Regierungschef in Tunesien zurückgetreten

Tunesiens Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi hat Konsequenzen aus den anhaltenden Protesten gezogen. Er gab seinen Rücktritt bekannt.

Datum: 27.2.2011 - 16:34 Uhr

Der tunesische Regierungschef Mohamed Ghannouchi in der Nationalversammlung in Tunis

Der Chef der tunesischen Übergangsregierung, Mohamed Ghannouchi, hat seinen Rücktritt erklärt. Dieser Schritt werde den Übergang in eine neue Ära erleichtern, sagte er im Staatsfernsehen. Er wolle zudem weiteres Blutvergießen verhindern. "Mein Rücktritt erfolgt zum Wohle des Landes", sagte Ghannouchi weiter.

Ghannouchi war nach der Flucht des früheren autoritären Präsidenten Sein al-Abidin Ben Ali Chef der Übergangsregierung geworden, die das Land innerhalb von sechs Monaten auf Neuwahlen vorbereiten soll. Die einflussreiche Gewerkschaft UGTT hatte stets signalisiert, dass sie ihn nicht unterstützen, aber immerhin tolerieren würde.

Ghannouchi wurde 1941 in der Küstenstadt Sousse geboren. Der Ökonom wurde in der einstigen Kolonialmacht Frankreich ausgebildet und gehörte seit langem zu den Gefolgsleuten des geflohenen Präsidenten Ben Ali. Seit 1999 war er dessen Ministerpräsident, nachdem er zuvor unter anderem als Minister für Finanzen und internationale Beziehungen tätig war. Anders als viele andere Politiker der alten Ordnung wurde er nie mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert.
Obwohl Ghannouchi als gemäßigt und als guter Vermittler gilt, belastete ihn nach Ansicht vieler Tunesier seine Nähe zur alten Regierung. Er hatte während der Proteste gegen Ben Ali, der Mitte Januar aus Tunesien geflohen war, zudem das harte Vorgehen des Staates gegen die Demonstranten verteidigt. Nicht zuletzt deshalb hatten die Proteste gegen ihn nie ganz aufgehört.

Seit Freitag hatten Tausende Menschen gegen die Übergangsregierung demonstriert, wobei es zu Straßenschlachten mit der Polizei kam und mindestens drei Menschen getötet wurden. Die von Ghannouchi angekündigten Reformen gehen den zumeist jungen Demonstranten nicht weit genug. Die Demonstrationen in Tunesien haben in der arabischen Welt eine Protestwelle ausgelöst, allen voran in Ägypten und Libyen.

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