Hallo Frogger,
ich denke, wir sind im allgemeinen einer Meinung. Über die genauen Hintergründe der Muslimbrüder war mir das nicht so genau bekannt. Allerdings glaube ich wirklich, daß die Muslimbrüder wirklich nicht eine eins zu eins Umsetzung der Scharia anstreben, wie das die Salafisten tun. Und das ist schon ein sehr entscheidender Unterschied.
All das ist letzlich von außen schwer zu verstehen. Alle Meinungen, die man erfährt, sind letzlich befangen. Für die Opposition ist Mursi der Gegner und sie übertreiben zweifellos. Die westliche Presse wiederum schürt die Ängste der Leute. Und da ist es wiederum ein Phänomen, daß gerade die linken Medien m.E. ihren verdrängten Chauvinismus auf die religiöse Ebene verlagern.
Wenig hilfreich sind da Begriffe wie "Islamist" oder "Islamismus", deren sich auch der obige Artikel der Süddeutschen mal wieder kräftig bedient. Ich habe nie wirklich begriffen, was der Begriff eigentlich sagen soll. Ich kann mir eher vorstellen, daß sich Leute wie der Mursi aber auch der Erdogan in der Türkei weit eher als "dezidierte Moslems" als als Islamisten verstehen.
Umgekehrt gibt es das Phänomen, daß, weil sich der Islam als wenig tolerant gegenüber Apostaten zeigt, es jede Form von "säkularen Muslime" gibt, die in Wahrheit gar keine Muslime sind und einen "anderen Islam" fordern, obwohl sie am Islam in Wahrheit gar kein Interesse haben. Um sich von diesen abzugrenzen, muß der "dezidierte Moslem" wiederum sich als Islamist gerieren.
All das sind aber letzlich nichts als Worte. Entscheidend sind die Taten. Und da bin ich nachwievor für die arabische Welt hoffnungsfroh, daß der Impuls zu freien demokratischen Gesellschaften unumkehrbar ist. Ich bin da auch nicht ganz so pessimistisch wie Du, daß die Araber, bzw. "das Volk" sich wirklich nur für Brot und Butter interessieren. Ich denke, die Leute werden auf die Dauer ihre Freiheit schon schätzen.
Gruß Malcolm