solche Geschenke mache "ich" hier auch nicht

Zumindest nicht "Hotelangestellten" auch wenn es nun Bekannte sind!
Ja, ein Tourist macht sich kaum darüber Gedanken, was er mit "Geschenken" anrichtet. Nehmen wir einmal an, daß jemand ein Trinkgeld von 10 Euro an einen Kellner oder ein Zimmermädchen gibt, für die Dauer eines 2wöchigen Urlaubs. Das hört sich für unsere Ohren nach sehr wenig an und vielen Touristen hätten sogar den Eindruck, daß das knauserig ist.
Auf der Seite des Empfängers aber stellen 10 Euro bereits mehr als 5%, des normalen monatlichen Lohns (ca. 300 Dinar = 150 Euro) dar. Oder, in anderen Worten, die Bedienung von nur 20 Trinkgeldgebern oder Säuberung von nur 20 Zimmern pro Monat macht sich für ihn genauso bezahlt, als ob er einen ganzen Monat arbeiten geht. Übertragen auf deutsche Verhältnisse ist ein solches Trinkgeld etwa so hoch, als man einem deutschen Hotelbeschäftigten 40-50 Euro in die Hand drückte.
Hierdurch entstehen gleich drei Probleme: Zum einen wissen die Hotels um Trinkgeldgaben und können für diese Kräfte die normalen Lohnzahlungen auf einem niedrigen Niveau lassen. Damit aber bleibt auch das Niveau der anderen Arbeitskräfte in vergleichbaren Tätigkeiten gering und der ganze Sektor wird von Verbesserungen bei Lohn und Effektivität entlastet. Zum anderen entsteht bei Mitarbeitern, die nicht direkte Trinkgelder erhalten können, weil sie in Lager, Verwaltung, etc. arbeiten, Neid. Und zum letzten erzielen Beschäftigte, die trinkgeldnah arbeiten, ein überproportional hohes Gesamt-Einkommen bezogen auf die Ausbildung und Berufserfahrung. Dies zieht mehr wenig qualifizierte Personen in diesen Sektor, und verringert am Ende nicht nur den Lohndruck, sondern auch die Qualität und erhöht sogar die Arbeitslosigkeit.
Hinzu kommt, daß viele Touristen für Dienstleistungen (Friseur etc.) einen von vornherein höheren Betrag zahlen, weil sie die normalen Preise nicht kennen und dann zu allem Überfluß darauf noch ein hohes Trinkgeld dazulegen.
Das monatliche Einkommen für gering qualifizierte Arbeitskräfte liegt bei etwa 300 Dinar (150 Euro), für ungelernte Hilfskräfte darunter und für gut qualifizierte (z.B. Verwaltung) etwa bei 500. In den großen Touristenzentren und großen Städten ist das Lohnniveau tendenziell dabei etwas höher, als in touristenfernen Gebieten, kleineren Städten oder kleinen Touristenzentren.
Wohlgemerkt - es geht hier nicht darum, ob man Trinkgeld gibt oder nicht, sondern wie hoch es ist, und dasselbe gilt entsprechend für etwaige Sachgeschenke. Falls diese beiden Gaben unangemessen hoch sind, verzerrt der Tourist das lokale Lohnniveau und u.U. sogar die ganze Gesellschaft mit Folgen, die oben beispielhaft und nicht abschließend genannt sind.