@aaaaa: Ich glaube, die damalige Wende, als sich die Bürger aus Ostdeutschland vom SED-Regime befreiten, kann man durchaus als friedliche Revolution bezeichnen.
Meine persönliche Einschätzung ist die, dass die Chance für Tunesien noch nie so groß war, wie jetzt. Die derzeitige Bewegung des Volkes muss noch ein paar Tage durchhalten, bis die Studenten, die bisher wegen der Weihnachtsferien auf das ganze Land verteilt sind, zurück an den Universitäten sind. Dann kann es auch in den Universitätsstädten wie Tunis zu richtig großen Demonstrationen kommen, wo mehr als nur ein paar Tausend Leute kommen. Schon jetzt gibt es Aufrufe für den "Sturm auf Carthage". Allerdings muss man auch aufpassen, religiöse Fanatiker und Islamisten versuchen schon, die Gunst der Stunde auszunutzen, um das verhasste "westliche" Regime von Ben Ali zu stürzen.
Mit der Armee könnte die Regierung sich ein Eigentor schießen, viele der Soldaten sind genauso unzufrieden wie das Volk und auch oft nicht freiwillig beim Militär, und ob die auf ihre Brüder und Schwestern schießen würden, zumal ja Familienmitglieder unter den Demonstranten sein könnten?
Bei der Polizei ist es ähnlich, bisher wurden bei Unruhen jeweils Polizisten aus anderen Regionen des Landes eingesetzt, um Verbrüderungen zu vermeiden, ob das bei großflächigeren Protesten noch möglich sein wird, wage ich zu bezweifeln. Bei der gestrigen Demonstration in Tunis gab es Polizisten, die im Gegensatz zu ihren Kollegen die Schlagstöcke über die ganze Zeit im Gürtel beließen oder sich in irgendwelchen Hauseingängen rumdrückten. Bedenken habe ich bei den Truppen des Innenministeriums, vergleichbar mit der Stasi oder den revolutionären Garden im Irak oder den Basij im Iran.
Auch zeigen sich Auflösungserscheinungen in den Staatsorganen, so sind heute wieder Juristen, Anwälte und sogar Richter in voller Amtstracht auf der Straße.