Eine Militärdiktatur würde an den grundlegenden Problemen nichts ändern. Zum Beispiel an diesem hier: Sagt ein Tunesier zum anderen "Die meisten von uns Tunesiern sind doch zwischen 15 und 30, die meisten Politiker zwischen 60 und scheintot. Was können die davon wissen, was wir wirklich wollen?

Das Haupt-Problem ist nämlich, daß das Denken, die Moral, die Philosophie und die Überlebensstrategie von 50 Jahren die Gesellschaft völlig durchdrungen hat und daß diejenigen, die gestern, heute und morgen bestimmen und bestimmen wollen, fast alle zur alten und uralten Garde zählen.
Mit Rezepten und Idealen von vor 20, 40 und mehr Jahren aber kann kein heutiger Staat mehr geheilt werden. Und auch nicht mit Erfahrungen, die ja nur die Realität der "eingeschränkten" Zeit widerspiegeln, also keine breite Quelle haben (sieht man von den wenigen Personen ab, die aus dem Ausland in die Regierung geholt wurden).

Nur mit einem tiefen, einem totalen Schnitt, und den bereits vor vielen Wochen, hätte Tunesien eine gute Chance gehabt, schon bald einen neuen Kurs zu segeln. Diesen Schnitt aber wollten weder die alten Politiker, welches Mäntelchen sie sich auch immer nun umgehängt haben, noch die Investoren, die für ihre Tätigkeit ja gerade auf konstante Faktoren angewiesen sind. Und auch nicht die Lenker der Staaten und Gemeinschaften, die es gewohnt sind, Probleme solange unter Bergen von Geld das sie nicht selbst erwirtschaftet haben, zu begraben, bis sie einst abgetreten sind.

Das Trauerspiel, das in Tunesien derzeit aufgeführt wird, das hätte man nämlich auch billiger inszenieren können, billiger an Sachaufwendungen und vor allem billiger an Menschenleben.

Übrigens: die Zahl der Polizeikräfte übersteigt die des Militärs ganz wesentlich. Die eigentliche Macht (bzw. Willkür) im Staate war und ist der Polizeiapparat.