Immer häufiger hört man von Selbstmorden junger Tunesier aufgrund von Hoffnungslosigkeit bei der Suche nach Arbeit, Zukunftsangst breitet sich aus.
2 Beispiele seien genannt: Abdesselem Trimech wollte ein Geschäft in Monastir eröffnen, scheiterte aber an Schikanen durch die Behörden.

Hani El Chamseddine aus Gafsa verbrannte sich nach unzähligen erfolglosen Bewerbungen und einer gescheiterten Emigration nach Europa.

Der jüngste Fall von Selbstverbrennung ist der des Mohamed Bouazizi, eines Hochschulabsolventen und Kaufmann aus Sidi Bouzid. Nachdem die Behörden seine Ware beschlagnahmt hatten (Obst und Gemüse) goß sich der zwanzigjährige Kaufmann Benzin über den Kopf und steckte sich vor der Präfektur an. Dies rief Proteste der Bevölkerung hervor. Nach einem friedlichen Sit-In eskalierte die Situation. Mit massiver Polizeipräsenz verhinderte die Polizei ein Eindringen der Demonstranten in die Präfektur. Die Protestler bewarfen darauhin das Gebäude und Polizeifahrzeuge mit Steinen. In Folge kam es an mehreren Stellen der Stadt zu weiteren Protesten, ein Auto, Reifenstapel und Müll wurde auf den Straßen entzündet, die Front eines Geschäfts wurde beschädigt.

Der arbeitslose Hochschulabsolvent, der mit seiner Handelstätigkeit in Obst und Gemüse als Alleinverdiener seine Familie über die Runden bringen wollte, liegt im Krankenhaus und kämpft um sein Leben.
3 Polizisten wurden verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.

Quellen:
http://www.atunisiangirl.blogspot.com/2010/12/sidi-bouzid-brule.html

Associated Press (AP) via nouvelobs.com

Offizielle Verlautbarung:

Die Polizei forderte den Kaufmann auf, mit seinem Stand an einen anderen Platz zu gehen, da dort, wo er stand, der Verkauf verboten sei.
Der Mann verweigerte dies. Es kam zu Wortgefechten in deren Folge die Polizei den Stand und die Waren konfiszierte.
Daraufhin erschien der wütende Kaufmann vor der Präfektur, übergoss sich mit Benzin und steckte sich an.

Quelle(n): diverse Staatsmedien

Ohne Worte!

Naja,vielelich wären ein paar Worte hierzu doch nicht schlecht.
Wie kommt man darauf,sich,wenn auch eventuell behördlich schikaniert, mit Benzin zu übergießen?

Gute Frage.

So hart es auch klingt: Man darf nicht vergessen, dass Sidi Bouzid und Umgebung für einen speziellen Menschenschlag bekannt sind.

Meine persönliche Erlebnis-Krönung mit jemandem aus Sidi Bouzid:

Ich habe mal einen jungen Mann erlebt, der seinen Willen nicht bekam von seiner älteren europäischen Freundin. Er hat eine Flasche zerschlagen, diese zuerst ihr an die Kehle gehalten und hat sich dann seine Bauchdecke damit aufgeritzt. Er lebt inzwischen in der Schweiz und arbeitet als Altenpfleger...

Insgesamt nimmt die Anzahl der Selbstmorde vielleicht zu, aber ich denke, wenn man es mit anderen Ländern dieser Welt vergleicht, sind es wahrscheinlich immer noch relativ wenige.

Die Gründe dafür finden sich in der Gesellschaft und Wirtschaft. Die alten Strukturen greifen nicht mehr, die Neuen noch nicht. Viele Menschen haben die Orientierung verloren, da die Entwicklung, meiner Meinung nach, viel zu schnell geht.

Liebe Grüsse

In Sidi Bouzid hat am Mittwoch Abend ein junger Tunesier Selbstmord begangen.

Er kletterte auf einen Strommast, rief den umstehenden Menschen zu, dass er das Elend und die Arbeitslosigkeit nicht mehr aushalte und packte an die 30.000 Volt führende Leitung.
Der junge Mann war sofort tot.

Quelle: romandie.com nach einer Meldung von AFP (Agence France Press)
http://www.romandie.com/ats/news2/101222223238.uu2r3x7l.asp

Jeder weiss das die Arbeitslosigkeit in Tunesien sehr hoch ist.
Doch viele Tunesien wollen garnicht umbedingt arbeiten oder nur im Buero.
Ein Bekannter sucht verzweifelt Mitarbeiter fuer seine Landwirtschaft ( Rinder und Pferdezucht) und einen Schweisser.
Er findet niemand.
Gearbeitet wird von 8 bis 17 Uhr, die Angestellten werden in Nabeul mit dem Auto abgeholt und wieder hin gebracht.
Und niemand muss sich tot arbeiten.

LG
Tanja

Eine Woche nach Beginn der Unruhen in Sidi Bouzid nach dem Selbstmordversuch eines jungen Mannes ist die Neueinschätzung der Lage mehr als notwendig. Die Unruhen in Sidi Bouzid breiten sich weiter auf andere Teile des Gebietes aus: Meknassy, Menzel Bouzeyen und Mezzouna.

Am Mittwoch, den 22.12. beging ein weiterer junger Mann (Houcine Neji) Selbstmord durch Stromschlag. Seine Mutter starb wenige Stunden später. Trotz der Ausbreitung der Auseinandersetzungen in der Region erklärten die Behörden und offiziellen Medien die Vorfälle zu einem isolierten, von der Opposition zu politischen Zwecken aufgebauschten Fall.

Heute (24.12.2010) starb ein weiterer junger Mann. Doch dieser Tod ist nicht auf Suizid zurückzuführen, Mohamed Ameri, ein Mathematiklehrer, wurde von der Polizei bei einer Demonstration erschossen. Über ein Dutzend Personen wurden verletzt. Ein anderer Lehrer, Issam Ghaberi, wurde von der Polizei angegriffen, verprügelt und bei kritischem Gesundheitszustand der Stadt verwiesen.

Die Situation verschlimmert sich zusehends, insbesondere weil die Regierung sich nicht bemüht, eine langfristige und solide Lösung für die Situation zu finden. Die Behörden kündigten neue Entwicklungsprojekte für die Region an, aber diese Maßnahmen und Versprechungen genügen den Einwohnern von Sidi Bouzid nicht mehr und somit kam es wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten (Menzel Bouzayane). Außerdem verschärft eine bedrückende Politik die Situation: Die Leugnung von Realitäten und Tatsachen, die Abschaltung von Strom- und Internetanschlüssen mit Gewalt und die die ständige Erhöhung der Anzahl der in der Region stationierten Polizisten sorgen dafür, dass öffentliche Wut weiter entfacht wird.

Mittlerweile wurden innerhalb und außerhalb Tunesiens unterstützende Maßnahmen gestartet, Forderungen nach weiteren Maßnahmen kursieren im Internet. Gerüchte besagen, dass die Behörden Militär in die Region zur Verstärkung für die Polizei verlegen wollen.

http://atunisiangirl.blogspot.com/2010/12/sidi-bouzid-brule-2.html

Frohes Fest Uwe.
Nur bei solchen Meldungen muss man als TunFan schon mal sehr nachdenklich werden.
Von disem letzten Mord wurde sogar eben in den Nachrichten auf EURO NEWS berichtet.
Ich hoffe diese Aufstände weiten sich nicht noch mehr aus und es wird bald politisch positiv was verändert,vieleicht auch jetzt nach diesen TV Europa weiten Meldungen.
Liebe Grüße und Frohes Fest
Walter

Danke, Walter, für die Weihnachtsgrüße und auch für deine E-Mail.
Dir auch ein frohes Fest.

Für heute mittag war eine Demonstration in Tunis geplant, ob diese stattgefunden hat bzw. was passiert ist, weiß ich noch nicht.

Wichtig für die Menschen in Sidi Bouzid ist es, dass die Vorfälle nun auch in den internationalen Medien Platz finden. Euronews und CNN haben darüber berichtet, Al Jazeera war sogar trotz Verbot vorort.
Bericht von CNN

Die Demo in Tunis ist, wie befürchtet, nicht friedlich geblieben.

Zu der Versammlung kamen etwa 500 Personen in die Rue Mongi Slim in Tunis. Sie demonstrierten friedlich, Sprecher der Gewerkschaft hielten Reden über die Situation in Sidi Bouzid.

Nach dem Ende der Versammlung wurden die Demonstranten von Sicherheitskräften daran gehindert, den Versammlungsort zu verlassen. Es kam zu ersten Raufereien und Schlägereien. Die Protestler versuchten über eine Parallelstraße zu entkommen, auch dort wurden sie von der Polizei gestellt und zusammengetrieben.
Die Menge sang die Nationalhymne, die Hymne der UGET, einige Songs von Marcel Khalifa und die Internationale. Währenddessen wurden sie von der Polizei verbal und teilweise obszön beleidigt, ein junger Mann wurde brutal zusammengeknüppelt.

Welcher spezieller Menschenschlag ist das denn?



Also wenn er seine Bauchdecke mit der zerschlagenen Flasche aufgeritzt hat, hat er wohl "nur" geblutet, oder wurde er zu einer Not-OP ins Krankenhaus gebracht? Hat der junge Mann seinen Arbeitsplatz in der Schweiz seiner älteren europäischen Freundin zu verdanken? Also das ist meiner Meinung nach nicht ein Beitrag zum Thema Selbstmord.
Auf jeden Fall ist es ein erschreckendes Beispiel, wie "man" drauf sein kann, wenn "man" seinen Willen nicht bekommt.

Liebe Vitasun,

es war lediglich ein Beitrag um die These des besonderen Menschenschlages zu untermauern.
Solche Szenen sind dort kein Einzelfall. Viele Familien aus der Gegend haben ihre Wurzeln in Algerien. Und auch die sind anders drauf, als z.B. die Tunesier.

Was die Selbstmorde betrifft, so gibt es in 4 verschiedenen Nachrichten 4 verschiedene Geschichten und Hintergründe.
Ich will nicht beurteilen, welche die annähernd richtige ist.

Gruss.

Hallo,

ich kenne keine Menschen aus Algerien die in Tunesien leben. Deshalb meine Frage, was ist das für ein Menschenschlag? Für die "Selbstmörder" tut es mir auch leid. Wie weit wird man getrieben, um nur diesen Ausweg zu sehen. Überhaupt kann ich es mir persönlich nicht vorstellen, mein Leben so enden zu lassen. Es sei denn, ich wäre totkrank und könnte vor lauter Schmerzen nicht mehr leben wollen. Aber das ist ein anderes Thema.
Aber meine Frage nach dem jungen Tun. mit seiner älteren europäischen Freundin hast du noch nicht beantwortet.

Liebe Vitasun,



Die hast Du doch weiter oben schon selber beantwortet:


Er wurde damals nur mit über 20 Stichen genäht. War also alles nicht so schlimm?!

Gruss.

Eine gute deutschsprachige Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse findet man: hier

Gestern und heute fanden auch in anderen Städten Kundgebungen statt: Menzel Bouzayane, Regueb, Souk Jedid, Ben Guerdane, Kairouan, Mednine, Sfax, Bizerte.
Quelle: TV5

Für morgen ist für 13.00 Uhr in Tunis eine erneute Demonstration auf dem Place Mohamed Ali geplant.
Quelle: diverse Facebook-Gruppen

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Anlässlich der jüngsten Ereignisse in Sidi Bouzid fand eine außerordentliche Sitzung der Regionalregierung Sidi Bouzid statt, in der der Minister für Entwicklung und Internationale Kooperation mit dem regionalen Gouverneur und lokalen Entscheidungsträgern zusammentraf, um über Maßnahmen für die Entwicklung der Region und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu beraten.
Der Minister kündigte eine Reihe von Programmen als Teil des präsidentschaftlichen Plans zum Ausbau des Gouvernements an, die da wären:

- Erstellung eines Industrie- und Technologieparks einschließlich Industriegebieten, Cyberparks und eines kleinen Handelszentrums
- Stärkung des Gouvernements durch neue Straßenverbindungen und dem Aufbau von Kommunikationsnetzen
- Schaffung eines gemeinsamen Anlage-Fonds für das Sidi Bouzid Gouvernement, ausgestattet mit einem Kapital von 5-Millionen Dinar
- Ausarbeitung einer Promotion-Strategie, um Investoren in die Region zu ziehen
- Stärkung vorhandener Strukturen, um neuen Initiativen Raum zu geben
- Start eines zusätzlichen Programms zur ergänzenden Zertifizierung, sowie Sprachschulungen zugunsten von Hochschul-Absolventen, um diese mit den Qualifikationen und Fähigkeiten auszustatten, die für die neuen Technologiebereiche und Cyber-Parks notwendig sind
- Schaffung einer Dienstleistungsgesellschaft in gegenseitigem Nutzen zur Stärkung der Milch-, Fleisch- und Landwirtschaft.
- Abhalten eines Partnerschafts- und Investitionstages am 5. März 2011 mit der Teilnahme von Banken und Wertpapierfirmen, um private Investitionen in der Region zu stärken.

Bei dieser Sitzung wurden Entwicklungsprojekte mit einem Investitionsvolumen von 15 Millionen Dinar abgesegnet.

http://www.kashba.de/nouveau/index.php/p...idi-bouzid.html

Klingt gut! Dann hoffen wir mal, dass Papier in diesem Fall nicht zu geduldig ist...

O.T.:
Lieber Uwe!
Vielen Dank für Deine Berichterstattungen.
Viele Seiten, von denen Du im www Deine Infos beziehst, sind für uns vor Ort ja nicht zu öffnen ( Ich sage nur error 404). Ich lese inzwischen täglich Deine Berichte, und bin damit oft auf einem aktuelleren Stand als die Tunesier. Im Süden ticken die Uhren ja bekanntlich noch anders, und viele Infos dringen kaum, oder sehr subjektiv verfärbt, bis hierher vor. Weiter so!
Sonnige Grüsse!

..mal mit Bilder
http://blogs.taz.de/arabesken/2010/12/26...her_kleinstadt/

Die Fotos und Berichte sind erschreckend.

AKTUELL - Etwa 30 Minuten alt! Tunis, Place Mohamed Ali


Watch live video from slimamamou on Justin.tv

Informationen auch über Twitter

Laut France 24 Live über 27.000 Demonstranten in Tunis.
Der Innenminister beobachtet die Vorgänge von einem Balkon aus.
Der Place Mohamed Ali wurde von Sicherheitskräften abgeriegelt und kann weder betreten noch verlassen werden.

Demonstrationen auch in Makthar, Sousse, Kasserine, Medenine, Zarzis

In Medenine haben sich die Anwälte des Gerichts in voller Robe den Demonstranten angeschlossen.
http://24sur24.posterous.com/manifestations-des-avocats-a-medenine-le-2712

Video


Sorry - habe gerade bemerkt, dass das wohl das gleiche Video ist, welches Uwe oben schon eingefügt hat.

Der Link, den ich gepostet habe, wurde mittlerweile zensiert und ist von Tunesien nicht mehr aufrufbar.

Augenzeugenbericht von der Demo in Tunis:

Die zweite Demonstration zur Unterstützung von Sidi Bouzid fand am heutigen Montag, den 27. Dezember 2010 in Tunis statt. Sie begann um 13.00 Uhr am Med Ali Platz. Ich war nicht überrascht zu sehen, dass die Anzahl der Polizisten die der Demonstranten überstieg. Dennoch war die Menge größer als bei der ersten Demonstration. Die Menschen sangen gemeinsam die tunesische Nationalhymne, danach riefen sie Slogans über die Menschenwürde, das Recht auf Arbeit und die Freiheit, die Pressefreiheit und das freie Recht zu demonstrieren.




Als sich ein Protestzug formierte und die Demonstranten durch die Straßen ziehen wollten, wurden die Menschen daran gehindert. Polizisten bedrängten die Protestler und schlugen sie mit ihren Schlagstöcken, einige bewarfen die Demonstranten sogar mit Steinen. Vier Personen wurden schwer verletzt. Einige Demonstranten versuchten, die Verletzten ins Krankenhaus zu bringen, wurden jedoch von Sicherheitskräften daran gehindert, den Place Mohamed Ali zu verlassen. Die Zusammenstöße zwischen den Polizisten und den Demonstranten dauerten ein paar Stunden. Der Innenminister war während der Demonstration anwesend (Anm.: auf einem Balkon am Versammlungsort).


Journalisten wurden bei ihrer Arbeit behindert und ständig schikaniert.

http://atunisiangirl.blogspot.com/2010/12/unterstutzungsdemonstration-sidi-bouzid.html

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Laut Nawaat Tunisie wurde die Armee in den maximalen Alarmzustand versetzt, Soldaten und Offiziere dürfen die Kasernen nicht mehr verlassen. Urlauber wurden zurück in die Kasernen gerufen.

Nach Meldungen über Twitter soll es am Abend auch in Gafsa zu einer Kundgebung gekommen sein, Bilder oder Videos sind noch nicht vorhanden.

Landkarte der Proteste: