Sonntag 23. Juni 2002, 15:03 Uhr
«Die schönsten Zeit in unsrem Leben»
Kaiserslautern (AP) Es war nicht das Wetter, das Fritz Walter als Spieler liebte. Denn die Sonne schien, als Deutschland am Sonntag
in Kaiserslautern Abschied von dem am vergangenen Montag im Alter von 81 Jahren verstorbenen Ehrenspielführer der
Fussballnationalmannschaft nahm. Der Kapitän der legendären WM-Elf von 1954 liebte Regenwetter, wenn er in seiner aktiven Zeit
die Fussballschuhe schnürte. Auch daran wurde in den zahlreichen Reden
erinnert, die während der einstündigen Feier im Fritz Walter Stadion gehalten
wurden.
Ob DFB-Präsident Gerhard Meyer-Vorfelder, der zusammen mit Walters
Nachfolger Franz Beckenbauer seinen Aufenthalt in Korea beim laufenden
WM-Turnier unterbrochen hatte, Bundesinnenminister Otto Schily oder der
rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck - sie alle priesen mit
glaubwürdigen Worten die unvergleichlichen Qualitäten des Menschen und
Sportlers Fritz Walter.
Zu seinen Ehren hatten sich in den Sitzreihen der Nordtribüne so viel
Fussballprominenz wie wahrscheinlich nie zuvor versammelt: Mit Bruder Ottmar,
Horst Eckel und Hans Schäfer drei der noch lebenden Matadore des «Wunders
von Bern», dazu auch mit Gyula Grosics und Jeno Buzansky zwei aus jener
ungarischen Mannschaft, die 1954 im Finale sensationell den von Kapitän Walter geführten Deutschen unterlegen war. Auch Uwe
Seeler, Ehrenspielführer wie Walter und Beckenbauer, war nach Kaiserslautern geeilt, dazu Günter Netzer, Wolfgang Overath, Otto
Rehagel, Klaus Toppmöller, Andreas Brehme und etliche andere klangvolle Namen der Fussballnation.
Unter den zahlreichen alt und grau gewordenen Spielern des 1. FC Kaiserslautern rollte manche Träne die Wange herab, als während der Trauerfeier die Stimme des
Verstorbenen mit seinem Sprechgesang über «die schönste Zeit in unsrem Leben» ertönte. Und auf der Videowand über der Fankurve waren noch einmal die
unvergesslichen Bilder vom Triumph von 1954 zu sehen. Keiner der Redner vergass, auf die grosse Wirkkraft dieses so unerwarteten sportlichen Sieges zu verweisen,
der ungeheueren Jubel in der noch vom Krieg traumatisierten Nation hervorgerufen hatte.
Als kurz vor 12.00 Uhr das Polizei-Orchester Rheinland-Pfalz die Nationalhymne zu Ehren des verstorbenen Fritz Walter intonierte, erhoben sich die etwa 8.000
Besucher und Gäste im Stadion auf dem Betzenberg und sangen bewegt mit. Den «Alten Fritz», das wissen jene, die ihn kannten und liebten, hätte das alles sehr
verlegen gemacht. Aber gefreut hätte er sich natürlich auch. Deutschland hat einen seiner populärsten Sportler aller Zeiten verloren. Die Erinnerung an den Mythos
Fritz Walter und das «Wunder von Bern» wird bleiben und wachsen.
Sonntag 23. Juni 2002, 16:42 Uhr
Rührender Abschied vom "Alten Fritz"
Servus, Fritz Walter: In dem Stadion, das seinen Namen trägt, hat ganz Deutschland am
Sonntag von seiner Fußball-Legende Abschied genommen. 8000 Menschen, darunter
2000 geladenen Prominente aus Sport und Politik, versammelten sich am Mittag auf dem
berühmten Betzenberg in Kaiserslautern, um dem Weltmeister von 1954 und erstem
Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft bei der offiziellen Trauerfeier die
letzte Ehre zu erweisen. Der "Held von Bern" war am vergangenen Montag im Alter von
81 Jahren in seinem Haus in Enkenbach-Alsenborn "friedlich eingeschlafen."
Die Ehrengäste um DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, Ehrenspielführer Franz Beckenbauer und
Bundes-Innenminister Otto Schily lauschten andächtig den Worten des Vorstandsvorsitzenden des 1. FC
Kaiserslautern, Jürgen Friedrich: "Fritz Walter war und ist für die Jugend ein großes Vorbild, weil er sich auch
nach Abschluss seiner Karriere immer tadellos verhalten hat. Sein großer Traum, gemeinsam mit seinem Bruder
Ottmar und Horst Eckel 2006 die WM-Spiele im Fritz-Walter-Stadion zu verfolgen, wird leider nicht mehr in
Erfüllung gehen. Sein Engagement im Zuge der Kaiserslauterer WM-Bewerbung war großartig,"
.Im Anschluss an Friedrich ergriff DFB-Boss Mayer-Vorfelder, der extra vom WM-Turnier in Südkorea und
Japan in die Pfalz gereist war und noch am gleichen Abend wieder zurück zur deutschen Nationalelf flog, das
Wort und würdigte den "Mythos" Fritz Walter. "Wir verabschieden uns heute von einer der größten
Persönlichkeiten des deutschen Sports. Fritz Walter wird für immer unvergessen bleiben", sagte
Mayer-Vorfelder.