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Gärt in Tunesien eine Staatskrise, wie sie Ägypten vor und nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi erfasst hat und das Land zerreißt?
Die Frage erscheint berechtigt. Nicht allein in Tunis demonstrieren Tag für Tag Zehntausende gegen die vom islamistischen Premierminister Ali Laârayedh geführte Regierung, die nicht allein eine politische Polarisierung, sondern ebenso eine spürbar verschlechterte Sicherheitslage zu verantworten hat. In Kasserin – die Stadt liegt in der Nähe des Ortes, an dem die acht Soldaten massakriert wurden – stürmten aufgebrachte Bürger den Sitz der regierenden Ennahda-Partei. In Sidi-Bouzid – Geburtsort des ermordeten Mohammed Brahmi und Ausgangspunkt der im Januar 2011 ausgebrochenen tunesischen Revolution – übernahm mit dem Komitee des Nationalen Heils eine Bürgerunion die Macht, weil die regionale Administration nicht mehr anerkannt wird. Während der zuständige Gouverneur aus Angst vor Übergriffen seinen Arbeitsräumen fernbleibt, schützen Soldaten die Aktionen der Bürger. „Wir haben alle Verbindungen mit der nationalen Regierung abgebrochen“, sagt der Gewerkschafter Lazhar Gharbi, „Sidi-Bouzid ist eine freie Stadt.“ Ein hochrangiger Militär, der anonym bleiben will, versichert: „Viele Ennahda-Funktionäre in der Provinz haben nur einen leeren Stuhl hinterlassen. Von der Armee wird zu Recht erwartet, dass sie dem tunesischen Volk hilft, wenn die Situation eskaliert.“