...und alle gucken zu..keiner hilft!
Ich hatte vor einiger Zeit ja mal über die Lage in Gafsa berichtet..In dieser Woche wurde der Bruder meines Mannes ohne Grund in Redeyef festgenommen und muss nächste Woche darum bangen, ob er nun für 3Jahre ins Gefängnis muss oder nicht...Der 17jährige Cousin meines Mannes sitzt ebenfalls seit Wochen in Haft...WIE SOLL DAS BLOß NOCH ENDEN???? Mein Mann wird ebenfalls nicht mehr nach Redeyef zurück kehren, da er im Juni ja auch schonmal ZU UNRECHT verhaftet worden ist..zum Glück aber freigelassen wurde, da er Beweise hatte, dass er unschuldig war..Der Typ der ihm allerdings das angehängt hatte läuft weiter frei herum und prahlt öffentlich damit, dass wenn er meinen Mann findet er ihn wieder in den Knast bringt!!! Meine Schwiegermutter kann seit einigen Tage kaum noch was essen, weil sie sich so um ihren Sohn sorgt...Mein Schwiegervater ist ebenfalls sehr abgemagert und leidet außerdem unter Diabetis und einer Herzkrankheit...
Ich habe wirklich sehr große Angst um "meine Familie"...
Ich kann es nicht fassen, dass wirklich keiner etwas von der Situation da unten mitbekommt...
Was hat die Regierung vor??? Soll Gafsa ganz ausgelöscht werden??????????????

Was wird denen denn offiziell vorgeworfen?

Vorwürfe sind z.b. Präsidentenbeleidigung...es wird auch behauptet, dass sie gegen die Polizei vorgegangen sind als dieses ganze da war...Die haben doch demonstriert und sich gewehrt, als die Polizei einmarschiert ist und alles zerstört hat..tja und wenn man halt zur Polizei geht und sagt ja der war dabei..tja so sieht das aus!!!
Außerdem ist es immer noch so, dass die Polizei nachts Personen festnimmt (ohne Grund), die sich gerade auf der Straße befinden..habs ja damals alles mitbekommen

..Soll Gafsa ganz ausgelöscht werden...

Redeyef und die anderen Orte sind nicht Gafsa, bei der großen Stadt wäre es wohl nicht ganz so einfach... :-)

Aber das das ganze immer weiterschwelen wird, ist natürlich klar - das geht ja auch bei anderen Dingen noch so, z.B. bei den kürzlichen (wie jedes Jahr nach dem Sommer) Studentinnenprotesten, der sich dagegen richtete, daß nur die Mädchen sich an einer Universität einschreiben durften, die ihr Kopftuch dabei abgelegt und ein Dokument unterschrieben haben, daß sie das Tuch auf dem Universitsgelände auch zukünftig nicht tragen werden. Ganz zu schweigen von An- und Übergriffen auf Oppositionelle (Ausreiseverweigerung, Passverweigerung, willkürliche Festnahmen und Anschuldigungen, ständige Beschattung, etc.).

http://www.ifex.org/en/content/search?SectionID=4&SearchText=tunisia&x=0&y=0&SubTreeArray=-1 (in englisch)

Die "Region Gafsa" ist allerdings in Tunesien als "Unruheprovinz" bekannt, fast jeder weiß, was da passiert, doch irgendwie will niemand damit zu tun habe und ist womöglich noch zufrieden, daß die Abweichler bestraft und drangsaliert werden - das geht gnaz nach dem St Florian-Prinzip und das ist ja auch in westlichen Ländern nicht gerade unbekannt...

solche Erfahrung hab ich auch en masse gemacht..Wem ich auch erzähle, dass mein Mann aus Gafsa kommt (Redeyef gehört ja nunmal zu Gafsa), der belächelt mich nur...Wahrschienlich gucken die meisten mit Absicht weg....Sehr sehr schlimm!!!!

Soziale Unrast im Reich Ben Alis
Protest gegen die Armut in der tunesischen Phosphat-Region Gafsa


Seit Monaten schon protestieren Einwohner des tunesischen Regierungsbezirks Gafsa gegen Arbeitslosigkeit und Vetternwirtschaft – trotz staatlicher Repression. Präsident Ben Ali versprach einen Investitionsplan für die unterentwickelte Region, die zu den ärmsten des Landes zählt, obwohl sie über reiche Phosphatvorkommen verfügt.

mri. Genf, 20. Oktober
Tahar Ben Hassine, der Betreiber des von Italien aus sendenden tunesischen Piraten-TV-Senders al-Hiwar at-tounisi (Der tunesische Dialog), erklärt, er habe es verkraften können, dass die tunesischen Behörden ihm elf Kameras innerhalb eines Jahres beschlagnahmt hätten. Auch dass die Polizei die ganze Zeit vor seinem Haus stehe und manchmal Gäste daran hindere, ihn zu besuchen, ertrage er. Entschieden zu weit gingen die tunesischen Behörden allerdings, wenn sie seine Mitarbeiter verhafteten. Ben Hassine will, wie er in Genf vor Journalisten ausführt, gar kein oppositionelles Fernsehprogramm machen. Ihm gehe es nur um freie Informationen. Solche sind in Tunesien unwillkommen. Einem Mitarbeiter Ben Hassines, dem Journalisten Fahem Boukaddus, drohen zehn Jahre Gefängnis, weil er Protestkundgebungen von Einwohnern der Region Gafsa gegen die schlechten Lebensbedingungen gefilmt hat.

Arbeitslosigkeit und Vetternwirtschaft
Zu Beginn des Jahres hatte die Compagnie des Phosphates de Gafsa (CPG), der wichtigste Arbeitgeber der Region, die Ergebnisse von Bewerbungen für neu zu besetzende Arbeitsstellen veröffentlicht. Sie bevorzugte dabei die Kinder von leitenden Angestellten des Unternehmens. Neu diplomierte arbeitslose Jugendliche besetzten daraufhin das regionale Büro der Gewerkschaft Union générale des travailleurs de Tunisie in Redeyef, einer Stadt nahe der algerischen Grenze. Die Bewegung breitete sich rasch aus. Die Jugendlichen werden von ihren Familien, von Minenangestellten und Arbeitslosen unterstützt. Sie organisieren Veranstaltungen und Kundgebungen. Sie protestieren vor dem Hintergrund grosser Armut und höherer Lebensmittelpreise gegen die Vetternwirtschaft bei der Vergabe von Posten in der lokalen Industrie. Tunesien ist der weltweit viertgrösste Phosphatexporteur. Die CPG war noch unter französischem Protektorat 1897 gegründet worden. In den letzten 25 Jahren modernisierte die Gesellschaft die Produktion, baute zugleich aber auch zahlreiche Stellen ab. Heute beschäftigt die CPG noch 5000 Personen in einer Region mit einer offiziellen Arbeitslosenrate von 30 Prozent, doppelt so hoch wie im restlichen Land. Trotz der Repression und Abriegelung der Region dauert die Protestbewegung an. Mindestens 190 Personen, Studenten, Schüler und Arbeitslose und Gewerkschafter, sind inhaftiert worden. Es gibt Berichte über Folterungen während der Haft. Die Region ist für ausländische Journalisten gesperrt. Die Behörden wollten verhindern, dass die Unruhen im Ausland bekannt würden, führt Rachid Khéchana aus, der Chefredaktor der Oppositionszeitung «Al-Mawqif».

Scharfe Munition
Im Juni setzte die Polizei scharfe Munition gegen friedliche Demonstranten ein. Ein junger Demonstrant wurde getötet, mindestens 26 Personen erlitten Verletzungen. Der Sender al-Hiwar at-tounisi zeigte unter anderem Polizisten bei der Plünderung von Wohnungen. Viele Einwohner Redeyefs verliessen vorübergehend die Stadt und protestierten damit gegen die Übergriffe der Polizei. Die Einwohner eines Nachbardorfs hatten zuvor Asyl im benachbarten Algerien beantragt. Schliesslich wurde die Armee eingesetzt, um die Region abzuriegeln.
Seit Ben Ali 1987 die Macht in Tunesien ergriff, hat noch nie eine soziale Protestbewegung so lange angedauert. Im März opferte der Präsident, um die Proteste einzudämmen, den Gouverneur von Gafsa, im Juli dann auch den Konzernchef der Phosphatgesellschaft. Am 16. Juli äusserte er sich erstmals öffentlich zu den Unruhen. Er versprach einen Investitionsplan für die unterentwickelte Region. Laut Khéchana begannen daraufhin auch die staatlich kontrollierten tunesischen Medien von der Minenregion zu berichten. Aber es kam zu einer neuen Verhaftungswelle. Zahlreiche Jugendliche wurden zu Gefängnisstrafen zwischen zwei Monaten und drei Jahren verurteilt. Adnan Hajji, dem Sprecher der unzufriedenen Einwohner von Redeyef, drohen wegen «Bildung einer Vereinigung mit der Absicht, Personen und öffentlichen Besitz anzugreifen» 20 Jahre Haft.
Neben ihm warten 37 weitere Personen wegen ihrer Solidarisierung mit den Einwohnern der Region auf ihren Prozess, unter ihnen auch Mouhieddine Cherbib, Präsident der in Frankreich ansässigen Fédération tunisienne des citoyens des deux rives. Die Lehrerin Zakia Dhifaoui wurde bereits vom Appellationsgericht von Gafsa zu mehr als vier Monaten Haft verurteilt; sie verliert damit auch ihren Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst. Sie hatte an einer friedlichen Demonstration von Frauen und Müttern von Verhafteten teilgenommen.

(Source: "Neue Zürcher Zeitung " 21. Oktobre 2008)
Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/international/soziale_unrast_im_reich_ben_alis_1.1143423.html

Endlich schreibt auch mal ein europäische Zeitung über das was da passiert...
Der Bruder von meinem Schatz hat übrigens jetzt 3 Monate bekommen
Ich finde dieser Artikel sollte noch viel mehr verbreitet werden..so so ein wenig habe ich auch das Gefühl dass es trotzdem niemanden auch hier bei uns jucken würde..Die Leute werden trotzden locker und fröhlich weiter nach Tunesien fliegen..Wen interessierts...ist ja sooo weit weg und niemand ist ja betroffen

natürlich ist das alles sehr schlimm was da so passiert,daß deine familie dadurch betroffen ist macht die sache noch schlimmer, doch soll ich jetzt deswegen nicht mehr nach tn gehen?
auch wir haben dort einige verpflichtungen und die familie meines mannes wartet jedes jahr daß wir kommen.

lg
hachi

Mal davon abgesehen. Denkst du du " strafst" die richtigen, indem du nicht mehr nach Tunesien fliegst?

Hallo,

das ist nicht richtig, nicht jeder der nach Tunesien fliegt findet das gut oder interessiert sich nicht für diese Dinge. Aber was soll es bringen, Tunesien den Rücken zu kehren? Es wird doch nur noch schlimmer, Schade das die Politik von außen nichts mitbekommt, viele Konferenzen gerade auch was Menschenrechte angeht fanden in Tunesien statt und da sollte sich etwas ändern, dort sollte man Druck machen.

Es gibt sehr viele Berichte, oft in Französisch über diese Ausschreitungen, gestern bekam ich insgesamt 3 Stück, also berichtet wird in Europa schon, nur die wenigen Interessiert dies.

Claudia

Ich denke nicht das sie meinte es soll keiner mehr hinfliegen, sondern das die die hinfliegen sich keine Gedanken machen.

Wie auch? Die meisten sind Pauschalurlauber und wollen billigen Badeurlaub und sich nicht Gedanken machen was in dem Land passiert. Viele kommen ja nicht mal aus dem Hotel raus.

Und die, die Familie haben reden hinter verschlossenen Türen darüber. Wobei auch nicht mal alle es vielleicht wissen was im eigenen Land vor sich geht. Es wird ja auch nix berichtet.

das ist richtig, daß hinter verschlossenen türen darüber geredet wird, doch glaube mir , die meisten wissen schon was im land so vor sich geht.öffentlich darf man in tn seine meinung nicht sagen, sonnst läuft man gefahr auch hinter gittern zu landen.

lg
hachi

wie fast immer eine Antwort, die manche als provozierend sehen werden.
Aber sie ist einfach nüchtern und ehrlich.
Nicht mehr nach Tunesien reisen???
hast du einmal überlegt wieviel Tunesischen Bürgern du damit schadest.
Denn es sind viel Arbeitsplätze die unmittelbar und mittelbar vom Tourismus leben.
Tourismus in jeder Form.
Internationale Proteste?
Gibt es zuwenig? Ja! Warum weil sich zu wenig engagieren innen wie ausenpolitisch.
Proteste durch Touristen? Dann landen die auch im Knast! Oder erhalten keine Einreise mehr.
Wer hat den Mut dazu???
Deutsche proteste HiHiHi bei der Regierung???
Wo ein Außenminister Steinmeier auf Druck des Kapitals nicht den Dalai Lama empfängt, weil das Kapital in China Geschäfte machen will. Sportler nicht den Mut haben eine Olympiade abzusagen?
Tunesien ist für das internationale Kapital (auch deutsches) hochinteressant, eigentlich sollte 2008 schon der große Ansturm erfolgen aber der präsident zögert noch einige Gesetze dahingehend zu ändern.
Bestimmt wird das kommen nach der Wahl. Nur ob es nach erster verbesserung für das "gemeine" Volk zu Dauernde Besserung für alle kommt, möchte ich stark bezweifeln.
Auch in Tunesien wird dann die Schere zwischen Arm und Reich auseinanderdrifften und der doch noch bescheidene Mittelstand wegbrechen.
Was kann man tun??
Nicht viel solche kleine Schritten wie hier das Forum sind kleine Meilensteine die langsam zum Ziel führen können.
Man sollte sich politisch engagieren und eben in diesen Gremien laut werden.
Ansonsten den Tourismus fördern, die Touristen nicht beschimpfen egal in welcher Form sie kommen (auser natürlich krimminelle meno)sie aber für das Land und seine Besonderheiten sowie für die Menschen die dort leben interessieren und aufklären. dafür sollte man aber nicht engstirnig und kleingeistig sein.

mal ganz am rande - wenn missstände im land "grund" wären, länder als touristische ziele zu boykottieren, würden die kataloge in den reisebüros recht dünn werden...

Dessen bin ich mir durchaus bewusst! Deshalb schrieb ich ja auch hinter verschlossenen Türen Und nein nicht jeder weiß was im Land vor sich geht, das kann ich bestätigen. Unsere Freunde wussten zB davon nix.

LG Susi

Missi....


ich hatte damals die Bilder die Du reingestellt hast meinem Mann gezeigt und er war total entsetzt. Auch die beiden Male als wir jetzt unten waren hat er oft darüber erzählt, mit seinen Freunden (zuhause!!) und keiner konnte das glauben. Was man in den Tnsischen Nachrichten davon hört kommt dem nicht im geringsten gleich was scheinbar wirklich los ist und was viele Videos beweisen.

Offtopic: ist Dein Mann schon in FR?
Wollten uns doch mal treffen?
lg Yvonne

Das kann ich genauso bestätigen. Mein Mann war auch schokiert und entsetzt, als er diese Videos gesehen hat und niemand von seiner Familie oder freunden wussten Bescheid.

Nicht alle wussten dass, aber viele. Meine Freundin hat mir das erzählt, bevor es in den Medien stand. Erst Tage später habe ich den ersten Bericht gefunden.
Sie sagte damals auf meine Frage: "Das einzige, was in Tunesien funktioniert, ist die Buschtrommel".

Grüße, Uwe