Tunesien
Militär marschiert in Tunis auf

Nach der Flucht des tunesischen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali ins saudische Exil geht eine Welle von Plünderungen durch das nordafrikanische Land. Trotz einer Ausgangssperre war es in der Nacht erneut zu Unruhen in der Hauptstadt Tunis gekommen.

Tunis/Paris (dpa) - Nach der Flucht des tunesischen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali ins saudische Exil geht eine Welle von Plünderungen durch das nordafrikanische Land. Trotz einer Ausgangssperre war es in der Nacht erneut zu Unruhen in der Hauptstadt Tunis gekommen.

Heute marschierte Militär im Stadtzentrum auf, zwischen den Rauchsäulen am Himmel kreisten Helikopter. Brandstifter hatten in der Nacht Feuer in einem Bahnhof und einem Supermarkt in Tunis gelegt, der Ben Alis Schwiegersohn gehört. Auch andere Gebäude von Ben Alis Familie waren Ziele der Demonstranten. Mehrere Reiseveranstalter wollten am Wochenende weitere deutsche Urlauber aus dem Unruheland zurückholen.

Der zwischenzeitlich gesperrte Luftraum über dem Land sei wieder geöffnet worden, sagte Thomas-Cook-Sprecher Mathias Brandes. «Wir werden im Laufe des Tages mehrere Sondermaschinen Richtung Tunesien in Gang setzen. Sie sollen unsere verbliebenen 1800 Urlauber zurück nach Deutschland bringen.» Auch Rewe-Touristik und Tui wollten ihre Kunden heimfliegen.

Viele Touristen saßen fest, nachdem Ben Ali vor seiner Flucht noch den Ausnahmezustand verhängt und den Luftraum gesperrt hatte. Der Präsident hatte er nach einem knappen Vierteljahrhundert die Macht an Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi übertragen, der nun als Interims-Präsident regiert. Gespräche mit Oppositionellen sollten am Wochenende fortgesetzt werden. Zwei Oppositionsführer hätten bereits Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert.

Die Proteste, die sich ursprünglich gegen die hohe Arbeitslosigkeit richteten, hatten sich in den vergangenen Tagen immer mehr zum Aufstand gegen den Präsidenten entwickelt. Ben Ali war am frühen Samstagmorgen im saudi-arabischen Dschiddah eingetroffen. Man habe Ben Ali und seine Familie im Königreich willkommen geheißen, meldete die saudische Nachrichtenagentur SPA. Die Regierung Saudi-Arabiens wünsche Tunesien «Sicherheit und Stabilität» und «stehe an der Seite des tunesischen Volkes», hieß es. Ben Ali hatte nach französischen Medienberichten zuvor vergeblich versucht, in Paris zu landen.

Die Hintermänner der Plünderungen in Tunesien blieben vorerst im Dunkeln. Kriminelle Banden hätten von dem Chaos profitiert und Geschäfte geplündert, sagte der Oppositionspolitiker Mustafa Ben Jaafar am Samstagmorgen dem französischen Sender France Info. Auch Verwaltungsgebäude seien angegriffen worden. Vor Reportermikrofonen äußerten mehrere Tunesier dagegen den Verdacht, dass Angehörige der Miliz das Machtvakuum nutzten und an Plünderungen beteiligt wären.