Ramadan in Tunis
Jetzt sitze ich hier, sehe aus dem Fenster und überlege mir, was ich alles in meinen Erlebnisbericht schreiben kann...
Also – am Freitag den 21.November flog ich für 16 Tage zu einer befreundeten Familie um mit ihnen Ramadan zu verbringen....
Leider kann ich mich mit einem Teil der Familie wenig wörtlich verständigen, da sie kaum Französisch sprechen. Aber es ging auch so – mit Händen und Füssen g.
Also Ramadan – ich selbst konnte aufgrund einer Krankheit leider nicht mitmachen – fand ich total spannend. Den ganzen Tag sah man die Leute geschäftig hin und her rennen, Einkaufen und Essen kochen – so gegen 17 Uhr war es dann endlich so weit und alles setzten sich an den gedeckten Tisch, auf dem jeden Tag neue Köstlichkeiten standen und der täglich unter seiner Last drohte zusammenzubrechen ;-)
Nachdem der erste Hunger gestillt war, lies man sich gemütlich vor dem (eigentlich immer laufenden) Fernseher nieder – die tägliche Daily Soap wurde angesehen und es gab Tee, Gebäck und Obst.
Abends dann schien alles zu erwachen. Alle Menschen krochen plötzlich aus ihren Häusern und bevölkerten die Strassen und Cafés. In Tunis bekam man das Gefühl es wäre ein Samstag Abend in einer lauen Sommernacht....
Überall gingen die Menschen einkaufen, saßen in den Cafés oder Restaurants und genossen die Nacht.
Als wir nach unseren Ausflügen wieder zurück kamen, stand immer noch das Essen im Nebenraum und wir konnten uns noch einmal den Bauch voll schlagen, bevor es Zeit zum Schlafen war. (Sehr gesund – mit vollem Bauch schlafen ggg). Mitten in der Nacht – bzw. am sehr frühen morgen – wurd es dann noch einmal laut in den Strassen – jemand ging Nacht für Nacht durchs Dorf mit einer Trommel und ein eigenartiger Sprechgesang ertönte (unnötig zu sagen, dass ich in der ersten Nacht fast einen Schlag bekam – den Muezzin kenn ich ja schon, aber das war mir doch neu...). Mit diesem Gesang wurden die Menschen aufgefordert doch nicht zu schlafen, sondern bis zum Morgengrauen lieber zu essen.... (Wir zogen jedoch den Schlaf vor).
Wenn wir abends nicht unterwegs waren, dann statteten wir immer Familienangehörigen Besuch ab oder bei „uns“ war High Live. Kein Mensch schien die Abende alleine zu verbringen. Es war schon eine tolle Atmosphäre.
Einen Abend bin ich mit einigen weiblichen Familienmitgliedern (Mutter, Schwestern) und Freundinnen ins Hammam gegangen. Das war ein Erlebnis ganz besonderer Art. Erst „sammelte“ jeder in Eimern heißes und kaltes Wasser und fing an sich abzureiben. Dann kam eine Art Masseurin und man wurde von Kopf bis Fuß mit einem rauen Waschhandschuh abgerubbelt. Anschließend wusch man sich und kleidete sich wieder an. War prima und ich fühlte mich anschließend wie neu geboren.
Möchte noch dazu sagen, dass ich mir dort keineswegs wie eine Außerirdische vorkam und auch nicht angestarrt wurde (obwohl ich blonde Haare habe). Und diejenigen, die bemerkten, dass ich keine Tunesierin bin, reagierten sehr positiv und lächelten mir zu. Es war also eine sehr sehr angenehme Atmosphäre.
Ja und dann kam Aid und damit leider auch schon die Zeit meinen Heimweg wieder anzutreten.
„Meine“ Familie feierte nicht so sehr, da es ein paar Wochen vorher einen Todesfall in der Familie gab.
Aber es kamen an dem Morgen ganz viele Leute vorbei, wünschten sich gegenseitig „Aid Mabrouk“, tranken Tee, aßen Kekse und gingen weiter. Die Kinder spielten in den Strassen mit ihrem neuen Spielzeug und die Stimmung war allgemein sehr fröhlich und ausgelassen.
Ramadan in Tunis – eine tolle Zeit und ich weiß jetzt schon, dass ich nächstes Jahr unbedingt wieder dabei sein möchte „inchallah“
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Liebe Grüße
Tanja °O°