...Wolf, sag bitte bescheid ob du dem beiwohnen dürftest...
Ja und nein. Um sicherzugehen, wurden gleich zwei Besprecher beauftragt, bei dem ersten sind nur die Frauen hineingegangen, doch bei dem zweiten...
Zunächst ging es einige Kilometer in die Provinz hinaus, an einer besonders wildromantischen Stelle hieß es dann: Wir sind da, Auto abstellen. Ich stellte das Auto am Wegesrand ab und dann ging es zu Fuß an einem Felshang einen kleinen Pfad (und durch einen Bach...) entlang, bis das Zielhaus auftauchte. Elektrizität gab es dort, doch kein Telefon und kein fließendes Wasser, auf dem Weg begenete mir eine Frau, die mit etwa 8 Wassereimern beladen des Weges zur Wasserstelle zog und das Minimalklo auf dem Hof bestand aus nicht mehr als einem Loch und zwei Steinen zum Draufstellen.
Naja, wir wurden von einere alten zahnlosen Frau willkommen geheißen und dann in eines der Zimmer geführt, in dem ein Einsiedler auf einer Matratze lag. Es muß sich um einen ganz harten handeln, denn in dem Zimmer gab es keine Heizung (Außentemperatur war ca. 8 Grad), keine Fensterscheiben und eigentlich außer der Matratze auch keine nennenswerte Einrichtung (und dem Zustand des Hauses nach zu urteilen, sah es auch in den anderen Zimmern nicht wesentlich anders aus...). Er trug eine dunkle Sonnenbrille (wegen der Sonne, die durch die Türöffnung hereinschien), so daß ich zunächst dachte, er sei auch blind, doch später dann zog er sie aus und setzte eine normale Lesebrille auf. :-)
Die gesamte Seance wurde in tunesisch (in der Art tunesisch, bei der 3 Frauen auf einen Mann einreden) gehalten, so daß ich nur weniges verstanden habe, doch zunächst ging es darum, daß ich offensichtlich kein Araber war (wie er das nur sofort erkannt hatte...), da ich aber einer derjenigen war, der von der Veranstaltung profitieren sollte, willigte er schließlich doch ein, mich im Raum zuzulassen.
Zunächst erfragte er Informationen und Daten zu der Situation und holte dann eine Kiste mit verschiedenen Büchlein heraus. Er nahm einen Stift in die Hand, konzentrierte sich, und schrieb dann eine Nummer, anschließend suchte er ebendiese Seitenummer in einem der Hefte auf. Dann begann er, eine Art Horoskop zu lesen und sich zu vergewissern, daß die dort beschriebenen Eigenschaften/Probleme auf die Zielperson zutrafen.
Zu diesem Zeitpunkt verließ ich den Raum auf eigenen Wunsch (ich war dem Zustande eines Eiszapfens nahe und habe mich draußen zusammen mit dem einzigen männlichen Familienmitglied, das mitgekommen war, in die Sonne gestellt...) und habe außer zuweilen lauten Stimmen nichts mehr mitbekommen, doch ich ging später noch einmal kurz zurück und sah ihn dann mit weiteren Heften und Notizbüchern hantieren. Als die Veranstaltung zu Ende war, waren die Auftraggeberinnen sichtbar sehr zufrieden und zuversichtlich, sagten jedoch, daß der heutige Tag nicht günstig für die Beschreibung sei und daß sie daher am Samstag noch einmal zurückkehren müßten, um den Zettel dann abzuholen (der wird danach dann irgendwie in der Nähe der Zielperson plaziert, was in mir den plötzlichen Wunsch weckt, demnächst mal meine Wohnung eingehend zu säubern und bei der Gelegenheit überall reinzugucken...). Auf meine sofortige Frage hin wurde aber gesagt, dies koste natürlich keinen Aufpreis. Nun wird die federführende Dame am Wochenende noch einmal je 300km hin und zurück mit einer Louage fahren, um diese Beschreibung abzuholen (da ich abgewinkt habe, noch einmal zu fahren, aber die Louage-Fahrtkosen zahle ich ihr, ich will ja jetzt nicht die ganze Aktion durch mangelnde Kooperation meinerseits womöglich gefährden...). Allein aufgrund des betriebenen Aufwandes kann ich ihr nur wünschen, daß die Beschreibung gelingt (mir selbst natürlich auch...). Kostenpunkt war übrigens 50 TND für die ca. 2,5 stündige Seance, die habe ich dann sogar gerne selbst übernommen, denn das war es mir das Erlebnis wert (und die Gewißheit, daß die Auftraggeber erleichterter sind). Und ob es mir persönlich helfen wird? Nun, das werden wir sehen, und zwar frühestens ab Sonntag (die Anwesenden versicherten mir jedoch, daß in den Zukunftsaussichten sehr positiv die Rede von mir gewesen sei - strenggenommen ist zumindest das kein Wunder, nachdem der Magier mich gesehen hatte und genau wußte, was die Frauen wollten)... :-)
Aber ich muß hinzufügen, daß ich jederzeit den Eindruck hatte, alle Beteiligten (vielleicht außer einem...) sind mit vollem Ernst bei der Sache, doch doppelte Böden sind mir jedenfalls nicht aufgefallen, und die Wohnsituation des Magiers spricht nicht gerade dafür, daß er Kunden am Fließband abfertigt und ein lukratives Geschäft betreibt...
Ich hoffe, die Touristen unter Euch sind nicht zu enttäuscht, daß ich zu Personen und Orten keine näheren Angaben machen werde - aber das ist vielleicht ein Teil des Tunesiens, daß nicht jeder kennenlernen kann oder darf. :-)