Mein erster Tunesienurlaub kam 2001 eigentlich sehr überraschend. Ich
wollte unbedingt noch irgendwohin in die Sonne fliegen, deshalb ging ich
mit meiner Mutter an den Flughafen und wir fragten nach, was für Flüge es
überhaupt noch gibt. Tja, von Friedrichshafen war gar nichts mehr möglich,
aber von Stuttgart aus gab es dann noch vereinzelt Flüge in die Türkei,
nach Griechenland und Tunesien. Irgendwie sagte mir damals gar nichts
wirklich zu - ich war bisher nur Mallorca (allerdings den Nordosten, nicht
El Arenal oder so *g*) gewohnt. Da meine Mutter aber in dem Jahr schon im
Mai in Hammamet war, meinte sie, dass es mir dort sicher auch gefallen
würde. Somit hab ich mich dann doch "überreden" lassen und wir buchten
einen Flug nach Monastir mit einem Hotel (Tej Marhaba) in Sousse.
In den ersten paar Tagen nach der Buchung war ich erstmal froh, dass ich
doch noch in den Süden komme, doch dann setzten irgendwann Zweifel bei mir
ein "ein total fremdes Land, ein anderer Kontinent, ...". Ich muss sagen,
ich war durch diese Grübelei richtig schlecht gelaunt und wollte eigentlich
gar nicht mehr fliegen. Geflogen bin ich dann aber trotzdem - zum Glück!!
Wie es natürlich kommen musste, fing der Urlaub schon im Flugzeug negativ
an. Ich bekam beim Landeanflug auf Monastir fürchterliche Ohrenschmerzen -
weshalb hab ich keine Ahnung, weil ich sowas sonst noch nie hatte. Das
Ganze ging dann weiter bei der Zollkontrolle. Da ich nur einen Ausweis
hatte und uns im Flugzeug falsche Einreise-Kärtchen gegeben wurden, mussten
alle mit einem Ausweis nochmal zurück und ein richtiges Kärtchen ausfüllen.
Nachdem der Stress dann bewältigt war und wir im Bus zu unserem Hotel
gefahren wurden, bin ich gleich nochmal erschrocken. Der Busfahrer hatte
einen Fahrstil, bei dem es mir echt mulmig wurde. Wir rauschten an kleinen
Autos vorbei und als ich die Landschaft im Dunkeln so an mir vorbeiziehen
sah, fühlte ich mich total fremd und meine Bedenken schienen sich zu
bestätigen. Im Hotel angekommen, wurde mir dann doch tatsächlich mein
Koffer "geklaut" und später auf's Zimmer gebracht. Als dann der
Kofferträger unsere Koffer brachte und wir ihm Trinkgeld gaben, blieb er
stehen und zählte vor uns das Geld. Ich stand damals dann da und dachte nur
"ogott, wo bin ich hier nur gelandet!". Der nächste Tag war dann ok. Wir
lagen gemütlich am Strand und genossen die Sonne. Da wurde ich dann für den
Stress am Anreisetag so richtig entschädigt und ich dachte mir "hey, so
schlecht ist es hier glaub doch nicht". Aber der nächste Tag sollte dann
wieder eine Ernüchterung bringen. Als ich die Vorhänge zur Seite zog, sah
ich nichts als Wolken. Supi, da flieht man vor den Wolken in Deutschland
und schon hat man sie wieder! Wir entschieden uns dann zu einer kleinen
Tour durch Sousse. Natürlich hab ich gleich mal gegen die Kleiderordnung
verstoßen - Top plus 7/8-Jeans. Kein Wunder also, dass ich auf dem Weg zur
Medina andauernd angegafft und angesprochen wurde. Schon alleine das nervte
mich hoch zehn. Aber ich war ja selbst schuld! An der Stadtmauer
angekommen, wurden wir auch gleich von einem "Kellner" unseres Hotels
angesprochen, der uns auf seinem Weg noch ein paar Kleinigkeiten zu
Tunesien erzählen wollte. Letztendlich sind wir dann aber in einem
Schmuckgeschäft abgestellt worden, wo wir natürlich alles Mögliche kaufen
sollten. Ich blieb aber hartnäckig und verließ mit meiner Mutter den Laden
ohne ein einziges Teil. Tja, nur lief uns der Verkäufer dann schreiend
hinterher und beleidigte uns als typische deutsche Touristen auf's Ãœbelste.
Das war mitunter der größte Schock für mich und wir tappten etwas verwirrt
weiter durch die engen Gassen. Irgendwann erreichten wir dann die Souks -
für mich damals der totale Horror! Überall wurde man gefragt wo man
herkommt, man sollte dies oder jenes kaufen, ... Ich hoffte nur noch auf
das Ende der Souks und Platz um mich herum. Wir erreichten dann auch einen
kleineren Platz, der an die Mauer des Ribat grenzte. Man kann sagen, ich
hing erschöpft auf der Mauer und schaute mir die Touristenmengen im Hof des
Ribat an. Endlich wieder Luft und Ruhe! Tja, aber das dauerte nicht lange,
schon stand ein Tunesier vor uns und meinte, wir hätten eine viel bessere
Sicht vom Dach seines Hauses. Da ich ja eigentlich meine Ruhe haben und
nichts kaufen wollte, sagte ich erstmal "nein". Er ließ aber nicht locker
und erzählte, was man von dort aus alles sehen kann und irgendwie hat er es
dann geschafft, dass meine Mutter und ich, doch noch auf sein Dach stiegen.
Oben angekommen, war die Aussicht wirklich herrlich ... aber meine
Adleraugen sichteten auch gleich drei Teppiche, die dort lagen und ich
dachte mir "soso, wir bräuchten nichts kaufen!! und was machen die Teppiche
dort?!" Mohammed (so hieß er) zeigte uns ein paar Sehenswürdigkeiten, die
wir von hier oben erblicken konnten und erklärte dann an den Teppichen die
Muster, die Knüpftechnik und ein paar Dinge, die einen guten Teppich
ausmachen würden. Dann fragte er uns, ob wir einen Tee trinken möchten. Ich
war mir nicht so ganz sicher, aber wir bejahten dann doch. Er verschwand
und kam plötzlich mit drei Stühlen in der Hand wieder, stellte sie uns in
den Schatten und holte dann den Tee. So saßen wir nun auf der Terrasse
eines Tunesiers, tranken einen superleckeren Tee (den ich nie nachgekauft
bekam) und lauschten seinen Erzählungen über Tunesien und die Touristen.
Ich fing dann langsam an, mich richtig wohl zu fühlen. Zum Abschluss zeigte
er uns dann noch den wunderschönen Kerzenleuchter in der Kuppel, des
Treppenaufganges und meinte, dass wir jederzeit wiederkommen könnten, wenn
wir nochmal die Aussicht genießen wollen. Wir dachten, nun sei der
Zeitpunkt, um ihm etwas Trinkgeld zu geben, aber er verweigerte es und
meinte, er hätte uns rein freundschaftlich mit auf die Dachterrasse
genommen. Ich war total verwundert - gibt es sowas auch?! Das war dann der
Wendepunkt in meinem Denken über Tunesien. Vielleicht hört sich das für
einige komisch an, aber nach den bisherigen Erlebnissen in den vergangenen
Tagen, war dies für mich eine so positive Erfahrung, dass ich meine
Vorurteile ab dem Zeitpunkt einfach wegsteckte und mir vornahm, das Land
und die Leute richtig kennen zu lernen (soweit das als Touri überhaupt
möglich ist). Auf jeden Fall war ich seitdem viel offener der Kultur
gegenüber und wertete nicht gleich alles so extrem negativ. Wie gern würde
ich mich im Nachhinein bei Mohammed bedanken, dass er mir die Augen
geöffnet hat und dass man abseits der Touristenbranchenleute auch "normale"
Leute antreffen kann.
Viel besser gelaunt, gingen wir daraufhin zum Hafen, wo wir Sofiane
kennenlernten, der dort bei den Piratenschiffen arbeitete. Wir unterhielten
uns eine Weile mit ihm und er fragte, ob wir ihn nochmal besuchen würden.
Da wir noch nicht wussten, was wir die nächsten Tage so unternehmen würden,
sagten wir ihm das und er war etwas enttäuscht. Na ja, was will man machen
... Ein paar Tage später hatten wir dann am Strand eine Fahrt mit einem der
Piratenschiffe gebucht. Witzigerweise waren wir genau auf dem Schiff, für
das Sofiane normal arbeitet - allerdings war er erst für die
Nachmittagsschicht eingeteilt, wie sich im Nachhinein herausstellte. Denn
als wir gerade an Land gingen, kam er zur Arbeit. Er war total enttäuscht,
da wir ohne ihn gefahren sind. Irgendwie hat er uns dann überredet, dass
wir uns am Abend trafen. Er brachte seinen Cousin mit und wir sind ein
bißchen am Strand entlang geschlendert. Haben ein Bierchen getrunken und er
hat uns dabei Tunesien und die Einheimischen noch näher gebracht. Ich muss
sagen, trotz der Angst, die wir natürlich hatten, als er uns in die
einsameren Gassen führte, war dies ein super schöner und informativer
Abend. Hätten wir "nein" gesagt, hätte ich glaub nie einen Einblick in den
kleinen Teil des wahren Tunesiens kennengelernt.

Mein zweiter Tunesienurlaub dieses Jahr (2002) war dagegen wirklich nur
touristischer Art. Wir waren diesmal in Port el Kantaoui und ich finde,
dass man hier überhaupt nichts von den Einheimischen mitbekommt. Alles ist
nur auf die Touristen ausgelegt und man kommt sich überhaupt nicht wie auf
einem anderen Kontinent vor. Es könnte genauso gut Spanien oder was auch
immer sein. Vielleicht lag es ja aber auch an uns selbst, dass wir einfach
nicht aus der Touristengegend herausgegangen sind. Ich war schon etwas
enttäuscht von meinem Urlaub bis ich am letzten Tag einen dieser
Touristenausritte auf Pferden mitmachte und dort dann mit den Tunesiern,
die auf uns aufpassten, ins Gespräch kam. Da kam dann wieder die
Freundlichkeit, Wärme und Offenheit herüber, die ich so an den
Einheimischen schätze. Auch, wenn es ihnen nicht so gut geht, haben sie
stets ein Lächeln im Gesicht (ok, das kann natürlich auch ein Aufgesetztes
sein) und strahlen diese Ruhe aus. Das ist das, was mich neben der
Landschaft und des Klimas so an Tunesien fasziniert.
Ich bin so verliebt in das Land - aber da ich es noch nicht richtig kenne,
möchte ich es weiterhin besser kennenlernen und hoffe, dass das auch
klappt. [Verärgert] )

Viele liebe Grüße,
Sylvia