Dänemark rechnet vor, was Ausländer den Staat kosten
Quelle: WELT ONLINE – Do., 28. Apr 2011

Dänemarks Regierung verschärft ihre Ausländerpolitik in Wort und Tat. Das eigene Wohlfahrtssystem sei eine "bisher offene Schatzkiste".

Dänemarks Mitte-Rechts-Regierung will ihre betont harte Ausländerpolitik weiter verschärfen – jetzt erklärtermaßen zum Wohl der Staatskasse. „Ich habe keine Skrupel, das Land noch weitergehend vor denen dichtzumachen, die man verdächtigen könnte, dass sie Dänemark zur Last fallen wollen“, kündigte Integrationsminister Søren Pind in der „Jyllands-Posten“ an.

Pind reagierte damit auf Zahlen aus einem Beamten-Bericht, wonach die schrittweise Verschärfung der Zuwanderungs-Begrenzungen die Staatskasse seit 2002 um jährlich 5,1 Milliarden Kronen (683 Millionen Euro) entlastet hätten.

Dabei unterschieden die Beamten zwischen „nicht-westlichen“ Zuwanderern, die pro Jahr eine Kostenbelastung von 15,7 Milliarden Kronen ausmachten. Zuwanderer aus westlichen Ländern dagegen würden netto 2,2 Milliarden Kronen in die Staatskasse bringen.

„Wir wollen uns gerne mehr für die öffnen, die können und wollen, und uns gerne noch mehr vor denen abschotten, die nicht können oder wollen“, sagte der Integrationsminister dazu.

Bei seinem Amtsantritt hat Pind von Zuwanderern Assimilation statt Integration verlangt. In Dänemark mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern liegt der Ausländeranteil bei rund 10 Prozent.

Pind und andere dänische Ausländerpolitiker sind jetzt, kurz vor einem Wahlkampf, wieder besonders aktiv beim Hinweisen auf arabische und afrikanische Zuwanderer als Belastung für die Gesellschaft.

Zunehmend Gegenwind bekommen sie von hoch qualifizierten und deshalb umworbenen Arbeitskräften aus anderen Ländern. Und von denen, die um diese werben.

„Der Ton, in dem bei uns über Ausländer diskutiert wird, ist schon ein Problem“, sagt Tine Horwitz vom „Konsortium für globales Talent“.

Dänische Konzerne mit internationalem Klang wie Lego, Carlsberg, die Containerreederei Maersk und der Windmühlenproduzent Vestas machen mit, um „qualifizierte globale Arbeitskraft nach Dänemark zu locken und hier zu halten“.

Auslöser waren Untersuchungen, wonach viele der gut ausgebildeten Arbeits-Migranten ebenso unter den permanenten Negativ-Schlagzeilen über Ausländer leiden wie die direkt gemeinten aus „nicht-westlichen“ Ländern.

„Es geht in Dänemark immer um die große Masse Ausländer, und man spricht nur negativ“, beklagt die seit fünf Jahren in Dänemark lebende Dagmar Fink aus Deutschland.

Fink arbeitet bei der dänischen IBM-Tochter. Sie hat für das Netzwerk „Worktrotter DK“ eine Umfrage unter tausenden Frauen und Männern mit ähnlichen Voraussetzungen wie sie selbst gemacht und findet das Ergebnis „erschreckend“.

Bei gut 700 zurückgeschickten Fragebögen äußerten 46 Prozent, die Dänen seien nach ihrer Erfahrung nicht wirklich oder überhaupt nicht offen gegenüber Ausländern.

Als größtes Problem für die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte gelten weiter die hohen Einkommenssteuern in Dänemark. Immer mehr an Gewicht aber gewinnen die gezielt gegen Ausländer propagierten Veränderungen in der Sozialpolitik.

Regierungschef Lars Løkke Rasmussen will in den bis Herbst anstehenden Wahlkampf mit dem Vorschlag ziehen, Ausländer für die ersten vier Jahre von der staatlichen Krankenversicherung auszuschließen und Ansprüche auf Leistungen wie Wohn- oder Kindergeld ebenfalls an einen mehrjährigen Aufenthalt zu koppeln.

„Wir sind herausgefordert durch Ausländer, die nach Dänemark kommen und sehr schnell von unseren Leistungen profitieren. Da müssen wir was tun“, sagt Arbeitsministerin Inger Støjberg und nennt das eigene Wohlfahrtssystem eine „bisher offene Schatzkiste“.

In diesem Diskussionsklima melden sich kaum noch Stimmen, die unter ethischen und moralischen Gesichtspunkten vor der Einordnung von Bevölkerungsgruppen als Kostenfaktor warnen.

Im Juli sollen laut „Jyllands-Posten“ neue Zahlen über die Kosten veröffentlicht werden. Dann unter Einschluss von „Sonderausgaben, die Zuwanderer und ihre Nachkommen aus nicht-westlichen Ländern im Schul- und Gesundheitswesen sowie bei Polizei und Justiz verursachen“.