Ich finde diese Worte passen gut hier rein:

Opfer und Täter

Neben einem religionsbezogenen Vorurteil - Araber als Muslime - gibt es auch ein Vorurteil vom "kriminellen Araber", das sich vor allem auf Drogen- und Kleinkriminalität bezieht. Natürlich gibt es unter arabischen Migranten Kriminelle, jedoch nicht mehr als unter anderen Bevölkerungsgruppen. Spektakuläre Fälle nähren jedoch dieses Vorurteil immer wieder. Ein Beispiel: Im Januar 2001 sind in Berlin ein Deutscher und zwei Marokkaner wegen Menschenhandels zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die 24- bis 61-jährigen Männer gestanden, von Januar bis Mai 2000 insgesamt 46 Marokkaner mit falschen Arbeitsverträgen als Zirkusartisten nach Deutschland eingeschleust zu haben. Tatsächlich wurden die Männer unter anderem beim Zirkus Busch für ganz normale Arbeiten eingesetzt. Die Marokkaner hatten dafür zwischen 6.000 und 8.000 Mark bezahlen müssen.

Weltweites Aufsehen erregte auch der Anschlag mit drei Molotowcocktails auf eine Synagoge in Düsseldorf am 2. Oktober 2000. Der Brandanschlag war zunächst deutschen Neonazis zugeschrieben und trotz geringem Sachschaden als Symbol für das Wiederaufleben rechter Gewalt und antisemitischer Tendenzen in Deutschland wahrgenommen. Bei seinem Besuch des Tatorts hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder zum "Aufstand der Anständigen" aufgerufen. Doch dann gestanden zwei junge Araber die Tat und gaben "Hass auf Israel und die Juden" als Motiv an. Gegen die israelische Politik den Palästinensern gegenüber hätten sie "ein Zeichen setzen" wollen. Aus einer ähnlichen Motivation heraus haben vier Schüler libanesischer Herkunft im Dezember 2000 in Moers ein jüdisches Mahnmal mit Nazi-Symbolen und den Worten "Libanon" und "Allah" beschmiert. Es sind einige extremistische arabische Gruppen in Deutschland aktiv, so die libanesischen Hisbollah oder Hamas. Zwar ähneln die antisemitischen Vorstellungen solcher Gruppen denen der deutschen Rechtsradikalen und Holocaustleugnern, ob es Vernetzungen dieser Gruppierungen gibt, ist jedoch ungewiss.

Arabische Migranten sind jedoch in den Jahren davor eher als Opfer fremdenfeindlicher Anschläge bekannt geworden. Das bekannteste Opfer ist der 28jährige algerische Asylbewerber Farid Guendoul. 1999 war er im brandenburgischen Guben nach einer Hetzjagd durch Jugendliche in Todesangst durch die Scheibe einer verschlossenen Haustür gesprungen und verblutete. Häufiger als solche Einzeltaten sind die alltäglichen Diskriminierungen, denen Araber ausgesetzt sind. "Schwarzköpfe" werden viele Araber genannt - auch von Türken. Oder auch "******araber", wenn es um Platzkämpfe unter Jugendlichen oder Konkurrenz um Frauen geht. Ferner gibt es manche Orte in Deutschland, die man als arabischer Migrant, der zufällig seinen Personalausweis zuhause gelassen hat, besser nicht besucht. Dazu gehört zum Beispiel der Volkspark Hasenheide in Berlin-Neukölln. Arabische oder schwarze Parkbesucher müssen hier mit Kontrollen rechnen. Denn hier wird nicht nur gepicknickt und sonnengebadet, sondern auch mit Drogen gedealt. Daher kontrolliert die Polizei hier regelmäßig und systematisch Araber und Schwarze zwischen 15 und 35 Jahren - oft nur wegen ihres Aussehens oder "verdächtigen" Auftretens. Für die meisten ist das eine sehr erniedrigende Erfahrung, aufgrund einer dunkleren Hautfarbe als potentieller Dealer gesehen zu werden - selbst wenn es aus polizeilicher Sicht an manchen Orten offenbar objektive Gründe für solch selektive Kontrollen gibt.

Abbau von Feindbildern

Nicht ganz unschuldig an vielen Vorurteilen sind die Medien. Ob Bilder von militanten Islamisten in der arabischen Welt oder Leitartikel über den Sittenverfall des Westens - Stereotype, die sowohl in der westlichen als auch in der arabischen Presse immer wieder auftauchen, beeinflussen die gegenseitige Wahrnehmung und schüren Feindbilder. Um wechselseitigen Bedrohungsvorstellungen entgegenzuwirken, führt das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) im Auftrag des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung seit 1997 jährlich einen "deutsch-arabischen Mediendialog" durch. Pressevertreter und Medienexperten aus arabischen und deutschsprachigen Ländern diskutieren die Rolle der Medien in den deutsch-arabischen Beziehungen und suchen nach Wegen, die jeweilige Berichterstattung zu verbessern. Bislang fanden vier Veranstaltungen statt: Hamburg 2000 "Die Zukunft des Journalismus - Journalism's Future", Rabat 1999 "Insel der Hoffnung", Amman 1998 "Nehmt die Exotik raus!" und Heidelberg 1997 "Ende der Nabelschau?" (Infos: www.ifa.de)

Die Araber übrigens schätzen an den Deutschen den Technologie-Fortschritt und die Rechtstaatlichkeit, kritisieren aber eine manchmal übertriebene Ernsthaftigkeit der Deutschen, die - in ihren Augen - bis zu Verbissenheit und sozialer Kälte reichen kann. Die Künstlerin Nicole Guirand sagt: "Ich spüre bei manchen Menschen hier etwas Rigides, einen Mangel an Spontanität, an Gelassenheit, Wärme und Großzügigkeit. Das muß nicht unbedingt negativ sein. In Deutschland kann man zum Beispiel hervorragend arbeiten. Wenn man einen Termin macht, muß man pünktlich sein, und der andere ist auch da. Wenn ich mir die Alternativen vorstelle: Unzuverlässigkeit und Angeberei, viel zu versprechen und nichts zu halten, dann finde ich diese deutschen Eigenschaften wunderbar. Allerdings bemerke ich manchmal eine gewisse Prinzipienreiterei, die schon ein wenig penetrant sein kann". Dass das nicht immer stimmt, zeigt nicht zuletzt die merkwürdige Liebe der Deutschen zu Kamelen. Im Sommer 1997 gab es auf der Berliner Galopprennbahn Hoppegarten das europaweit erste Kamelrennen. Was nicht ganz passte wurde ganz flexibel einfach passend gemacht: anstelle männlicher Jugendlicher ritten junge deutsche Frauen. So gab es schöne Schlagzeilen wie "Blondinen ritten auf Wüstenschiffen".

Autor: Ekkehart Schmidt-Fink, isoplan