten Jungfrau Maria eingegeben hat.' Der Negus hob
einen Stock vom Boden auf und sprach: "Wahrlich, Jesus ist nicht um die Länge dieses Stockes
mehr als das, was du sagst.' Ein Raunen ging durch die ihn umgebenden Bischöfe, doch er fuhr
fort: "Wenn ihr auch raunt und raunt', (und an die Muslime gewandt)" geht, ihr seid sicher in
meinem Land. Wer euch beschimpft, wird bestraft; wer euch beschimpft, wird bestraft! Nicht für
einen Berg Gold würde ich einem von euch Leid zufügen. Gebt den beiden ihre Geschenke
zurück. Ich brauche sie nicht. Allah hat kein Bestechungsgeld genommen, als Er mir meine
Herrschaft zurückgegeben hat; wie sollte ich nun für diese Herrschaft Bestechungsgeld
annehmen! Er ist damals den Leuten nicht gegen mich gefolgt, weshalb sollte ich nun ihnen
gegen Ihn folgen.' Da verließen die beiden schmachvoll den Negus, samt dem, was sie
mitgebracht hatten."

3. In der gegenwärtigen Zeit ist es unsere Pflicht als Muslime, solidarisch zusammenzuhalten und
in einer Reihe zusammenzustehen, um der Herausforderung entgegenzutreten. Es ist dem
Muslim nicht gestattet, sich von seinem Bruder loszusprechen und ihn zu verleugnen, nur um
einen Verdacht von sich zu schieben oder die Freundschaft der Nichtmuslime zu gewinnen.
Ebenso ist es den Muslimen nicht erlaubt, als Informanten zu fungieren oder ihre Geschwister -
wegen irgendeinem unbegründeten Verdacht - auszuliefern, selbst wenn sie sich in ihren
Meinungen, Rechtsschulen, in ihren Denkrichtungen oder Bewegungen unterscheiden sollten.
Wir dürfen nicht vergessen, dass kein Muslim und keine Gruppierung vor diesem Angriff, der sich
gegen alle Muslime richtet, gefeit ist.

4. Die Muslime dürfen den Islam nicht anders darstellen als er ist, nur um das Wohlwollen der
Nichtmuslime zu erlangen. Denn der Islam ist ein den Muslimen anvertrautes Vermächtnis, und
sie werden dafür von Allah am Tage der Auferstehung zur Rechenschaft gezogen. Sie sind nicht
dazu berechtigt, auch nur einen Teil des Islam preiszugeben, um dem Druck, dem sie heute
ausgesetzt sind, zu entkommen. Denn der Verzicht auf einen Teil ist ein Verzicht auf die
Gesamtheit. Erst das Festhalten der Muslime an ihrem Glauben garantiert, dass ihr Ansehen
steigt, selbst bei den Nichtmuslimen.

"Gesandter! Richte alles aus, was von deinem Herrn zu dir herabgesandt worden ist!
Wenn du es nicht tust (und einen Teil verschweigst), so hast du seine Botschaft
wahrlich nicht verkündet. Und Allah schützt dich vor den Menschen. Allah leitet das
Volk der Ungläubigen wahrhaft nicht recht." (Sure Al-Maida 5, Aya 67)

5. Die letzten Ereignisse brachten zutage, inwieweit die Muslime in diesen Ländern mit der
restlichen Umma verbunden sind. Für jeden, der klar sehen kann, wurde offenkundig, dass die
Menschen im Westen die unter ihnen lebenden Muslime noch immer als Teil der islamischen
Umma betrachten. Sobald Muslime irgendwo auf der Welt mit einem Ereignis in Zusammenhang
stehen, werden auch hier die Muslime damit konfrontiert. Sehr deutlich sah man das bei der
"islamischen" Revolution im Iran, im ersten und zweiten Golfkrieg, bei den Selbstmordanschlägen
in Palästina und zuletzt bei den Anschlägen in New York. Wegen all dieser Ereignisse wurden
wir von den Menschen angesprochen und man fragte uns, was wir "als Muslime" dazu sagen.
Was denken sich also manche von uns, die eine Abspaltung von der Umma und ihren Problemen
beabsichtigen, einen "Euro-Islam" propagieren und sich ausschließlich den Problemen der
sogenannten Einwanderer zuwenden wollen oder sogar eine Assimilation der Muslime in den
westlichen Gesellschaften anstreben?

Diese Prüfung, die wir heute im Westen durchleben, darf nicht vorübergehen, ohne die Lehren
daraus zu ziehen. Sie darf nicht enden, indem sie uns dahin führt, unsere Pflicht des Tragens
der Botschaft des Islam und der Verkündung der Da'wa für Allah zu vernachlässigen. Denn die
ganze Welt hat das Licht des Islam und seine Gerechtigkeit bitter nötig, der Westen nicht
weniger als der Rest der Welt. Wir sehen mit eigenen Augen, wie widerwärtig die weltweite
Vorherrschaft des Kapitalismus ist und wie verbrecherisch seine Instrumente sind, die uns als
"Terroristen" bezeichnen oder uns mit ähnlichen Attributen titulieren, obwohl wir nichts damit zu
tun haben.

Die Pflicht, die Dawa zu tragen und den Islam zu verkünden, ist heute größer denn je. Unser
Auftrag, die westliche Bevölkerung aufzuklären und ihr die Problematik ihres unbekümmerten
Lebenswandels klarzumachen, ist zweifelsohne von großem Gewicht. Die Gesetze des Islam
verpflichten uns, eine Haltung der Tapferkeit und der Größe einzunehmen und darauf zu
vertrauen, dass Allah, der Erhabene, uns dabei unterstützt und unser Einsatz letztendlich von
Erfolg gekrönt sein wird. Wir müssen wissen, dass der schweren Not die Erleichterung folgt,
dass die Wahrheit die Unwahrheit ablösen und der Durchbruch des Lichts, das die Dunkelheit
vertreiben und die Tyrannei beenden wird, unausweichlich ist, ganz gleich, wie lange die
Ungerechtigkeit, die Verfälschung von Tatsachen und die Lügen über den Din Allahs noch
andauern mögen.

"Alif Lam Ra'. Dies ist ein Buch, das Wir zu dir hinabgesandt haben, auf dass du die
Menschen mit der Erlaubnis ihres Herrn aus den Finsternissen zum Lichte führen
mögest, auf den Weg des Erhabenen, des Preiswürdigen.? (Sure Ibrahim 14, Vers 1)


Re: Feindbild Islam... #46272
13/02/2002 22:28
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nonameb Offline
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Hallo Saladin,

das war endlich mal ein richtiges Bekenntnis zum Islam und ich fand deine Worte sehr interessant.

Ich habe leider einige der von dir benutzten Begriffe nicht verstanden.
Was ist die Dawa? Was ist ein Din? Was ist die Umma?

Ines


Re: Feindbild Islam... #46273
14/02/2002 00:00
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Beatrice591 Offline
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Hallo Nanoussa
Dawa="öffentlichkeitsarbeit",andere leute über den Islam zu informieren,ich glaube,besser gesagt,die wahre Botschaft zu verkünden...?
Din=Glaube
Umma=muslimische Gemeinschaft(d.h.normalerweise aller Muslime!)
Ich hoffe,ich habe alles einigermaßen interpretiert....
Beatrice

Re: Feindbild Islam... #46274
14/02/2002 09:28
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nonameb Offline
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Danke Beatrice,
es ist manchmal gar nicht so einfach den Islam zu verstehen. Besonders wenn man bedenkt, das bewußt viele falsche Interpretationen gestreut werden, um das Feindbild auszubauen und zu festigen.

Wie kommt es, dass du dich damit auskennst? Wo in Berlin lebst du?

Ines


Re: Feindbild Islam... #46275
14/02/2002 15:24
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Beatrice591 Offline
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Hallo.
Ich wohne in Kreuzberg,mein Mann ist Muslim und ich will auch konvertieren,daher informiere ich mich natürlich ausführlich über den Islam.
LG Beatrice

Re: Feindbild Islam... #46276
14/02/2002 19:05
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Hallo Beatrice,
wie und wo informierst du dich?
Machst du das im Selbststudium oder hast du eine Anlaufstelle in Berlin gefunden? Wenn ja, dann wo?
Vielleicht kannst du mir eine private mail schicken mit Tel.Nummer, dann kann ich dich mal anrufen...
Ines

Re: Feindbild Islam... #46277
14/02/2002 20:10
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Darf ich mal verbessern
Din = Religion
Glaube = ^Akida bzw. Imen

Re: Feindbild Islam... #46278
16/02/2002 14:37
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saladin Offline OP
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Salam Leute,
ich bin der Meinung, man sollte bestimmte Begriffe erklären und nicht übersetzen, denn viele Übersetzungen sind oft vage.
Deshalb leite ich die Zusammenstellung , bzw. Erklärungen wichtiger Begriffe weiter.


adl:
im islamischen Sinne rechtschaffen, d.h. nicht sündhaft

Ahkam:
(Plural von Hukm) Gesetze

Ahl-us-Sunna:
eine Gruppe von islamischen Gelehrten, die u.a. eine eigene Meinung hinsichtlich der Eigenschaften Allahs und der Frage von Schicksal und Bestimmung vertrat.

Ahl-ud-Dimma:
Nichtmuslime, die die Oberhoheit der islamischen Herrschaft und seines Rechts anerkennen und Bürger des islamischen Staates sind (Schutzbefohlene).

Akhlaq:
(Plural von Khuluq) Moral, Ethik

Amil:
Vorsteher eines Landkreises bzw. Distrikts (Imala)

Amir ul-Mu'minin
Wörtl.: Befehlshaber der Gläubigen; Bezeichnung für den Kalifen

Aqida
Glaubensgrundlage; Überzeugungsfundament

al-Amru bi-l-Ma'ruf wa-n-Nahyu 'an il-Munkar:
Das Gute befehlen und das Schlechte verbieten

Asabiyya:
Jede Art von Nationalismus, Rassismus, Nepotismus etc.

Azali:
Immerwährend, ohne Anfang und Ende.

Ahl-ul-Fiqh
Fachleute im Bereich des islamischen Rechts.

Bai'a
Eid, der von den Muslimen gegenüber dem Kalifen geleistet wird.

Bai'at-ul-In'iqad
Vollzugs-Bai'a; Eid, durch den die Muslime die von ihnen gewünschte Person als Kalifen einsetzen.

Bai'at-ut-Ta'a
Gehorsamkeits-Baica; Eid, durch den sich die Muslime dem Kalifen gegenüber zu Gehorsam verpflichten.

Bait-ul-Mal
Schatzhaus der Muslime

Dalal
Irreführung, Abgang vom Weg des Islam

Dalil
Beweis

Din
Lebensordnung, der Islam wird als Din bezeichnet

Fatwa
Rechtsgutachten


Fard
Verpflichtung; Kategorie des islamischen Rechts: Das Ausführen einer solchen Handlung wird belohnt, ihre Unterlassung bestraft

Fai'
Beute, die im Gihad gemacht wird

Fitra
natürliche Veranlagung des Menschen

Fikra
Idee, Gedanke

Fiqh
islamische Rechtswissenschaft

Futuhat
(Plural von Fath) Eröffnung eines Gebiets für den Islam durch Gihad

Gabriyya
Bezeichnung einer Denkrichtung, die eine bestimmte Ansicht in der Frage von Qada' und Qadar eingenommen hat

Ginayat
Verstöße gegen die Rechte des Individuums (z.B. Körperverletzung)

Gizya
Abgabe, die erwachsene, männliche, zahlungsfähige, nichtmuslimische Bürger des islamischen Staates zu entrichten haben

Hadara
Kultur; die Gesamtheit von Erkenntnissen (Mafahim) über das Leben


Hakim
der Regierende

Hagg
die Pilgerfahrt

Halal
das von Allah Erlaubte

Haram
das von Allah Verbotene

Khair
das, was Allah als gut definiert hat

Harbiyyun
Bürger einer feindlichen Nation

Khazina/Khizana
Schatzhaus, Staatsschatz

Khilafa rashida
das rechtgeleitete Kalifat

Hukm shar'i
islamischer Rechtsspruch; die Ansprache des Gesetzgebers (Allahs), die Handlungen der Menschen betreffend

Hudud
in Qur'an und Sunna genau festgesetzte Strafen für bestimmte Vergehen

Ibada
die Anbetung Allahs


Ibn-us-sabil
wörtl.: "Sohn des Weges"; derjenige, der sich nicht an seinem Wohnort aufhält und dadurch mittellos geworden ist; gehört zu den im Qur'an genannten acht Kategorien von zakatberechtigten Personen

Igma' / Igma'-us-Sahaba
Einstimmigkeit (Konsensus) in der islamischen Rechtswissenschaft; die Übereinstimmung der Sahaba (Prophetengefährten) in einer Rechtsfrage

Igtihad
wörtl.: Anstrengung; hier: größtmögliche Anstrengung zur Ableitung eines Gesetzes aus den islamischen Rechtsquellen, unter bestimmten Kriterien

Ilm Allahs
das allumfassende Wissen Allahs

Ilm azali
das ewige, immerwährende Wissen Allahs

Imala
ein Distrikt im islamischen Staat, dem ein Amil vorsteht

Ishrak / Shirk
bezeichnet das Vergehen, Allah Götzen bzw. Götter welcher Art auch immer beizugesellen und nicht an Seine Einheit zu glauben

Kafir
Ungläubiger; jeder, der sich nicht zum Islam bekennt

Kasb ikhtiyari
auf freier Wahl beruhender Erwerb (der Handlungen)


Kitab
Buch, Bezeichnung für den Qur'an

Kufr
Unglaube, jede Überzeugung und Glaubensgrundlage außerhalb des Islam

Kuffar
Plural zu Kafir

Al-Lauh-ul-mahfuz
die bewahrte Tafel; bei Allah bewahrte Niederschrift aller Ereignisse, Synonym für das allumfassende Wissen Allahs

Madaniyya
Zivilisation; die materiellen Formen, derer man sich im Leben bedient

Madda
Materie

Madhab
Rechtsschule

Maglis al-Umma
Versammlung von Vertretern der Umma und der Ahl-ud-Dimma


Maslaha
Interesse, Nutzen

Mafhum
Pl. Mafahim:; Verständnis, Konzept, auch Erkenntnis
Das ist jener Gedanke, der sich in der Realität des Menschen wiederfindet


Makruh
unerwünschtes; Kategorie des islamischen Rechts: Das Ausführen einer solchen Handlung wird nicht bestraft, ihre Unterlassung aber belohnt

Malbusat
Kleidungsvorschriften

Mandub
erwünschtes; Kategorie des islamischen Rechts: Das Ausführen einer solchen Handlung wird belohnt, ihre Unterlassung aber nicht bestraft


Mat'umat
Nahrungsvorschriften

Ma'arif
Wissen (allgemein), auch Bezeichnung für Verwaltungsabteilung im Islamischen Staat, welche u.a. Moscheen betreut

Mahkamat-ul-Mazalim
Beschwerdegericht gegen Staatsvergehen oder einer seiner Institutionen

Mashwara
(= Shura) Beratung allgemein, insbesondere das Zurateziehen des Maglis al-Umma durch den Kalifen

Mahzur
(= Haram) verboten; Kategorie des islamischen Rechts. Die Ausführung einer solchen Handlung wird bestraft, ihre Unterlassung belohnt

Mu'ahidun
Pl. v. Mu'ahid, Bürger von Staaten, mit denen das Kalifat bilaterale Verträge abgeschlossen hat

Mugtahid
der Rechtsgelehrte, der die Fähigkeit zum Igtihad besitzt und diese ausübt

Mukallaf
die geschlechtsreife, geistig zurechnungsfähige und somit zum Handeln nach den islamischen Gesetzen verpflichtete Person

Munafiq
Heuchler

Mu'awin
Assistent des Kalifen, Helfer

Muqallid
derjenige, der mangels eigener Fähigkeit zum Igtihad die Igtihadat der Mugtahidun befolgt

Muqallid 'ammi
Muqallid (Nachahmer), der die Beweisführung eines Rechtsspruchs nicht kennt

muqallid muttabi'
Muqallid, der einem Igtihad erst nach Kenntnis dessen Beweislage folgt

Mubah
erlaubt; Kategorie des islamischen Rechts: Ausführen wie Unterlassung einer solchen Handlung sind durch einen Rechtsbeweis von Allah als gleichwertig festgelegt

Muwazzaf
(Staats-)angestelleter,


Mu'min
Gläubiger (Muslim)

Mustahabb
erwünscht; siehe: Mandub

Murtadd
Aposthat, vom Islam Abtrünniger

Mu'giza
Wunder, übermenschliche Handlung, die ein Prophet durch die Kraft Allahs bewirkt, als Beweis der Echtheit seines Prophetentums

Mu'tazila
Denkrichtung innerhalb des Islam, die eine bestimmte Haltung zur Frage von Qada' und Qadar eingenommen hat

Mu'amalat
vertragliche Beziehungen

Musta'minun
Pl. v. Musta'min; staatsfremde Personen, denen das Kalifat Schutz gewährt

mutlaq
ungebunden, uneingeschränkt; ein Mugtahid mutlaq (höchste Stufe des Mugtahid) hat seine eigene Methode in den Usul-ul-Fiqh, der Wissenschaft der islamischen Rechtsgrundlagen, und ist in seinen Ableitungen an keine Rechtsschule gebunden

Muhtasib
Richter, der sämtliche Rechtsfälle untersucht, die das Recht bzw das Interesse der Allgemeinheit betreffen


Maharim
Pl. von Mahram: im islamischen Recht genau bezeichnete engste Familienangehörige einer Frau, die sie nicht ehelichen dürfen, im privaten Leben sich bei ihr aufhalten und im öffentlichen Leben sie begleiten dürfen und vor denen sich die Frau in ihrer Hauskleidung zeigen darf.

Mahram
Siehe: Maharim

Nahiya ruhiyya
geistige, spirituelle Seite; die Tatsache, dass Mensch, Leben und Universum von einem Schöpfer erschaffen wurden

Nafila
freiwillige, erwünschte, über den Fard hinausgehende Handlungen im Bereich der Ibadat (Gottesdienst)

Nahda
geistiger Aufstieg

Nass
Offenbarungstext; im islamischen Recht bezeichnet dieser Begriff Qur'an und Sunna

Nizam
Ordnung

Qadi
Richter

Qanun
Gesetz

Qima
Wert einer Handlung; abhängig von der Absicht, die mit einer Handlung verknüpft ist. Diese kann materieller, spiritueller, moralischer oder humanitärer Natur sein

qat'i
wörtl: schneidend; mit absoluter Sicherheit feststehend; eine eindeutige, absolut gesicherte Aussage, die nicht dem Igtihad unterliegt

qat'iyyu-d-Dalala
Nass (Aya oder Hadit), der in seiner Aussage eindeutig und nicht interpretierbar ist

qt'ciyyu-t-thubut
mit absoluter Sicherheit authentisch feststehend, Qur'an und Ahadit mutawatira sind qat'iyyu-t-tubut

Quwwatu-d-Dalil
Stärke des Beweises, Beweiskraft

Qiyas
Analogieschluss; vierte Rechtsquelle des Islam


Qa'id
Heerführer

Qada'
Schicksal; bezeichnet das, was dem Menschen widerfährt und nicht von ihm beeinflusst werden kann

Qadar
Bestimmung; bezeichnet die in den Dingen und im Menschen vorherbestimmten Eigenschaften

Qadi al-Qudat
Oberster Richter

Qudat
Richter, pl. von Qadi

Qawanin
Gesetze, pl. von Qanun

Rizq
bezeichnet das, was Allah den Geschöpfen als Lebensunterhalt bereitstellt

Ridda
Abtrünnigkeit vom Islam; Bezeichnung für eine Bewegung während des Kalifats von Abu Bakr, die die Zahlung der Zakat ablehnte und als Abtrünnige bekämpft wurden (Hurub ar-Ridda)

Ruh
(Spiritualität, Geistlichkeit); bezeichnet das Erfassen der eigenen Verbindung zu Allah

Riba
Zinsen

Ra'y
(rechtliche) Ansicht

Rak'a
im Gebet ausgeführter Bewegungsablauf

Riwaya
nach genauen Regeln verlaufende Überlieferung

Sura
geschlossene Einheit von Ayat (Versen) des Qur'an

Sura
Beratung

Shari'a
das islamische Recht

Sunna
(1) Bezeichnung für die Gesamtheit dessen, was an Berichten über Aussagen, Handlungen und Stillschweigen (Bestätigung) vom Gesandten Allahs (a.s.s.) überliefert wurde; zweite Rechtsquelle des Islam; (2) Bezeichnung für eine Handlung in den cIbadat, die mandub oder nafila - d.h. erwünscht - ist

sharr
das, was Allah als schlecht definiert hat

Sahaba
Gefährten des Propheten Muhammad (a.s.s.)

Shaihu-l-Islam
Institution im Osmanischen Kalifat, Oberster Richter und Mugtahid

ta'ala, (t.)
wörtl.: "Er sei erhaben", wird bei der Nennung Allahs zur Anpreisung angeführt

Tabanni
Adaption einer Rechtsmeinung, die dadurch für die jeweilige Person in ihren Handlungen und Äußerungen verbindlich wird, Tabanni durch den Kalifen: Adaption eines islamischen Gesetzes das dadurch für alle verbindlich wird


Tafsir
Exegese, Erläuterung des Qur'an

Taqlid
Nachahmung; im islamischen Recht die Befolgung von Igtihadat der Mugtahidun

Taqwa
Furcht vor Allah

Tabi'un
auf die Sahaba folgende Generation

Tabi'-ut-Tabi'in
den Tabicun nachfolgende Generation

Tariqu-l-Iman
der durch Denken vollzogene Weg zum festen Glauben an den Islam

Tariqa
Methode; die Methode muss im Islam von derselben Art wie die Fikra sein (s.o.), d.h. dieselbe Quelle haben, also aus Qur'an und Sunna entspringen

Usr
Abgabe eines Zehntels vom Bodenertrag bei natürlicher Bewässerung bzw eines Zwanzigstels bei künstlicher Bewässerung als Zakat


Uqubat
Strafgesetze


Umma
die weltumfassende Gemeinschaft aller Muslime

Uslub
Stil; im Gegensatz zur Tariqa, die durch den islamischen Rechtsspruch Gesetz genau definiert ist, ist Uslub nach der besten Effizienz wählbar

Umara'
Pl. von Amir; Befehlshaber, Herrscher

Wali
Gouverneur; derjenige, der mit einer Wilaya betraut ist

Wagib
Pflicht, s.a. Fard

Wasila
Mittel

Wasiyy
Vormund

Wakil
Bevollmächtigter

Waliyy
Vormund im familieren Bund

Wazir
siehe: Mu'awin

Wilaya
Provinz; Regierungsbereich im islamischen Staat


Yaqin
Gewissheit; sichere Erkenntnis, auch: rationaler (nicht übertragener) Beweis


Zakat
jährlich von Muslimen zu zahlende Abgabe von 2,5% des Vermögens, die an acht im Qur'an genau definierte Kategorien von Personen verteilt wird

Zani
jemand, der das strafbare Vergehen der Unzucht (Zina) begeht

zanni
glaubhaft; nicht qat'i


Re: Feindbild Islam... #46279
16/02/2002 17:29
16/02/2002 17:29
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Gera
Das hast du super gemacht.

Claudia


Re: Feindbild Islam... #46280
05/11/2002 09:34
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Claudia Poser-Ben Kahla Offline
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Islamismus
Wie gefährlich ist der Islamismus?
Antiwestliche Rhetorik - Militanz in den islamischen Staaten
Von Arnold Hottinger*
Der Islamismus, das heisst die ideologisierte und politisierte Version des Islams, die heute in Iran und im Sudan die Herrschaft ausübt und als Oppositionsideologie in Algerien, Tunesien, Ägypten und anderen islamischen Staaten eine Rolle spielt, polemisiert scharf gegen Europa und die Vereinigten Staaten. Seine verbalen Angriffe können von Drohungen und von terroristischen Anschlägen begleitet sein. Es ist aus diesem Grunde verständlich, wenn im Westen der Islamismus, ja jede islamische Wiederbelebung, als eine gefährliche Bedrohung erscheint.

Globaleinschätzungen «des Islams» als fundamentalistischer Bedrohung sind gefährlich, weil sie den Zielen der Islamisten entgegenkommen. Sie akzeptieren nämlich mehr oder weniger stillschweigend die Behauptung der islamistischen Ideologen, nach welcher sie und ihre Anhänger den Islam schlechthin vertreten, und sie nehmen auch insofern die Ideologie der Islamisten an, als sie unterstellen, zwischen diesem «Islam» und «dem Westen» bestünden eine Art Erbfeindschaft und eine Unvereinbarkeit, die sie unvermeidlich zu Todfeinden abstempelten. Solches trifft jedoch nicht zu. Die Islamisten sind nur eine kleine Gruppe innerhalb des Islams. Sie können allerdings unter gewissen Umständen eine grössere Anhängerschaft mobilisieren, wie dies etwa die Revolutionsjahre in Iran oder die Wahlen von 1991 in Algerien gezeigt haben.

Diese Umstände sind durch Unzufriedenheit mit der jeweiligen Regierung und den unter ihr bestehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen gegeben. Die Unzufriedenheit mag mehr oder weniger gerechtfertigt sein, doch praktisch in allen Fällen kann sie auf tatsächliche Missstände hinweisen. Ob ein islamistisches Regime, falls es die Macht ergreifen sollte, dann wirklich besser regiert als das von den Islamisten zu Fall gebrachte, ist eine ganz andere Frage.

Kampf den eigenen Regierungen
Trotz seiner antiwestlichen Rhetorik richtet sich der Islamismus in der politischen Praxis gegen die Regierungen im eigenen Land; sie möchte er umstürzen. Die Argumente, die er dazu verwendet, sind freilich überwiegend antiwestlicher Natur: Das angegriffene Regime wird als «Knecht des Westens» bezeichnet (der Schah als «Knecht der Amerikaner»), als solches wird es von den extremen Islamisten gerne als ein nicht wirklich islamisches, sondern als ein Jahiliya-Regime eingestuft. Als Jahiliya, Zeit der Unwissenheit, wird im Islam die Zeit vor dem Auftreten Mohammeds bezeichnet.

Man begegnet hier der schon erwähnten Tendenz, zentral für ihre Ideologie, nach welcher die Islamisten die einzig wahren Muslime sein wollen und deshalb «den Islam» schlechthin verträten. Natürlich ist es kein Zufall, dass die Islamisten die Agitation gegen den Westen und gegen ihre eigenen, angeblich dem Westen verfallenen Regierungen ins Zentrum ihrer Propaganda rücken. Sie sprechen damit Ressentiments an, die heute in fast allen Gesellschaften der Dritten Welt, besonders aber bei den nächsten islamischen und den arabischen Nachbarn Europas, tief verwurzelt sind. Diese Ressentiments haben mit der Überlagerung durch westliche Macht - militärisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich, kulturell, technologisch, ideologisch - zu tun, welche die nichteuropäischen Völker, die islamischen vielleicht mehr als alle anderen Asiens, seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts erlitten haben und noch heute erleiden.

Ein Jahrhundert der Erfolglosigkeit
Diese Überlagerung, in jeder nahöstlichen Stadt sichtbar in der Trennung zwischen «Medina» und «neuer Stadt», in der traditionellen und der «europäischen» Kleidung ihrer Bewohner, war für viele annehmbar, solange Hoffnung bestand, dass die westlichen Einflüsse ihrem Land schliesslich Ansehen und Wohlstand bringen würden. Doch daran sind immer mehr Zweifel aufgekommen: in der arabischen Welt seit der Niederlage im Sechstagekrieg; in Iran nach einer langen Inkubationszeit recht plötzlich, als der Wirtschaftsboom der vervielfachten Erdöleinnahmen von 1974 im Jahre 1978 zusammenbrach.

Dass der Weg der Verwestlichung, den die Eliten etwa im Osmanischen Reich und in Ägypten schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts angetreten hatten, wirklich die gesamten nahöstlichen Gesellschaften auf eine dem Westen vergleichbare Ebene heben könne, wurde immer unwahrscheinlicher.

Dieses Gleichziehen oder gar Übertreffen ist nicht nur eine politische und wirtschaftliche Forderung, wie sie die Muslime im Interesse der eigenen Freiheit, der kulturellen Eigenständigkeit und des Wohlstandes erheben, sie hatte auch einen religiösen Aspekt. Die Muslime sind es auf Grund ihrer heiligen Schriften und einer inzwischen über 1400 Jahre alten, weitgehend erfolgreichen Geschichte sich selbst schuldig, dem Koranwort nachzuleben, das sie als «die beste Gemeinschaft» bezeichnet (Koran 3/111, europ. Zählung 3/106). Wenn sie das nicht vermögen, weil andere Gemeinschaften sich als offensichtlich stärker und effizienter erweisen, muss etwas an der Ausübung ihrer Religion falsch sein.

Anfechtung des Lebens und des Glaubens
Solange dieser Widerspruch zwischen der tatsächlichen Lage und dem religiös begründeten Anspruch fortbesteht, muss auch ein mehr oder minder diffuses Missbehagen andauern. Dieses verschärft sich dann, wenn die Aussichten auf eine echte Änderung der Verhältnisse gering scheinen, ja unglaubwürdig werden.

Der dringende Wunsch nach Veränderung der bestehenden Verhältnisse wird also nicht nur getragen vom Bedürfnis nach einem besseren Leben in dieser Welt, sondern beruht auch auf dem religiösen Auftrag, die Gemeinschaft der Muslime wieder zur erfolgreichen, sichtbar von Gott gesegneten Gemeinschaft zu machen, welche sie in der muslimischen Selbstsicht sein sollte.

Die islamistische Wende trat ein, als vielen Muslimen immer deutlicher wurde, dass ihrer Gemeinschaft auf dem seit dem 19. Jahrhundert eingeschlagenen Weg nicht der erhoffte und erwartete Erfolg beschieden war, sondern eher dessen Gegenteil. Auf die Enttäuschung über die mangelhaften, ja kontraproduktiven Resultate des Bemühens um Verwestlichung folgte eine Reaktion, die längst von kleineren Gruppen vorbereitet worden war. Die Muslimbrüder predigten eine islamistische Lehre in Ägypten schon seit 1928, seit den dreissiger Jahren im ganzen arabischen Raum; Mawdoodi tat dies in Pakistan seit der Staatsgründung von 1947.

Eine Gefahr für die Muslime
Diese Lehre besagt: Ohne Rückkehr zu einem ernstgenommenen, unter Zurückweisung aller nichtislamischen Entwicklungen und Vorstellungen gelebten Islam wird es kein Heil für die Muslime geben. Oder, positiv ausgedrückt: das Heil ist gewiss, wenn die Muslime nur ganz genau den islamischen Gesetzen und dem islamischen Ethos nachleben, auch im staatlichen Bereich, den der Islam nicht vom geistlichen abtrennen will und kann.

Gefährlich ist eine solche Lehre in erster Linie für die in der Praxis weitgehend «verwestlichten» Regierungen und Oberschichten der Staaten, in denen sie um sich greift. Sie zielt zunächst auf Machtergreifung im eigenen Innenbereich, der als durch westliche Einflüsse korrumpiert angesehen wird.

Als Oppositionsideologie ist der Islamismus in der Tat im eigenen islamischen Bereich mächtig, weil seine Lehren auf seit Generationen immer anwachsende Frustrationen eingehen und deren Ursachen zu beseitigen versprechen. Doch muss auch gesehen werden, dass die islamistische Ideologie in der Opposition Dinge verspricht, die sie, wäre sie an der Macht, schwerlich würde einlösen können. Die Unterlegenheit und damit Ausbeutbarkeit der islamischen Länder ist durch Sachzwänge gegeben, die sich durch die blosse Annahme einer ideologischen Lehre (die sich selbst als «den Islam» ausgeben möchte) kaum verändern werden.

Die Islamisten betonen, dass ihre Lehre die Menschen verändern werde und dass diese veränderten Menschen dann auch ihre Umwelt anders anzupacken vermöchten. Auch dafür gibt es einen Koranvers (13/12): «Gott ändert nicht die Lage eines Volkes, solange sie nicht ändern, was in ihrem Herzen ist; und wenn Gott einem Volk Böses will, gibt es keine Wehr dagegen, und sie haben ausser Ihm keinen Helfer.»

Bisher ist freilich nicht viel von einer solchen inneren Umkehr zu erkennen, weder in Iran noch im Sudan, noch in Pakistan, wo ebenfalls Versuche gemacht werden, einen islamistisch verstandenen islamischen Staat einzuführen.

Der formale Islam der Scharia
Es dürfte in der Tat schwierig sein, eine wirkliche Veränderung in «den Herzen der Menschen» herbeizuführen, solange die Islamisten daran festhalten, dass der Islam gleichzusetzen sei mit dem Gottesgesetz der Scharia, so wie es von den Gottesgelehrten im Frühmittelalter, entsprechend dem damaligen Verständnis der islamischen Texte und Überlieferungen, formuliert worden war. Dieses Gottesgesetz mit all seinen nicht zur heutigen Zeit passenden Einzelheiten (im Prinzip lässt es sogar die Sklaverei gelten, obwohl es die Freilassung von Sklaven als gute Handlung empfiehlt) zwingt zu einem starken Formalismus; das heisst zur formalen Erfüllung von fein ausgearbeiteten Detailvorschriften aus einer längst vergangenen Zeit, die schwerlich die Herzen verändern und das Verhalten der Menschen so beeinflussen wird, dass sie der Aufgabe nachkommen können, die ihnen heute gestellt ist. Diese bestünde darin, in der Gegenwart einen Rang zu erlangen, der sie zu angesehenen, massgeblichen Teilhabern an der heutigen Weltordnung erhebe.

Die Islamisten machen vielmehr den Eindruck von Leuten, die sich auf ein Wunder Gottes verlassen möchten, von dem sie glauben, es müsse sich einstellen, wenn sie nur streng und genau genug die Gesetze der Scharia erfüllten. Solange sie jedoch nicht in der Lage sind, diese Scharia zu hinterfragen und die Grundtexte, aus denen sie zwischen dem 9. und 10. Jahrhundert abgeleitet worden war, mit neuen, heutigen Augen zu lesen, wird sich der erwartete Wandel nicht einstellen. Viel eher wird sich verstärken, was sich heute bereits in den von Islamisten regierten Staaten abzeichnet: Streit darüber, welches nun die wirklich islamischen Lösungen vieler durch die moderne Welt gestellter Probleme seien, vom Aufbau einer «islamischen» Universität zur «islamischen» Aussen- oder Minderheitenpolitik, von den «islamischen» Menschenrechten bis zu den Rechten der «islamischen» Frau, den Fragen einer «islamischen» Wirtschaftsordnung mit vielen Unterkapiteln, wie dem einer «islamischen» Landreform, eines «islamischen» Aussenhandels, «islamischer» Geldgeschäfte und anderem mehr. Wobei der immer wieder versuchte Rückgriff auf die frühmittelalterliche Ordnung der Scharia in vielen Fällen eine zeitgemässe Lösung verbietet.

Schwächung statt Stärkung
Man kann aus der bisher deutlich gewordenen Lage schliessen: Der Islamismus schwächt die Regierungen der Länder, wo er aktiv wird. In der Opposition erweist er sich als eine sehr wirksame Gegenideologie, die den bestehenden Staat erschüttert; an die Macht gelangt, verhindert er, dass für Gegenwartsprobleme die für die Gegenwart geeignete Lösung gefunden werde. Der Islamismus beraubt sich selbst der Möglichkeit, auf die heutigen Fragestellungen heutige Antworten zu finden. Er kann dies nicht, weil er sich an die ehrwürdige, aber zu anderen Zeiten entstandene und an jene Zeiten gebundene Rechtskonstruktion des Gottesgesetzes halten zu müssen glaubt. Die Begriffe «Gottes-» oder «Religionsgesetz», mit denen wir «Scharia» oft übersetzen, sind unangemessen, weil sie den Umstand verschweigen, dessen jeder muslimische Gelehrte sich bewusst sein dürfte, dass dieses Gottesgesetz nämlich von Menschen formuliert wurde, den Gottesgelehrten des frühen Islams, die ihr damaliges Verständnis der heiligen Texte und Überlieferungen einbrachten.

Nimmt man Gleichsetzung von «Islam» mit «Scharia» an, sind alle Handlungen der Menschen in den fünf Kategorien: erlaubt, empfohlen, gleichgültig, abzuraten, verboten, sehr genau klassifiziert. Und diese Regeln geniessen das Prestige einer Abstützung auf die heiligen Schriften und eine lange und grosse Vergangenheit. Aus diesem Grunde fällt es den Islamisten in der Opposition leicht, ihren Gefolgsleuten und sich selbst zu versichern, dass sie genau wüssten, was falsch und was richtig sei.

Bewährungsprobe der Macht
Sobald Islamisten jedoch an die Macht gelangen, wird die unbedingte Hinnahme der Scharia als «Rechtleitung» zur Schwäche. In manchen Fällen sind sie gezwungen, formale Ausflüchte zu finden, um das Religionsgesetz zu umgehen und ihm doch pro forma Folge zu leisten. In anderen bindet das Gottesgesetz das Leben der Familien und der Gesellschaften sowie auch ihren geistigen Horizont in verhärtete Strukturen ein, die es den Islamisten und der von ihnen beherrschten Bevölkerung nicht erlauben, ein modernes Staatswesen aufzubauen.

Wie Iran zeigt, können islamistische Machthaber eine Scheindemokratie zulassen. Sie sehen sich jedoch offenbar nicht in der Lage, die Politik tatsächlich für Oppositionsströmungen zu öffnen, die sie als «unislamisch» ansehen. Sie glauben Opposition gegen «den Islam» (so wie sie ihn verstehen) verbieten zu müssen, oder sie fürchten ganz einfach, andere politische Richtungen könnten ihre Macht, die sie naiv als die Macht «des Islams» auffassen, untergraben und damit «den Islam» zu Fall bringen. Für das Informationswesen, ja für das gesamte Geistesleben, gelten ähnlich enge Grenzen. Solange die Scharia als «der Islam» aufgefasst wird und daher uneingeschränkt und konkurrenzlos herrschen muss, kann es keine Gedankenfreiheit geben. Doch all dies sind, um es zu wiederholen, Gefahren, die der Islamismus für seine eigenen Staaten darstellt, nicht für die Aussenwelt.

Ablenkung frustrierter Energie nach aussen?
Man kann sich allerdings Situationen vorstellen, in denen ein solcher «Scharia-Staat» gerade darum nach aussen hin gefährlich werden könnte, weil er im Inneren keinen Erfolg hat. Iran hat schon einmal einen äusseren Krieg, jenen, den der Irak 1980 begonnen hatte, ausgenützt und dann länger als nötig weitergeführt, weil die Machthaber sich davon eine Einigung des Landes und einen Durchbruch nach aussen erhofften, der dann aber nicht eintrat.

Die Versuchung, durch äussere Abenteuer von innerer Unzufriedenheit über nicht endende Missstände abzulenken, besteht wohl immer. Sie wächst, je deutlicher den Herrschenden wird, dass sie das versprochene Ziel einer mächtigen, wohlhabenden und angesehenen Nation nicht erreichen. Solche Ablenkungsaktivitäten könnten leicht die Form von Terroraktionen annehmen, die sich gegen den westlichen Feind und Rivalen richteten. Beim Anschlag gegen das World Trade Center in New York im Februar 1993 scheint etwas Derartiges versucht worden zu sein.

Wenn die inneren Spannungen wachsen, besteht die Gefahr, dass ähnliche Aktionen staatsterroristischer Art weiter zunehmen oder dass gar irgendwelche kriegerischen Abenteuer gesucht werden. Wahrscheinlich wird dies mehr im lokalen Umfeld der betreffenden Staaten geschehen, für Iran etwa im Raum des Golfes, für den Sudan Richtung Ägypten. Bis heute fehlen die militärischen Mittel, um auf grössere Distanz aktiv zu werden. Das Nichteingreifen der muslimischen und der islamistischen Staaten in Bosnien bestätigt, dass die Führungen sich dieser Beschränkungen bewusst sind.

Die europäischen Muslime als Zielscheibe
Freilich scheint Iran, ein Staat mit einem beachtlichen Erdöleinkommen, gegenwärtig bemüht, auf dem Waffenbasar der ehemaligen Sowjetunion und in Nordkorea einzukaufen. In dieser Hinsicht ist also gewiss Wachsamkeit geboten und eine Kontrolle aller Technologieexporte mit Bewaffnungspotential notwendig.

Der Umstand, dass in Europa und den Vereinigten Staaten gegen 12 Millionen muslimischer Gastarbeiter leben und weiter leben werden, bringt ebenfalls einige Gefahren mit sich. Nur ein geringer Teil dieser Gastarbeiter sind Islamisten. Doch diese Zahlen könnten rasch zunehmen, wenn der europäische Umgang mit den Fremdarbeitern falsche Wege geht. Jede Ungerechtigkeit, der sie sich wehrlos ausgesetzt sehen, wird sie in die Lager der Islamisten treiben. So klein deren gegenwärtige Grüppchen sein mögen, stellen sie doch Auffangpositionen dar, in die die meisten Muslime Europas einlaufen dürften, die sich in der industrialisierten Welt schlecht oder ungerecht behandelt vorkommen. Auch in Europa gilt, was die Stärke der islamistischen Oppositionen im Nahen Osten ausmacht: Je schlechter es der muslimischen Bevölkerung objektiv geht und je aussichtsloser ihnen ihr europäisches Dasein subjektiv erscheint, desto leichter werden sie Beute der islamistischen Verlockungen.

Die meisten Sicherheitsdienste der Industriestaaten dürften noch nicht ausgerüstet sein, um verlässlich zwischen harmlosen Gastarbeitern und Angehörigen aktivistischer Islamistengruppen zu unterscheiden. Auch in dieser Hinsicht sind die Ereignisse von New York instruktiv. Die ägyptischen Dienste hatten die amerikanischen gewarnt, dass der inzwischen berühmte blinde Geistliche Omar Abderrahman ein gefährlicher Aktivist sei. Doch die amerikanischen Dienste konnten ihn auf ihrem Computer nicht finden, bis das World Trade Center in die Luft flog. Weder der Computer noch die ihn bedienenden Beamten wussten, dass man den Namen Umar Abdul-Rahman auf vierzig verschiedene Arten aus der arabischen in die lateinische Schrift umschreiben kann, die alle als «richtig» gelten können. Die ägyptischen Warner hatten eine Umschreibung verwendet; im Computer war eine andere gespeichert.

Ideen durch Ideen bekämpfen
Soweit sich für Europa und für die Vereinigten Staaten Gefahren ergeben, ist ihnen in erster Linie dadurch zu begegnen, dass die intellektuellen und organisatorischen Mechanismen wirklich verstanden werden, welche die Islamisten bewegen. Wirksame Gegenaktionen können nur an diesem Punkt einsetzen, weil Ideen, auch realitätsverzerrende, nur durch Ideen bekämpft werden können.

Soweit der Islamismus eine Bedrohung der bestehenden Regime und Interessen in der islamischen Welt darstellt (und damit indirekt natürlich auch die benachbarte westliche Welt in Mitleidenschaft zieht), kann er nur wirksam bekämpft werden, wenn die bestehenden Unruheherde gelöscht und die vorliegenden Missstände möglichst behoben werden. Dies ist der Preis, der für die Überwindung der islamistischen Ideologie im islamischen Raum zu entrichten wäre.

Neue Zürcher Zeitung vom 24. Juli 1993
* Der Autor ist ehemaliger NZZ-Nahostkorrespondent.
http://www.nzz.ch/dossiers/islamismus/islam_hottinger1.html