...
Das ist ein Punkt, der in meinen Augen von vielen Leuten, die auswandern wollen, massiv unterschätzt wird
...
Hier ist eigentlich die Frage wichtig, was der Auswanderer denn erreichen oder tun will. Für jemanden, der sich nur im Rahmen seiner Arbeit und Familie bewegt, also meist zu Hause ist und dessen sozialen Kontakte sich vorwiegend im Familienkreis abspielen, der wird in Tunesien wenig Probleme haben - ebenso derjenige, der, salopp gesagt, einen "ruhigen" Lebensabend verbringen will und der dann hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt ist (lesen, fernsehen, Hobbys nachgehen) und sich allenfalls mit anderen Auswanderer abgibt.
Diejenigen allerdings, die auf etwas anderes aus sind, z.B. dem vollständigen Leben in der dortigen Gesellschaft und zwar in etwa so, wie man es auch hier tut, werden nicht glücklich werden, denn sie haben dann großflächige Kontaktflächen mit der einheimischen Bevölkerung und dies schafft ebensogroße Probleme. 
Einige Punkte hast Du bereits angesprochen, wie z.B. die weitgehende Ineffizienz von Arbeits- und Serviceleistungen, vergleichen wir es ruhig mit dem Witz von den Ostfriesen, die eine Glühbirne einschrauben, indem eine Person sie festhält und 100 Personen das Haus drehen. Dies beruht nicht auf ungenügender oder lokalisierter Erziehung, sondern auf einer system- und gesellschaftimmamenten Philosophie, die sich in absehbarer Zeit nicht ändern wird.
Begleitet wird dies von einer ebenfalls weitgehenden Kultur der Ablehnung von Verantwortung - was sich z.B. darin äußert, daß zum einen bei Problemen stets auf andere Personen verwiesen wird (bei Erfolgen dagegen nicht...) und zum anderen über Folgen des eigenen Handelns kaum ernsthaft nachgedacht wird.
Hinzu kommt der Einfluß der Religion und der Tradition auf das tägliche Leben, die sich beide in einem unerfindlichen Gemisch, das jeder, aber auch wirklich jeder anders auslegt und darstellt, ausdrücken.
Und schließlich spielt auch der ökonomische Faktor eine wichtige Rolle, namentlich die geringe Finanzausstattung/Vermögen/Arbeitslohn der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung.
Alle diese Faktoren machen es unmöglich, ein auch nur annährend dem europäischen Leben gleichkommendes Leben zu führen, selbst dann, was ja nur selten der Fall ist, wenn die Landessprache beherrscht wird.
In einer Gesellschaft, die auf anderen, teilweise diametral entgegengesetzten Prinzipien beruht, ist ein Einfügen fast unmöglich, und mit jedem Lebensjahr, das man woanders verbracht hat, mehr. Es fehlt nicht nur an der Beherrschung/Erfahrung grundlegender Kommunikationsregeln (Gebärden, Gesten, Lautäuerungen), sondern auch an nur durch langjährige Teilnahme an der Gesellschaft erworbenden Erfahrungen, seien es jetzt das Fehlen von Kontakten, die Fähigkeit, gesellschaftliche Änderungen wahrzunehmen oder ganz einfach die Unfähigkeit, die Welt und das Leben so zu sehen und zu interpretieren, wie man es nur kann, wenn man viele Jahre in dieser bestimmten Umwelt und Gesellschaft gelebt hat.