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Tunesischer Außenminister: Einheitsregierung möglich


Der tunesische Außenminister Kamel Morjane hält es nach den gewaltsamen Unruhen der letzten Tage für möglich, die Opposition an einer Regierung der nationalen Einheit zu beteiligen. Laut Augenzeugen erschossen Sicherheitskräfte im Zentrum der Stadt Kairouan im Anschluss an eine friedliche Kundgebung zwei Menschen. Mehrere in Tunesien zensierte Websites sind nach Angaben von Internetnutzern unterdessen wieder zugänglich. Diesen Artikel weiter lesen
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Eine solche Regierung der nationalen Einheit sei "völlig machbar und sogar völlig normal", sagte Morjane im französischen Radiosender Europe 1. Das Verhalten von Oppositionspolitikern wie Néjib Chebbi von der Demokratischen Fortschrittspartei (PDP) mache eine solche Lösung möglich. Die sozialdemokratisch orientierte PDP hatte sich bereits für eine solche Einheitsregierung ausgesprochen. Die Oppositionspartei ist nicht im Parlament vertreten, da sie die Wahl vor anderthalb Jahren boykottiert hatte.

Bei neuen Protesten kamen Augenzeugen zufolge zwei Menschen ums Leben. Ein 23-jähriger Mann sei im Zentrum der Stadt Kairouan erschossen worden, als Polizisten das Feuer eröffnet hätten, berichtet ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur AFP. Ein etwa 40 Jahre alter Mann sei unter ähnlichen Umständen ums Leben gekommen. Zuvor war eine Kundgebung demnach friedlich verlaufen.

In der Stadt herrschte den Angaben zufolge Chaos, es habe stundenlange Plünderungen gegeben. Drei Polizeiwachen, ein Amt und ein Büro der Regierungspartei seien in Brand gesteckt worden. Wie ein AFP-Reporter berichtete, gerieten auch in Cité El Ghazala nahe der Hauptstadt Tunis Sicherheitskräfte und Demonstranten aneinander.

Den Angaben zufolge ereigneten sich die jüngsten Vorkommnisse just zum Zeitpunkt einer Rede von Präsident Zine El Abidine Ben Ali. Darin schlug er versöhnliche Töne an und erklärte, er habe angeordnet, dass die Sicherheitskräfte nicht mehr gewaltsam gegen regierungskritische Demonstranten vorgehen dürften. Außerdem kündigte er an, nicht mehr erneut als Staatschef kandidieren zu wollen.

In Kommentaren begrüßten viele Internet-Nutzer bei Facebook, dass Websites wie Dailymotion und Youtube wieder freigeschaltet waren. Der Zensor des Innenministeriums, der sich Ammar 404 nannte, sei verschwunden: "Ammar 404 ist arbeitslos" und "bye bye Ammar 404", hieß es.

Bei den seit Wochen andauernden Unruhen in Tunesien kamen dem internationalen Menschenrechtsbündnis FIDH zufolge bislang mindestens 66 Menschen ums Leben

Quelle: AFP