Applaus für Deserteur - Pilot verweigerte Präsidentenbefehl

(ssu/AFP)

Die Revolutionäre in Tunesien haben einen neuen Helden: Mohammed Ben Kilani sollte die Familie des gestürzten Präsidenten Ben Ali aus dem Land fliegen, doch er weigerte sich. Nun applaudieren Passagiere dem Deserteur - und seine Fangemeinde im Internet wächst rasant.

Tunis - Das hatte Mohammed Ben Kilani wohl nicht erwartet: Am Samstag flog er eine Maschine von Paris nach Tunis - als die Passagiere seinen Namen erfuhren, brachen sie in spontanen Applaus aus: Sie feierten den Piloten lautstark. Denn Ben Kilani ist aus Sicht des geflohenen Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali ein Abtrünniger.

Am Freitag hatte er sich geweigert, die Familie des gestürzten Regimechefs zu befördern. "Ich war am Freitag um 14.30 Uhr bereit zum Start nach Lyon, doch ich erhielt keine Starterlaubnis", berichtet der 37-Jährige. "Man teilte mir mit, dass es fünf weitere Passagiere geben würde, dies sei ein Befehl. Ich verstand sofort, dass es sich um die Präsidentenfamilie, die Familie Trabelsi handelte."

Wie Stewardessen berichteten, war es während der Präsidentschaft Zine El Abidine Ben Alis nicht selten, dass Angehörigen und Mitglieder der Familie seiner Frau Leila Trabelsi im letzten Moment an Bord gingen.

Während der Pilot die Hände seiner Bewunderer schüttelte und sich fotografieren ließ, berichtete er, wie ihm am Freitag die Bilder der jüngsten Proteste in Tunesien durch den Kopf gingen. "Ich entschied mich, an dieser Expedition von Kriminellen nicht teilzunehmen. Wenn ich diese Familie mitnehme, werde ich mein Leben lang ein Verräter sein", sagte Ben Kilani.

Er teilte daher den Behörden mit, dass er sich weigere weitere Passagiere mitzunehmen. Kurz darauf übernahm die Armee die Kontrolle über den Flughafen in Tunis. Ob den Mitgliedern der Präsidentenfamilie die Ausreise mit einem anderen Flieger gelang, ist bislang unklar.

Auch im Internet wird Ben Kilani gefeiert. Eine Facebook-Seite, die Nutzer für ihn eingerichtet haben, zählt am Sonntagnachmittag bereits mehr als 9000 Fans. Die Seite zeigt ein Bild des Piloten, in der Kommentarleiste darunter salutieren ihm zahlreiche Nutzer. "Bravo, Boss", steht dort zu lesen - oder: "Respekt, ein wahrer Kapitän." Andere Fotos der Fanpage zeigen Jasminblüten, Aufständische hatten dem Regimesturz zuvor den Titel "Jasmin-Revolution" gegeben. Auch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter überschütten Menschen aus aller Welt den Piloten mit Glückwünschen.


Quelle