Tja, dieses Thema ist extrem schwierig, weil wir da quasi über etwas reden, was vielleicht nicht existiert hat.

Ebenso, wie im Christentum, gibt es keinen, nicht einen, zweifelsfrei akzeptierten Beweis, daß eine Person namens Mohammed (ebenso wie auch Joshua = Jesus) überhaupt gelebt hat und das zu Zeit getan hat, was ihm zugeschrieben wird. Es gibt verschiedene Hinweise, doch die gibt es ebenso für andere Legenden. Zudem gibt es keine Exemplare des Koran, die aus der Zeit von (oder auch kurz nach) Lebzeiten Mohammeds stammen.

Hierdurch können die Motive, die hinter dem Abfassen des Korans stehen, dann auch nicht eindeutig erfaßt werden, weil wir keine festen Angriffspunkte haben, von wem und zu welcher Zeit der Text erstellt und/oder bearbeitet wurde und welche Gedanken da wohl hintergestanden haben. Es mag sein, daß es sich so verhält, wie es im Koran beschrieben ist, es mag aber auch sein, daß es sich um eine anekdotische Sammlung von Gegebenheiten ursprünglich verschiedener Personen handelt, die unter einem Titel kanonisiert wurde, der Koran könnte aus einer Abwandlung einer Liturgie einer syrischen Urkirche stammen, aber auch aus Persien (mit Inhalten aus Indien), um einem Herrschaftsgeschlecht eine Legitimation zu geben. Für alle diese Vermutungen sprechen gute Argumente dafür und dagegen, so gute, daß auch die Wissenschaft keinen Konsens zeigt - doch allen ist es gemein, daß es keinen "Beweis" gibt.

Und da dies so ist, können wir nur mutmaßen, welches die möglichen Motive gewesen sind. Zudem - halten wir uns dabei an den eigentlichen Text oder an den erweiterten, zu dem dann auch die Erzählungen (verschiedener Kettenlänge) gehören. Oder weiten wir die Betrachtung noch mehr aus und beziehen auch die Texte ein, die von eventuellen Geschichtsschreibern nah und fern von Arabien verfaßt wurden.

In jedem Falle aber werden wir jedesmal zu einem anderen Ergebnis kommen. Im Prinzip kann man also mit einem Erlärungversuch erst zu der Zeit beginnen, in der es eine feste, bestätigte Existenz gegeben hat - doch da gehen uns dann natürlich die eigentlichen Motive verloren und wir können uns nur der jeweils zeitgenössischen Betrachtung widmen.

Letztendlich aber, und das haben frühere Diskussionen hier und an anderer Stelle gezeigt, ist es bei einer solchen Diskussion nur entscheidend, ob man "glaubt". Wenn man an etwas glaubt, dann vertraut man der Quelle und hält das, was geschrieben steht, für wahr. Tut man es jedoch nicht, dann ist es genau umgekehrt. Jede Seite in einer Diskussion geht dann von ihrer Prämisse aus und bringt Argumente, die nur für diejenigen welche sind, die derselben Seite zugehören (glauben oder nicht glauben).

Original geschrieben von: Malcom

Es geht da durchaus nicht um einen sicherlich auch problematischen Historismus, der letzlich alle Teile der Religion für verhandelbar erklärt, sondern es geht dabei schlicht um die Tatsache, daß Religionen in ihrer Entstehung auf ihre Umwelt reagieren und daß diese Umwelt in ihrer Entstehung eine andere ist als die heutige.

Nur eine kleine Bemerkung hierzu - dies ist richtig, doch die Probleme stecken noch viel tiefer im Detail. So gibt es z.B. so gut wie keinen Text "aus diesen Zeiten", in denen die Zahlenangaben nicht mystischer Natur waren, sie bestehen also zum großen Teil nicht aus wahrhaftigen Mengen, so wie sie von uns verstanden werden, sondern aus Mengen-Symbolen, die für Vollkommenheit, etc. gestanden haben und niemals als Zahl verstanden werden sollten.
Das wußten natürlich die "ersten" Leser noch und hatten daher einen anderen Textzugang. Dasselbe gilt ebenso für symbolhafte Beschreibungen und Namen von Gegebenheiten - und die Inhalte bestimmter Wörter. Ich erinnere hier an den Einwand, den man immer wieder in Diskussionen liest "aber das Wort xyz kann auch dies und jenes heißen", egal, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist (womit man so gut wie jede Deutung erschüttern und aushebeln kann).