Hallo, da ich ganz neu hier in dem Forum bin, trifft es sich ja ganz hervorragend, dass gerade dieses Thema da ist, denn da stellt man sich und seine Tunesienliebe ja irgendwie ein bisschen mit vor.

Ich bin zwischen meinem 14. und meinem 21. Lebensjahr zwei oder dreimal im Jahr hingefahren, habe das Zaehlen meiner Reisen also aufgegeben.

Habe ein Hotelpraktikum dort unten gemacht, in der Reservation, weil ich Tourismus studieren wollte. dann war ich zu Sprachaufenthalten unten, weil ich an der Uni Arabisch lerne.
Fuer mich war es auch immer ein bisschen wie Heimat. Jetzt im Moment denke ich eher, dass die Welt noch so gross ist, dass es noch viele viele andere schoene Ecken in der arabischen Welt gibt, die ich erkunden will und fuer das Studium auch muss.
Tunesien bleibt natuerlich immer etwas besonderes, weil damit meine Liebe zum Islam und der arabischen Welt begonnen hat. Inzwischen ist es eher zu einer Haßliebe geworden, habe in Tunesien und anderswo auch viele negative Dinge erlebt, aber ohne gehts eben nicht.
In Tunesien zum Beispiel hatte ich bei meinem letzten Aufenthalt eine ziemliche Enttäuschung. Es ging um das Thema Abtreibung und um meine Freundin, ihren Freund und die ganze Familie. Ihre Einstellung und der Umgang damit haben mich ihnen leider ein wenig entfremden lassen. Ich habe sie überhaupt nicht mehr verstanden. Plötzlich habe ich das Land nicht mehr so verklärt gesehen. Es gibt viele gesellschaftliche Probleme, die man als Reisender auf der Durchreise gar nicht sieht und auch so ziemlich tief stochern muss, um darauf zu stoßen. Zum Beispiel stoerte es mich, als meine Gastmutter sich quasi bei mir entschuldigte, weil sie einmal am Tag ihr Gebet verrichtete. Wie weit sind die gekommen, dass simple Religionsausuebung zum Versteckspiel ausartet? An einen Moscheegang am Freitag war ja schon gar nicht zu denken! Meine Großmutter hat sich niemals entschuldigen muessen, weil sie sonntags in die Kirche ging. Das tut mir fuer die Glaeubigen in diesem Land schon leid und hat mit zu einer Distanz zu dem Staat Tunesien beigetragen.

Naja, nichts desto trotz ist etwas von meiner Liebe zu diesem Land übrig geblieben, sonst hätte ich ja nicht Mitglied dieses Forums werden wollen.

Am meisten habe ich mich immer über Menschen gefreut, die das Land lieben, auch ohne einen Freund dort unten zu haben. Das Klischee hat mich immer ein bisschen traurig gemacht. Tunesien ist kein Land, in dem man einen Typen haben muss, um es zu moegen. Im Gegenteil, ich stelle mir sor, dass das einiges verkomliziert und man das Land ohne sowas ganz anders geniessen kann.