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Karlsruhe: Teilerfolg für Fereshta Ludin und neue innenpolitische Debatten
Politik am Zug: Länder dürfen Musliminnen Kopftuch im Unterricht verbieten wenn sie entsprechende Gesetze erlassen

(iz) Es war ein Endlosstreit mit einem bemerkenswerten Urteil, dass letztlich auch die Flucht der Politik aus gesellschaftspolitischen Grundfragen beenden will. Die Bundesländer dürfen muslimischen Lehrerinnen das Kopftuchtragen im Unterricht verbieten, jedoch muß nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine gesetzliche Grundlage geschaffen sein. Diese fehlt aber derzeit in Baden-Württemberg. Nach dem Urteil vom Mittwoch in Karlsruhe hat das Land deshalb mit seiner Ablehnung, die muslimische Lehrerin Fereshta Ludin in den Schuldienst zu übernehmen, ihre Religionsfreiheit verletzt. Drei der acht Richter stimmten gegen das Urteil. Zu hoffen wäre nun, hier liegt sicher eine der Chancen des Urteils, dass die Politik endlich in einen sichtbaren Dialog mit den Muslimen in Deutschland eintritt.

Damit erzielte Ludin - die ihr Kopftuch aus religiösen Gründen auch im Unterricht tragen will - im langjährigen Rechtsstreit einen Teilerfolg. Nach den Worten des Zweiten Senats ist es möglich, dass Schulkinder durch die religiös motivierte Kleidung eines Lehrers beeinflusst und Konflikte mit den Eltern ausgelöst werden. Es sei Sache der Parlamente, diese Gefahren einzuschätzen. «Dem zuständigen Landesgesetzgeber steht es frei, die bislang fehlende gesetzliche Grundlage zu schaffen.» Viele Muslime befürchten nun in den Bundesländern eine Endlosdebatte auf dem Rücken einer Minderheit, die zudem wenig Fürsprecher und Ansprechpartner in der deutschen Politik gefunden hat. Die meisten muslimischen Verbände werden von der Politik bisher eher gemieden.

In einer ersten Stellungnahme sagte der Pressesprecher des Zentralrats Aiman Mazyek: "Ein klares Wort vermissen wir. Die Entscheidung über das Kopftuch an die Ländergesetzgeber zurückzugeben, lässt die Auseinandersetzung nun in allen Bundesländern neu aufleben und erscheint mir ein wenig konfus." Weiterhin bedauert Mazyek, dass in dem Urteil viel zuwenig auf die Religionsfreiheit eingegangen wurde und nun die Frage nach dem Tragen eines Kopftuchs von den zufälligen Mehrheiten in den Länderparlamenten abhängig gemacht wird. "Dies trägt nicht zur Rechtssicherheit in unserem Lande bei" so Mazyek.

Ausfürhliches Interview mit Ferestha Ludin auf www.islamische-zeitung.de