Auf der anderen Seite
Posted by Marc Röhlig on 3/14/10 • Categorized as LEBEN
Italien, und damit Europa, liegt für junge Tunesier in Sichtweite. Doch noch lange nicht in Reichweite. Nabil will unbedingt auf ein Flüchtlingsschiff, Hamad sucht nach einem Stipendium. Zwei Jugendliche mit dem Traum von Europa – und zwei sehr unterschiedlichen Wegen dorthin. Von Marc Röhlig
Nabil schiebt seinen Daumen über die Handytastatur und steuert den Song an. “Ya l’babour, ya mon amour” – der erste Satz des Liedes trägt schon Nabils ganzen Traum in sich. “Khalejni me la misère” – doch er wird gesungen mit einer Stimme, die wenig verträumt klingt. Viel eher verzweifelt, anklagend, bettelnd. Nabils Blick wandert über die tunesische Küste hinaus auf das Mittelmeer und verschwimmt mit dem Horizont. Sein Handy spielt leise den Rapsong weiter. Das Lied “Ya l’babour”, es ist eine Hymne für viele nordafrikanische Jugendliche: “Oh du Schiff, meine Liebe – bring mich heraus aus dem Elend”.
Die Strophe stammt von einem Song des algerischen Rappers Reda Taliani. 2006 eroberte sein Lied die Charts der nordafrikanischen Länder und machte ihn über Algerien hinaus bekannt. Taliani griff die Hoffnungslosigkeit der Maghreb-Staaten auf. Und sah im Refrain schließlich nur eine Möglichkeit für seine Altersgenossen: “Nutze deine Chance […] und gehe in den Okzident”. Taliani, heute 29 Jahre alt, hatte durch den Erfolg des Songs seine Chance genutzt. Er lebt und arbeitet heute als Rapper in Paris.
Seine Fans hingegen – und Nabil ist “einer der größten” – leben immer noch in Tunesien, Algerien oder Marokko. Sie warten auf ihre Chance auf ein anderes Leben, ein besseres Leben.
“Ohne Risiko kein Lohn”
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