Hallo Ayscha, danke noch für den Literaturtip. Wie heißt der Titel? Wie eine Lösung aussehen könnte? Ich finde, es steht mir nicht an, darüber zu urteilen, das müssen die Moslems selbst erarbeiten. Ich kann nur die Voraussetzungen nennen, die nötig sind, damit überhaupt ein gedanklicher, produktiver Prozess in Gang kommt. Was ich im Moment als Massenbewegung erlebe, ist vor allem durch destruktive Tendenzen getragen oder atmet Ratlosigkeit. Es braucht das, was gute Theologie überhaupt ausmacht. Eine Reflexion der tradierten Werte vor dem Hintergrund ihrer historischen Entstehung, eine offene Diskussion darüber, welche Werte unter welchen Bedingungen noch Sinn machen und einen konstruktiver Dialog mit anderen Religionen. Ich komme hier in Tunesien aber so langsam zu der Ansicht, dass es dort, wo oft religiöse Dogmen in den Vordergrund gestellt werden, es gar nicht um Religion geht, sondern in Wirklichkeit um wirtschaftliche Zusammenhänge und um Fragen des Wohlstands. Fast alles ist eine Frage des Geldes. Deshalb ist auch der Westen gefragt. Aggressives Machtgehabe bringt keine Seite weiter. Im Moment ist die Atmosphäre zwischen muslimischer Welt und Westen vergiftet und durch Angst geprägt. Das muss aufhören. So kommen auch die Muslime mit sich selbst niemals weiter! Erst wenn die sozial-ökonomischen Voraussetzungen geschaffen sind, kann auch die Identifikationsfrage neu angegangen werden. Dazu braucht es ein freies universitäres Leben, freien Austausch auf allen Ebenen. Die Tunesier wünschen sich dies tief in ihrem Herzen, haben aber sehr viel Angst.