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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#359953
14/01/2013 07:31
14/01/2013 07:31
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Frogger
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So zeigen Deine Bemerkungen für mich einen Mangel an Respekt vor gewissen durchaus faszinierenden prägenden Personen der Weltgeschichte.
Ja, so kann man eine Diskussion auch abzuwürgen versuchen. Da könnte man ebenso sagen, daß man Respekt gegenüber Perry Rhodan zeigen muß, weil dieser zweifellos zu den prägendsten literarischen Personen der 70-90er Jahre in Deutschland gezählt und viele gesellschaftliche Verhältnisse wiedergespiegelt und diskutiert hat. Faktum ist, und da hilft auch nicht Dein Erklärungsversuch, daß es keinen einzigen zweifelsfreien Beweis für die Existenz von Mohammed gibt und selbstverständlich werde ich eine Person, für die es keinen Beweis seiner Existenz gibt, nicht respektieren - Mohammed nicht, und auch Perry Rhodan nicht, weder Zeus, noch Wotan oder Thor, nicht Apophis oder Quexalcoatl. Denn Respekt erweise ich für eine nachvollziehbare Leistung, die jedoch nicht existierende Personen nicht erbringen können. Inwieweit - jenseits des Glaubens - die Ideologie, die durch die Konstrukte dieser Namen verbreitet werden soll, Respekt verdient, ist eine andere Sache, doch an diese Deutung muß man anders herangehen, z.B. in dem man von den politischen und gesellschaftlichen Macht-Verhältnisse der damaligen Zeit ausgeht, und, darauf aufbauend, eine Analyse in Frage kommender Machtgruppen durchführt. Zum Inhalt der Lehre muß man die aramäischen Glaubensgruppen, sowie die von (im Islam nicht gut gelittenen) Gruppen der Zoroaster, die ihrerseits aus der indischen Region beeinflußt wurden, berücksichtigen (auch die Kaaba kann mit Indien in Verbindung gebracht werden), eventuell sogar die ägyptischen, die zumindest für das Judentum zum Teil bedeutend sind. Es gibt eine ganze Reihe von Glaubensinhalten sowohl der christlich/jüdischen, als auch der islamischen Religion, deren Ursprünge dorthin verfolgt werden können, und es sind vielleicht auch Inhalte der sogenannten "Ostkirchen" in den Kanon eingeflossen, wie es z.B. von denen behauptet wird, die aramäische Begriffe in den arabischen Texten ausgemacht haben wollen. Und selbst ägyptische Einflüsse können, hier z.B. in jüdischen Texten, gefunden werden Dies aber erschüttert zumindest mit einem starken Anschein die Solidität der koranischen (als auch der altchristlichen und einiger neuchristlichen) Texte, wenn nämlich ihre Lehren in früheren, nicht-propheten-kanonischen Lehren zu finden sind. Das, was Du nach meinem Eindruck möchtest, ist es, eine Lehre originär als wahr zu definieren und darauf aufbauend dann ihren Inhalt zu diskutieren, was ich persönlich aber, aus den oben dargestellten Gründen, für methodisch und sogar faktisch falsch halte. Da sähe es nur dann anders aus, wenn z.B. ein (überzeugter) Christ mit einem (überzeugten) Moslem diskutiert, da beide aus einem ähnlichen Glaubensgerüst stammen und die Grundannahmen der beiden Lehren wechselseitig für wahr gehalten werden. Das jedoch bin ich nicht und ich kann dem auch nicht folgen, womit mir die Voraussetzungen zur Diskussionsteilnahme fehlen. Ich kann zu dieser Diskussion daher nichts beitragen.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#359960
15/01/2013 02:33
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Frogger
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#359978
15/01/2013 19:51
15/01/2013 19:51
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Joined: Jan 2011
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Malcolm
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Hallo Frogger,
die Sache war mir in den Grundzügen bekannt. Ich kenne das Zitat aus dem Koran "Es gibt keinen Zwang im Glauben", aber ich weiß auch daß Apostaten getötet werden müssen, weil es da irgendwelche Hadithe gibt.
Natürlich ist letzteres absolut nicht akzeptabel und über die Maßen widerwärtig. Der gesunde Menschenverstand sollte einem ja eigentlich sagen, daß der Mensch für das, was er glaubt, nicht haftbar zu machen ist, denn es steht mir nicht frei, das zu glauben, was ich will.
Die ganze Sache mit den sogenannten "Abrogationen" habe ich im Islam sowieso nicht verstanden, denn es ist für mich ein komisches Gottesbild, daß Gott irgendwas sagt, was er dann drei Jahre später wieder zurücknimmt und stattdessen etwas anderes sagt.
Trotzdem wird denke ich auf längere Sicht dieses "Es gibt keinen Zwang im Glauben", das als Koranzitat eine höhere Stellung hat als Hadithe, sicherlich auch im Islam die Stellung bekommen, die es verdient.
Aber natürlich habe ich den Koran auch in seiner Gesamtheit gelesen und obwohl ich weiß, daß das Töten von Apostaten nicht im Koran steht, ist mir natürlich sehr wohl bewußt, daß auch der Koran eine teilweise widerwärtige Haltung gegenüber sogenannten Ungläubigen einnimmt, die natürlich alle sämtlich in der Hölle landen.
Ich müßte den Koran noch einmal lesen, Goethe hat ihn sehr geschätzt, war aber andererseits auch angewidert und das kann ich auch gut verstehen, es beschreibt auch ganz gut meine Haltung.
Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#359983
15/01/2013 22:13
15/01/2013 22:13
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Trotzdem wird denke ich auf längere Sicht dieses "Es gibt keinen Zwang im Glauben", das als Koranzitat eine höhere Stellung hat als Hadithe, sicherlich auch im Islam die Stellung bekommen, die es verdient.
Das ist nur bedingt richtig, denn die Hadithe sind Bestandteil des Glaubenskanons, doch nur dann, wenn sie dem Korantext nicht eindeutig wiedersprechen. Hadithe geben Erzählungen darüber wieder, wie der Glaubensgründer sich in einer bestimmten Situation verhalten hat oder welche Meinung er dazu vertreten hat. Dies gilt als besonders nachahmenswert. Hadithe wurden ab etwa 200 Jahre nach Mohammeds Tod in in schriftlicher Form in bestimmten Sammlungen, jeweils genannt nach ihrem Zusammensteller, bibliographisch zusammengefaßt und von jedem Sammler nach diversen formalen Kriterien bewertet, die, grob gesagt, eine Wahrscheinlichkeit anzeigt, daß es sich um eine tatsächliche Überlieferung handelt. Schiiten und Sunniten beachten verschidene Hadith-Sammlungen und es gibt auch Muslime, die Hadithe ablehnen und sich nur am Koran orientieren. Hadithe werden unterteilt nach ihrer Wahrscheinlichkeit, daß sie auf tatsächlichen Aussagen beruhen (und wenn dies der Fall ist, dann gelten sie wie der Koran). Üblicherweise werden meist Hadithe zitiert, die allgemein als anerkannt gelten. Bösmeinende Islamkritiker dagegen zitieren oft aus Hadithen, deren Wahrscheinlichkeit nicht als bestätigt gilt. Insofern ist es bei der Betrachtung eines Hadithen wichtig, aus welcher Sammlung er stammt - und was der Sammler u.U. noch für Bemerkungen hierzu gemacht hat. Die meisten Hadithe aus den Sammlungen von Buchari und Muslim gelten z.B. als "gut". Hadithe stellen nach dem Koran selbst die (in der Reihenfolge) zweite Quelle der islamischen Rechtsprechung dar, die dritte wäre dann der Analogieschluß. Zusammengenommen werden die Hadithe auch als "Sunna" des Propheten bezeichnet und bilden einen Teil des Glaubenskanons. Allgemein gesagt, wird der Glauben weit mehr von den Hadithen beeinflußt, als vom Korantext selbst, da sie dort ins Detail gehen, wo der Koran eher allgemein bleibt. Die Anzahl und Zeiten der Gebete werden z.B. ausschließlich durch die Hadithe definiert. "Offiziell" gilt jedoch der Koran als überlegen, weil er die Worte Allahs direkt weitergibt. Der Hadith tut dies zum einen nur in den Worten Mohammeds, zum anderen gibt er auch Informationen, die nicht von Allah direkt, sondern z.B. von Gabriel stammen. Da jedoch die Hadithe, die dem Koran widersprechen, weitgehend nicht verwendet werden, treten sie in der Praxis oft gleichrangig neben den Korantext. Aus diesem Grunde sollte man die Inhalte der Hadithe auch nicht als zweitrangig oder unwichtig betrachten. Übertragen auf die heutige Rechtpraxis wäre der Koran in etwa das Gesetzbuch und die Hadithe hätten die Bedeutung von Gesetzeskommentaren und Verwaltungsanordnungen.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#359988
16/01/2013 02:14
16/01/2013 02:14
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Joined: Jan 2011
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Malcolm
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Hallo Frogger,
ja ungefähr so habe ich es mir vorgestellt. Dazu sage ich mal, daß ich Deine informierten Beiträge sehr schätze. Woraus sich dann natürlich die Frage ergibt, ob ein moderner demokratischer Staat mit der Scharia kompatibel ist. Nicht nur inhaltlich, sondern auch im Prinzip, denn ein moderner Staat setzt einen mündigen Bürger voraus, der bereit ist, sein Schicksal selbst zu bestimmen. Während der Islam eigentlich einen Gläubigen fordert, der sich "Gottes Gesetz" unterwirft.
Das Christentum beruht eben auf dem Prinzip "Mein Reich ist nicht von dieser Welt". Zwar hat sich darum über Jahrhunderte der Klerus einen feuchten Kehrricht geschert, aber immerhin: Im Christentum gibt es doch ein paar gute Ansätze.
Na ja, mir schießt dabei die Bemerkung einer tunesischen Politikerin durch den Kopf "Diese Frage hat doch mit dem Islam nichts zu tun". Irgendwie aufgeschnappt, keine Ahnung, worum es ging. Also es scheint nun doch noch keine Gotteslästerung zu sein, daß es auch Fragen gibt, die mit dem Islam "nichts zu tun" haben.
Warten wir die Dinge mal ab, wobei es schade ist, daß man durch die westliche Presse kaum etwas über Tunesien und die anderen Staaten erfährt, aber dafür gibt es ja Foren wie dieses.
Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#359998
16/01/2013 19:58
16/01/2013 19:58
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Woraus sich dann natürlich die Frage ergibt, ob ein moderner demokratischer Staat mit der Scharia kompatibel ist.
Selbst wenn man verschiedene Spielarten der Demokratie betrachtet - die Antwort ist, und zwar eindeutig: nein. Die Scharia bezieht sich nämlich auf den Willen Gottes, während sich die Demokratie auf den Willen des Volkes bezieht (zumindest ist das in der jeweils reinen Lehre so). ein moderner Staat setzt einen mündigen Bürger voraus, der bereit ist, sein Schicksal selbst zu bestimmen.
Zum Thema "mündiger Bürger" und "Demokratie empfehle ich Dir zunächst diese Satire: http://www.philognosie.net/index.php/article/articleview/319/und danach eine exzellente Arbeit aus 2002, die man, wider Erwarten, bei der "Bundeszentrale für politische Bildung" findet: http://www.bpb.de/apuz/25554/die-demokratiekompetenz-der-buerger Also es scheint nun doch noch keine Gotteslästerung zu sein, daß es auch Fragen gibt, die mit dem Islam "nichts zu tun" haben.
Natürlich gibt es die - wieso denn nicht? Zwar können, doch nicht müssen, für den gläubigen Moslem alle Fragen mit der Koran-Lehre beantwortet werden, doch es ist ja nicht unbedingt notwendig, daß man nach allem fragen muß, sondern man kann auch selbst seine Kenntnisse einsetzen, um ein Problem zu lösen.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#360002
17/01/2013 02:46
17/01/2013 02:46
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Malcolm
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Hallo Frogger,
ich habe mir die Links mal angesehen. Meine Meinung trifft speziell diese "Satire" nicht.
Man muß sich darüber verständigen, was "Mündigkeit" beim mündigen Bürger bedeutet. Sie bedeutet ganz bestimmt nicht Kompetenz. Ich denke selbst sehr kluge Menschen sind nur in einem gewissen Maße "kompetent", um politische Wahlentscheidungen zu treffen.
Nur wiegesagt ist Mündigkeit etwas anderes als Kompetenz. Ich brauche kein abgeschlossenes Studium der Volkswirtschaft, der Politikwissenschaft und der Jurisprudenz, um bei einer politischen Wahlentscheidung mein Kreuzchen bei einer bestimmten Stelle zu machen.
Da nun Mündigkeit etwas anderes ist als Kompetenz, zeugt es geradezu von Unmündigkeit, Wahlentscheidungen aufgrund einer angeblichen, aber gar nicht vorhanden Kompetenz zu treffen. Dagegen kann es sehr wohl von Mündigkeit zeugen, Wahlentscheidungen aufgrund eines begründeten Vertrauens in die Kompetenz anderer zu treffen.
Was nun die Scharia betrifft: Ja sie ist ein Hemmschuh in der Entwicklung der islamischen Welt. Dabei mag es durchaus so sein, daß Menschen auch ein gewisses Vertrauen in "Schariarichter" und dergleichen setzen, weil sie sie als ehrwürdige Gestalten jenseits eines korrupten Systems sehen. Das kann ich teilweise sogar nachvollziehen. Das Problem sind nur die Radikalinskis, die ihre Länder in die Steinzeit zurückführen wollen. Wenn aber alles gut läuft - wir wollen es hoffen - dann kann Religion auch eine Rolle als gewissermaßen "unabhängige Macht" jenseits des politischen Klüngels spielen. Das ist allerdings zugegeben sehr christlich gedacht.
Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#360005
17/01/2013 05:09
17/01/2013 05:09
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Frogger
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Man muß sich darüber verständigen, was "Mündigkeit" beim mündigen Bürger bedeutet. Sie bedeutet ganz bestimmt nicht Kompetenz.
Das kommt ganz darauf an, in welchem Zusammenhang der Begriff benutzt wird. Im Kontext "mündiger Bürger" heißt es in etwa, daß die Bürger nicht nur für sich selbst Verantwortung übernehmen, sondern auch für ihren Staat und ihre Gesellschaft. Und da wiederum kommt es darauf an, was man von jemandem erwartet, der eine Verantwortung übernehmen will - ich würde davon z.B. auch eine gewisse Kompetenz und Willen erwarten, denn ansonsten ist derjenige eher nicht dazu geeignet, Verantwortung zu tragen. Ich brauche kein abgeschlossenes Studium der Volkswirtschaft, der Politikwissenschaft und der Jurisprudenz, um bei einer politischen Wahlentscheidung mein Kreuzchen bei einer bestimmten Stelle zu machen.
Kommt immer darauf an, wie eine Demokratie gestaltet wurde - nach einer Theorie ist die Demokratie in einer Masse (z.B. der Regierung eines großen Landes) nur dann effektiv oder möglich, wenn die Wählenden in der Mehrheit ignorant sind. Siehe zu diesem Thema z.B. auch hier: http://science.orf.at/stories/1691896/oder Anthony Downs Arbeit zur "Rationalen Ignoranz" Da nun Mündigkeit etwas anderes ist als Kompetenz, zeugt es geradezu von Unmündigkeit, Wahlentscheidungen aufgrund einer angeblichen, aber gar nicht vorhanden Kompetenz zu treffen.
In den meisten Fällen werden Wahlentscheidung im Hinblick auf Vorteile für das Individuum oder seine direkte Umgebung (Familie, Biotop), getroffen. Hier muß sich der Wählende meist in der Tat entscheiden, einer Aussage eines Politikers zu vertrauen oder nicht, da ein großer Teil der vom Politiker später zu treffenden Entscheidungen für ihn abstrakt ist. Was nun die Scharia betrifft: Ja sie ist ein Hemmschuh in der Entwicklung der islamischen Welt. Dabei mag es durchaus so sein, daß Menschen auch ein gewisses Vertrauen in "Schariarichter" und dergleichen setzen, weil sie sie als ehrwürdige Gestalten jenseits eines korrupten Systems sehen.
Warum ein Hemmschuh? Für welche Entwicklung? Das kann man doch nur aus einer ganz bestimmten, nämlich westlichen, Sichtweise so sagen, während eine andere Sichtweise durchaus zum entgegengesetzten Schluß kommen kann. Ich bin absolut nicht der Meinung, daß die Mehrheit der Moslems eine Demokratie der Scharia vorziehen würde; einer etwas abgemilderten, je nach individueller Sicht (und eigenen Situation!) vielleicht, doch nicht dem völligen Verzicht auf das islamische Rechts- und Wertesystem. Und dafür gibt es, aus deren Sicht, auch gute Gründe. Das Problem sind nur die Radikalinskis, die ihre Länder in die Steinzeit zurückführen wollen.
Nein, absolut nicht - das ist nämlich eher unsere Sicht der Dinge, doch nicht unbedingt auch die Sicht der Betroffenen. In Tunesien (und darum geht es ja im Thema) gibt es, und das habe ich hier und an anderer Stelle bereits geschrieben, eine gesellschaftliche Schicht, die von den Vorteilen westlichen Denkens und Lebens stark beeinflußt wurde und wird, und es gibt auch eine, sehr kleine, dem Westen zugeneigte intellektuelle Schicht. Vom Westen, ich muß es genauer sagen: von den Medien und einigen gesellschaftlichen Gruppen des Westens, werden hauptsächlich diese beiden Gruppen hofiert und ihre Aussagen verbreitet, sofern sie es nicht selbst tun. Doch nur selten ist der im Recht, oder hat der die Mehrheit, der am lautesten rufen kann. Die Mehrheit der Tunesier wäre mit einem islamischen Staat, und zwar einem ohne Einwirkung des Westens, durchaus sehr zufrieden, wenn nur, ja WENN dieser Staat dafür sorgen würde, daß sie ein wohlhabenderes und ruhigeres Leben führen könnten (Arbeitplätze, niedrige Preise, Sicherheit, islamische und tunesisch-traditionelle Werte). Die Alternative dazu ist dann aber nicht automatisch eine westliche Demokratie, sie könnte ebenso ein arabischer Pan-Nationalismus (oder Pan-Mahgrebismus, wie er von Marzouki favorisiert wird) sein, oder eine neue "Demokratur" wie unter BenAli und Konsorten (von denen einige ja in der Nidaa Tunes auftauchen). Es könnte, rein theoretisch, ebenso ein modifizierter Marxismus sein (der allerdings in den letzten 50 Jahren in Tunesien stark an Boden verloren hat, doch zusammen mit einigen linken Gruppierungen immer noch gewisse Kraft hat). Der Gedanke, daß man nur ein paar Radaubrüder aus dem Verkehr ziehen müßte, damit Tunesien am demokratisch-westlichen Wesen genesen kann, liegt fern ab der Realität. Zudem - gleiche Wahlen oder eine republikanische Verfassung sind noch lange kein Synonym für Demokratie, die z.B. auch die Minderheitenrepräsentanz einschließt - die in Tunesien z.B. derzeit ein völlig abwegiger Gedanke wäre). Und dann - wiederum - Tunesien IST ja auch bereits vor dem Umsturz schon eine Demokratie gewesen, auch wenn diese ausgenutzt und korrumpiert worden ist (man lese einmal die alte Verfassung, die neue ist übrigens auch nicht umwerfend anders...). Man sollte nicht so tun, als ob Tunesien mitten im Busch oder der Wüste läge und von derartigen Dingen jetzt erstmals etwas gehört hat und auf den Einfluß demokratischer Ideen aus dem Westen wartet oder angewiesen wäre. Doch schon in den letzten 50 Jahren wurde das Konzept nicht verstanden und verinnerlicht - und hatte ohnehin keine Relevanz, weil, wie oben angemerkt, der Staat und seine Bürger ganz andere Sorgen haben, als die gleiche und freie Wahl: Arbeitsplätze, Preise, Wertbewahrung. Übel genommen hat die Bevölkerung dem "Diktator" BenAli nur, daß er es zuließ, daß sich seine weitere Familie (nicht einmal er selbst) persönlich bereichert hat, und in Tunesien glaubten und glauben viele, sogar sehr viele, Menschen, die, von interessierter Seite lanzierten, Behauptungen, daß das Geld, das BenAli der Wirtschaft entzogen hat, ausgereicht hätte, um Tunesien zu einem Staat werden zu lassen, in dem es sich bequem leben läßt. In anderen Worten: Nur durch die Korruption und den Entzug der Reichtümer des Landes hatte die Bevölkerung ein schlechtes Leben, so wird es geglaubt und von interessierter Seite auch heute noch wieder und wieder beteuert. Diese böse Illusion lebt so noch immer fort und wird auch die neuen Machthaber mit dem tunesischen Volk nicht glücklich werden lassen - selbst dann nicht, wenn sie die besten Absichten hätten, was jedoch scheinbar ohnehin nicht der Fall ist. Das Resultat wird womöglich darin bestehen, daß die Massen erneut auf die Straße gehen - und dort sterben oder erfolgreich damit sind, einen Machthaber gegen einen anderen auszutauschen, ohne jedoch ultimativ selbst davon zu profitieren. Da sich das Land im Moment aber sehr stark polarisiert, glaube ich, daß im Falle eines Falles eher die Gewalt an erster Stelle stehen wird, denn bei einem erneuten Umsturz ziehen nicht mehr alle an einem Strang. Die selbstzerstörerische Agonie, in der sich Tunesien derzeit befindet, kann jedenfalls nicht mehr lange andauern - so oder so wird in nicht ferner Zukunft eine Änderung kommen, und ob das nun unbedingt in einer (dauerhaften) Demokratie mündet, so wie der Westen sie versteht, das wage ich zu bezweifeln.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#360010
17/01/2013 06:20
17/01/2013 06:20
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Joined: Jan 2011
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Malcolm
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Hallo Frogger,
ich erkenne in Deinen Worten eine Menge linksintellektuellen Zynismus, den ich so nicht teilen kann. Werte wie Freiheit der Meinungsäußerung, Selbstbestimmung, Menschenrechte, sind durchaus universelle Werte, nicht nur eine "westliche" Marotte. Sie werden sich auch über die Welt verbreiten, ich verstehe Deinen Pessimismus nicht. Die Entwicklung in Südamerika ist durchaus ermutigend und das zählt nicht zum "Westen", auch die Entwicklung in Osteuropa und Indien, vermutlich auch Indonesien zählen ebenfalls zu den Erfolgsmodellen demokratischer Entwicklung.
Ich verstehe durchaus, daß den meisten Menschen - etwa auch in Tunesien - das Hemd näher ist als der Rock. Die wollen erst mal bessere Lebensverhältnisse - klar. Aber die Freiheit der Meinungsäußerung schätzen dabei doch die meisten Menschen.
Danke für den Link - aber Menschen sind keine Fische. Natürlich ist es absolut wahr, daß Menschen in der Lage sind, aufgrund völlig oberflächlicher Dinge eine Wahlentscheidung zu fällen, weil die Merkel bei der Fußballweltmeisterschaft so hübsch gejubelt hat, weil die Sozialdemokraten einfach die hübschesten Kugelschreiber haben, weil der Westerwelle so ein netter Schwuler ist oder weil bei den Grünen die Männer so nett stricken. Das ist oberflächlich, zugegeben, aber ich muß keine Experimente mit Fischen heran ziehen, um zu sagen, daß diese Form von völlig unagressiver Oberflächlichkeit oder Ignoranz nicht das Schlimmste ist, was einer Gesellschaft passieren kann.
Dann gibt es andere Dinge, zum Beispiel "Interessen". Das ist aber für Parteien durchaus eine zweischneidige Sache, die FDP hat bei den letzen Wahlen den Leuten das Blaue vom Himmel versprochen und sie haben, wie zu erwarten, ein schönes Ergebnis eingefahren, aber ob sie mit denselben Versprechungen noch mal so einen Erfolg haben - na, das bezweifle ich.
Eine andere Sache sind "Traditionen". Meine Familie hat schon vor 45 Generationen SPD gewählt, also wähle ich auch SPD.
Das ist nun alles, wie ich zugebe, durchaus ein Zeichen von Ignoranz und auch meinetwegen Hape Kerkeling hat mit seinem "Wahlkampf" ( "Grevenbroich muß Bundeshauptstadt werden") diese Ignoranz durchaus bedient, denn es war eine Veralberung der Politik, die völlig unpolitisch war, und das hat vielen Leuten sehr gut gefallen, die ebenso unpolitisch waren.
Nur muß man nicht unbedingt "politisch" sein, um wählen zu gehen. Die "eher Unpolitischen" sind meistens moderate Leute und sie wählen dann etwas, was sie für "moderat" halten und das empfinde ich persönlich nicht für das Schlimmste, dafür muß ich keine Experimente mit Fischen herbei zitieren.
In der Tat hat mich nie etwas so sehr beschämt wie die Blamage der deutschen Intelligenz in den späten 60ern, die zweifellos weniger "ignorant" waren, aber für Mao und Lenin geschwärmt haben - während das "Volk", also die "Ignoranten" völlig ruhig blieben.
Und ich lebe gerne in der deutschen Gesellschaft und wünsche den Arabern eine ebensolche Gesellschaft. Nur ist diese Gesellschaft in Demokratiedingen weniger erfahren. Aber das kann alles noch kommen.
Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#360016
17/01/2013 17:31
17/01/2013 17:31
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ich erkenne in Deinen Worten eine Menge linksintellektuellen Zynismus, den ich so nicht teilen kann.
Tja, Du bist einer der wenigen, die das sagen, wieder andere stecken mich lieber in die rechte Ecke. Ich selbst würde es jedoch eher als Menschenverstand jenseits politischer Ideologien bezeichnen. Doch sei's drum... Werte wie Freiheit der Meinungsäußerung, Selbstbestimmung, Menschenrechte, sind durchaus universelle Werte, nicht nur eine "westliche" Marotte.
Nein, das sind sie nicht. Sie entspringen einer bestimmten Ideologie bzw. Theorie und wurden erst im Zuge der "Aufklärung" populär (via Naturrecht). Diese Aufklärung wiederum wuchs auf einem bestimmten Boden, auf dem sich heute, grob gesagt, die "westliche Kultur" befindet. Die Menschenrechte sind, insofern, eine Ausgestaltung der westlichen Kultur. Es gibt übrigens auch eine Erklärung zu den Menschenrechten, die von den islamischen Staaten gemacht wurde - diese setzen die Menschrechte beispielsweise unter den Vorbehalt der Kompatibilität mit göttlichen Geboten. Ultimativ wird sich die Meinung durchsetzen, die (zu einer bestimmten Zeit, das kann sich ja ändern) von der (dann) dominierenden Kultur geprägt ist - und das muß nicht unbedingt die westliche sein. Sie werden sich auch über die Welt verbreiten, ich verstehe Deinen Pessimismus nicht.
Hat nichts mit Pessimismus zu tun - wie gesagt, das, was von der Mehrheit getragen und propagiert wird, wird sich verbreiten (aber wohl niemals über die ganze Welt). Seit einiger Zeit befindet sich aber diesbezüglich die "westliche Welt" im Abstieg, und daher habe ich realistischerweise meine Zweifel, daß die für das genannte Ziel notwendige Dominanz sich in absehbarer Zukunft herstellen lassen wird. Die Entwicklung in Südamerika ist durchaus ermutigend und das zählt nicht zum "Westen", auch die Entwicklung in Osteuropa
Sowohl Südamerika, als auch einige Länder Osteuropas zählen zum westlichen Kulturkreis, was sowohl in der jeweiligen Bevölkerungwanderung, als auch der christlichen Missionierung begründet liegt. Hinzu kommt in vielen Ländern die imperiale bzw. koloniale (heute würde man sagen: geopolitisch determinierte) Vergangenheit, die einen massiven Einfluß auf die spätere Geschichte eines Landes hatte. Daß sich, im Detail, "Demokratie" durchaus auch in verschiedenen Gesichtern zeigt, ist den Einflüssen von weltlichen Traditionen und politischen Theorien zu verdanken (z.B. Ecuador, Brasilien, Bolivien, Venezuela, Kuba). Wir dürfen außerdem nicht vergessen, daß das gesamte letzte Jahrhundert eine Blütezeit linker Ideen gewesen ist. Diese haben sich massiv auf die Gesellschaftsideologien niedergeschlagen und ihren Weg in die Indoktrination des Nachwuchses gefunden. In (West-)Deutschland geschah dies besonders massiv durch den Einfluß der Besatzungsmächte in den 50ern bis 70ern, man sollte nicht die Größenordnung der "Umerziehung" in diesem Zeitraum unterschätzen. Und die Besatzungsmächte (die ja auch Kriegsgewinner waren und die damalige Welt dominierten) selbst, zu einem gewissen Grad sogar Rußland, haben ihre eigene liberale, teils linke Historie. Erst seit den 80ern und 90ern erwachsen diesem Weltbild ernsthafte Konkurrenten mit Gegen-Entwürfen, und zu diesen gehören die "arabische Welt" und Zentral/Südasien (namentlich China). Interessanterweise haben aber in beiden großen Kontraparteien die Menschen- und Individualrechte eine andere Bedeutung, als im westlichen Entwurf, was einen unvoreingenommenen Beobachter eigentlich dazu bringen sollte, daran zu zweifeln, daß die Theorie der Menschenrechte nach westlichem Verständnis tatsächlich "universal" ist und ob der westliche Entwurf bei gleichzeitigem Schwinden seines geopolitischen Einflusses die Dominanz erringen wird.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#360018
17/01/2013 19:36
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#360032
18/01/2013 15:11
18/01/2013 15:11
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Ja das sehe ich anders. Menschenrechte sind keine "Ideologie", sondern leiten sich aus der einfachen Überlegung ab, daß ich erstens Menschen nur für etwas bestrafen kann, wodurch ein realer Schaden entstanden ist und zweitens daß ich Menschen nur für etwas bestrafen kann wofür er verantwortlich ist. Für seine Meinung ist der Mensch nicht verantwortlich, sie entsteht bei ihm, ohne daß er sie wählen kann.
Wäre dies so, dann bestünde hierüber allgemeiner Konsens, nicht wahr? Nicht nur heute, sondern zu allen Zeiten und überall. Da der Konsens aber nicht besteht und nicht bestand, muß es also verschiedene Theorien geben, die auf verschiedenen Annahmen oder verschiedenen Denk-Zielen beruhen. Für Kulturen, die solche einfachen Grundsätze nicht nachvollziehen, sondern Menschen für ihre Meinungen oder die Art oder Vorhandenheit ihres religiösen Glaubens ( was auch eine Meinung ist) hinter Gitter bringen, sehe ich mich nicht zum geringsten Respekt veranlaßt. Das sind nicht "andere Kulturen", sondern das sind schlicht Hinterwäldler.
Ja, mit solchen Argumenten haben auch schon die Kolonialmächte ihre Superiorität gegenüber den armen unterentwickelten Wilden begründet und ihnen das Wohl der Zivilisation näherbringen wollen. Am Ende steht, daß man erkennen muß, daß es verschiedene Wege gibt, die alle nach Rom führen, in diesem Falle zum Zusammenleben von Menschen zwischen Geburt und Tod. Ob daraus während dieser Zeit der einzelne Mensch oder die Gruppe von Menschen den größten Vorteil ziehen sollte, ist Gegenstand unterschiedlicher Theorien, ebenso, ob die Menschen einen Vorteil gegenüber anderen Entitäten der Natur genießen und diese auch über ihren Anteil hinaus ge- und verbrauchen sollten. Ob die Ordnung, in der die Menschen zur Gruppe zusammengefaßt werden, von allen Menschen, von der jeweiligen Gruppe, von den besten oder den befähigsten Menschen - oder aber von einem göttlichen Wesen ausgehen soll, ist Bestandteil unterschiedlicher Theorien (man könnte auch sagen in bestimmter Weise begründeter Glaubenskonstrukte). Und ob man nun diejenigen, die anders denken und anders glauben, zum eigenen oder zu deren Wohl überzeugen muß, an die eigenen Theorien zu glauben, oder sie gar zu ihren Glück zwingen muß oder sie als unwerten Bestandteil der Umwelt ausmerzen muß, das ist wieder ein Bestandteil von Theorien. Einigen Menschen mag es da helfen, von außen, von weit außen, auf die eigene Art herabzublicken und zu erkennen, wie mikroskopisch kurz und insignifikant doch das einzelne Leben vor dem Hintergrund des Großen Ganzen ist - und allein dadurch Ruhe, Gelassenheit und Frieden finden.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#360033
18/01/2013 15:19
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Frogger
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#360034
18/01/2013 16:03
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Malcolm
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Es ist mir ziemlich wurscht, ob hinsichtlich der Menschenrechte "Konsens" besteht. Es mag auch hinsichtlich der Mathematik keinen Konsens geben, trotzdem macht 2 + 2 = 4.
Und die Kolonialmächte hatten ziemlich starke Interessen an den von ihnen kolonisierten Ländern, es ging von Anfang an um Gold, Rohstoffe usw. Das heißt das Argument, den Wilden die Zivilisation zu bringen, war von vorneherein vorgeschoben. Das wahre Interesse lag doch darin, sie nur weiter Wilde zu lassen, um sie weiter ausbeuten zu können.
Nur in einem Punkt gebe ich Dir völlig recht. Wie die Araber, Muslime leben wollen, ist zunächst mal deren eigene Sache. Wir haben uns da grundsätzlich nicht einzumischen.
Nur wie weit soll die Sache mit der "Nichteinmischung" gehen? Sie kann sicher nicht so weit gehen, sich selbst zu verleugnen. Also werde ich wohl Hinterwäldler nachwievor Hinterwäldler nennen dürfen. Sie kann auch nicht so weit gehen, daß mir formalistische Argumente von Nichteinmischung so wichtig sind, daß ich zum Beispiel Völkermord in der größten Seelenruhe mir angucke und mich dabei noch moralisch überlegen fühle. Und mich dabei hinter formalistischen Argumenten der "Nichteinmischung" verstecke, anstatt mich für mein Verhalten verantwortlich zu fühlen.
Verantwortung bedeutet im übrigen, daß ich Entscheidungen treffe, die klappen können oder auch schief gehen. Das heißt, ich will etwas gutes bewirken, wie die Amerikaner im Iak, und richte ein riesiges Blutbad an. Nur das ist eben das Problematische am Prinzip der Verantwortung. Deshalb würde ich Bush JR. auch nicht für den Irakkrieg moralisch verurteilen, nur daß es ein "dumb war" war, wie Obama sagt, wird wohl richtig sein.
Nur wer keine Entscheidungen treffen will, deren Folgen er nicht absehen kann, ist meines Erachtens nur ein vollkommen unpolitischer Mensch, da er sich beständig hinter irgendwelchen Formalismen versteckt.
Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#360035
18/01/2013 16:32
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Noch zur islamischen Menschenrechtserklärung: Das ist haarsträubender Unsinn und hat mit Menschenrechten nicht im geringsten zu tun. Das ist pures Mittelalter.
Ich denke es gibt im sogenannte "Westen" zwei Postionen. Die eine Position hält die eigene Kultur für überlegen und sagt das auch, mehr oder weniger verbrämt. Die andere Position hält die eigene Kultur auch für überlegen, sagt aber etwas anderes oder das Gegenteil. Von diesen zwei möglichen Positionen ist mir die erste ehrlich gesagt sympathischer, weil sie ehrlicher ist.
Und das Lächerlichste ist es, die erste Position als "Rassismus" zu titulieren. Denn es ist nicht rassistisch die eigene Position als "überlegen" anzusehen, es ist weitaus rassistischer, Freiheit und Menschenrechte für sich selbst zu reklamieren, aber zu glauben, die sogenannten Wilden seien für so etwas nicht geschaffen. Ich halte aber meinetwegen die Araber oder die Afrikaner für kein bißchen dümmer als wir, also warum sollen sie für die Tyrannei, auch die einer Religion, geschaffen sein.
Das einzige, was wirklich unrealistisch ist, ist, den Islam irgendwie "wegzubekommen" und das verlange ich auch nicht. Aber ansonsten gilt es, klare Kante zu zeigen und völlig unbeirrt auf bestimmten Grundsatzpositionen zu beharren.
Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#360036
18/01/2013 17:31
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Noch zur islamischen Menschenrechtserklärung: Das ist haarsträubender Unsinn und hat mit Menschenrechten nicht im geringsten zu tun. Das ist pures Mittelalter.
Ja, dieser Meinung kann man sein - aber auch anderer. Die Unterordnung unter göttliche Gebote bzw. wegen Furcht vor göttlichem Zorn hat weltweit und über tausende von Jahren bestanden, die Menschenrechtstheorien sind dagegen noch jung und erst für einen relativ kurzen Zeitraum in bestimmten Kulturen akzeptiert. Man kann damit argumentieren, daß die "natürliche" Weise diejenige der Götter ist, aber auch, daß nur die heutigen Theorien der heutigen Gesellschaft angemessen sind. Ich denke es gibt im sogenannte "Westen" zwei Positionen. Die eine Position hält die eigene Kultur für überlegen und sagt das auch, mehr oder weniger verbrämt. Die andere Position hält die eigene Kultur auch für überlegen, sagt aber etwas anderes oder das Gegenteil. Von diesen zwei möglichen Positionen ist mir die erste ehrlich gesagt sympathischer, weil sie ehrlicher ist.
Es gibt auch eine dritte, die u.a ich vertrete - ich halte die westliche Kultur nicht für überlegen, befürworte aber prinzipiell nichtreligiöse und technokratische, eventuell meritokratische Systeme, sowie unbedingte Staats-Transparenz und die Freiheit der Meinung. Und das Lächerlichste ist es, die erste Position als "Rassismus" zu titulieren. Denn es ist nicht rassistisch die eigene Position als "überlegen" anzusehen, es ist weitaus rassistischer, Freiheit und Menschenrechte für sich selbst zu reklamieren, aber zu glauben, die sogenannten Wilden seien für so etwas nicht geschaffen. Ich halte aber meinetwegen die Araber oder die Afrikaner für kein bißchen dümmer als wir, also warum sollen sie für die Tyrannei, auch die einer Religion, geschaffen sein.
Das ist richtig - es ist kein Rassimus, sondern Supremitätsdenken, da es nicht auf Unterschieden der "Rasse" basiert, sondern auf gesellschaftstheoretischen Modellen. Nicht alles, was heute als "Rassismus" bezeichnet wird, ist übrigens wirklich welcher - die Bezeichnung wird meist lediglich als Kampfbegriff verwendet, der eine Opposition durch den negativ geladenen Begriff schon vor dem Austausch von Argumenten in den Nachteil bringen soll. Das einzige, was wirklich unrealistisch ist, ist, den Islam irgendwie "wegzubekommen" und das verlange ich auch nicht. Aber ansonsten gilt es, klare Kante zu zeigen und völlig unbeirrt auf bestimmten Grundsatzpositionen zu beharren.
Auch der Islam basiert auf einem gesellschaftstheoretischen System, das seine Legitimität allerdings auf göttlicher Existenz (und als solche nicht hinterfragbar) gründet. Jeder Anhänger eines solchen Systems wird sein möglichstes tun, um seinem System gegen konkurrierende Systeme zum Sieg zu verhelfen. In der Tat wäre es der falsche Ansatz, einem konkurrierenden Modell ohne Not Raum zu geben - dies wäre nur dann eine erfolgversprechende Methode, wenn das andere System komplementär wäre. Und dies ist dann auch das Problem - von eher nationalen und rechts gesinnten Personen wird der Islam als Konkurrent verstanden, während eher links und global ausgerichtete Personen ihn als komplementär wahrnehmen oder definieren wollen. Hinzu kommt die wachsende Zahnpasta-zurück-in-die-Tube- gepaart mit wachsender-Minderheit-Situation, was einige auch als "schleichende Systemänderung" bezeichnen. Ich persönlich denke nicht, daß eine Lösung am Abwarte- und Verhandlungstisch für die erste Gruppe entstehen wird - und für die zweite Gruppe wird wegen der fehlerhaften Grundannahme ebenfalls keine Lösung herauskommen. Das könnte man dann auch eine loose-loose-Situation nennen.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#360041
18/01/2013 22:57
18/01/2013 22:57
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Nun gut, ein gewissermaßen "uminterpretierter" Islam könnte durchaus auch komplementäre Züge zur Mehrheitsgesellschaft entwickeln. Insofern mag ich den linken Standpunkt teilweise vertreten, halte aber ein naives "Die Welt muß bunter werden mit dem Islam" für gefährlich blauäugig. Ein gewisser linker Standpunkt ist dann auch ausgesprochen bizarr, wenn er geradezu sprunghaft agressiv auf die Dogmen des Christentums reagiert und duldsam gegenüber einer in mancherlei Hinsicht auch engere Religion wie den Islam. Es gibt auch eine dritte, die u.a ich vertrete - ich halte die westliche Kultur nicht für überlegen, befürworte aber prinzipiell nichtreligiöse und technokratische, eventuell meritokratische Systeme, sowie unbedingte Staats-Transparenz und die Freiheit der Meinung.
Wir müssen uns darüber verständigen, was wir mit "Kultur" eigentlich meinen. Kultur ist dreierlei: Herrschendes oder vorherrschendes religiöses System, in Deutschland das Christentum, zweitens praktizierte Theorie gesellschaftlicher Ideen, also Freiheit der Meinungsäußerung, Gewaltenteilung usw., drittens aber noch sehr viel mehr, was in obige Kategorien überhaupt nicht hineinpaßt, "Leistungskultur", Sportkultur, Eßkultur, Reinlichkeitskultur, Etikette -es gäbe vieles mehr. Deshalb mußt Du, wenn Du sagst, daß die westliche Kultur der arabischen nicht überlegen ist, sagen, was genau Du meinst und zwar in allen Bereichen. Also ist das Christentum dem Islam überlegen, ist die "praktizierte Theorie gesellschaftlicher Ideen" in Europa der von Arabien überlegen, und wie sieht es drittens mit der ganzen Lebenskultur aus. Das ist dann ein unheimlich weites Feld. Was die Lebenskultur anbetrifft, denke ich, daß wir viel von einander lernen können und uns jegliches Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Kulturen verkneifen sollten. Es mag eine Gastfreundschaft der Orientalen geben, von der wir etwas lernen können, eine Gelassenheit und Freundlichkeit des Chinesen, eine Religionstoleranz des Japaners, eine Genußfreudigkeit des Franzosen ( ein Klischee), es mag angenehme Sitten bei den Thailändern geben, eine Lebensfreude des Afrikaners, eine gewisse Vornehmheit des Inders, ein Gefühl für Harmonie beim Asiaten und was dergleichen mehr ist - das sind eh nur Beispiele, ich weiß nicht, ob sie stimmen, wahrscheinlich nicht, aber darum geht es ja auch nicht, es sind ja nur Beispiele. In diesem Bereich der "Lebenskultur" gilt es, jedes Supramitätsgefühl zu vermeiden, denn alle Dinge haben zwei Seiten, Fleiß ist nicht nur etwas durchaus Positives, Harmonie kann zur Harmoniesucht werden usw., wichtig ist es hier nur das Positive im Standpunkt seines gegenübers zu sehen ohne das Negative zu übersehen und so auch seinen anderen Standpunkt nicht zu übersehen. Was dagegen die erste Bedeutung der Kultur betrifft, die eigenen Religion einer anderen für überlegen zu wähnen, halte ich für sehr gefährlich. In der Praxis ist hier Respekt angesagt. In der Theorie? Ich halte es für problematisch, Religionen jeder Kritik zu entziehen. Das macht letztenendes blind. Kritik kann nur ausgesprochen dumm sein, wenn man Religion kritisiert, als ob sie ein wissenschaftliches System sei. Entscheidend ist doch wohl, daß religiöse Texte hochintelligente Texte sind, in denen nur sehr dumme Dinge stehen. Wer das nicht begreift, begreift an der Religion mit Verlaub gar nichts. Zum zweiten kritisiere ich Deine Aussage, daß Du ein "atheistisches System" bevorzugst. Also weißt Du, ein "atheistisches System" ist grundsätzlich totalitär, weil sie im schlimmsten Fall Religion unterdrückt und verfolgt und sie im besten Fall diskriminiert. Davon halte ich gar nichts. Du willst die "Freiheit der Meinung", nur anderseits "atheistische Systeme" - das paßt nicht zusammen. Nur vielleicht meinst Du es ja auch anders. Was Du vielleicht wirklich meinst, ist, daß gewisse Grundprinzipien des Zusammenlebens religionsneutral verfaßt sein sollten - und da gebe ich Dir wieder recht. Ich halte zum Beispiel nichts von religiösen Präambeln in verfassungsrechtlichen Grundtexten - und da würden wir uns vermutlich treffen -, ich hielte aber auch rein gar nichts davon, den Atheismus zu irgendeinem inhaltlichen Bestandteil einer Verfassung zu machen. Ich halte es aber umgekehrt auch nicht für vernünftig, daß Religion immer und immerfort "Privatsache" zu sein habe, diesen Standpunkt halte ich auch für nicht genug durchdacht. Sie ist auch Teil des Politischen und wird es immer sein. Atheismus ist im übrigen eine Gefahr gerade für die Multikulturalität des Zusammenlebens. Ob man nun Christ ist Atheist ist: Das Bewußtsein, in einer bestimmten religiösen Kultur zu leben, einer bestimmten Herkunft, ist für das Zusammenleben sehr wichtig. Wer als Christ den Islam kritisiert, tut es doch von einem religiösen Standpunkt aus. Sehr oft wird ein Mensch eines anderen Kulturkreises auch als der Religion dieses anderen Kulturkreises automatisch zugehörig gefühlt. Geht dieser Mensch eines anderen Kulturkreises aber auf diese fremde Religion los, weil er meint, als Atheist "neutral" sein zu können, so ist das erstens zweifelhaft und schafft zweifellos böses Blut. Deshalb bin ich auch mit meiner Kritik am Islam vorsichtig. Kritisiere ich den Islam als Christ, so bin ich mir bewußt, dies als religiöser Mensch zu sein, der selbst im Glashaus sitzt. Meine ich aber als Atheist meinen Kulturkreis verlassen zu können, so ist das in der Wirkung eine völlige Illusion. Der deutsche Atheist, der den Islam kritisiert, wird doch auf irgendeiner Ebene als "unverschämter Christ" wahrgenommen, der islamische Atheist, der den Islam kritisiert, als Überläufer zum Christentum. Und nun stelle ich einfach fest, daß das Zusammenleben von Christen, Muslimen und auch Atheisten über viele Jahrzehnte in dieser Gesellschaft zumindestens scheinbar gut funktioniert hat. Man wußte nicht viel voneinander - und vielleicht war das auch besser so. Nun versucht man wie Du sagst, die Zahnpasta in die Tube zurück zu bekommen. Das geht nicht, was aber vielleicht doch geht, ist so zu tun, als ob die Zahnpasta immer noch in der Zahnpastatube wäre - und das mag auf Dauer doch funktionieren. Wollen wir es hoffen. Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#360042
19/01/2013 01:51
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Herrschendes oder vorherrschendes religiöses System, in Deutschland das Christentum, zweitens praktizierte Theorie gesellschaftlicher Ideen, also Freiheit der Meinungsäußerung, Gewaltenteilung usw., drittens aber noch sehr viel mehr, was in obige Kategorien überhaupt nicht hineinpaßt, "Leistungskultur", Sportkultur, Eßkultur, Reinlichkeitskultur, Etikette -es gäbe vieles mehr. [quote] Das ist völlig richtig. Die Kultur ist ein Sammelbegriff für alle von der Gesellschaft für erstrebenswert gehaltene Eigenschaften. Und noch mehr - auch früher geschätzte Eigenschaften gehören zur Kultur. Und da gibt es durchaus überall positive und negative Dinge. Allerdings definiert jeder "Kultur" und die Bestandteile der Kultur unterschiedlich, zumal dem einen diese und dem anderen jene Bestandteile wichtig oder unwichtig sind. Wenn ich besipielsweise sagte, daß mir historische Maler oder Dichter, gar Musiker, absolut schnuppe sind, würde es sicherlich jemanden geben, der mich als Kulturbanausen bezeichnete und diese Personen/Werke vielmehr als Errungenschaften der Kultur bezeichnete. Und wenn ich es gar sagte, daß ich den christlichen Einfluß in der Pfeife rauchen könnte, würden noch viel mehr aufspringen und dieselbe Gegen-Antwort geben.
[quote=Malcolm] Deshalb mußt Du, wenn Du sagst, daß die westliche Kultur der arabischen nicht überlegen ist, sagen, was genau Du meinst und zwar in allen Bereichen.
Ja, das ist richtig - aber das würde hier zu weit führen, da ich ja zunächst dazu erst, siehe oben, meinen persönlichen Wertekanon definieren müßte. Zudem müßten wir herausarbeiten, welches Bestandteil einer Kultur nun wirklich "Kultur" ist, und, genauer, welches Teile der Kultur nun wirklich selbst entwickelt anstatt bloß übernommen oder vorgehalten sind. Ich kann aber so viel dazu sagen, daß ich die Kultur z.B. in Deutschland noch vor z.B. 40 Jahren als solide und erfolgreich bezeichnet hätte. Der Umbruch kam in den 90er Jahren, oder präzise: er wurde dann offensichtlich. Doch falls jemand einen anderen Wertekanon hat, mag er dies vielleicht genau umgekehrt sehen. Was dagegen die erste Bedeutung der Kultur betrifft, die eigenen Religion einer anderen für überlegen zu wähnen, halte ich für sehr gefährlich. In der Praxis ist hier Respekt angesagt. In der Theorie? Ich halte es für problematisch, Religionen jeder Kritik zu entziehen. Das macht letztenendes blind. Kritik kann nur ausgesprochen dumm sein, wenn man Religion kritisiert, als ob sie ein wissenschaftliches System sei.
Hierzu könnte man sehr viel schreiben, denn die Religion und der Glaube haben nicht nur positive und nicht nur negative Seiten, dafür aber ein großes Mißbrauchpotential. Zum zweiten kritisiere ich Deine Aussage, daß Du ein "atheistisches System" bevorzugst. Also weißt Du, ein "atheistisches System" ist grundsätzlich totalitär, weil sie im schlimmsten Fall Religion unterdrückt und verfolgt und sie im besten Fall diskriminiert.
Das behauptest Du, allerdings ohne Argumente. Umgekehrt behaupte ich, daß ein religiöses System meist totalitaristisch ist, nicht nur, weil es die typischen Merkmale der Definition besitzt, sondern weil es, z.B. bei den größeren Religionen, auf Diskrimination beruht, die Diskrimination also bereits immamenter Bestandteil des Systems ist, noch bevor andere überhaupt hinzutreten. Der Atheismus an sich tut dies nicht, sondern behauptet nur, daß es keinen Gott gibt oder er nicht an einen bestimmten Gott glaubt, trifft aber keine Aussage darüber, daß er diejenigen, die daran glauben, wegen des Glaubens verfolgen will. Im übrigen setzte ich atheistisch direkt neben technokratisch, wobei das letztere ein System bezeichnet, daß auf Wissen und Wissenschaft aufbaut und "atheistisch" insofern als ein "nicht auf dem Glauben aufbauend" zu verstehen ist. ich hielte aber auch rein gar nichts davon, den Atheismus zu irgendeinem inhaltlichen Bestandteil einer Verfassung zu machen.
Das würde auch nicht geschehen, da, wenn es Bestandteil einer Verfassung wäre, die Religion durch eine Weltanschauung ersetzt würde - die aber letztlich ebenfalls auf dem Glauben beruht. Ich halte es aber umgekehrt auch nicht für vernünftig, daß Religion immer und immerfort "Privatsache" zu sein habe, diesen Standpunkt halte ich auch für nicht genug durchdacht. Sie ist auch Teil des Politischen und wird es immer sein.
Dafür sehe ich keine Zwangsläufigkeit. Es ist auch nicht so, daß bestimmte Werte allein durch bestimmte religiöse Ansichten erzeugt worden wären - denn sonst gäbe es keine prosperierenden Gebiete unterschiedlicher Religionen. In der Tat denke ich, daß das, was auf privatem Glauben beruht, auch in die private Kammer gehört. Ich negiere damit nicht die Vergangenheit, den die heutige Situation ist so, wie sie ist, und wie sie entstanden ist. Doch die Gegenwart, die kann sehr wohl beeinflußt werden. Atheismus ist im übrigen eine Gefahr gerade für die Multikulturalität des Zusammenlebens. Ob man nun Christ ist Atheist ist: Das Bewußtsein, in einer bestimmten religiösen Kultur zu leben, einer bestimmten Herkunft, ist für das Zusammenleben sehr wichtig.
Zum einen hat es wenig Sinn, die Kultur hier nur auf die Religion zu beschränken - darauf hast Du auch selbst hingeweisen gehabt. Zum anderen jedoch müßten wir erst einmal feststellen, ob es "Multikulturalität" überhaupt gibt, und ob ob sie von den Beteiligten (und zwar allen) aktiv erstrebt wird - oder ob dies nicht ein bloßer Wunsch oder Kampfbegriff ist. Wer als Christ den Islam kritisiert, tut es doch von einem religiösen Standpunkt aus. Sehr oft wird ein Mensch eines anderen Kulturkreises auch als der Religion dieses anderen Kulturkreises automatisch zugehörig gefühlt. Geht dieser Mensch eines anderen Kulturkreises aber auf diese fremde Religion los, weil er meint, als Atheist "neutral" sein zu können, so ist das erstens zweifelhaft und schafft zweifellos böses Blut.
Also siegt im Zweifelsfall die Gewalt über den hehren Willen, das empfinde ich nicht als ein gutes Ziel - und eine Religion, in der es böses Blut gibt, nicht als eine Religion, die sich für ein friedvolles Zusammenleben eignet. Das ist natürlich ein theoretischer Satz, denn in der Praxis sieht es ja gegenteilig aus. Deshalb bin ich auch mit meiner Kritik am Islam vorsichtig. Kritisiere ich den Islam als Christ, so bin ich mir bewußt, dies als religiöser Mensch zu sein, der selbst im Glashaus sitzt. Meine ich aber als Atheist meinen Kulturkreis verlassen zu können, so ist das in der Wirkung eine völlige Illusion. Der deutsche Atheist, der den Islam kritisiert, wird doch auf irgendeiner Ebene als "unverschämter Christ" wahrgenommen, der islamische Atheist, der den Islam kritisiert, als Überläufer zum Christentum.
Ich verstehe das richtig - weil die Gefahr besteht, daß man von anderen nicht so wahrgenommen wird, wie man es möchte, halte ich besser meinen Mund und vergesse alle meine Kritik? Tut mir leid, einem so surrealen Gedanken kann ich nicht folgen. Und nun stelle ich einfach fest, daß das Zusammenleben von Christen, Muslimen und auch Atheisten über viele Jahrzehnte in dieser Gesellschaft zumindestens scheinbar gut funktioniert hat.
Ja, gnaz salopp gesagt, in den meisten Fällen, weil alle am gleichen Strang gezogen haben und es allen gleich schlecht ging. Die Änderung entstand erst dann, als die eine Gruppe Vorteile erlangte, die die andere nicht hatte oder die eine Gruppe auf Vorteilen bestand, die die andere nicht hatte oder haben wollte. Wir können zudem schlecht eine Situation zu verschiedenen Zeiten miteinander vergleichen, und nicht zu vergessen, hat die Dynamik in den letzten 50,60 Jahren derart zugenommen, daß das, was heute in 1 Jahr passiert, in der Vergangenheit 10, 20 und mehr Jahre zur Entwicklung gebraucht hat. Das, was im Jahre 1700, 1800 oder 1950 funktioniert hat, funktioniert nicht automatisch auch heute, denn die Welt heute ist nicht mehr die von damals. Es müssen also Lösungen gefunden werden, die zum einen auf der absoluten Gleichheit der Gruppen beruhen und zum anderen müssen diese Gruppen sich dann auch noch als im gleich Boot sitzend begreifen. Bei beiden genannten Bedingungen erkenne ich nicht, wie man sie erreichen oder danach gewährleisten könnte - in der Theorie wäre dies natürlich durchaus denkbar, zumal in kleinerem Rahmen.
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Frogger]
#360046
19/01/2013 16:33
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Worin besteht denn eigentlich unser grundsätzlicher Dissenz? Nun, ich denke, Deine Position ist, die Gesellschaft durch "Kritik" voranzubringen, das heißt durch einen immer weitergehenden "aufklärerischen" Prozeß. Diese Meinung sei Dir unbenommen, ich habe nur eine andere.
Zunächst einmal halte ich einen naiven aufklärerischen Optimismus für grundsätzlich illusionär. Hat das Christentum etwas nachgelassen, blüht stattdessen die Esoterik oder politischer Wahn oder was weiß ich.
Niemand will Dir Deine Kritik weg nehmen, es ist nur die Frage, was Du mit ihr bewirkst. Zunächst einmal sollte man die Welt doch wahrnehmen, wie sie ist und nicht wie man sie haben möchte. Die Welt besteht aus Menschen. Menschen, die in ihrer Mehrheit ziemlich dumm und leichtgläubig sind. Dafür können sie nichts, das ist ihr Naturell. Erziehung kann dazu dienen, ihr Potential abzurufen, sie kann aber nicht einen dummen Menschen in einen klugen verwandeln, einen Leichtgläubigen in einen Skeptischen.
Der aufklärerische Standpunkt ist nicht nur in seinen Zielen illusionär, er ist es auch in dem Wahn, daß der Fortschritt immer weiter ginge. Und das ist mir zu optimistisch, denn es kann durchaus auch wieder zurück gehen. Ich bin mit dieser Gesellschaft im wesentlichen einverstanden, das heißt nicht mit allen Dingen, aber bei mir dominiert weitaus mehr die Sorge, daß wir unsere Errungenschaften verspielen könnten, als daß mich die Frage umtreibt, wie wir weitere Fortschritte erzielen könnte. Und wir könnten einiges verspielen. Wir können Europa verspielen, wir könnten etwas auch im religiösen Bereich die Ökumene verspielen, die dem Atheisten wahrscheinlich wurscht ist, die aber durchaus etwas sehr wichtiges beschreibt.
Zur Kritik habe ich ein anderes Verhältnis wie Du, weil mein Hauptmovens die Sorge ist. Ich habe Angst, daß Europa an nationalen Egoismen zugrunde geht, weil der Idealismus der Gründerväter verloren gegangen ist. Ich habe Angst, daß evangelikale Strömungen Pfingstler und was weiß ich, die ökumenische Strömung kaput machen könnten. Ich habe auch Angst, daß diese Gesellschaft ihre religiöse Toleranz gegenüber anderen Religionsgemeinschaften verlieren könnte.
So beschreibt das, was Du als surreal an mir siehst, im Grunde nichts weiter als daß ich besorgt bin und als soziales Wesen agieren möchte, das dieser Gesellschaft keinen unnötigen Schaden zufügen möchte. Diese Gedanken scheinen Dir aber so fremd zu sein, daß wir im Grunde keine gemeinsame Gesprächsebene mehr finden.
Gruß Malcolm
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Re: 4 sehenswerte Filme.
[Re: Malcolm]
#360047
19/01/2013 23:48
19/01/2013 23:48
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Nun, ich denke, Deine Position ist, die Gesellschaft durch "Kritik" voranzubringen, das heißt durch einen immer weitergehenden "aufklärerischen" Prozeß. Diese Meinung sei Dir unbenommen, ich habe nur eine andere. Zunächst einmal halte ich einen naiven aufklärerischen Optimismus für grundsätzlich illusionär. Hat das Christentum etwas nachgelassen, blüht stattdessen die Esoterik oder politischer Wahn oder was weiß ich.
Es geht m.E. gar nicht darum, daß man letzten Endes unbedingt erfolgreich ist,sondern darum, daß man das möglichste versucht hat. Aufklärung ist eine Hilfe zur Selbsthilfe und ich bin definitiv der Meinung, daß dies die einzig richtige Hilfe ist, die man einem anderen geben kann. Menschen, die in ihrer Mehrheit ziemlich dumm und leichtgläubig sind. Dafür können sie nichts, das ist ihr Naturell. Erziehung kann dazu dienen, ihr Potential abzurufen, sie kann aber nicht einen dummen Menschen in einen klugen verwandeln, einen Leichtgläubigen in einen Skeptischen.
Ich bin nicht der Meinung, daß die Mehrheit dumm ist, ist bin aber der Meinung, daß diejenigen, die davon überzeugt sind, daß die Mehrheit der Menschen dumm ist, auch alles daran setzen, sie in diesem Zustand zu halten, ultimativ, um sie als Masse einfacher zu kontrollieren. Dies mag aus politischen Gründen und massenpsychologischen Gründen sogar eine Berechtigung haben, doch meine humanistische Überzeugung läßt sich damit nicht in Einklang bringen. Wohlgemerkt, wer sich selbst dazu entscheidet, "dumm" zu bleiben und sein Potential nicht zu entwickeln, dem muß diese Entscheidung unbenommen bleiben - doch es muß gewährleistet sein, daß es sich dabei auch um eine persönliche und gnaz besonders um eine informierte Entscheidung handelt. Der aufklärerische Standpunkt ist nicht nur in seinen Zielen illusionär, er ist es auch in dem Wahn, daß der Fortschritt immer weiter ginge. Und das ist mir zu optimistisch, denn es kann durchaus auch wieder zurück gehen.
Auch die Degradation einer Gesellschaft ist eine Entwicklung. Ich sprach ja auch nicht von "Fortschritt", sondern von der Möglichkeit, sogar vom Recht, informierte Entscheidungen zu treffen. aber bei mir dominiert weitaus mehr die Sorge, daß wir unsere Errungenschaften verspielen könnten, als daß mich die Frage umtreibt, wie wir weitere Fortschritte erzielen könnte. Und wir könnten einiges verspielen. Wir können Europa verspielen, wir könnten etwas auch im religiösen Bereich die Ökumene verspielen, die dem Atheisten wahrscheinlich wurscht ist, die aber durchaus etwas sehr wichtiges beschreibt.
Welche grandiosen, besonders bewahrenswerten, Errungenschaften haben wir denn erreicht, die andere nicht auch, vielleicht langsamer, vielleicht schneller, ebenso erreicht haben? Bei der Ökumene, im Sinne des Verständnissen zwischen den Religionen haben wir beispielweise sicherlich keine fortschrittlichere Position erreicht, als einige asiatischen Länder (und selbst dort gibt es zuvorderst den Konflikt mit nur einer invasiven Religion, das ist nachdenkenswert). Zur Kritik habe ich ein anderes Verhältnis wie Du, weil mein Hauptmovens die Sorge ist. Ich habe Angst, daß Europa an nationalen Egoismen zugrunde geht, weil der Idealismus der Gründerväter verloren gegangen ist.
Das ist richtig - ich kritisiere aus dem Gedanken heraus, daß ich etwas nicht richtig finde. Dies aber nicht leichtfertig,sondern nur, wenn ich dazu stabile Argumente zu haben glaube und etwaige Gegenargumente zumindest grob vorab auf ihren Gehalt beurteilen konnte. Mir geht es zuvorderst um die Legalität, Legitimität, Wissen und Prinzip - also Dinge, die von jedem nachvollzogen werden können. Ich habe Angst, daß evangelikale Strömungen Pfingstler und was weiß ich, die ökumenische Strömung kaput machen könnten. Ich habe auch Angst, daß diese Gesellschaft ihre religiöse Toleranz gegenüber anderen Religionsgemeinschaften verlieren könnte.
Dieser Bereich ist für mich zum Beispiel völlig irrelevant. Außerdem bin ich der Aufassung, daß die christlichen Spielarten der Religion ihren Kampf gegen z.B. atheistische und islamische Strömungen schon lange verloren haben. Schon auf mittlere Sicht bleibt ihnen nur noch Appeasement oder Untergang - und das Mittel der Wahl ist derzeit anscheinend das Appeasement, ein Verhalten, daß auch evolutionär nur in sehr wenigen Fällen einen Vorteil erbracht hat. So beschreibt das, was Du als surreal an mir siehst, im Grunde nichts weiter als daß ich besorgt bin und als soziales Wesen agieren möchte, das dieser Gesellschaft keinen unnötigen Schaden zufügen möchte. Diese Gedanken scheinen Dir aber so fremd zu sein, daß wir im Grunde keine gemeinsame Gesprächsebene mehr finden.
Ich darf es Dir an dieser Stelle sagen, daß ich auf die "deutsche demokratische Grundordnung" in meinem Leben bisher, in verschiedenen Funktionen, dreimal einen Eid geschworen habe. Darauf, sie zu bewahren und gegen jene, die sie verändern wollen, zu verteidigen, und jedesmal habe ich diesen Eid voller Überzeugung ausgesprochen. Ich habe diese Überzeugung auch heute noch, doch die Grundordnung, genauer, sie und auch die Idee dieser Ordnung, ist nicht mehr die, die sie einmal war, als sie erstellt wurde. Die Konsequenz, die sich für mich aus diesen Aussagen ergibt, verstehst Du sicher. Ein soziales Wesen sollte übrigens nicht nur dafür sorgen, daß er den anderen Mitgliedern dieser seiner Gruppe nicht schadet, sondern auch dafür, daß er die Gruppe an sich voran bringt. Sonst besteht nämlich die Gefahr, daß man am Ende nur noch Symptome, anstatt die Erreger, bekämpft. Ansonsten teile ich Deinen Gedanken, daß wir uns auf der Ebene, auf der wir uns austauschen konnten und wollten, weitgehend verständigt und unsere Argumente ausgetauscht haben.
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