African Nations Cup 2006

Löwen, Adler und Pharaonen

Sechs Monaten vor der Weltmeisterschaft treffen sich in Ägypten die besten afrikanischen Mannschaften. Die große Fußballnationen haben Beobachter geschickt, um ihre künftigen Gegner kennen zu lernen

Von Isaac Bah


Was sich zuerst anhört wie eine Abenteuergeschichte von Karl May, ist in Wirklichkeit die Auflistung einiger Spitznamen von Mannschaften, die an der 25. Auflage des „African Cup of Nations“ in Ägypten teilnehmen. Genau genommen gibt es die Adler sogar zweimal, nämlich die von Karthago, das tunesische Nationalteam, und die „Super Eagles“ aus Nigeria. Dasselbe gilt für die „unbezähmbaren“ Löwen aus Kamerun, die auf die marokkanischen Löwen aus dem Atlasgebirge treffen könnten.

Sechzehn Teams werden in den nächsten drei Wochen um den Titel des Afrika Meisters streiten und den gesamten Kontinent in einen kollektiven Ausnahmezustand versetzen. Dieses Jahr steht das Turnier unter besonderen Vorzeichen, weil der „Nations Cup“ lediglich sechs Monate vor der WM stattfindet. Von den etablierten Fußballnationen Afrikas ist allein der amtierende Afrikameister aus Tunesien in Deutschland dabei. Marokko, Nigeria, Kamerun und Senegal, bei der letzten WM noch im Viertelfinale, scheiterten in der Qualifikation; sie werden durch die weitgehend unbekannten Teams aus Togo, Ghana, der Elfenbeinküste und Angola vertreten.

Fast zwei Drittel der 370 Spieler, die dieses Jahr am „African Nations Cup“ teilnehmen verdienen ihr Geld im Ausland, meistens in Europa. In einigen Ligen Europas ist ein Spielbetrieb ohne die Kicker aus Afrika gar nicht mehr vorstellbar, beispielsweise in Frankreich oder Belgien. Im Vorfeld äußerten daher einige Trainer der europäischen Spitzenklubs Kritik am Zeitpunkt des Turniers. Stars wie Samuel Eto’o (FC Barcelona), Didier Drogba (FC Chelsea) oder Obafemi Martins (Inter Mailand) werden allerdings trotzdem ihre Nationen in Ägypten vertreten, allein schon um ihren Fans ein wenig von der Verehrung zurückzahlen zu können, die sie in ihren Heimatländern genießen.

Besonders die Gruppengegner der Afrikaner bei der WM werden das Turnier aufmerksam verfolgen, da über die wahre Leistungsstärke der qualifizierten Teams wenig bekannt ist. Frankreichs Trainer Raymond Domenech hat bereits angekündigt, er wolle sich mit einem Stab von Assistenten am Ort ein Bild von Togo und den anderen afrikanischen Teilnehmern machen. Auch die USA wollen ein „Scouting-Team“ entsenden, ihr Hauptaugenmerk liegt auf den „Black Stars“ aus Ghana.

Pelé hatte vor einigen Jahren angekündigt, dass er erwarte, ein afrikanisches Team würde Ende des 20. Jahrhunderts Weltmeister werden. Dazu ist es leider nicht gekommen. Allerdings lässt sich beobachten, dass die Spielstärke fast aller afrikanischen Teams zugenommen hat. Sprach man früher nur von Kamerun, Nigeria oder dem Senegal, muss man heute auch den Kongo oder Burkina Faso nennen. Dieser Trend wurde durch die Qualifikation der vier WM-Neulinge eindrucksvoll belegt. Man kann davon ausgehen, dass der afrikanische Fußball in Zukunft den Abstand zu Mannschaften aus Amerika und Europa weiter verringern wird. Ein weiterer Grund dafür, die Afrikameisterschaft in diesem Jahr aufmerksam zu verfolgen.

(c) ZEIT online, 20.1.2006
http://www.zeit.de/online/2006/04/African_Nations_Cup