Tunesien: Verantwortliche für Gewalt sollen vor Gericht

Der tunesische Übergangsregierungschef Mohammed Ghannouchi hat juristische Schritte gegen alle angekündigt, die in den vergangenen Wochen für das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten verantwortlich waren. Auch ein Schweizer Anwalt erwägt juristische Schritte: Er fordert das Einfrieren des möglicherweise im Land gelagerten Vermögens von Tunesiens Ex-Präsident Zine El Abidine Ben Ali. Unterdessen löste die Polizei in Tunis neue Proteste auf.

"Alle, die dieses Massaker verursacht haben, müssen sich vor Gericht verantworten", sagte Ghannouchi im Radiosender Europe 1. Bei Protesten gegen den inzwischen geflohenen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali waren in den vergangenen Wochen laut Regierungsangaben 78 Menschen ums Leben gekommen.

Ghannouchi rechtfertigte dagegen die Berufung von bereits unter Ben Ali amtierenden Ministern in seine neue Regierung der nationalen Einheit. "Sie sind alle sauber und haben außerdem große Kompetenz".

In der Schweiz mehren sich unterdessen die Forderungen nach einem Einfrieren des möglicherweise im Land gelagerten Vermögens von Tunesiens Ex-Präsident Zine El Abidine Ben Ali. Der Schweizer Anwalt Ridha Ajmi, der tunesische Wurzeln hat, reichte eine entsprechende Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft ein. Darin fordere er "die Eröffnung eines Strafverfahrens, um festzustellen, ob es Gelder gibt, die dem tunesischen Volk gehören und auf die eine oder andere Weise abgezweigt wurden", sagte Ajmi der AFP.

Er reichte nach eigenen Angaben außerdem einen Antrag zur Aussendung internationaler Haftbefehle gegen Ben Ali, dessen Frau Leila Trabelsi sowie den früheren Innenminister Rafik Bel Hadji Kacem ein. "Diese Menschen haben direkt mit den Befehlen der Polizei zu tun, auf die Menge zu schießen", sagte er. Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der Anträge. Die Vorwürfe würden geprüft, hieß es in einer Erklärung. Ein Sprecher der Regierung sagte AFP ebenfalls, dass die Situation derzeit beobachtet werde.

Aus Protest gegen die Zusammensetzung der Übergangsregierung gingen in Tunesien heute erneut zahlreiche Menschen auf die Straße. Die Polizei trieb die Menge mit Tränengas und Schlagstöcken auseinander, wie AFP-Reporter vor Ort beobachten. An der Demonstration im Zentrum der Hauptstadt Tunis nahmen rund hundert Menschen teil, darunter einer AFP-Journalistin zufolge auch ein Islamistenführer.

Quelle: AFP