Guten Abend,
mal zum Thema: Wir haben unseren Sohn auch gerade in Tunesien „verstümmeln“ lassen. Er ist 3,5 Jahre alt. Ich war prinzipiell einverstanden, jedoch ist es beim eigenen Kind wirklich sehr schlimm, die Angst vorher. Ich habe geheult und gezetert. Am Ende konnte ich kaum glauben, wie einfach es war. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber: Es war wirklich nicht schlimm! Er hat direkt nach dem Eingriff ca. 1 Stunde gebrüllt, das war’s.
Die Nächte hat er wie immer durchgeschlafen wie ein Stein. Tagsüber war alles ok. Selbst am gleichen Tag hat er nur gespielt, gelacht und war kaum zu bändigen. Er wollte klettern, springen etc. Er hat den ganzen Tag nicht geschlafen, erst abends gegen 21:30 Uhr, und das, obwohl er den ganzen Tag auf war. Der Eingriff war bereits um 7:30 Uhr morgens. Er hatte eine Gasmaske auf dem Gesicht und war während des Eingriffs „weg“. Der Narkosearzt versicherte uns, er würde nichts mitkriegen. Wir haben vor dem OP gewartet und haben nichts gehört (keine Schreie). Nur am Anfang, als wir ihn dem Arzt übergeben mussten. Wir durften nicht mit rein. Da rief er nach uns, weil er nicht allein sein wollte, aber das war ja klar. Wir hörten nur ein fröhliches „Juppa“ vom Arzt, danach war Ruhe. Ca. 20 Minuten später kam der Chirurg raus und sagte „Mabrouk“ (allerdings zuerst zu einem Libyer, den er für den Kindsvater hielt, der wegen seiner schwerkranken Mutter da war, etwas irritierend, aber dann wandte er sich an uns). Kurze Zeit später kam eine Krankenschwester und fragte nach einer Windel. Ich gab ihr eine und sie verschwand damit. Wenige Minuten später wurde uns gesagt, wir sollten ins Besprechungszimmer gehen, der Narkosearzt würde ihn gleich bringen. Kurze Zeit später hörten wir ihn schon auf dem Gang brüllen. Dann kam der Arzt mit ihm herein, er trug ihn wie ein Baby auf beiden Armen, damit das Geschlechtsteil nicht berührt wird. Er trug sein t-shirt und seine neue Windel. Zuerst war er noch ein wenig neben sich, dann kam er zu sich und schrie wie am Spieß. Ich war richtig sauer. Ich hatte gedacht, die geben ihm wenigstens eine Dosis Schmerzmittel, damit er erstmal eine zeitlang damit auskommt und in Ruhe nach Hause fahren kann. Ich wusste ja nicht, das kurz darauf alles gut sein würde.
Dann kam eine Ärztin, die uns einen Zettel gab mit Medikamenten drauf, welche wir in der Apotheke kaufen sollten und erklärte meinem Mann alles. Danach mussten wir noch das Geld bezahlen und die Quittungen bekommen. Das dauerte eine Weile und unser Sohn lief schreiend im Empfangsbereich herum und schrie sein gesamtes Schimpfwort-Repertoire (das drei Worte umfasst) durch die Klinik (auf deutsch).
Wir liefen in die Apotheke mit unserem brüllenden Kind und besorgten alles. (Saft gegen Fieber und Schmerzen, den wir ihm sogleich einflößten, Paracetamol-Zäpfchen, die wir nie benutzt haben, eine Salbe, die wir nur zweimal benutzt hatten und Ampullen mit Desinfektionsmittel, das wir auch nur einmal benutzten.) Nach einem sehr schönen Rest-Tag rief mein Mann abends den Chirurg an (er hatte seine Handy-Nr. bekommen) und fragte, ob der Verband gewechselt werden muss oder wann der ab muss. Der Arzt sagte, morgen am späten Vormittag können wir ihn abnehmen und mit den Ampullen den Verband nass machen, damit er leichter abgeht. Ab dem 3. Tag dürften wir an den Strand gehen. Am nächsten Tag war es etwas mühsam, den Verband abzuziehen, weil er sehr fest klebte (drumherum, am Unterbauch und an den Innenseiten der Oberschenkel). Da hat er auch noch mal ordentlich gebrüllt, aber unser Sohn ist jemand, der sicherheitshalber schon vorher brüllt, obwohl es noch gar nicht weh tut und hinterher sagt: „Hat gar nicht weh getan“. Ist ja auch verständlich, dass man in diesem Bereich am Tag danach keinen an sich ranlassen will. Aber unser Sohn ist auch wirklich sehr zimperlich, er lässt sich nicht mal die Haare und die Nägel schneiden.
Wir waren in den nächsten Tagen mehrmals am Strand und er hat wider Erwarten nicht gebrüllt, als er im Salzwasser war. Es hat ihm sehr viel Spaß gemacht wie immer und es sah alles gut aus, so dass wir ihn mit der Salbe und den Ampullen nicht noch weiter quälen wollten. Er hat nicht mal besonders viel gefragt, warum wieso weshalb obwohl er eigentlich ein recht anstrengendes und wissbegieriges Kind ist (Ist aber auch gut so, ich will mich gar nicht beschweren). Wir fragten ihn mehrmals, was der Arzt mit ihm gemacht hat und er sagte fröhlich, dass der Arzt ihm schnipp-schnapp am Piepmatz etwas abgeschnitten hat. Was hat der Arzt genau gemacht? Er hat ihm etwas aufs Gesicht gelegt (die Gasmaske). Ob er gesehen hat, was der Arzt gemacht hat oder ob er geschlafen hat? Nein, geschlafen hat er nicht, es war alles ganz weit weg. Soweit die Aussagen eines Dreijährigen. Aber wir haben ja wie gesagt auch vor dem OP gewartet und nichts gehört.
Es war eine Privatklinik und wir haben 300 Dinar für den Eingriff bezahlt und 35 Dinar für das „Informationsgespräch“ am Tag vorher. Der Arzt hat allerdings keine Fragen beantwortet sondern nur gesagt, er würde nichts mitbekommen und sie wüssten schon, was sie tun. „Easy, no problem“. Er lachte sogar. Er fragte nur, wie alt er ist und ob er gerade erkältet ist oder Medikamente nimmt. Er horchte ihn ab und maß Fieber unter dem Arm. Dann sagte er noch, er darf vor dem Eingriff nichts essen und nichts trinken, also am nächsten Morgen nüchtern kommen. Dann gab er telefonisch den Termin intern durch. Ich verstand soviel „XY wird morgen um 7.30 beschnitten, das soll unbedingt der erste Termin sein, die Mutter ist Deutsche.“ Ich fragte meinen Mann später, warum er das extra betont hat. Mein Mann sagte, damit auch wirklich alles glatt geht, also keine Wartezeiten für uns, sondern absolute Priorität und ganz besondere Vorsicht. Sie hatten wohl Angst vor Reklamationen oder Beschwerden von den anstrengenden Deutschen. Ich hätte mir schon ein wenig mehr Informationen gewünscht, aber da sind die sehr verschlossen und lassen sich nicht in die Karten schauen. Auch, dass mein Mann noch hinter dem Arzt hertelefonieren musste, das hätte man doch vorher schon klären können. Aber so ist es da halt. Wie mein Mann so schön sagt: „In Tunesien bezahlst du die Leistungen mit deinem guten Geld und musst dazu die Klappe halten.“
Tipps: Unbedingt Privatklinik, das ist es allemal wert. Medikamente schon vorher kaufen, dann kann man gleich nach Hause und hat schon alles. Einfach in der örtlichen Apotheke nachfragen, es ist ja immer das gleiche, was bei Beschneidungen gegeben wird. Oder Dolormin für Kinder oder ähnliches schon mitbringen. Höschenwindeln sind eher unpraktisch in dem Fall, lieber normale Windeln mitnehmen bzw. dort kaufen. Unbedingt ab dem 3. oder 4. Tag an den Strand, mehrmals. Den Schmerzsaft haben wir ihm nur an den ersten beiden Tagen vorsichtshalber morgens und abends gegeben.
Er hat aber wie gesagt nur am selben Tag ca. 1 Stunde lang geweint und danach überhaupt nicht mehr. Nur manchmal hat er Aua gesagt, aber das war es auch schon. Beim Pinkeln hat er auch nur das erste Mal geweint (in der Apotheke, kurz nach dem Eingriff, aber da hat er ja eh gebrüllt). Danach hat er nur ein angestrengtes Gesicht gemacht wie beim großen Geschäft und sich geschüttelt, aber nicht geweint.
Gut fand ich, dass wir gewartet haben, bis er trocken war. Er trägt nur manchmal noch Windeln, zur Nacht oder wenn man mal länger unterwegs ist. Das große Geschäft macht er schon lange nicht mehr in die Hose und das ist glaube ich sehr wichtig.
Falls jemand noch spezielle Fragen hat, kann mich gerne per PN kontaktieren. Ich möchte mit unseren Erfahrungen den Müttern helfen, die das noch vor sich haben und wie ich große Angst davor haben.
In Tunesien wird die Beschneidung übrigens von allen Menschen, mit denen ich gesprochen habe, damit begründet, dass es einfach für die Gesundheit im Allgemeinen besser sei. Der gesamte Organismus würde dadurch erheblich verbessert. Und auch aus hygienischen Gründen, man könne sich dort unten gar nicht so gut waschen, dass es so sauber ist wie bei beschnittenen Männern. Auch für die Frauen sei dies besser wg. geringerer Infektionsgefahr von allem Möglichen. Alles in allem würde er dadurch stärker und gesünder sein als sonst und auch Schmerzen besser ertragen. Vieles andere (Arzt- oder Zahnarztbesuche, Spritzen etc.) würden ihm wie Bagatellen vorkommen.
Mein Argument, dass dann ja die deutschen Männer alle krank sein müssten, zog nicht. Sie behaupteten steif und fest, die europäischen nicht beschnittenen Männer seien niemals so gesund wie die Beschnittenen. Spätestens im Alter würde das sichtbar werden.
Meine Frage, warum die Vorhaut überhaupt existiert, sie muss doch eine Funktion haben (die Funktion kann ja nicht darin bestehen, sie abzuschneiden), wurde von niemandem verstanden. Selbst dann nicht, als mein Mann sie übersetzt hat und mehrmals erklärt hat.
Wie dem auch sei, ich bin jedenfalls sehr froh, dass alles vorbei und alles so gut gegangen ist.
Viele Grüße