Diese Partei, die gerne von sich behauptet, sie wäre eher mit der türkischen AKP vergleichbar, ist keine politische Partei im eigentlichen Sinne, sondern eher eine missionarische Bewegung (wurde auch als solche gegründet), und ist eine große Gefahr für die Frauenrechte und für die öffentlichen Freiheiten in Tunesien im Allgemeinen.
Nicht notwendigerweise, die meisten Mißgriffe der letzten Wochen (Beschimpfungen arbeitender und nicht verschleierter Frauen, Weigerung Frauen die Hand zu geben, Verbot von Musikveranstaltungen, etc.) kamen z.B. nicht aus der Nahda, sondern von den Salafisten und ihren Sympathisanten. Wem allerdings die Nahda zu zahm ist, der wird dann zu den Salafisten weiterwandern, die das wirkliche Problem darstellen (und auch die werden großzügig finanziert).
Inwieweit allerdings eine Partei, die der AKP vergleichbar ist, vorteilhaft ist, ist eine andere Frage, denn Tunesien ist nicht die Türkei, nicht von der Anzahl der Staatsbürger, nicht von der wirtschaftlichen und schon gar nicht von der regionalpolitischen Stellung her, ganz davon zu schweigen, daß Tunesien im westlichen Ausland durch Auswanderer nicht den Einfluß hat, den die Türkei mittlerweile z.B. in Deutschland hat. Und wie das Beispiel der AKP zeigt, braucht es da nur den richtigen Mann an der Spitze, um den politisch-religiösen Kurs zu wenden.
Allerdings wird die Nahda, und ich schätze, daß sie um die 40-60% politischen Einfluß (Wahlergebnis) liegen wird, einen bedeutenden Einfluß auf Tunesien ausüben, zumal damit zu rechnen ist, daß sich die anderen Klein- und Kleinstparteien vorwiegend mit der politischen Kursfindung und sich selbst beschäftigen werden und daher selbst dann, wenn die Nahda nur 30% erreichen würde, dies trotzdem für eine politische Mehrheit ausreicht.
Doch, wie gesagt, dies ist nicht per se negativ, kann aber natürlich schnell ins negative umschlagen. Andererseits - wenn die Mehrheit oder auch nur eine qualifizierte Minderheit in einer Wahl diese Entscheidung trifft, dann sollte es respektiert werden, denn reale Demokratie heißt ja in erster Linie, daß das Schaf seinen Metzger selbst aussuchen darf (im Gegensatz zur theoretischen Demokratie, bei der Metzger abgeschafft sind).