Tunesiens europäische Revolution
Die Geschichte winkt zurück
In Tunis brennen nicht die Stars and Stripes, und das Gespenst des Islamismus lässt sich auch nicht blicken. Normale Menschen fordern Fairness, Freiheit, anständige Gehälter. Und deshalb geht uns der Umsturz eine Menge an.

Von Nils Minkmar

23. Januar 2011

In Albert Camus’ „L’Étranger“ begleiten wir den kleinen Angestellten Meursault während einiger Sommertage in einer nordafrikanischen Stadt. Drei Dinge passieren: Seine Mutter stirbt, er erschießt einen Menschen, und er wird zum Tode verurteilt. Die Rahmenhandlung schöpfte Camus aus seiner Arbeit als Polizeireporter, seine quälend scharfen Beobachtungen machten daraus Literatur. Wir lernen im Roman eine ganze Reihe unvergesslicher Figuren kennen: den Hausmeister des Altenheims, in dem die Mutter gestorben ist; den greisen Nachbarn, der täglich seinen ebenso alten, von Schorf bedeckten Hund mit Flüchen bedenkt; und einen Zuhälter namens Ramon. Nur einer hat keinen Namen: Meursaults Opfer. Er heißt im ganzen Buch nur „der Araber“.

Camus schrieb den Roman im Jahr 1942. Seitdem ist die arabische Welt dekolonisiert, tyrannisiert und endlos analysiert worden, doch an dieser gegenseitigen Fremdheit und anonymen Gleichgültigkeit hat sich nichts geändert. Immer noch sind Araber Menschen ohne Namen, die ihrer komischen Machthaber einmal ausgenommen. Libyen ist Gaddafi und der Irak immer noch Saddam, wenn nicht Bush und Blair. In Büchern und Filmen gibt es nur zwei Arten von Arabern: stoppelbärtige Flugzeugentführer oder weißhaarige Alltagslyriker, die immer Tee trinken und von Omar Sharif dargestellt werden könnten.

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