Allah on Air
Posted by Marc Röhlig on 1/12/10 • Categorized as GLAUBEN
Zitouna Radio ist Tunesiens einzige islamische Radiostation. Aber erfolgreicher als alle Popsender des Landes: Nach nur zwei Jahren hat Zitouna bereits die Spitze der Einschaltquoten erreicht. Kritiker befürchten nun eine Islamisierung Tunesiens. Von Asma Ridane und Marc Röhlig
Als die Koransure aus dem Radio ertönt, dreht der Taxifahrer die Lautstärke nach oben. “Das ist mein Lieblingssender”, ruft er, “den höre ich die ganze Schicht über”. Dann tippeln seine Finger sanft über das Lenkrad und seine Lippen flüstern die Sure nach. Das Programm, das der Taxifahrer hört, heißt “Ta’arifu l-qur’an” – Verstehe den Koran – und es ist eines der beliebtesten Sendungen auf Zitouna Radio.
Zitouna Radio ist Tunesiens einzige religiöse Radiostation. Offiziell ist sie nicht staatlich, wird aber finanziert von Sakher al-Matri, dem Schwiegersohn des tunesischen Präsidenten Zinelabidine Ben Ali. Zitouna, benannt nach Tunesiens berühmter “Oliven”-Moschee, ging vor zweieinhalb Jahren auf Sendung – und hat schon heute angeblich alle anderen Radios von der Spitze vertrieben. Laut einer Medienumfrage des tunesischen Umfrageinstituts Sigma Conseil schalteten bereits nach einem Sendejahr zwölf Prozent aller tunesischen Hörer Zitouna ein. Das bisher beliebteste Popmusikradio Mosaic rutschte mit elf Prozent auf Platz Zwei.
Zitouna Radio profitiert von einem gesteigerten Islam-Bedürfnis in der tunesischen Gesellschaft – und befeuert selbiges gleichzeitig mit seinem Programm. “Wir sind dabei, Alt und Jung mit unserer Idee eines liberalen Islam zu begeistern”, sagt Kamel Umrane. Umrane ist der Leiter von Zitouna und hält eine Professur für Islam und Gesellschaft an der Universität von Tunis. Er meint zu wissen, was “die Leute wirklich hören wollen”. Nicht jeder verstehe den Koran, Hilfe und Erläuterungen seien daher sehr gefragt. Das Programm von Zitouna Radio sei daher “Basisarbeit”, sagt Umrane, “zum Beispiel mit detaillierten Gebetsanleitungen oder gründlichen Analysen einzelner Suren”. Alles in allem sollen die Sendungen dabei helfen, einen komplett neuen Islam nach Tunesien zu bringen: “Unser Ziel ist, die Idee eines toleranten und liberalen Islam zu verbreiten und eine Konkurrenz zu den radikalen Radios aus Ägypten und Saudi Arabien aufzubauen”.
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